„HAM’ WA NICH“ - hatten wir oft. Unsere Landsleute im Westen kauften ihre
LEBENSMITTEL und die
WTB, also „Waren des täglichen Bedarfs“ wie Drogerieartikel & Reinigungsmittel, seit jeher in großen >
SUPERMÄRKTEN< ein. Dagegen wurden sie in der
DDR in sogenannten >
KAUFHALLEN<, meist „großen, eingeschossigen Lebensmittel~ & Haushaltswarengeschäften mit Selbstbedienung“ angeboten.
In
SENFTENBERG gab es einstmals
5 solcher, von der
HO bzw. dem
KONSUM betriebene Einrichtungen, welche zur Unterscheidung
vom Volksmund die Bezeichnungen „
SEE-“, „
SÜD-“, „
STUMPF- und eben „
BRECHT – KAUFHALLE“ erhielten.
Nur die
KAUFHALLE in der
R.- Breitscheidstraße, die nach der Wende zum Autohaus umfunktioniert wurde, hatte meines Wissens keinen derartigen
BEINAMEN.
Da es aber allerorts einheitlich festgelegte
VERKAUFSPREISE gab, herrschte auch keine
PREISKONKURRENZ zwischen den verschiedenen
LÄDEN.
Allerdings konnte sich, je nach Engagement des Verkaufsstellenleiters, das
WARENSORTIMENT merklich unterscheiden.
„Es gibt alles, nur nicht immer, nicht überall und schon gar nicht, wenn es gerade gebraucht wird“, spottete der Volksmund.
Auf
WARTESCHLANGEN vor Geschäften sprangen wir DDR-Bürger sofort an, denn dort gab es allem Anschein nach etwas Besonderes. Als
LEBENSREGEL galt daher allgemein, sich erst einmal in die „
SOZIALISTISCHE WARTEGEMEINSCHAFT“ einzureihen, und sich anschließend danach zu erkundigen, was es eigentlich gäbe.
VERSORGUNGSSCHWIERIGKEITEN begleiteten uns auf Schritt & Tritt und prägten unser Einkaufsverhalten. Mit
„HABEN SIE…?“ begannen die meisten Verkaufsgespräche und endeten mit der wenig überraschenden Antwort der Verkäuferinnen:
„HAM WA NICH!“ Vieles konnte man nur als „
BÜCKWARE“ (unter dem Ladentisch hervorgeholt) oder als so genannte „
FDGB-Ware“ („Für die guten Bekannten“) bekommen. Das waren beispielsweise Schinken, Halberstädter Würstchen, Radeberger Bier, Tomatenketchup – oder auch bestimmte Zeitschriften.
Wenn ich heute gemütlich meinen Einkaufswagen durch das >
KAUFLAND< o.a. Discountermärkte schiebe, frage ich mich manchmal schon, wie wir es früher schafften, unsere
EINKÄUFE trotz des im Dreierpack
ANSTELLENS zu erledigen – zuerst nach einem
KORB, dann am
FLEISCHSTAND und schließlich an der
KASSE . Wenn ich dann aber ganz gemächlich „alte Bekannte“ wie Spreewälder Gurken, Bautzner Senf, Lausitzer Apfelmus, Halloren-Kugeln oder Sassnitzer Bratheringe in meinen
EINKAUFSKORB lege – sofern diese Artikel nicht gerade zur aktuellen >
HAMSTERWARE< gehören – empfinde ich es als späte Wiedergutmachung für so manches
SCHLANGESTEHEN in längst vergangenen Zeiten…
Übrigens ist der Begriff
>KAUFHALLE< keine Wortschöpfung aus DDR-Zeiten.
Schon im Mittelalter bestanden in den Handelsstädten solche Gebäude zum Lagern & Verkauf von Waren, welche als kleine
KAUFHÄUSER unter der Bezeichnung >
KAUFHALLE< zur Abhaltung von
MÄRKTEN dienten. Im 19. Jahrhundert nahm es in den Großstädten jedoch recht chaotische Formen an, wie ein Bericht aus dem Jahre 1865 beweist:
„In Heidelberg ließ man eine aus 25 Kaufläden bestehende KAUFHALLE bauen: Bude an Bude. Neben der Waare des Spitzenhändlers und der Früchte Südamerikas stellt der Sarghändler sein Produkt aus und hindert den Buchhändler nicht, unter dem Schatten von Kartoffelbergen und unzähligen Esswaren die Früchte des Geistes und der Wissenschaft zu entfalten, während die vornehmen Damen im Putzwarenlager sich fürstliche Werthe vor die Füße rollen lassen und zuletzt doch nichts kaufen…“ Wohlgeordnet, gelegentlich auch auffallend kritisch beobachtete die >Lausitzer Rundschau“ in den 1960er Jahren Handel & Wandel in der
SENFTENBERGER >BRECHT–KAUFHALLE<
31.08.1963„
610000 DM stellte unser Staat für die neue
KAUFHALLE mit 371 qm Verkaufsfläche im Senftenberger Wohngebiet II bereit, mit deren
BAU ein seit langem geäußerter Wunsch erfüllt wurde. Die 14 in der Lebensmittelabteilung tätigen
FRAUEN wollen mit ihrem
LEITER Herbert B ä r die vielen
KUNDEN nicht nur bedarfsgerecht versorgen, wie es in ihrem
WETTBEWERB heißt, sie wollen die
HAUSFRAUEN auch gut beraten.
