In der Regel liest man nichts lieber, als
BERICHTE darüber, wie das, was man heute in der engeren
HEIMAT zu Gesicht bekommt, im Laufe der Zeit geworden ist. Man freut sich darüber, aus der
GESCHICHTE DES HEIMATORTES zu erfahren, dass wir es heute in vielerlei Beziehung besser haben, als unsere Vorfahren in grauer Vorzeit.
DIE LIEBE ZUR HEIMAT
dem
ORT, wo unsere Wiege stand, wir zum Kindergarten tippelten, die Schiefertafel im Ranzen zur Schule trugen, also unsere gesamte
KINDHEIT verlebt haben, ist wohl eines der schönsten und edelsten
GEFÜHLE, die wir im Herzen bewahren. Diese
HEIMATLIEBE wird durch
HEIMATFORSCHUNG gefördert, weil sich fast an jedes
HAUS, an jede
FAMILIE etwas knüpft, das einer Beachtung wert erscheint.
Für jede Kleinigkeit, die durch
HEIMATFORSCHER der Vergessenheit entrissen wurde, wird uns die
NACHWELT, hoffentlich irgendwann einmal, dankbar sein.
Es erfordert allerdings eine
AKRIBISCHE ARBEIT und große
MÜHE, aus Urkunden, Protokollen, Zeitungsmeldungen, Berichten und diversen Bilddokumenten die
ORTSGESCHICHTE aufzuarbeiten. Als
HEIMATFORSCHER ist man als
„EINSAMER JÄGER & SAMMLER“ ständig auf der Suche nach bislang unentdeckten
QUELLEN, um darin u.U. sogar ein paar
„GOLDKÖRNER“ aufzuspüren.
Ob sich in den teils widersprüchlichen
>ERINNERUNGEN< der Hörlitzer
ZEITZEUGEN aus dem Jahre 1958 „goldene Krümel“ finden lassen, war für mich erst einmal unwichtig, denn es galt vordergründig, die leider überaus kurze Geschichte der
>HÖRLITZER WERKE< (1891 - 1895) mit
FAKTEN zu füllen, deren Fülle aber wohl eher bescheiden daher kommt.
Der Hörlitzer
Edmund R o s o l s k i erinnerte sich:
„Vor der Wende zum 20. Jahrhundert machte sich der BERGBAU breit. Zunächst kamen die BERGE dran. Die HÖRLITZER WERKE mit FABRIK & GRUBE begannen im Norden von HÖRLITZ (Schocken’s-Grube bei uns bekannt) und im Osten von HÖRLITZ-FLUR mit der FABRIK, bekannt als „Fabrik an der Schipkauer Bahn“. 1906 übernimmt die Ilse-Bergbau AG. die Kohlefelder in Hörlitz und beginnt mit der Auskohlung von Süden, Südosten und Nordwesten her. Beteiligt waren die HÖRLITZER WERKE, die Niederlausitzer Kohlewerke & die Ilse AG.
In wenigen Jahren waren die bäuerlichen Grundstücke und das DORF HÖRLITZ verschwunden. Die Einwohner des Dorfes hofften, daß aus der ausgekohlten Sandwüste ein neues, schönes Hörlitz entsteht. Obwohl es in HÖRLITZ-FLUR genügend Baugrundstücke gab, zogen aber nur wenige Hausbesitzer aus dem Dorf in die Flur.“Der Nestor des Hörlitzer Heimatvereins,
Dietmar S e i d e l, ergänzte:
„Der Teil von Hörlitz von der ehemaligen Feuerwehr bis nach Schipkau wurde vor 60 Jahren vom Tagebau Meuro restlos abgebaggert, Die HÖRLITZER WERKE befanden sich auf diesem Teil. Dadurch sind die zu WOHNUNGEN umgebauten ehemaligen FABRIKGEBÄUDE ebenfalls restlos verschwunden.
Wo sie einmal standen, ist nicht mehr festzustellen. Zu den Aussagen von Herrn Rosolski kann ich nichts sagen. Ich habe zu „Schocken’s Grube“ nie etwas gehört oder gelesen.“Willi Z e u m e r (Obersteiger in Rente) versuchte sich im Jahre 1958 als erster an einer
ORTSCHRONIK, die rund 40 handgeschriebene Seiten umfasste. Wie er über Nacht zum
CHRONISTEN wurde, und was ihm zu den
>HÖRLITZER WERKEN< einfiel, liest sich darin so:
Am 16. März 1955 gab unsere Regierung eine
>ANORDNUNG ÜBER DIE FÜHRUNG VON ORTSCHRONIKEN< bekannt, die im Gesetzblatt der DDR (Teil II / Nr. 17 vom 30.03.1955) allen Gemeinden zur Kenntnis gegeben wurde. So wird die Führung der
ORTSCHRONIK zu einer gesellschaftspolitischen Aufgabe von entscheidender Bedeutung.
