Im Jahre
1856 konnte man in dem Büchlein >Der Bäcker< – „ein unentbehrliches Unterhaltungs~ & Geselligkeits-Taschenbuch für den Bäcker“ über die momentane Lage des
BÄCKERHANDWERKS folgendes lesen:
„In deutschen Städten steht namentlich die WEISSBÄCKEREI in hohem Ruf, doch beschäftigt sich jetzt wie früher eine große Anzahl von DEUTSCHEN BÄCKERN nur mit der Anfertigung von ROGGEN~ & WEIZENBROT, SEMMELN und dieser oder jener anderen einfachen BACKWAARE von Roggen~ oder Weizenmehl; KUCHENWAARE wird von vielen nur im Auftrage gebacken. Verklungen ist jener alte ZUNFTZWANG, der ihn an freier Bewegung in seinem Geschäft hinderte und an dessen Stelle ist das VERTRAUEN und die FREIE CONCURRENZ getreten, mit der es überall zahlreiche blühende BÄCKEREIEN giebt, denen es besser geht als früher – was im alten SPRICHWORT „Bäcker sind die besten Baumeister, sie bauen aus kleinen Semmeln große Häuser.“ seinen Niederschlag fand…
Die VERMEHRUNG DER BEVÖLKERUNG, die bessere NAHRUNG derselben und freie CONCURRENZ, hat die ZAHL DER BÄCKER außerordentlich vermehrt.
DEUTSCHLAND zählt gegenwärtig circa 74,000 BACKHERREN mit 46,000 GEHÜLFEN, insgesamt also circa 120,000 BÄCKER.
Es liegt in dem WESEN DES GESCHÄFTS derselben, daß sie mit dem, was ihre Geschicklichkeit bereitet, sich keine dauernden DENKMALE setzen: was sie schaffen, von dem ist in wenig Stunden oder Tagen nichts mehr vorhanden. Des BÄCKERS erster, schönster Beruf besteht darin, die HUNGRIGEN durch das, was er erzeugt, zu sättigen – er sorgt also für das erste Erfordernis des Lebens. Auch ist sein GESCHÄFT ein sehr mühsames, anstrengendes; wenn Andere der NACHTRUHE pflegen, arbeitet er für dieselben, damit, wenn der MORGEN graut, KEIN MANGEL sei an dem, was der Mensch zunächst für seine ERHALTUNG bedarf.
Und was auch alle anderen PRUNKLADEN der Welt Glänzendes, Schönes & Kostbares ausgestellt haben mögen, der gewürzte DUFT aus einem BÄCKERLADEN und dessen saubere schöne BACKWAAREN bewährt seine täglich sich erneuernde größte Anziehungskraft und
DARUM GEHÖRT DER BÄCKER DEM EHRENVOLLSTEN & NOTWENDIGSTEN ALLER STÄNDE AN !"Was die
DEUTSCHEN IM URLAUB wohl am meisten vermissen, ist:
RICHTIGES BROT – kernig, knusprig, langsam gebackenes, dunkles
BROT.
BROT – das ist
HEIMAT, ist
KINDHEIT, das ist
FAMILIE, das ist
MEIN ZUHAUSE. Die Älteren unter uns, die vielleicht nicht mehr bewusst den Krieg, so doch zumindest die Nachkriegszeit miterlebt haben, können sich noch gut vorstellen, wie wertvoll wenigstens eine vollständige Mahlzeit am Tag war und wie sehr wir alle auf das
„TÄGLICHE BROT“ angewiesen waren.
