Neues 517 - 2022-05-22

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Matthias
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Neues 517 - 2022-05-22

Beitragvon Matthias » So 22. Mai 2022, 12:42

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Harald
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Re: Neues 517 - 2022-05-22

Beitragvon Harald » So 22. Mai 2022, 15:11

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„HAM’ WA NICH“ - hatten wir oft.

Unsere Landsleute im Westen kauften ihre LEBENSMITTEL und die WTB, also „Waren des täglichen Bedarfs“ wie Drogerieartikel & Reinigungsmittel, seit jeher in großen >SUPERMÄRKTEN< ein. Dagegen wurden sie in der DDR in sogenannten >KAUFHALLEN<, meist „großen, eingeschossigen Lebensmittel~ & Haushaltswarengeschäften mit Selbstbedienung“ angeboten.
In SENFTENBERG gab es einstmals 5 solcher, von der HO bzw. dem KONSUM betriebene Einrichtungen, welche zur Unterscheidung
vom Volksmund die Bezeichnungen „SEE-“, „SÜD-“, „STUMPF- und eben „BRECHT – KAUFHALLE“ erhielten.
Nur die KAUFHALLE in der R.- Breitscheidstraße, die nach der Wende zum Autohaus umfunktioniert wurde, hatte meines Wissens keinen derartigen BEINAMEN.
Da es aber allerorts einheitlich festgelegte VERKAUFSPREISE gab, herrschte auch keine PREISKONKURRENZ zwischen den verschiedenen LÄDEN.
Allerdings konnte sich, je nach Engagement des Verkaufsstellenleiters, das WARENSORTIMENT merklich unterscheiden.
„Es gibt alles, nur nicht immer, nicht überall und schon gar nicht, wenn es gerade gebraucht wird“, spottete der Volksmund.

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Auf WARTESCHLANGEN vor Geschäften sprangen wir DDR-Bürger sofort an, denn dort gab es allem Anschein nach etwas Besonderes. Als LEBENSREGEL galt daher allgemein, sich erst einmal in die „SOZIALISTISCHE WARTEGEMEINSCHAFT“ einzureihen, und sich anschließend danach zu erkundigen, was es eigentlich gäbe. VERSORGUNGSSCHWIERIGKEITEN begleiteten uns auf Schritt & Tritt und prägten unser Einkaufsverhalten. Mit „HABEN SIE…?“ begannen die meisten Verkaufsgespräche und endeten mit der wenig überraschenden Antwort der Verkäuferinnen: „HAM WA NICH!“ Vieles konnte man nur als „BÜCKWARE“ (unter dem Ladentisch hervorgeholt) oder als so genannte „FDGB-Ware“ („Für die guten Bekannten“) bekommen. Das waren beispielsweise Schinken, Halberstädter Würstchen, Radeberger Bier, Tomatenketchup – oder auch bestimmte Zeitschriften.
Wenn ich heute gemütlich meinen Einkaufswagen durch das >KAUFLAND< o.a. Discountermärkte schiebe, frage ich mich manchmal schon, wie wir es früher schafften, unsere EINKÄUFE trotz des im Dreierpack ANSTELLENS zu erledigen – zuerst nach einem KORB, dann am FLEISCHSTAND und schließlich an der KASSE . Wenn ich dann aber ganz gemächlich „alte Bekannte“ wie Spreewälder Gurken, Bautzner Senf, Lausitzer Apfelmus, Halloren-Kugeln oder Sassnitzer Bratheringe in meinen EINKAUFSKORB lege – sofern diese Artikel nicht gerade zur aktuellen >HAMSTERWARE< gehören – empfinde ich es als späte Wiedergutmachung für so manches SCHLANGESTEHEN in längst vergangenen Zeiten…

Übrigens ist der Begriff >KAUFHALLE< keine Wortschöpfung aus DDR-Zeiten.
Schon im Mittelalter bestanden in den Handelsstädten solche Gebäude zum Lagern & Verkauf von Waren, welche als kleine KAUFHÄUSER unter der Bezeichnung >KAUFHALLE< zur Abhaltung von MÄRKTEN dienten. Im 19. Jahrhundert nahm es in den Großstädten jedoch recht chaotische Formen an, wie ein Bericht aus dem Jahre 1865 beweist:

„In Heidelberg ließ man eine aus 25 Kaufläden bestehende KAUFHALLE bauen: Bude an Bude. Neben der Waare des Spitzenhändlers und der Früchte Südamerikas stellt der Sarghändler sein Produkt aus und hindert den Buchhändler nicht, unter dem Schatten von Kartoffelbergen und unzähligen Esswaren die Früchte des Geistes und der Wissenschaft zu entfalten, während die vornehmen Damen im Putzwarenlager sich fürstliche Werthe vor die Füße rollen lassen und zuletzt doch nichts kaufen…“

