Im Jahre 1854 traten auf Anregung des damaligen Kantors F l e i s c h e r exakt 18 junge Leute zusammen, um im alten SCHULHAUSE wöchentlich zweimal die KUNST DES GESANGES zu pflegen. Der Verein trug anfangs den Namen >JUGEND-GESANGVEREIN<, mutierte im Laufe der Zeit zum
>MÄNNER-GESANGVEREIN ZU SENFTENBERG<
und zählte zum Zeitpunkt des BUNDESGESANGSFESTES 1904 bereits 59 aktive, 24 passive und 4 Ehrenmitglieder. Auch die LISTE der aufeinanderfolgenden DIRIGENTEN ist recht interessant, da durchaus nicht jeder von ihnen einen "musikalisch angehauchten BERUF" hatte:
Der o.a. Initiator Kantor F l e i s c h e r hatte die musikalische Leitung bis 1862 inne, die nachfolgend an Seifenfabrikant Emil G u t m a n n,
Lehrer S c h ü t z, Organist K a h l e , Bäckermeister L o r e n z, Kantor G a t t i g, Stadtmusikdirektor J e t s c h i c k und schließlich an den verdienstvollen
Lehrer Rudolf L e h m a n n weitergereicht wurde.
Der CHOR wurde alsbald Mitglied des >Deutschen Sängerbundes<, beteiligte sich aktiv an vielen SÄNGERFESTEN,
„und trat in seinen KONZERTEN stets treu & deutsch auf, was insbesondere bei patriotischen Anlässen gezeigt wurde.“ Gern stellte er seinen Gesang in den Dienst der Wohltätigkeit, verschönerte durch ihn den Gottesdienst und nahm an Freude und Leid seiner Mitglieder regen Anteil. Wie natürlich auch in den übrigen Senftenberger VEREINEN üblich, wurde neben der PFLEGE DES GESANGES in den alljährlichen VEREINSKONZERTEN auch der UNTERHALTUNG & GESELLIGKEIT Rechnung getragen, wobei der CHOR keine „HERRENABENDE“ veranstaltete, sondern die VEREINSFESTLICHKEITEN stets mit seinen DAMEN beging. Man feierte alljährlich das STIFTUNGSFEST, ein größeres SOMMERFEST, verbunden mit einem „Lustschießen“, sowie 3 UNTERHALTUNGSABENDE, an welchen heitere Gesänge und der DAMENCHOR im Vordergrund standen. Auch die regelmäßigen AUSFLÜGE nach „Noacks Weinberg“, wo man noch für 40 Pfennige mit einer Flasche „Unverfälschten“ und mit „Butter, Käse & Brot“ bewirtet wurde, in Stimmung kam und frohe deutsche VOLKSLIEDER ertönen ließ, waren damals sehr beliebt.
Am 5. Mai 1904 vollendete der MÄNNER-GESANGVEREIN ZU SENFTENBERG das 50. Jahr seines Bestehens und lud aus diesem Grunde zahlreiche CHÖRE des >Niederlausitzer Sängerbundes< zu einem SÄNGERFEST ein, dessen ABLAUF meisterlich organisiert und der FESTPLAN, wie zu jener Zeit allgemein üblich, ebenso detailliert den Lesern des >Senftenberger Anzeiger< schon am 2. Juni in einem großen INSERAT offeriert wurde:
Dem FESTPLAN folgten im Lokalblatt noch etliche BEKANNTMACHUNGEN
für die einheimische BEVÖLKERUNG, die zahlreichen CHÖRE sowie KONZERTGÄSTE von nah und fern: „Jeder
SÄNGER ist verpflichtet, zur
GENERALPROBE im Saal
BARANIUS pünktlich zu erscheinen; (Publikum hat keinen Zutritt) nur diejenigen dürfen am Nachmittag die
MASSENCHÖRE mitsingen, welche an der Generalprobe teilgenommen haben und die hierbei erhaltenen
2 KONTROLLBILLETS an den Tribünenaufgängen vorzeigen können. In den
PAUSEN und nach der
PROBE erfolgt die Ausgabe der Wohnungskarten, der Festschrift, Festmedaille etc. im Nebensaal, bei günstiger Witterung im Garten.“
„Abends findet
BALL in den beiden Schützenhaussälen und
INSTRUMENTAL-KONZERT auf dem Schützenhausplatz statt. Der freie Saaleintritt ist, außer den Sängern, ihren Quartierwirten nebst deren Damen sowie Konzert-Besuchern gegen Vorzeigung der
EINLASSKARTE gestattet; sonstige Teilnehmer haben 30 Pfg.