Ich bin in den Nachkriegsjahren bei meinen
GROSSELTERN in der Wredestraße 5 im einstigen Ortsteil
SENFTENBERG-WEST aufgewachsen. Als Kind kannte ich nur eine Brotsorte, nämlich 4-Pfund-Laibe
ROGGENMISCHBROT für 1,04 Mark, von dem meine Oma die Scheiben für die
PAUSENBROTE auf einer alten, aber sehr scharfen Brotmaschine abschnitt, die dann mit Leberwurst oder Kochsalami und Schmelzkäse belegt wurden. Zum Frühstück gab es
SEMMELN, die sehr sparsam mit Butter oder, wenn auf der „Lebensmittelkarte“ die
FETT-Marken ausgegangen waren, auch Margarine, mit Marmelade, Kunsthonig oder auch schon mal mit Pflaumenmus bestrichen wurden, den wir von bäuerlichen Verwandten geschenkt bekamen.
In meinen
KINDHEITSERINNERUNGEN hat sich bis heute ein alter, handgeschnitzter
BROTTELLER erhalten, der die Aufschrift trug:
>UNSER TÄGLICH BROT GIB UNS HEUTE<Diese vierte
BITTE um etwas Wesentliches, Einfaches, Lebensnotwendiges stammt aus dem am weitesten verbreiteten
CHRISTLICHEN GEBET,
dem
>VATERUNSER<. Der Katechismus offenbart allerdings, dass sich hinter dem
>TÄGLICH BROT< weit mehr verbirgt,
als nur das besagte Grundnahrungsmittel:
Ich wurde von meiner Oma im katholischen Glauben – zwar nicht streng, aber doch nachhaltig – erzogen und erinnere mich noch gern an viele ihrer
MORALISCHEN FINGERZEIGE zum „UMGANG MIT BROT“. Sie sagte immer:
"Jedes Stück Brot, das du achtlos wegwirfst, wirst du vielleicht noch einmal verzweifelt suchen." Ich habe mich von diesem Satz bis heute leiten lassen.
Weitere
REGELN, die sie mir einschärfte, waren:
„Nimm nur so viel Brot, wie du auch essen wirst – Fasse niemals Brot mit schmutzigen Händen an – Wickel dein Brot nicht in eine Zeitung – Mit Brot spielt man nicht – Wirf kein Brot auf den Schulhof, die Straße oder in den Müll…Sie zeigte mir auch am Küchenherd, wie man aus abgestandenem, also „trockenem Brot“ noch verschiedene einfache
GERICHTE kochen kann:
Es ist unstrittig ein großer Segen,
TÄGLICH BROT AUF DEM TISCH zu haben. Für uns sind Frühstück oder Abendessen
OHNE BROT kaum vorstellbar; es begleitet uns immer und überall. Aber sind wir dem
BROT und denen, die es produziert haben, immer dankbar dafür? Lasst uns stets daran denken, wie viel Arbeit in jedes
GOLDKORN gesteckt wurde, oder wie viele Menschen hart gearbeitet haben, um ein goldenes warmes Brötchen zu kreieren und wie lange die Reise des Brotes zu unserem Tisch gedauert hat !
Zum Abschluss noch ein
SPRUNG IN DIE GEGENWART.
Matthias hatte schon auf das
>BÄCKEREI-STERBEN< hingewiesen.
Die nachfolgende
STATISTIK spricht für sich:
sie zeigt vor allem „verwöhnte
BROTKONSUMENTEN“, die auf große
BROTVIELFALT setzen, die fast nur noch von
„AUFWÄRMBÄCKERN“ bei
DISCOUNTERN und in
VERBRAUCHER~ & SUPERMÄRKTEN produziert und damit hoher Gewinn erzielt wird, welche zwangsläufig das typische
„BÄCKERHANDWERK“ langsam aber sicher verschwinden lassen…
Umso erschreckender sind dann
MELDUNGEN über unglaubliche Mengen
BROT, die täglich
IN DEN MÜLL wandern:
„Pro Bäckerei landen jede Woche im Schnitt 2,7 Tonnen BROT~ & BACKWAREN aus einzelnen Bäckereifilialen, die in die Produktionsstätte zurückwandern, im MÜLL, was einem Warenwert von durchschnittlich 15.700 Euro entspricht.“BROT FÜR DIE (MÜLL)WELT !