Am 26. August 1936 ordnete Adolf Hitler an, dass
BETRIEBEN, in denen der Gedanke der nationalsozialistischen
BETRIEBSGEMEINSCHAFT auf das vollkommenste verwirklicht ist, die Auszeichnung
>NS-MUSTERBETRIEB< verliehen werden kann. Am 30. April 1937 wurden die ersten 30, und im Jahre 1938 weitere 73 Betriebe für ihre vorbildliche Arbeit & Betriebsordnung, ihre Kameradschaft, sowie soziale & wirtschaftliche Leistung zu >NS-Musterbetrieben< ernannt.
Von ihnen ging die
ENTWICKLUNG aus, die zu dem vom Führer verkündeten
ZIELE führen sollte:
„DIE GESAMTE DEUTSCHE WIRTSCHAFT EIN NATIONALSOZIALISTISCHER MUSTERBETRIEB!“Die >Deutsche Arbeitsfront< (
DAF) vergab seit dem 1. Mai 1937 zusätzlich spezielle
>LEISTUNGSABZEICHEN< für vorbildliche Gesundheitsfürsorge & Berufserziehung, Wohnungsbau, soziale Werksfürsorge und die Förderung von „Kraft durch Freude“ sowie das
>GAUDIPLOM< für hervorragende Leistungen. Bei den
KRITERIEN für diese Abzeichen traten allerdings die
POLITISCHEN ZIELSETZUNGEN der DAF deutlicher hervor. Beurteilt wurden u.a. der Ausbildungsablauf, die Ausbilder und deren Zusammenarbeit mit der DAF und der >Hitlerjugend< (HJ), die weltanschauliche Schulung, die ganzheitliche Betreuung durch Erfassung der Jugendlichen in der Freizeit und bei Gestaltung des Urlaubs, die Ausbildungsstätte und die Maschinen sowie die erfolgreiche Teilnahme am
REICHSBERUFSWETTBEWERB.
Im Juni 1938 kam noch das
>LEISTUNGSABZEICHEN für vorbildliche KLEINBETRIEBE< hinzu, denen somit eine
AUSZEICHNUNG nicht von vornherein unerreichbar erscheinen sollte. Damit wollte man natürlich neben dem „Wunsch nach Auszeichnungen“ vor allem die
LEISTUNGSSTEIGERUNG fördern,
zumal die Zahl der
>NS-MUSTERBETRIEBE< nicht allzu vergrößert werden sollte, um den
WERT des Titels nicht zu schmälern.
Die Zahl der sich beim
LEISTUNGSKAMPF bewerbenden
BETRIEBE stieg von 80559 (1937/38) über 290322 (1940/41) auf 323000 (1942/43),
die Zahl der
MUSTERBETRIEBE von 113 (1938) über 419 (1941) auf 506 (1944). Im Mai 1942 wurden zunehmend auch noch
>KRIEGS-MUSTERBETRIEBE< ausgezeichnet – aufgeschlüsselt nach Wirtschaftszweigen, wobei selbstredend mit 25% der Bereich „Eisen & Metall“ dominierte.
MOTIVIERT wurden sie alle gleichermaßen mit einem Zitat aus dem gleichnamigen
GEDICHT von Theodor Fontane:
Du wirst es nie zu Tücht'gem bringen
Bei deines Grames Träumereien,
die Tränen lassen nichts gelingen:
Wer schaffen will, muss fröhlich sein. Die
>NS-MUSTERBETRIEBE< wurden nach
FACHGEBIETEN geordnet (Nahrung & Genuss, Textil, Bekleidung & Leder, Bau, Wald & Holz, Eisen & Metall, Chemie, Druck & Papier, Energie, Verkehr, Verwaltung, Bergbau, Banken & Versicherungen, Freie Berufe, Steine & Erden, Handel, Handwerk, Fremdenverkehr & Luftfahrt.
Sie erhielten, wie oben in der Collage zu sehen, eine
EHRENTAFEL, die den Haupteingang des Betriebes zierte, und führten für die Dauer eines Jahres bei festlichen Anlässen die
FLAGGE der Deutschen Arbeitsfront mit
GOLDENEM RAD & GOLDENEN FRANSEN.
Die
VERLEIHUNG konnte wiederholt erfolgen und wurde zurückgenommen, sofern die Voraussetzungen dafür nicht mehr gegeben waren.
Die als >
KRIEGSMUSTERBETRIEBE< ausgezeichneten Werke erhielten das Recht, das an der
FAHNE in der oberen rechten Ecke eingestickte
KRIEGSVERDIENSTKREUZ als Symbol zu führen.