EINTRITTSGELD zu erlegen. Das
TANZGELD beträgt gleichmäßig 50 Pfg. Die Herren
SÄNGER haben deshalb das Bundesabzeichen sichtbar zu tragen.“
„Allen hilfsbereiten Quartiergebern sei mitgeteilt, daß ihre zugesagten
QUARTIERE unter Berücksichtigung alles Wünsche nunmehr belegt sind und mag sich nun ‚Mutter‘ immer einrichten, damit ihr und den lieben Ihrigen die fremden
GÄSTE nicht als unverhofft erscheinen. Verraten dürfen wir ferner, daß es an
UNVERMÄHLTEN SÄNGERN auch nicht fehlt, also – Lied hoch !“
DEKORATION„Die
VORARBEITEN für den Bau der
SÄNGERBÜHNE und die
DEKORATION der Stadt werden in den nächsten Tagen verwirklicht, denn es gebührt sich, daß die
FESTSTADT glänzend geschmückt wird. Der innere
MARKTPLATZ wird durch grün umwundene und mit Flaggen geschmückte Maste, welche durch Guirlanden verbunden sind, abgegrenzt werden, für die Stadteingänge sind
EHRENPFORTEN vorgesehen. Auch grüne Birkenstämmchen, zu beiden Seiten der Straßen aufgestellt, sind ein beliebter
FESTSCHMUCK.“
„Bei der
DEKORATION der STRASSEN & PLÄTZE der Stadt aus Anlaß des bevorstehenden Bundesgesangsfestes werden die
HAUSEIGENTÜMER hiermit ersucht, die
BÜRGERSTEIGE durch Aufstellen von
BÄUMEN und Anbringung von
LAUBGEWINDEN nicht derartig zu verengen, daß dadurch die Passage gestört oder beeinträchtigt wird. Das
AUFSTELLEN erfolgt am zweckmäßigsten überall dort, wo die
BÜRGERSTEIGE nur eine geringe Breite haben, unmittelbar am Hochbord oder im Pflaster neben dem Rinnstein.
LAUBGEWINDE und sonstige Dekorationsstücke sind derartig
HOCH anzubringen, daß Belästigungen für den Fußgängerverkehr vermieden werden. Weiter erscheint es dringend geboten, wenn an beiden Festtagen
BÜRGERSTEIGE & STRASSE vor den Hausgrundstücken frühmorgens und ev. auch zur späten Tageszeit mit frischem Wasser in ausreichender Weise
BESPRENGT und die
RINNSTEINE sauber gehalten werden.
Bei ähnlichen Festen ist es früher immer wieder vorgekommen, daß abends beim Einmarsch der beteiligten Vereine pp. in den Straßen der Stadt
FEUERWERKSKÖRPER abgebrannt worden sind, was unzulässig ist und unter keinen Umständen geduldet werden kann.
BENGALISCHE BELEUCHTUNG ist hiervon ausgenommen. Wir warnen deshalb dringend vor Uebergriffen solcher Art.“
FINANZIELLES„Nach der vorläufigen Zusammenstellung belaufen sich die
EINNAHMEN auf ca. 3200 Mark (darunter ca. 1300 Mark Eintrittsgeld), die
AUSGABEN auf ca. 2900 Mark (darunter für Bauten & Dekoration ca. 1040 Mark, für Musik ca. 690 Mark), so daß für den MGV ein
UEBERSCHUSS von ca, 300 Mark verbleibt, der aber durch möglicherweise außer Betracht gebliebene
RECHNUNGEN noch geschmälert werden kann.“
LOB & KRITIKNachdem sich unsere Stadt wieder „etwas beruhigt hatte“, kam am 30. Juni doch noch ein
MUSIKKRITIKER zu Wort, der im Nachhinein die beiden
FESTKONZERTE, wie nachfolgend zitiert, unter die Lupe nahm:
„Das
UMFANGREICHE PROGRAMM wies 25 Nummern auf und stellte somit an die
NERVEN DER ZUHÖRER hohe Anforderungen, zumal ein großer Teil des Publikums durch
SPRECHEN viele Konzertbesucher um den Genuß einer gediegenen Aufführung brachte. Wäre der hintere Teil des
FESTPLATZES nicht zur
>VOGELWIESE< [Rummelplatz] umgewandelt worden, hätte wohl mehr
STETIGKEIT & RUHE auf dem
KONZERTPLATZ geherrscht.“
„Lobend sei zuerst die
DEZENTE BEGLEITUNG der Stücke seitens der Regimentskapelle hervorgehoben, nur dürften nicht einige Reihen
SÄNGER die
MUSIKER verdecken. Die
BEGLEITUNG kam auf diese Weise nicht zur Geltung; der
KONTRABASS klang durchweg ganz hohl, wogegen die
MASSENCHÖRE prächtig klangen.“
„
Ein BRAVO dem ganzen SÄNGERBUND ! Bei den Einzelvorträgen wurde von allen Vereinen
BRAV & EXAKT gesungen, mit wenigen Ausnahmen schwierige Chöre, teilweise sogar
KUNSTGESANG, was aber jedem Sangesfreunde die
LUST zum Besuche von
SÄNGERTAGEN verleidet, denn solche
LIEDER ergötzen nicht, sie bleiben
PARADEGESANG und hierzu gehören
GESCHLOSSENE & GERÄUMIGE HALLEN mit guter Akustik und
RÄUME, wo
RUHE herrscht; sie gehören nicht ins
FREIE, wo sie bei der allgemeinen
UNRUHE nicht die wünschenswerte Beachtung fanden. Und wo blieb eigentlich unser
LIEBES DEUTSCHES VOLKSLIED, das wir doch hüten und pflegen sollen ? Es ist bald so, als ob wir uns desselben schämten.“
Sei’s drum: ES WAR EIN GROSSES FEST, das für den >Senftenberger Männergesangverein< geworben,
ihm allerdings wohl auch eine Menge Geld gekostet hatte, was ihn aber nicht davon abhielt, abschließend ein
RIESENGROSSES DANKESCHÖN zu veröffentlichen…!