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Neues 551 - 2023-02-05

Verfasst: Sa 4. Feb 2023, 09:42
von Matthias
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Re: Neues 551 - 2023-02-05

Verfasst: Mi 8. Feb 2023, 15:37
von Harald
MÄRKTE
galten seit jeher als Zeichen des aufblühenden Handels und obwohl im Laufe der Geschichte vieles aus dem VOLKSLEBEN in Vergessenheit geriet oder gänzlich verschwand
– das MARKTTREIBEN hat sich seit dem Mittelalter bis in die Gegenwart behauptet.
Der Mittelpunkt einer Stadt war seit jeher der MARKTPLATZ, auf dem an festgelegten MARKTTAGEN zahlreiche Handwerker, Kauf~ & Landleute ihre Erzeugnisse feilboten – an Tischen, Ständen & Buden, zwischen denen sich das herbeigeströmte Volk hin~ und her bewegte und es mitunter auch laut und lebhaft zuging. Den SENFTENBERGER WOCHENMARKT richtete schon im Jahre 1453 Herzogin Margarethe von Sachsen, die Gemahlin Friedrichs des Sanftmütigen, ein – nicht nur, um die STADTBEVÖLKERUNG, sondern vor allem die HOFKÜCHE ihres Senftenberger Wohnsitzes mit in den AMTSDÖRFERN erzeugten LEBENSMITTELN zu versorgen.
Besonders STRENGE BESTIMMUNGEN ordneten den Verkauf der Lebensmittel, speziell von FLEISCH, FISCH & GEMÜSE:

Ordnung_resize.jpg

Eine große, bewegte und fröhliche ABWECHSLUNG in dem sonst einförmigen Leben der kleinen Städte boten die JAHRMÄRKTE, insbesondere in unserer Heimatstadt der OSTER~, der PETER & PAUL ~ oder der “MÄGDLEINMARKT”, weil an letzterem die Dienstmädchen für das kommende Jahr gemietet wurden, und der KIRMESMARKT dar. In dichten Scharen strömte das LANDVOLK zu ihnen herein, und die KAUFLEUTE & HANDWERKER erfreuten sich einer reichen Einnahme für die von ihnen zum Verkauf ausgestellten und verkauften WAREN, während die GAST~ & SCHNAKWIRTE nicht minder durch zahlreichen Verkehr glänzende Geschäfte machten.
Das waren hohe FESTTAGE für die Stadt; ja sogar die Ratskasse hatte durch das BUDEN & STANDGELD reichen Gewinn.

Logo Marktleben_resize.jpg

VIEHMÄRKTE wurden auf dem MARKTPLATZ (einen Tag vor dem KRAMMARKT) bzw. auf dem äußeren ANGER (Neumarkt), der PFERDEMARKT auf der breiten DORFAUE in Jüttendorf abgehalten.
Nicht selten schlossen sich KRAM~ & VIEHMÄRKTE unmittelbar aneinander an, so dass das MARKTLEBEN meist 3 Tage oder sogar länger währen konnte. HAUPTMARKTZEITEN waren FRÜHJAHR (April/Mai) & HERBST (Sept./Okt.), während in den WINTERMONATEN die VIEHMÄRKTE wegen der ungünstigen WITTERUNG pausierten, die KRAMMÄRKTE aber in der Vorweihnachtszeit gewinnbringend abgehalten wurden.