Ab September wird mit dem vielseitigen
ANGEBOT an frischem & feingefrostetem
OBST & GEMÜSE auch täglich die
EMPFEHLUNG vermittelt, wie ein nahrhaftes & vitaminreiches
MITTAGESSEN zubereitet werden kann.“
5.07.1966„Senftenberg ist in den vergangenen Jahren um viele moderne
VERKAUFSSTELLEN & EINKAUFSZENTREN reicher geworden.
HO und
KONSUM haben sich redlich Mühe gegeben. Wohl niemand hat die Einführung des arbeitsfreien Sonnabends in jeder zweiten Woche so begrüßt wie unsere
FRAUEN. Doch noch nie hat unsere Redaktion so viele
KRITIKEN erhalten wie zur Zeit. Hinter dem angeblich '
REICHLICHEN GEMÜSE-ANGEBOT' in der
KAUFHALLE verbergen sich meist nur Kartoffeln, Möhren & Sauerkraut, hin & wieder angeschlagene, schon etwas matschige Äpfel.
Hauptsächlich geht es aber um ‚
SCHLANGEN‘ vor den
GESCHÄFTEN, besonders an den arbeitsfreien Sonnabenden.
Fakt ist, daß das
WARENANGEBOT oftmals am Freitagmittag erhebliche
LÜCKEN aufweist. Diese
KRITIK trifft nicht nur für die
FLEISCHVERKAUFSSTELLEN zu. Darum fordern wir die leitenden
HANDELSFUNKTIONÄRE auf,
SOFORTMASSNAHMEN zu veranlassen, um die
SCHLANGEN vor den Geschäften zu vermeiden.
ANTWORT erwarten wir zuerst vom
RAT DES KREISES. Es geht um das
>Q< im HANDEL.“
„Viele
FRAUEN unseres Kreises gehen einer
BERUFSARBEIT nach. Ist der
ARBEITSTAG dieser
FRAUEN zu Ende, beginnt ein zweiter Beruf zu Hause. Die
HAUPTLAST dieser ‚zweiten Schicht‘ liegt meistens auf den Schultern der
FRAUEN. Es ist ein dringendes Anliegen unserer Gesellschaft, daß jeder nach der Arbeit die entsprechende Zeit für
ERHOLUNG & ENTSPANNUNG und für seine
WEITERBILDUNG findet.
Um unseren
FRAUEN ihre ‚zweite Schicht‘ zu erleichtern, wurden bereits viele Wege beschritten. Der sozialistische
HANDEL wird auch stärker seinen Beitrag leisten, um den
FRAUEN den zeitraubenden
EINKAUF zu erleichtern. So wird ein
BESTELLSYSTEM angewendet, um die
WARTEZEITEN und das
ANSTEHEN auf ein Mindestmaß zu beschränken. Durch unseren Reporter wurde u.a. auch der
Leiter der HO-KAUFHALLE Herbert B ä r befragt:
„Das
KUNDENBESTELLSYSTEM haben wir schon seit 1 ½ Jahren. Es ist für
WERKTÄTIGE FRAUEN gedacht, die sich den ganzen Tag im Berufsleben befinden und nicht die Zeit haben, sich anzustellen.
Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht. Vor der
KAUFHALLE befindet sich ein
BRIEFKASTEN, wo die
BESTELLZETTEL hineingeworfen werden. In der verkaufsarmen Zeit werden die
WAREN fertiggemacht und aufbewahrt. Der
KUNDE holt sich die
WARE in der Regel nachmittags ab, etwa um 15 Uhr. Es geht reibungslos. Wir haben keine Schwierigkeiten. Die
KUNDEN bestellen zum größten Teil
FLEISCH & WURST. Das geschieht überwiegend freitags und sonnabends. Im Monat geben etwa 1000 Kunden bei uns ihre
BESTELLUNGEN ab.“
Insgesamt
9-mal wurden in den o.a. Zeitungsartikeln die
"FRAUEN" erwähnt, was nochmals unterstreichen sollte, dass sie tatsächlich die
HAUPTLAST der täglichen
EINKÄUFE zu tragen hatten – allerdings auch von „sozialpolitischen Maßnahmen“ in höherem Maße als heutzutage profitieren konnten…