Neues 532 - 2022-09-25

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Matthias
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Neues 532 - 2022-09-25

Beitragvon Matthias » Sa 24. Sep 2022, 07:36

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Harald
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Re: Neues 532 - 2022-09-25

Beitragvon Harald » Mo 26. Sep 2022, 18:46

Duell_resize.jpg

So eil‘ ich heut‘ mit Sturmeswinden,
um eine Botschaft zu verkünden –
wenn erst die STICHWAHL ist vorbei,
dann strömt das Volk zum Markt herbei,
und laut erschallt der Töne neu’ster:
„Hoch lebe unser BÜRGERMEISTER!“
auch möglich, dass es gibt statt ihn
eine Frau BÜRGERMEISTERIN.
Auf jeden Fall schall‘n Jubellieder,
sobald das AMT besetzt ist wieder.


Erfahrungsgemäß sind es nicht selten von GELTUNGSBEDÜRFNIS beherrschte & mit einer geballten Portion SELBSTÜBERSCHÄTZUNG belastete PERSONEN, die sich für den scheinbar lukrativen BÜRGERMEISTERPOSTEN bewerben. In diesem WAHLJAHR hielten sich 4 Kandidaten & 2 ~innen für geeignet. Es darf aber nur ein/e einzige/r ins RATHAUS einziehen – und hernach die stets etwas verklärten ANNEHMLICHKEITEN DES HOHEN AMTES genießen, wie z.B.: bei diversen (un)wichtigen Ereignissen eine Rede halten, hochbetagten Bürgern der Stadt zum Geburtstag gratulieren, einen ersten Spatenstich vollziehen, irgendein neues Gebäude einweihen oder bei jedweder passenden Gelegenheit unsere STADT (re)präsentieren.
In grauer Vorzeit wurde dem künftigen BÜRGERMEISTER gewünscht, dass ihn bei all seinem Tun auch schätzenswerte EIGENSCHAFTEN begleiten mögen:
„unermüdlicher Fleiß und Ausdauer, Geschäftsgewandtheit, kristallklare Urtheilskraft, loyaler Sinn und deutsche Biederkeit.“
In einem exakt vor 200 Jahren veröffentlichten >HANDBUCH für Bürgermeister & Räthe< definierte man die „erste obrigkeitliche Person in einer Stadt“ wie folgt:

Ich kann_resize.jpg

Neben dem BÜRGERMEISTER wurden natürlich auch die STADTVERORDNETEN, bei denen solche hervorragenden CHARAKTEREIGENSCHAFTEN, wie Gemeinsinn, Klugheit, Redlichkeit, Friedfertigkeit, Standhaftigkeit, und vor allem ANSTAND angesagt waren, an den Bestimmungen & Verordnungen der jeweiligen STÄDTEORDNUNG ausgerichtet, die im >Kleinen Hand~ & Hülfs-LEXIKON für Stadtverordnete< von 1826 aufgelistet wurden:

Stadtverordnete_resize.jpg

Interessanterweise wurde im o.a. HILFSBÜCHLEIN besonders viel Wert auf die ANSTANDSREGELN gelegt, da „der äußere ANSTAND an sich keine TUGEND, aber dessen MANGEL oft Ursache dafür ist, daß die redlichste GESINNUNG & der tüchtigste VERSTAND sich nicht das VERTRAUEN und die ACHTUNG erwerben, die ihnen gebühren.“
Um sich dieser ANSTANDSREGELN täglich bewusst zu machen, wurde allen „PERSONEN DES ÖFFENTLICHEN LEBENS“ ein sogenannter >KATECHISMUS< (geschrieben am 2. Pfingsttage 1832) überreicht, welcher, angelehnt an das gleichnamige „LEHRBUCH für den christlichen Glaubensunterricht“, in leicht fasslicher Darstellung die wichtigsten Lehren zum „RESPEKTVOLLEN UMGANG MITEINANDER“ enthielt.

