Wer kennt es nicht, jenes dänische GAUNERTRIO, das in vierzehn, von 1968 bis 1998 entstandenen Filmkomödien immer wieder versucht, mit einem „großen Coup“ nach einem „raffinierten Plan“ ihres Anführers EGON OLSEN über Nacht reich zu werden. Leider scheitert dieses Vorhaben mit der gleichen Regelmäßigkeit aus unterschiedlichen, meist sehr skurrilen Gründen. Stets läuft der Coup schief, BENNY & KJELD entkommen, EGON wird geschnappt & landet hinter Gittern.
Jeder Film beginnt mit einer immer mal variierten, jedoch stets euphorischen BEGRÜSSUNGSSZENE vor dem Kopenhagener GEFÄNGNIS, in der BENNY, KJELD & manchmal dessen Sohn BÖRGE neben Benny’s klapprigem US-Straßenkreuzer stehen und wie wild mit dänischen Fähnchen dem aus dem Haupttor in die Freiheit tretenden Pechvogel EGON zuwinken.
Im >Senftenberger Anzeiger< las ich von einem ebenso erfolglosen GAUNERQUARTETT, das im APRIL 1919 in SENFTENBERG für wahrlich großes Aufsehen sorgte. Insbesondere die Ausführung des Fluchtplans mittels einer GEFÄNGNIS-REVOLTE mit allem „Drum & Dran“ war für die Kleinstadt Senftenberg schon eine echte Sensation.
ICH WÜNSCHE GUTE UNTERHALTUNG bei der Lektüre der überaus interessanten & detaillierten ZEITUNGSMELDUNGEN
in kalendarischer Reihenfolge:„Aus den Räumen des
GESELLSCHAFTSHAUSES wurde gestern abends einem Versammlungsbesucher ein
FAHRRAD entwendet. Als der Bestohlene nach Schluß der Versammlung die Sprembergerstraße kreuzte, begegnete er einem
RADFAHRER, der nach dem
PERSONENBAHNHOF zu fuhr und bei dem er nach dem Geräusch sein
FAHRRAD vermutete. Er eilte dem
RADLER nach und auf dem
VORPLATZE des Bahnhofes hatte er es wieder vorgefunden, jedoch ohne die
SATTELDECKE von rotgrüner Farbe. Diese hatte der
DIEB abgenommen und von sich geworfen. Um
ABLIEFERUNG derselben wird ersucht. Als der
FAHRRADMARDER das
RAD wieder an sich nehmen wollte, schlug er zunächst
KRACH, flüchtete jedoch, als man ihn des
DIEBSTAHLS bezichtete. Mit gezogenem
REVOLVER eilte er über das
BAHNGLEIS nach der
GLASHÜTTE der Pfännerschaft und verschwand dort. Man hatte aber sogleich die hiesige
POLIZEI verständigt und dieser gelang es mit Hilfe des Herrn Gendarmeriewachtmeisters S a b a t t k e, den
TÄTER festzunehmen. Er legitimierte sich als der Kellner Bruno R i c h t e r aus Berlin-Schöneberg, welcher zu der
RÄUBERBANDE gehörte, welche zum
PFERDESTEHLEN nach hier gekommen war. Als man seine
KOMPLIZEN festnehmen wollte, hatte er es vorgezogen, mit dem gestohlenen
FAHRRADE davon zu dampfen. Anscheinend hat er den
WEG NACH BERLIN nicht finden können, weshalb er umgekehrt war und sich auf dem hiesigen
BAHNHOF nach den ZÜGEN erkundigen wollte.“
„
EINEN GUTEN FANG machte in vergangener Nacht die hiesige
POLIZEI. Von Berlin waren
4 PERSONEN hier zugereist, welche angeblich
RENNPFERDE aufkaufen wollten. Zu diesem Zwecke hatten sie sich zuerst den
GASTWIRT R. zu
MEURO ausgesucht. Die geriebene
BANDE, welche zusammen nicht mehr als 100 Mark hatten, führten
EINBRECHERHANDWERKZEUGE und eine geladene
ARMEEPISTOLE mit sich. Den
DIEBEN wäre der Trick bald gelungen, wenn nicht durch Zufall der
BESITZER zum Abfüttern nach dem
STALLE ging. Dort wurde er zu seinem nicht geringen Erstaunen gewahr, daß
2 PERSONEN ein
PFERD bereits abgebunden und aufgeschirrt hatten, um damit loszutraben. Er schlug jedoch
LÄRM und die
DIEBE mußten ihre
BEUTE im Stich lassen. Man verständigte sofort die hiesige
POLIZEI und dieser gelang es, in einem hiesigen
RESTAURANT drei der
DIEBE ausfindig zu machen und vorläufig festzunehmen. Diesen war es gelungen, mit einer gemieteten
DROSCHKE sich noch zur rechten Zeit aus dem Staube zu machen. Der 4. DIEB verpaßte jedoch den Anschluß. Er wurde aber später als
RADDIEB festgenommen.
Der
ZWECK der
BANDE war nur, für einen Schlächter in Berlin ein
SCHLACHTPFERD zu besorgen. Die
DIEBESBANDE legitimierte sich als Arbeiter Paul S t ö ß k e zu Frankfurt, Schlosser Otto W i l k e, Werkzeugdreher Ernst W i n k l e r und Kellner Bruno R i c h t e r aus Berlin-Schöneberg. Sämtliche wurden dem
GERICHTSGEFÄNGNIS zugeführt und haben die nachstehend gemeldete
REVOLTE in Szene gesetzt.“
„Zu einer
REVOLTE kam es gestern Nachmittag im hiesigen
GERICHTSGEFÄNGNIS.