Um für unsere
GEMEINDE HÖRLITZ eine solche
>CHRONIK< zu erstellen, wurden vom Gemeinderat nachstehende 3 Personen gebeten, diese Arbeit zu übernehmen:
1. GR-mitglied & Rektor i.R. / Herr Jakob Bendziecha;
2. GR-mitglied & Schriftführer im Franz-Mehring-Werk / Herr Willi Kaiser;
3. Obersteiger i.R. / Herr Willi Zeumer;
Kurze Zeit nach dieser Auftragserteilung erkrankten die ersten beiden Mitglieder so schwer, dass
Herr Bendziecha im Frühjahr 1956 aus dem Leben schied und
Herr Kaiser vorzeitig seinen Dienst aufgeben musste und pensioniert wurde. So blieb mir als Dritter die Aufgabe allein überlassen, die
EREIGNISSE & ERLEBNISSE von Anfang 1945 bis heute (1958) zu schildern:
„Selbst die BRAUNKOHLENINDUSTRIE war damals schon im DORF vertreten. Unter den HÖRLITZER BERGEN, unmittelbar hinter dem heutigen KLUBHAUS, dem früheren GASTHOF Noack (später Zahn und Wielop), wurde die BRAUNKOHLE ab 1878 im TIEFBAU abgebaut und später mit Hilfe von Abraumlöffel & ~eimerbaggern das gesamte Deckgebirge abgetragen und auf Halde gefahren. Das FLÖTZ, dem diese KOHLE entstammte, trat an mehreren Punkten am Fuße der in NÖ resp. N Richtung von SFB liegenden sog. HÖRLITZER~, Senftenberger~, Raunoer~ & Reppister WEINBERGE zu Tage, die ziemlich steil und unvermittelt aus der Ebene anstiegen und den Anfang eines PLATEAUS bildeten, das sich gegen 50 Meter aus der Ebene heraushob.
Die freigelegte BRAUNKOHLE wurde per Handarbeit im TAGEBAUBETRIEB gewonnen.
Anfangs wurde die KOHLE nur als ROHKOHLE verkauft, aber schon 1878 wurde mit dem Bau der BRIKETTFABRIK „HÖRLITZER WERK“ begonnen. Sie bestand aus 4 Pressen und war 36 Jahre lang in Betrieb. Erst 1914, kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges, wurde sie stillgelegt und nach dessen Ende das FABRIKGEBÄUDE abgerissen. Brauchbare Steine & Eisenmaterialien wurden zu Bauzwecken wiederverwendet, alles Übrige als Schrott verkauft.
Von den damals zur FABRIK gehörenden GEBÄUDEN stehen heute noch an der „Fabrikstraße“, westlich vom heutigen SPORTPLATZ gelegen:
das Familienhaus, das ehemalige Verwaltungsgebäude, das Wohnhaus des Obersteigers und einige Baggerschuppen, die zu Wohnungen ausgebaut wurden.“Letztlich fand ich noch etwas
ZAHLENMATERIAL in der >Berg~ & Hüttenmännischen Zeitung< von 1892 über die
WOHNBEDINGUNGEN der Hörlitzer Bergleute:
„Im Jahre 1890 wurden in der >GRUBE HÖRLITZ I< 76455 t Rohkohle gefördert. Von den 85 dort tätigen Arbeitern lebten 10 gegen Mietzins in Wohnungen, von den 5 Aufsichtsbeamten 4 mietfrei gegen Anrechnung auf deren Verdienst.
Von vielen Grubenbesitzern ist den MIETERN DER WERKSWOHNUNGEN entsprechend deren Beschaffenheit die VERPFLICHTUNG zur Aufnahme von fremden Arbeitern als KOSTGÄNGER ausdrücklich auferlegt worden.
Auf GRUBE MEUROSTOLLN müssen sie 2 bis 3 fremde Arbeiter als Kostgänger aufnehmen, während auf GRUBE HÖRLITZ die Arbeiterwohnungen zur Aufnahme von je 2 Schlafburschen eingerichtet worden sind.“Auf jeden bergmännischen Laien wirken die nachfolgenden
GEOLOGISCHEN FAKTEN in Text & Bild zwangsläufig schon etwas atemberaubend. Wem es vergönnt war, diese
RIESENSTUBBEN IM TAGEBAU mit eigenen Augen zu sehen, fühlte sich sicher geadelt:
„In einer Reihe von TAGEBAUEN, so auch auf den HÖRLITZER WERKEN, findet man im Liegenden des FLÖTZES in einer Länge und Breite von je etwa 200 Meter eine große Anzahl aufrecht stehender Baumstümpfe, deren Wurzeln man auf ca. 2 bis 2 ½ Meter vom Stamm entfernt als grau-gefärbten Ton verfolgen konnte. Alle diese STÄMME waren in etwas mehr denn 1 Meter Höhe über dem Boden gleichmäßig wie abgeschnitten oder abgesägt. Welche GEWALT ist im Stande gewesen, dies zu vollbringen, denn alle diese STÄMME konnte man als einstige RIESEN DES WALDES bezeichnen. Die meisten von ihnen hatten einen Durchmesser von über 3 Meter und einen Umfang von 9-10 Meter.“ (1893)Abschließend noch
„FAKTEN im Telegrammstil“ aus der Illustrierten Zeittafel >3 Jahrhunderte Lausitzer Braunkohlenbergbau<:
„1891 wird der TAGEBAU >HÖRLITZ I< (westlich von Senftenberg) mit der BRIKETTFABRIK der Fa. Hartwig & Co. in Betrieb genommen. 1895 ist die GRUBE ausgekohlt. 1896 wird der TAGEBAU >HÖRLITZ II< (westlich von Senftenberg) in Betrieb genommen. 1924 ist die GRUBE ausgekohlt.“
IN EIGENER SACHE:Als ich ob meines nicht gerade ausufernden
KOMMENTARS beim Administrator nachfragte, wie es ihm gelungen sei,
SO VIEL MATERIAL zusammenzutragen, antwortete er mit einem Augenzwinkern:
„NUR ZUSAMMENGESAMMELT – BIN DOCH HEIMATFORSCHER!“