Ein
NS-MUSTERBETRIEB ohne einen „musterhaften“
NS-BETRIEBSFÜHRER war schlechterdings nicht vorstellbar, weshalb die
ANFORDERUNGEN der
DAF an denselben zunächst auch ganz einfach & menschlich formuliert wurden:
„Stärke den LEBENSWILLEN der Schaffenden, wecke ihr INTERESSE am Betriebsgeschehen,
entwickle ihre beruflichen FÄHIGKEITEN, fördere ihre GESUNDHEIT !“
Interessanterweise brachten sich hier nun die Braunhemden der
SA (Sturmabteilung der Nazis), die nach dem 1934 erfolgten
RÖHM-PUTSCH nahezu bedeutungslos waren, im Jahre 1938 beim
FÜHRER in Erinnerung mit der Veröffentlichung der spitzfindigen…
ZEHN GEBOTE FÜR DEN BETRIEBSFÜHRER
1. Verkünde stets und überall, du habest eine
GESCHLOSSENE MANNSCHAFT hinter dir stehen, die sich dir persönlich in unverbrüchlicher, gegenseitiger
TREUE auf Gedeih & Verderb verschworen habe. Dulde
KEINE EIGENE MEINUNG und weise jeden
WIDERSPRUCH zurück
– mögen sie dich hassen, wenn sie dich nur fürchten !2. Sorge unablässig dafür, dass in deinem Betrieb alles unterbleibt, was zu einem wirklichen
VERTRAUENSVERHÄLTNIS
zwischen
BETRIEBSFÜHRER & GEFOLGSCHAFT führen könnte.
3. Willst du der „Herr im Hause“ bleiben, so übe die Kunst
„ZU TEILEN, UM ZU HERRSCHEN“. Lasse keine Gelegenheit verstreichen,
um deine lieben
UNTERGEBENEN gegeneinander auszuspielen & aufzuhetzen.
REGIERE mit einigen untergeordneten Kreaturen, die bereit sind, dir alles zuzutragen.
Je mehr deine Leute untereinander verfeindet sind, desto besser für deine Sicherheit.
4. Lasse deine Untergebenen immer im
UNKLAREN darüber, wie du ihre
ARBEITSLEISTUNGEN bewertest. Vermeide jedes
LOB und tadle bisweilen auch dann, wenn keine Veranlassung vorliegt. Erweise lediglich deinen
ZUTRÄGERN gelegentlich kleine
AUFMERKSAMKEITEN, um die
ARBEITSFREUDIGKEIT der gesamten Belegschaft zu erhöhen.
5. Werde unnachsichtig zum
PEDANTEN betr. Einhaltung der
DIENSTVORSCHRIFTEN. Errichte einen regelmäßigen
SPITZELDIENST,
der dir allmorgendlich meldet, wer zu spät gekommen ist und gehe scharf gegen
ÜBLE ANGEWOHNHEITEN wie Kaffeekochen, Plaudereien im Dienst usw. vor.
6. Vermeide es, einen dienstlichen
FEHLER sofort nach Bekanntwerden zu rügen. Sammle stattdessen fleißig alles, was dir bekannt wird und halte ihnen ihr
SÜNDENREGISTER in seiner Gesamtheit dann vor, wenn sie am wenigsten darauf gefasst sind.
7. Vermeide
AUSSPRACHEN unter vier Augen.
TADLE grundsätzlich nur im Beisein vieler, rangniedriger Angestellter, um deinen lieben Mitarbeitern ein wenig deren
HOCHMUT abzugewöhnen.
8. Merkst du, dass einer deiner
UNTERGEBENEN beginnt, dir leistungsmäßig über den Kopf zu wachsen, so setze ihn in jeder Weise herab und betone deine
UNZUFRIEDENHEIT. Bleibt sein
EHRGEIZ der gleiche, zögere nicht länger mit der
ENTLASSUNG.
9.
KÜNDIGE möglichst unangekündigt kurzfristig und, wenn du es einrichten kannst, unmittelbar zum
HEILIGABEND.
10. Zeige dich von Zeit zu Zeit sehr
SOZIAL, indem du einen gemeinsamen
BETRIEBSAUSFLUG anordnest. Ermahne zuvor alle Gefolgsleute,
sich anständig zu benehmen. Behalte jeden einzelnen fortgesetzt im Auge und lasse dir hinterbringen, wie & was man über dich gesprochen hat.
Wenn
DU müde wirst, so befiehl ohne Rücksicht auf die allgemeine Stimmung im barschen Ton den gemeinsamen, sofortigen
AUFBRUCH.
Beim Lesen des
SCHLUSSWORTES kam dann aber das erlösende
AUFATMEN – denn selbstredend wurde natürlich das
GEGENTEILIGE VERHALTEN von allen
NS-BETRIEBSFÜHRERN erwartet.
Ich vermute allerdings im Nachhinein, dass zu
DDR-Zeiten einige von uns in der eigenen
BERUFLICHEN VITA ähnlich
NEGATIVE & wohl weitestgehend unausrottbare
VERHALTENSWEISEN der
BETRIEBS~ & PARTEILEITUNG erleben durften.
Doch was soll’s: mittlerweile ist das gottlob, zumindest für meine Generation, schon
„SCHNEE VON GESTERN“…