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Wohlgeordnet, gelegentlich auch auffallend kritisch beobachtete die >Lausitzer Rundschau“ in den 1960er Jahren Handel & Wandel in der

SENFTENBERGER >BRECHT–KAUFHALLE<

31.08.1963
610000 DM stellte unser Staat für die neue KAUFHALLE mit 371 qm Verkaufsfläche im Senftenberger Wohngebiet II bereit, mit deren BAU ein seit langem geäußerter Wunsch erfüllt wurde. Die 14 in der Lebensmittelabteilung tätigen FRAUEN wollen mit ihrem LEITER Herbert B ä r die vielen KUNDEN nicht nur bedarfsgerecht versorgen, wie es in ihrem WETTBEWERB heißt, sie wollen die HAUSFRAUEN auch gut beraten.
Ab September wird mit dem vielseitigen ANGEBOT an frischem & feingefrostetem OBST & GEMÜSE auch täglich die EMPFEHLUNG vermittelt, wie ein nahrhaftes & vitaminreiches MITTAGESSEN zubereitet werden kann.“
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5.07.1966
„Senftenberg ist in den vergangenen Jahren um viele moderne VERKAUFSSTELLEN & EINKAUFSZENTREN reicher geworden. HO und KONSUM haben sich redlich Mühe gegeben. Wohl niemand hat die Einführung des arbeitsfreien Sonnabends in jeder zweiten Woche so begrüßt wie unsere FRAUEN. Doch noch nie hat unsere Redaktion so viele KRITIKEN erhalten wie zur Zeit. Hinter dem angeblich 'REICHLICHEN GEMÜSE-ANGEBOT' in der KAUFHALLE verbergen sich meist nur Kartoffeln, Möhren & Sauerkraut, hin & wieder angeschlagene, schon etwas matschige Äpfel.
Hauptsächlich geht es aber um ‚SCHLANGEN‘ vor den GESCHÄFTEN, besonders an den arbeitsfreien Sonnabenden.
Fakt ist, daß das WARENANGEBOT oftmals am Freitagmittag erhebliche LÜCKEN aufweist. Diese KRITIK trifft nicht nur für die FLEISCHVERKAUFSSTELLEN zu. Darum fordern wir die leitenden HANDELSFUNKTIONÄRE auf, SOFORTMASSNAHMEN zu veranlassen, um die SCHLANGEN vor den Geschäften zu vermeiden. ANTWORT erwarten wir zuerst vom RAT DES KREISES. Es geht um das >Q< im HANDEL.“

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„Viele FRAUEN unseres Kreises gehen einer BERUFSARBEIT nach. Ist der ARBEITSTAG dieser FRAUEN zu Ende, beginnt ein zweiter Beruf zu Hause. Die HAUPTLAST dieser ‚zweiten Schicht‘ liegt meistens auf den Schultern der FRAUEN. Es ist ein dringendes Anliegen unserer Gesellschaft, daß jeder nach der Arbeit die entsprechende Zeit für ERHOLUNG & ENTSPANNUNG und für seine WEITERBILDUNG findet.
Um unseren FRAUEN ihre ‚zweite Schicht‘ zu erleichtern, wurden bereits viele Wege beschritten. Der sozialistische HANDEL wird auch stärker seinen Beitrag leisten, um den FRAUEN den zeitraubenden EINKAUF zu erleichtern. So wird ein BESTELLSYSTEM angewendet, um die WARTEZEITEN und das ANSTEHEN auf ein Mindestmaß zu beschränken. Durch unseren Reporter wurde u.a. auch der Leiter der HO-KAUFHALLE Herbert B ä r befragt:

„Das KUNDENBESTELLSYSTEM haben wir schon seit 1 ½ Jahren. Es ist für WERKTÄTIGE FRAUEN gedacht, die sich den ganzen Tag im Berufsleben befinden und nicht die Zeit haben, sich anzustellen.
Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht. Vor der KAUFHALLE befindet sich ein BRIEFKASTEN, wo die BESTELLZETTEL hineingeworfen werden. In der verkaufsarmen Zeit werden die WAREN fertiggemacht und aufbewahrt. Der KUNDE holt sich die WARE in der Regel nachmittags ab, etwa um 15 Uhr. Es geht reibungslos. Wir haben keine Schwierigkeiten. Die KUNDEN bestellen zum größten Teil FLEISCH & WURST. Das geschieht überwiegend freitags und sonnabends. Im Monat geben etwa 1000 Kunden bei uns ihre BESTELLUNGEN ab.“

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Insgesamt 9-mal wurden in den o.a. Zeitungsartikeln die "FRAUEN" erwähnt, was nochmals unterstreichen sollte, dass sie tatsächlich die HAUPTLAST der täglichen EINKÄUFE zu tragen hatten – allerdings auch von „sozialpolitischen Maßnahmen“ in höherem Maße als heutzutage profitieren konnten… :!: ;)


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