Schon während meiner aktiven Lehrertätigkeit hatte ich mir für meinen Fremdsprachenunterricht ab & an Unterstützung im WWW gesucht.
Aus aktuellem Anlass stieß ich diesmal auf die 1997 von zwei ehemaligen Geschichtslehrern gegründete kostenlose, englischsprachige Online-Enzyklopädie
>SPARTACUS EDUCATIONAL<, die Aufsätze u.a. Lehrmaterial zu einer Vielzahl historischer Themen für Geschichtslehrer und interessierte Schüler bereithält – so auch zum Spezialbereich der Porträt-Fotografie, dem…
KABINETT-FORMAT
- besser bekannt als
KABINETTKARTE (CABINET CARD), oder auch Cabinetformat, Carte cabinet (Abkürzung Cab).
Damit bezeichnete man in der Fotografie ein Format von Abzügen, das größer war als die zuvor kleineren Visitenkartenporträts.
1862 wurde es erstmals für die
LANDSCHAFTSFOTOGRAFIE benutzt, zum Ende des Jahrzehnts dann auch für
PORTRÄTS angewendet.
Ab den 1880er Jahren wurde es zum bevorzugten
PORTRÄTFOTOFORMAT und das Bild als
KABINETTPORTRÄT bezeichnet – vermutlich weil ein großes
FOTO auf stabilem
KARTON gut auf dem Schreibtisch, einem Holzschrank oder ähnlichen Möbelstück im
ARBEITSZIMMER (Kabinett) aufgestellt werden konnte.
Im Gegensatz zu normalen
POSTKARTEN zeigten die
KABINETTKARTEN auf der Rückseite häufig künstlerisch gestaltete
LOGOS mit Informationen über die Auszeichnungen des Fotografen, um für das jeweilige
FOTOSTUDIO zu werben.
Bis 1890 war die kleine
VISITENKARTE so gut wie verschwunden, und die große
KABINETTKARTE war die bevorzugte Wahl für Familien- oder Einzelporträts. Die ersten erschienen 1866, hatten ihre Glanzzeit von 1875 bis 1895 und verschwanden kurz vor der Jahrhundertwende (1896-1900) wieder in der Versenkung.
Da das Thema >CDM< (Kabinettformat) schon ausführlich auf den „Neues“ – Seiten 182 & 397 abgehandelt wurde, kann ich mich heute mit meinem Kommentar kurz fassen, indem ich einige brauchbare
FAKTEN hinzufüge, die ich im Internet fand:
TYPISCHE MERKMALE DER KABINETTKARTE
Die
KABINETTKARTE erfuhr während ihrer Lebensdauer viele Stiländerungen und Verbesserungen.
TYPISIERUNG & ZEITLICHE EINORDNUNG lassen sich eingrenzen anhand von:
(1) KARTENFARBENUrsprünglich wurden
KABINETTKARTEN aus natürlichem rohem Karton hergestellt. Mitte der 1870er Jahre wurden die
RÜCKSEITEN jedoch mit weicher, cremefarbener oder sogar heller Pastelltinte beschichtet. Die beiden am häufigsten beworbenen
KARTENFARBEN waren Primel (hellgelb) und Perle (sattes cremefarbenes Weiß), obwohl auch hellrosa, blau und grün zu finden sind. Mitte der 1880er Jahre wurden dunkle Karten eingeführt und bis in die frühen 1890er Jahre verwendet. Am beliebtesten war ein dunkles Kastanienbraun und Schwarz. Grün war eine sehr attraktive Version, aber Beispiele hierfür sind schwerer zu finden. Obwohl die dunklen Karten nicht selten sind, haben sie keinen großen Teil des Marktes erobert, möglicherweise weil sie teurer als Standardfarben waren.
(Allgemeine Regel:
DUNKLE KARTEN waren von 1885 bis 1895 äußerst beliebt !)