Die großen VIEH~, PFERDE~ & KRAMMÄRKTE dauerten gewöhnlich 2 bis 3 Tage. Mit ihm bekam die STADT ein anderes Gesicht. Die saubere Nüchternheit des MARKTPLATZES und der STRASSEN wich einem lebendigem DURCHEINANDER. Und doch war alles geordnet. An separaten Orten wurde hier RINDVIEH, dort SCHWEINE, und andernorts die PFERDE aufgetrieben. In langen Reihen fuhren die BAUERNWAGEN dicht hintereinander auf und besonders
aufregend war dann der AUFTRIEB der scheuen PFERDE durch die engen, von LÄRM & TRUBEL erfüllten STRASSEN der Stadt, die von grellbunten BUDEN mit Waren aller Art gesäumt waren – angefangen bei SPIELZEUG und herrlichen LECKEREIEN bis hin zu Stiefeln, Kleidern & Wäsche.
In blank gewienerten ‚Langschäftern‘ und in ihrer besten Joppe, den Schnurrbart unternehmungslustig hochgezwirbelt, standen die HÄNDLER bei ihren PFERDEN.
Sie hielten dem zögernden KUNDEN die rechte Hand hin, damit sie mit einem kräftigen HANDSCHLAG das angebotene GESCHÄFT besiegelten.
Schaulustige konnten sich auf der DORFAUE nur mit Mühe durch das GEWIRR von Menschen & Pferden durchschlängeln.
Zuerst kam natürlich der HANDEL, dann das TREFFEN mit alten Bekannten, und für die Jugend letztlich das VERGNÜGEN:
Hier hatten alle ihren großen AUFTRITT und Männerblicke streiften die MÄDCHEN oft, als ob sie ein PFERD kaufen wollten.
Man musste schließlich wissen, worauf man sich einließ. Meistens ging aber GELD ZU GELD & HOF ZU HOF.

Viehmarkt_resize.jpg

Der PFERDEMARKT wäre sowieso in KINDERAUGEN kein richtiger JAHRMARKT gewesen, wenn nicht anschließend noch der KRAMMARKT abgehalten worden wäre, den sich auch die SCHULKINDER natürlich nicht entgehen lassen wollten.
Da herrschte in der Stadt echte LEBENSFREUDE & VERGNÜGUNGSLUST.
(Der KRAMMARKT ist nur eine andere Bezeichnung für den gesetzlichen Begriff des JAHRMARKTES)

Die BUDENSTADT auf dem MARKTPLATZ war schon von morgens an in Betrieb und nur um die MITTAGSZEIT etwas leerer. Was für herrliche Dinge gab es da: Spielsachen, Töpfe & Kleider, und über allem lag das GEDUDEL und der MISSKLANG der übereinander herfallenden „LEIERKÄSTEN“ (Drehorgeln), vereint mit dem Tuten & Blasen der KLEINKINDER auf BLECHTROMPETEN. Nie durfte der LUFTBALLON fehlen, den man den KINDERN vorsorglich am ARM festband – der aber oft genug in den Himmel entfleuchte. Da half kein HEULEN – einen neuen gab es nicht !
Der NEUMARKT war vollgestopft mit BUDEN, LUFTSCHAUKELN & KARUSSELLS. Besonders voll war stets das KARUSSELL mit den wippenden HOLZPFERDCHEN, die etwas verschlissene SAMTKAROSSEN zogen. Da sah man bunte SCHÜLERMÜTZEN aufleuchten und mit lachenden Augen schauten JUNGMÄDCHENGESICHTER ins bunte Treiben. Das „Jahrmarktsgeld“ im Täschchen, im Kreise der FREUNDINNEN, angehimmelt von einem VEREHRER WAS GAB ES SCHÖNERES !