Als der Erste
GEFANGENENAUFSEHER die
ZELLE des Untersuchungsgefangenen Paul S t ö ß k e betrat, um diesem das
ABENDESSEN verabfolgen zu lassen, erhielt der
GEFÄNGNISKOCH die dem Gefangenen verabreichte Portion
GRÜTZE ins Gesicht geschüttet. In demselben Moment stürzte sich Stößke auf den danebenstehenden Gefangenenaufseher und griff diesen tätlich an.
Ein regelrechtes
RINGEN entstand und St. drohte den Aufseher umbringen zu wollen, wenn dieser nicht den
ZELLENSCHLÜSSEL herausgebe.
Schließlich gelang es dem St., den Gefangenenaufseher über das
GELÄNDER des Treppenganges zu zwängen, um ihn aus dem 3. in den untersten
KORRIDOR hinabzustürzen. Hierbei gelang es dem St., sich dem ans Geländer klammernden Gefangenenaufseher den
SCHLÜSSEL zu entwinden und einen großen Teil der
GEFANGENEN in Freiheit zu setzen. Während ein Teil sich seinem Schicksal fügte, war ein anderer Teil dafür, dem Rufe des Anführers Folge zu leisten. Diesem lag es auch speziell daran, seine
3 KOMPLIZEN W i l k e , R i c h t e r & W i n k l e r, welche tags zuvor wegen des verübten
PFERDEDIEBSTAHLS in Meuro dem
GERICHTSGEFÄNGNIS zugeführt wurden, zu befreien.
Zunächst wurde nun der
WAFFENSCHRANK des Gefängnisinspektors erbrochen, nachdem man die
TELEPHONLEITUNG zerstört hatte. Mit
KARABINERN bewaffnet, versuchten nun die geriebenen
VERBRECHER nach außen zu entkommen. Sie zertrümmerten eine Anzahl
SCHEIBEN und Stößke und Richter gelang es, ihr Ziel zu erreichen.
Man verständigte die hiesige
POLIZEI und mit Hilfe derselben gelang es, die
RUHE & ORDNUNG wieder herzustellen. Wilke und Winkler konnten aus ihren
VERSTECKEN herausgeholt werden. Insgesamt hatte man bereits 15 Gefangenen die
ZELLENTÜREN geöffnet. Die
AUSBRECHER haben
LEBENSMITTEL mitgenommen.
Stößke ist von großer, schlanker Statur, ca. 1,75 m groß, Richter ist klein und schlank. Beide tragen feldgraue Uniform und anscheinend Artilleriemütze. Barmittel führen die Entwichenen nicht bei sich. Einige hundert Mark hatte Wilke aus einem erbrochenen Tischkasten des Aufnahmezimmers entwendet, die ihm aber wieder abgenommen werden konnten. Ebenso konnten 2 Karabiner im Gefängnishof aufgefunden werden, während Munition fehlte. Richter, welcher das eiserne Gitter des Hauptportals überklettert haben soll, entkam ungehindert durch die angesammelte Menschenmenge und nahm seine
FLUCHT nach der Elsterstraße zu.
Mehrere Gefangene versuchten bereits durch das geöffnete
GEFÄNGNISTOR abzuwandern, konnten aber durch einen
BEAMTEN (Nachbar des Gerichts), der die Situation überblickt hatte, wieder zurücktransportiert werden.
Der
ANFÜHRER der Bande, der Gefangene Stößke, hatte während seiner kurzen
HAFTDAUER einige Male
KRAMPFANFÄLLE zu simulieren verstanden.
Zweimal setzte er durch die
STORCHELSTER und da er mit Richter zusammentreffen konnte und die
VERFOLGER ihnen auf den Fersen waren, mussten nun beide Flüchtlinge durch die
SCHWARZE ELSTER schwimmen. In Richtung
KLEINKOSCHEN gelang es ihnen, im
WALDE zu entkommen.“
„Heute vormittags wurden die beiden
UNTERSUCHUNGSGEFANGENEN W i n k l e r und W i l k e gefesselt und unter sicherer Bedeckung dem
GERICHTSGEFÄNGNIS COTTBUS zugeführt. Bekanntlich gelang es 4 hier festgenommenen Berlinern, welche am 30. v.M. dem hiesigen Gerichtsgefängnis zugeführt wurden, eine
REVOLTE anzuzetteln. Während es dem S t ö ß k e und R i c h t e r gelang, aus dem
GERICHTSGEBÄUDE auszubrechen, konnten W i n k l e r und W i l k e auf ihrer Flucht festgenommen werden. Dem Vernehmen nach ist der
ANFÜHRER S t ö ß k e inzwischen in Frankfurt a.O. verhaftet worden.“
Der umtriebige PFERDEMETZGER blieb ungeschoren und suchte sich gewiss neue PFERDEDIEBE, die für weiteren Nachschub sorgten. Übrigens:
PFERDEFLEISCH-GOULASCH ist eine Delikatesse. Während meiner Studentenzeit habe ich, speziell zum Monatsende, wenn das Stipendium zur Neige ging, gern die >PONY-BAR< in Halle/Saale aufgesucht, um mir mit Kommilitonen eine „sehr gut gewürzte, überaus reichliche & vor allem aber sehr preiswerte PORTION von GOULASCH bzw. ROULADEN vom PFERD" zu leisten…