(2) GRAPHIK & DRUCK Mehrere Stiländerungen sind leicht datierbar. Künstlerischer Druck bedeutet, dass die verwendete Schrift einen kunstvollen
KURSIV-STIL aufweist.
Einfacher Druck: 1866 - 1884
Künstlerischer Druck: 1882 - 1900
Künstlerischer Druck mit Folienstempel: 1890 - 1900
Geprägter künstlerischer Druck: 1894 - 1900
Die
RÜCKSEITE des Fotos wurde zu einer aufwändigen
WERBUNG für den Fotografen. Allgemeine Regel: je schicker, desto später das Datum.
Folgende
TRENDS wurden beobachtet:
Das Kunstwerk bedeckt weniger als die Hälfte der Rückseite: 1866 - 1890
…bedeckt fast die gesamte Rückseite: 1888 - 1900
(Hinweis: Häufig blieb die Rückseite auch leer, um Kosten zu senken !)
(3) KARTENRAND & ~KANTEDie
RÄNDER (Linien oder Grafiken auf der Karte) und die Art und Weise, wie die
KARTENKANTEN geschnitten oder behandelt wurden,
sind einige der bekanntesten Hinweise auf die Datierung der
KABINETTKARTE.
Zu suchende Merkmale sind:
Kein Rand: 1866 - 1900
Dicker vergoldeter Rand zum Kartenrand: 1878 - 1886
Einzelne dünne Linie: 1884 - 1900
Geprägte Muster: 1894 - 1900
Künstlerischer Unterstrich: 1886 - 1896
(Allgemeine Regel: Es gilt keine einzige Regel für alle Karten !)
Die
KARTENKANTEN erlebten Ende des 19. Jh. zahlreiche Veränderungen. Dazu gehörten abgeschrägte Kanten, Goldbehandlung und gezackte Kanten.
Im Laufe der Zeit konnten jedoch auch einfache gerade Schnittkanten gefunden werden. Die einfachsten waren die billigsten und es gab immer einen Markt für sie.
Einfacher Schnitt: 1866 - 1890
Abgeschrägt: 1892 - 1900
Gezackt: 1886 - 1900
(Allgemeine Regel: Die meisten ausgefallenen Kanten stammen aus den 1890er Jahren !)
(4) FOTOPAPIERDie Verbesserungen bei
FOTOPAPIEREN ergaben schöne perlmuttfarbene Bilder. Wenn Lichtszenen fotografiert wurden und die Person in dunkleren Farben gekleidet war, ergab sich ein sehr schöner Kontrast: die Person wurde hervorgehoben, nicht das Zubehör.
(5) REQUISITEN Meist weiße Korbstühle, Tische und Ständer sind exklusiv in den 1890er Jahren, und lösten die das Bild dominierenden, sperrigen, dunklen & schwer aussehenden
REQUISITEN der 1880 Jahre ab. Das Geschäft mit Papiermaché-Steinen, Wänden, Säulen, Zäunen und anderen Gegenständen blühte Mitte der 1880er Jahre auf und erreichte seinen Höhepunkt um 1889.
Die hier abgebildeten
KABINETTKARTEN (KK) zeigen einige der o.a.
DETAILS:
(1) KK auf dunkelgrünem Karton 1887,
(2) KK von 1892,
(3) Die KK von 1888 zeigt eine einzelne künstlerische Linie unter dem Bild, die von ungefähr 1886 bis 1895 verwendet wurde.
(4) 1895 KK mit satten weichen Tönen,
(5) 1890 KK mit gezähntem Rand,
(6) Korbstuhl dezent im Hintergrund,
(7) Pappmache-Background,
(8-9) In den 1890er Jahren wurden üppige PELZTEPPICHE für Babybilder verwendet. Sie waren sehr bequem und die dicken Falten
ermöglichten eine leichte Abdeckung für die Mutter, die sich dahinter verbarg und das Baby festhielt,
damit es sich während der Belichtungszeit ruhig verhielt.
(10) mechanisch beweglicher VOGEL zur Ablenkung der Babys;