Das GESPENST DER INFLATION geht um in diesen Tagen und viele fragen sich besorgt, ob Deutschland eine HYPERINFLATION wie in den angeblich >GOLDENEN ZWANZIGERN< droht. Ich erinnere mich noch an die bildhaften ERZÄHLUNGEN MEINER GROSSELTERN, wie sie sich stets „mit einer Schubkarre voller wertloser Geldscheine“ zum EINKAUFEN aufmachten, denn meine OMA konnte mit dem LOHN, den mein OPA morgens ausgezahlt bekam, abends schon nichts mehr anfangen.
Diese schiere AUSWEGLOSIGKEIT von damals ist noch immer im kollektiven Gedächtnis der Deutschen verankert. Vor allem waren es die HORRENDEN PREISEvon 1922,
die meine OMA Zeit ihres Lebens nicht vergessen konnte:
1 großer Schinken 9000 / Wintermantel 5800 /1 Zentner Kartoffeln 550 / Kochtopf 500 / Teller 300 / Wäscheleine 200 / Stück Kernseife 50 / Alu-Eßlöffel 30 / Bleistift 24 Mark.
Als dann im Jahre 1923 ein BROT sage und schreibe 1 BILLION (1000 Milliarden) MARK kostete, schaltete meine Großmutter ihr Preis-Gedächtnis aus.
Obwohl gegenwärtig die PREISE IN SUPERMARKT & TANKSTELLE auch enorm anziehen und oft regelrecht wehtun, ist eine HYPERINFLATION wie in den 1920er-Jahren nach einer Einschätzung der selbsternannten „Wirtschaftsweisen“ wohl derzeit noch nicht zu befürchten. Allerdings müssen wir uns in Folge des Ukraine-Krieges auf dauerhaft HÖHERE ENERGIEPREISE einstellen. SENFTENBERGER ALLTAG IM OKTOBER 1922
Als im Oktober 1923 eine EINZELNUMMER des >Senftenberger Anzeiger< je nach Umfang zwischen 18 und 25 Millionen Mark kostete, hatte die INFLATION in der Weimarer Republik ihren dramatischen Höhepunkt erreicht. 1922 bekam man sie immerhin noch für 4,50 – 6,00 Mark. Dennoch war die bedrohliche GELDENTWERTUNG schon im Anmarsch, wie der folgende LESERBRIEFaus dem >Senftenberger Anzeiger< beweist:
JEDERMANN SEIN EIGENER MILLIONÄR
„Wenn man’s so sieht und hört, möchte man meinen, daß wir gegenwärtig in einer Zeit leben, wie sie trostloser gar nicht gedacht werden kann. Aber das scheint nur so. In Wirklichkeit leben wir in einem ständigen Rausch oder vielmehr in einer ununterbrochenen Folge von Räuschen, in dem wir uns nämlich durch die
RIESENZAHLEN, mit denen wir jetzt jonglieren, sozusagen besoffen machen lassen.
Kürzlich war irgendwo zu lesen, daß man schon bald mit einer
BILLION werde rechnen müssen – vielleicht die
STAATSSCHULDEN, oder auch nur der neue
KOHLEPREIS.
Aber das ist ja gleichgültig. Die Hauptsache bleibt, daß jetzt überhaupt das Wort
BILLION so mir nichts, dir nichts in die Debatte geworfen werden kann, als wenn es sich um
KINKERLITZCHEN handelte. Wenn früher in der Mathe-Stunde der Herr Lehrer von einer
BILLION sprach, stellte man sich andächtig und ehrfurchtsvoll einen
BERG VOLL GOLD vor, der mindestens bis an den
MOND reichen mußte. In wenigen Wochen aber wird man vielleicht einen
BILLIONSCHEIN in der Westentasche tragen und ihn dem
BÄCKER beim
SEMMELEINKAUF zum Wechseln geben.
LÖHNE & GEHÄLTER führen zwischen sechs~ & siebenstelligen Ziffern Hexentänze auf und jedermann ist
MILLIONÄR!
Die
PREISE überschlagen sich in einem wahnwitzigen Taumel.
BILLIG, TEUER – gibt’s das überhaupt noch ?“
LANGFINGER, KLEINGANOVEN & SUPER-BELOHNUNGSSUMMEN 3.10.1922:
„Verloren gegangen ist am Sonnabend nachmittags in der 3. Stunde in der Bahnhofstraße hier ein
PAKET, enthaltend 14500 Mark in Scheinen zu 500 und 5000 Mark in Hundertmarkscheinen. Dem
FINDER ist hohe
BELOHNUNG zugesichert.“
7.10.1922
„Einem hiesigen
UHRMACHER wurden am vergangenen Sonnabend während der Mittagsstunde aus dem Arbeitsraume seiner
GOLDWERKSTATT in der Laugkstraße mehrere wertvolle
RINGE & UHREN entwendet, deren Wert sich auf 240000 Mark beläuft. Als
TÄTER können 2 junge Leute, Mitte 20er Jahre, in Frage kommen, von denen der eine einen gelblichen Regenmantel und der andere eine blaue Mütze und blauen Anzug trug. Der Geschädigte hat eine
BELOHNUNG von 1000 Mark für Ermittlung der Täter und Wiedererlangung der gestohlenen Gegenstände ausgesetzt.