Gruss v. Jahrmarkt_resize.jpg

Natürlich gab es Zeiten, wo die KAUFLUSTIGEN spärlicher waren, aber eine starke LEBENSFÜLLE entfaltete sich zumindest an den Tagen, wenn der PFERDEMARKT zur großen Freude aller Kinder nicht nur mit dem abschließenden KRAMMARKT, sondern zusätzlich mit einem weithin hörbaren VERGNÜGUNGSMARKT über die Bühne ging. Dann strömten zahllose Einheimische & Fremde durch die Straßen der Stadt.
Sehr zum Leidwesen der SCHULKINDER fiel der SCHULUNTERRICHT nur selten aus. Sobald dann aber die PAUSE anbrach, eilten die KINDER in frohester Stimmung und schnellstem Lauf zu den BUDEN, wo die begehrenswertesten DINGE lockten. Von zumeist freundlichen MARKTFRAUEN wurden feilgeboten:
Pfefferminzstangen, Bonbons, Kuchen, Semmeln, Kaffeetöpfe, Uhren zu 10 Pf., Geldbeutel, Taschenmesser – schon zum Preise von 10 Pf. an und viele andere köstliche Sachen.
Für die KINDER hatte solch ein KRAMMARKT selbstredend einen anderen REIZ als für deren MÜTTER: erstere träumten von Karussells, Luftschaukeln & Losbuden – letztere von Schlesischem LEINEN, Plauener SPITZEN & Bunzlauer KERAMIK, deren Auslagen der TÖPFER weit am Boden ausgebreitet hatte. Die HAUSFRAUEN pflegten hier stets ihren Jahresbedarf an TÖPFEN & GESCHIRR einzukaufen, weil sie meinten, so am billigsten davonzukommen. Beim Rundgang passierte es schon mal, dass ein KOCHTOPF-STAPEL zusammenkrachte, weil irgendein Schnösel den Riesenstapel mit einem leichten SCHUBS ins Wanken gebracht hatte. Die HÄNDLERIN schimpfte wie ein Rohrspatz, aber der Verursacher war schon über alle Berge.
SCHLIPSE baumelten an langen Stangen, Vogelpfeifchen & Windräder drehten sich am SPIELZEUGSTAND. Dicht daneben waren UNTERRÖCKE ausgebreitet – rosa, weiß, hellblau. Alle staunten und bewunderten und fanden alles aufregend & wunderschön.
Die MÄNNER erstanden hier ihren Bedarf an Leinen, Strängen und allerlei LEDERZEUG und für die KINDER fiel, neben dem obligatorischen LUFTBALLON, meist auch noch ein wenig SPIELZEUG ab.
Die in der Nähe befindlichen GASTHÄUSER hatten kaum Raum, um alle GÄSTE, die einen erfrischenden TRUNK nehmen wollten, zu fassen.
Am „TREFFPUNKT DER JUGEND“ lockten Karussells, Würfel~ & Schießbuden sowie zahlreiche Stände mit Leckereien und viele BURSCHEN erstanden bei dieser Gelegenheit auch hübsche TÜCHER & zierliche KÄMME für die LIEBSTE oder protzten vor ihnen mit den, dank ihrer Schießkünste, erbeuteten ROSEN. Nicht selten begegnete sich so manches PAAR zum ersten Mal, welches später Hand in Hand durchs ganze Leben gehen sollte. Schließlich kamen die Stunden des gemächlichen SCHLENDERNS zum kleinen IMBISS, bestehend aus knusprigen SEMMELN und einem Krug köstlichen BRAUNBIERS.
Man ließ sich noch in das geheimnisvolle Dunkel irgendeiner SCHAUBUDE locken, in der man die „Dame ohne Unterleib“ mit Staunen und gelindem Erschauern betrachten konnte, und wenn der große rote LUFTBALLON die ersten „Kummerfalten“ zeigte, zog die FAMILIENKARAWANE einträchtig & geschlossen heimwärts – die KINDER meist quengelig, weil müde von dem Gesehenen & Erlebten. Die MÜTTER waren so schwer beladen, dass sie keine HAND mehr frei hatten, weshalb die KINDER sich am Kleiderzipfel festhielten und müde, aber glücklich neben ihnen Müttern NACH HAUSE zuckelten.

WOHER ICH DAS ALLES WEISS ? Neben der standardmäßigen RECHERCHE in heimatkundlicher LITERATUR, zuvorderst in ZEITUNGEN & ZEITSCHRIFTEN, habe ich Vieles von meinen GROSSELTERN aus deren EIGENEM LEBEN erzählt bekommen, und da sich einige wertvolle TRADITIONEN über GENERATIONEN hinweg erhalten, habe ich wiederum später einiges zum Thema
"JAHRMARKT & RUMMEL" unter >EIGENE ERLEBNISSE & ERFAHRUNGEN< abspeichern können... ;)