ANSICHTSKARTEN mit
GRÜSSEN an die Daheimgebliebenen zu verschicken, ist für uns Menschen des 21. Jahrhunderts mehr oder weniger schon zur
RARITÄT geworden,
denn der Sinn für
KOMMUNIKATION & VISUALISIERUNG hat sich mit der Etablierung des
SMARTPHONES enorm verändert.
Im 19.Jahrhundert war die Idee, eine
NACHRICHT auf ein Stück
PAPIER zu schreiben, die von jedermann gelesen werden konnte, der es in der Hand hielt,
eine
„ABARTIGE“ ERFINDUNG, denn über Jahrhunderte hinweg wurden offizielle wie private
NACHRICHTEN überaus diskret in Umschlägen versteckt,
und somit unsichtbar für die Öffentlichkeit ausschließlich per
BOTEN verschickt.
Zur
ILLUSTRATION der neuartigen
ANSICHTSKARTEN wurden alle
THEMEN aufgegriffen, die kommerziellen Erfolg versprachen.
Neben
GLÜCKWÜNSCHEN jedweder Art waren es vor allem zahllose
>GRUSS AUS…< – Karten aus diversen
URLAUBSREGIONEN, denn…
Wenn Menschen mal auf Reisen gehn,
heißt es nicht mehr: „Auf Wiedersehn !“
Zum Abschied sagt man: „Ich erwarte
auf jeden Fall ne ANSICHTSKARTE!“
Und sie kam – die
ANSICHTSKARTE nämlich.
Wer früher per
POSTKUTSCHE oder
OMNIBUS eine
REISE unternahm, die sich vielleicht auf eine 24-stündige
FAHRT ausdehnte, der griff auch,
sobald er nach mancherlei Gefahren am
ZIEL war, zu Tinte & Feder und beschrieb nun umständlich und ausführlich seine
REISEERLEBNISSE für die Daheimgebliebenen.
Was uns heute die
ANSICHTSPOSTKARTE veranschaulicht, den
ORT, wo man weilt, wurde bis auf die allergeringste
KLEINIGKEIT herab,
je nach Begabung des Schreibers entweder in sehr interessanter oder eben äußerst langweiliger Form beschrieben.
DIE REISENDEN VON HEUTE – wenn sie einen noch so kurzen
AUFENTHALT haben - sehen sich unterwegs schon auf der
BAHNSTATION nach
ANSICHTSKARTEN um,
nehmen einen Kugelschreiber zur Hand, adressieren diese mit Windeseile, nachdem sie einen Blick auf die Freundes~ & Bekanntenliste im
NOTIZBUCH geworfen haben,
und schreiben auf der
KARTENRÜCKSEITE noch schnell einen flüchtigen
GRUSS dahin.
Es ist ja sowieso nicht viel, was auf der
ANSICHTSKARTE geschrieben werden kann, aber gelangt sie an ihr Ziel, so erweckt sie beim
EMPFÄNGER ein wohltuendes Gefühl:
man erinnert sich seiner, denkt an ihn, obwohl Hunderte von Kilometern dazwischen liegen.
Ganz eilige Zeitgenossen schrieben einstmals sogar
„GRÜSSE AUS DEM SPEISEWAGEN“:
Allem Anschein nach werden sich die
EMPFÄNGER über den angekündigten
ÜBERRASCHUNGSBESUCH von Peter & Bertha nicht schlecht gewundert haben:
"Wir sind auf der Reise nach Aachen, bleiben dort bis Ende dieser Woche, und kommen Euch alsdann besuchen. Hoffentlich wird es euch recht sein..."Der
ANSICHTSKARTENTEXT pflegt überwiegend sehr banal zu sein. Es handelt sich zwar nur um einen
GRUSS AUS DER FERNE, aber ein wohlgelaunt witziger
TEXT, auch gern in
KNÜPPELREIMEN verfasst, macht wohl doch etwas mehr her, als nur die lapidare Beschreibung des
URLAUBSWETTERS,
wie auf den
FAKSIMILES diverser
URLAUBSKARTEN VOM SENFTENBERGER SEE:
Der folgende
TEXT aus einem „illustrierten Familienblatt von 1907“ schenkt uns abschließend noch eine große Packung
ANSICHTSPOSTKARTENNOSTALGIE: „Zur SOMMERSZEIT fliegen die ANSICHTSKARTEN überall nur so herum wie die SCHMETTERLINGE. In guter und schlechter Manier bringen sie ANSICHTEN von großartigen LANDSCHAFTEN, aber auch künstlich romantisierten langweiligen GEGENDEN. Jeder Berggipfel, jede Schlucht, jeder See, Wasserfall oder Gesundbrunnen und vor allem jedes WIRTSHAUS hat seine eigene ANSICHTSKARTE. Die Fremden kommen, die KARTEN gehen in Massen ab und so lässt man sich jetzt die REKLAME,
die man für seine GEGEND, für seinen ORT, für sein GESCHÄFT macht, von anderen bezahlen. Der PREIS einer POSTKARTE liegt bei rund 3 Pfennig, ohne Portokosten. Im Vergleich dazu kostet 1 kg BROT 24 Pfennig. Der niedrige Preis fördert natürlich die Popularität der POSTKARTE. Der KÄUFER schreibt zum gedruckten „Gruß aus Großposemuckel“, der schön mit LANDSCHAFT & BLUMEN geschmückt ist, ein paar nichtssagende WORTE dazu, viel TEXT hat auf dem Rest leeren Raumes ohnehin nicht Platz, und schickt sie seinen fernen LIEBEN, oder einem FREUNDE, der „großartig überrascht sein wird“, wenn er erfährt, daß sich der ABSENDER just in Großposemuckel aufhält. Für diese Offenbarung hat der EMPFÄNGER manchmal sogar noch STRAFPORTO zu leisten, weil der Absender vergessen hatte, eine BRIEFMARKE daraufzukleben,
was ihn zu dem AUSRUF veranlasst:
„Ah, da muss es aber schön sein. Großposemuckel ist wirklich ganz reizend gelegen,
- aber der Teufel hole das STRAFPORTO!"Für
SCHREIBFAULE gab es übrigens vorgefertigte
>FERIENGRÜSSE - STARTHILFEN<:
"1000 Grüße send' ich Dir - Doch verlang' nicht mehr von mir!"