Neues 139 - 2014-08-01

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Matthias
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Neues 139 - 2014-08-01

Beitragvon Matthias » Fr 1. Aug 2014, 08:26

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Harald
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Re: Neues 139 - 2014-08-01

Beitragvon Harald » So 3. Aug 2014, 11:03

Da der TAGEBAUBRAND in RAUNO bereits in zwei Kapiteln sehr ausführlich abgehandelt wurde, widme ich mich im heutigen Kommentar dem Allgemeinthema

DAS VOLK UND DIE ANSICHTSKARTE

Kitsch & Kunst.jpg

In einer kürzlich im Internet entdeckten ZEITSCHRIFT äußerte sich dazu ein kritischer Leser vom Fach, nämlich ein POSTKURATOR, zum kulturellen Wert dieser "Massenware" wie folgt:

"Das Schreiben von ANSICHTSKARTEN bei allen möglichen Gelegenheiten ist jetzt so volkstümlich geworden, daß man diese Sitte eigentlich schon von einer anderen als der sportlichen Seite betrachten sollte. Eine gute Ansichtskarte ist ein vorzügliches Volkserziehungsmittel. Dagegen kann eine schlechte Karte, d.h. eine solche mit geschmacklosen oder unsittlichen Darstellungen viel mehr Unheil anstiften, als sonst ein Bild, weil sie in mehr Hände gelangt.
Die Kunstanstalten und verschiedene Verlage, die sich mit der Herstellung von ANSICHTSKARTEN befassen, überschwemmen geradezu den Markt. Fast jede Woche erscheint eine neue Serie von Landschaften, Künstlerkarten, Reproduktionen von alten Meistern etc.
Viel Schönes und Gutes wird hier geschaffen, leider auch mancher Schund. Für die besser gebildeten Klassen ist Auswahl genug da, aber an einfachen Karten für das Volk mangelt es.
Seiner Vorliebe für bunte Farben könnte man mehr Rechnung tragen, ohne deswegen in Geschmacklosigkeit zu verfallen. Charakteristisch für den dermaligen Geschmack des Volkes ist, daß Karten, bei denen die Conturen der Bilder mit GOLD oder PERLMUTTER eingelegt sind, sich einer ganz besonderen Beliebtheit erfreuen. Wie unnatürlich sieht eine solche Landschaft aus, wenn Wolken, Bäume und die ganze Staffage goldig eingerahmt sind.
Bestrebungen, den Sinn des Volkes durch gute Karten zu vertiefen und seinen Geschmack zu heben, sind schon vielfach gemacht worden.
Der >VEREIN HEIMAT< hat schon Ansichtskarten mit historischen Gebäuden, sowie Bau~ und Kunstdenkmälern herausgegeben. Nach unsern Erfahrungen kauft das Volk solche Karten wenig, dem Krämer bleiben sie liegen, das Volk hält die "andern" für viel schöner.
Da müßten alle, die sich noch ein bischen Geschmack gerettet haben, zusammenhelfen, mit Hohn-Neckerei gegen den Schund vorgehen, die Leute irre machen und wenn's nicht hilft, "aufziehen", die so einen Pafel* kaufen oder verkaufen, wie die Schmierereien auf Wunschkarten zu Weihnachten, Neujahr und Ostern mit ihren ewigen Kleeblättern, Hasen, Glöcklein, Engelein und Schweinchen.
Der Geschmack unseres Volkes ist gottlob noch nicht ganz verdorben und es werden auch bessere Sachen gekauft, wenn sie nur zu haben sind. Es wäre eine große Aufgabe für die maßgebenden Persönlichkeiten, dafür zu sorgen, daß ANSICHTSKARTEN, die geeignet sind, den Geschmack des Volkes zu verschlechtern oder das Gemüt desselben zu verrohen, verschwinden..."

* Pafel / Bafel = kaufmännischer Ausdruck für Ausschußware & Ladenhüter


Da ich ständig bei diversen Internet-Anbietern von historischen Ansichtskarten zugange bin, waren die hier aufgezeigten Mängel & Missstände nichts Neues für mich.
Was mich allerdings sehr überraschte, waren die direkten Bezüge der Ansichtskarten zur HEIMATFORSCHUNG. Besagter "Postillion" wandte sich nämlich schon 1907 mit folgender BITTE an die Leserschaft, in welcher er mit Sicherheit viele Hobby-Historiker vermutete:

"Hieran knüpfen wir noch zwei Bitten: Man sende uns derartige Ansichtskarten ein, damit wir in unserm Archiv Material sammeln zu fernerem Auftreten.
An sich haben die ANSICHTSKARTEN großen Nutzen.
Ansichten, für die man früher teures Geld zahlen mußte, kann man so billigst kaufen: so waren wir ganz erstaunt über den Reichtum der Städtchen an schönen alten Häusern, Tortürmen, Rathäusern, auf die alle wir erst durch Heimatler-Ansichtskarten aufmerksam wurden.
Alle diese Karten werden sorgfältig einregistriert und bilden mit anderem unser Arbeits~ und Vergleichsmaterial. Allerdings brauchten wir solche Karten stets wenigstens doppelt, für's ORTSARCHIV und für's SACHARCHIV. Man könnte sie ja als Drucksache senden; sie sind uns wertvoller als man glaubt.
Wer uns eine rechte Freude machen will, der suche die alten, an ihn geschriebenen Ansichtskarten zusammen, packe sie ein und sende sie unserm Archiv; das ist eine sehr willkommene Bereicherung."

Matthias ist somit leider nicht der erste >ANSICHTSKARTENHISTORIKER< - aber einer der ersten >DIGITALARBEITER< und ganz sicher der erste SENFTENBERGER auf diesem Gebiet ! Glückwunsch hierzu.:-)
Ich kann dieses GOOGLE_BOOK - leider sind bislang nur 6 verschiedene, aber immerhin über 300-seitige, Ausgaben greifbar - jedem Heimatforscher ans Herz legen. Sie enthalten wertvolle Hinweise zur Methodik von Forschungsarbeit und bieten außerdem eine Vielzahl von hochinteressanten & allgemeingültigen Artikeln zur HEIMATFORSCHUNG an.
Hier noch das TITELBILD einer Ausgabe von 1908 - viel Erfolg beim Stöbern...;-)

Deutsche Gaue.jpg


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