Betragen stv_resize.jpg

Die live im TV übertragenen, oft recht „turbulenten“ SENFTENBERGER >STADTVERORDNETENVERSAMMLUNGEN< waren für mich Anlass genug, aus dem KATECHISMUS zu zitieren:

WIE DU DICH BEI DEN VERSAMMLUNGEN SELBST BETRAGEN SOLLST

„Zuförderst bedenke, daß Du hinkommst, um Dich mit den Andern zu berathen, daß Du daher dem ZWECKE entgegen handelst, wenn Du etwas thust, was Deine eigene AUFMERKSAMKEIT, oder gar die der Andern stört.
Deshalb treibe in der Versammlung nichts FREMDARTIGES, schreibe keine BRIEFE, mache keine GESCHÄFTE mit deinem Nachbar ab, erzähle ihm keine NEUIGKEITEN u.s.w. Hüte Dich überhaupt, laut zu PLAUDERN, während ein Anderer vorträgt. Dies ist und bleibt eine UNGEZOGENHEIT, die der Vorsitzende, wenn er sein Handwerk versteht, sofort ernstlich rügen muß, denn Niemand kann aufmerksam zuhören, wenn ein Anderer beim VORTRAGE laut spricht.
Laß aber auch, wenn Du STILL dort sitzest, deine GEDANKEN nicht herumschweifen in Feld & Wald, in Haus & Garten, in deinen Rechnungsbüchern und den verwickelten Fällen der gestrigen Spielpartie. Bei solchem HERUMSCHWEIFEN kannst Du nicht auffassen, was verhandelt wird, und wirst daher, wenn’s zum ABSTIMMEN kommt, nicht wissen, worauf es ankommt. Du wirst dann deine STIMME blindlings abgeben müssen, dem Besten der Stadt entgegen eine ganz falsche Richtung geben, vielleicht auch, wenn Dir zuletzt gar einfällt, ehrenhalber noch drein zu reden, oder ein Anderer Dich um Deine MEINUNG fragt, der Versammlung durch verkehrte Reden zur Zielperson von SPOTT & GELÄCHTER werden.
Darum halte Deine AUFMERKSAMKEIT fortwährend gespannt auf dasjenige, was vorgeht.“

BENEHMEN BEIM VORTRAGE ANDERER

„Wenn ein ANDERER vorträgt, so höre ihn an, ohne ihn zu unterbrechen, bis er zum Schlusse gekommen ist. Findest Du zu dem, was er spricht, etwas zu berichtigen, so merke Dir’s wohl, oder schreibe Dir auf ein Blättchen PAPIER einige Worte auf, die sie Dir festhalten. Manchmal wird deine GEDULD dadurch auf eine HARTE PROBE gesetzt, und Du wirst versucht, HERAUSZUPLATZEN. Denn Manche wissen bei so einem Vortrage weder ANFANG noch ENDE zu finden, halten sich bei dem auf, was nicht zur SACHE gehört, lassen dasjenige im Dunkeln, was zu wissen nothwendig ist, kommen wohl auch auf das zurück, was sie schon zehnmal gesagt haben, und sind wie wiederkäuende Thiere.
Aber dergleichen abzustellen, ist nicht die SACHE der Einzelnen, sondern des VORSTEHERS, der die BERATHUNG leiten und dafür sorgen muß, daß Alles in den gehörigen Grenzen bleibe. Will da Jeder VORSTEHER spielen, dann ist die KONFUSION allgemein. Auch merke wohl, JEDER, den DU ungebührlich unterbrichst, oder zurechtweisen willst, ist berechtigt, Dich derb auflaufen zu lassen, und Du wirst zum Lohne der VOREILIGKEIT beschämt und gedemüthigt dort sitzen.“

SCHLUSSBEMERKUNGEN

„Ich weiß es wohl, es gibt ÜBERKLUGE LEUTE, welche glauben, sie hätten gleich auf den ersten Blick eine FREMDE SACHE ergründet, und können nun frisch und keck darüber mitsprechen & entscheiden – auch wirklich hineinschreien, daß kein Anderer zu Worte kommen kann und wollen so alle glauben lassen, daß hinter KECKHEIT & UNVERSCHÄMTHEIT auch etwas TÜCHTIGES verborgen sey. Aber am Ende laufen sie doch auf und fallen durch, daß sie nicht wieder aufstehen, und dann ebenso demüthig werden, als sie vorher anmaaßend waren.
Darum sprich erst dann über eine SACHE mit, wenn Du sie so gründlich als möglich kennen gelernt hast, denn sobald der BÜRGER zum STADTVERORDNETEN gewählt ist, liegt es ganz eigentlich in seinen PFLICHTEN, sich diese KENNTNIS zu verschaffen.
Darum SIEH mit eigenen AUGEN, HÖRE mit eigenen OHREN, PRÜFE mit eigenem URTHEIL und richte in diesem Sinne deine AUFMERKSAMKEIT auf Alles, was die öffentliche Verwaltung der Stadt angeht, und gehe deshalb immer MIT OFFENEN AUGEN & WACHEM SINNE umher…“

Bild1.jpg

Ich leite diese treffenden, wohlgemeinten, vor allem ZEITLOSEN RATSCHLÄGE gern weiter … :|
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