13.10.1922
„Die rührige Tätigkeit der Kriminalpolizei hat wesentliche
AUFKLÄRUNG gebracht. Einer der
TÄTER ist in der Person des Gelegenheitsarbeiters Marcel Wojtkowiak aus der Weinbergstraße zu Jüttendorf-Flur ermittelt worden, der wegen begangenen schweren Einbruchs noch 6 Monate Gefängnis zu verbüßen hat. Als er heute nachmittags dem Untersuchungsrichter vorgeführt werden sollte, nahm er Reißaus. Auf dem Kirchplatz gelang es, ihn zu ergreifen, doch verstand er es, sich wieder loszureißen und die
FLUCHT fortzusetzen. Durch die Rufe ‚Haltet ihn!‘ sammelten sich viele Menschen an, die die Verfolgung aufnahmen und es gelang, ihn in der Elsterstraße abermals zu ergreifen. Nun gab es kein Entrinnen mehr. Trotz hartnäckigen Leugnens konnte er der Tat überführt werden, da man bei seiner Körpervisitation eine große goldene
HERRENUHR mit Sprungdeckel finden konnte. Ueber die Herkunft derselben verweigert er jegliche Auskunft und bequemt sich auch nicht, seinen
KOMPLICEN zu nennen, der bisher noch nicht gefaßt ist. Außer den
GOLDSACHEN, die einen Wert von 300000 Mark repräsentieren, fielen den
DIEBEN noch 12000 Mark in Papiergeld in die Hände.
GESTOHLEN wurden außerdem: eine goldene Anker-Remontoiruhr mit Sprungdeckel, 1 goldene Damenuhr, 1 Brillantring mit Stein, etwa 20 Trauringe, diverse silberne Ketten & Münzen, verschiedene Armbänder und 1 Zeiß-Feldstecher.“
DIE PREISE GEHEN DURCH DIE DECKE Die inzwischen auf allen Gebieten des täglichen Bedarfs zunehmende VERTEUERUNG führte zu einer BEUNRUHIGUNG der Bevölkerung,
so dass hierdurch ernste STÖRUNGEN der öffentlichen Ordnung zu befürchten waren. Von Tag zu Tag mehrten sich die KLAGEN über unangemessene PREISE.“
10.10.1922
„Die Mitglieder und Freunde des >Vaterländischen Frauenvereins< werden auf das
TANZKRÄNZCHEN BEI BARANIUS am 12. d.M. aufmerksam gemacht. Da die
NOT oft groß ist,
und unsere
KASSE bei den
TEUREN PREISEN größere Mittel als früher braucht, wird zum Besten des guten Zweckes um zahlreiche Beteiligung herzlichst gebeten.“
23.10.1922
„Die zur Ausgabe gelangenden
BROTKARTEN sind für einen Zeitabschnitt von 8 Wochen bemessen und reichen bis zum 17. Dezember.
Die
PREISE für das 1950 Gramm schwere
BROT erhöhen sich von nächster Woche an auf 87 Mark.“
„Im Zeichen der erhöhten
TRANSPORTPREISE stand auch unserer gestriger
KRAMMARKT. Von
GEWERBETREIBENDEN war derselbe sehr gering besucht.
KÄUFER hatten sich am Nachmittage um so mehr eingefunden und trotz der
ENORM HOHEN PREISE wurde viel gekauft. An
LANGFINGERN fehlte es auch diesmal wieder nicht. Ein
HÄNDLER, der kaum seine
WARE ausgelegt hatte, büßte 8 Paar wollene Strümpfe im Werte von 2000 Mark ein. Auch an anderen Stellen gelang es den
DIEBEN, mit der
WARE davoneilen zu können. Eine Frau, die vor einem
BUDENSTANDE aus ihrem Pompadour ein Taschentuch zum Gebrauch herausgenommen hatte, büßte ihre
GELDTASCHE mit etwa 2000 Mark ein. Daraufhin wurde das Budenmaterial schnell vom Platz geräumt.“
IM SCHLEPPTAU DER INFLATION: MANGELWIRTSCHAFT 14.10.1922
„Die elektrische
STROMBELIEFERUNG für Licht & Kraft wurde gestern Mittag wieder einmal unterbrochen, und zwar so ergiebig, daß sich die
STROMVERBRAUCHER bis in die späten Nachmittagsstunden
OHNE STROM behelfen mußten. Wie unangenehm diese andauernden
STÖRUNGEN für die auf Stromversorgung eingerichteten
BETRIEBE sind, braucht wohl hier nicht weiter erwähnt zu werden.“