Neues 560 - 2023-04-10

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Matthias
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Neues 560 - 2023-04-10

Beitragvon Matthias » Sa 8. Apr 2023, 11:37

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Harald
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Re: Neues 560 - 2023-04-10

Beitragvon Harald » So 9. Apr 2023, 09:59

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Arnošt Muka, (dt. Karl Ernst Mucke), ein sorbischer Schriftsteller & Volkskundler schrieb einstmals über SCADO:
„Dieses DORF mit seinen stets um die ca. 250 dort lebenden EINWOHNERN ist rein SORBISCH, sogar der RITTERGUTSBESITZER versteht und spricht etwas Sorbisch. 1956 zählte man hier 44 sorbische Sprachkundige, was 17,8 % der Einwohnerschaft ausmachte, und lediglich 10 Frauen trugen damals noch die REGIONALE SORBISCHE TRACHT.“
Die ENTSTEHUNG DES ORTSNAMENS erklärte Pfarrer Frenzel wie folgt:

„Gleich an dem DORFE hinter der KIRCHE lieget das Meißnische adelige RITTERGUT SCADO (oder Scodow). Ehe und bevor dieses DORF erbauet, hatten die GEIERSWALDER an demselben Orte ihre beste HUTUNG, Gräserei, Streu & Holz. Da nun angefangen wurde, den ORT zu bebauen, so sagten die Geierswaldaer: ‚To jo pak ze scoda‘ = ‚Das ist aber doch schade‘, nämlich, daß hierher ein DORF gebaut wird, womit sie andeuteten, wie sie vielen SCHADEN an HOLZ & VIEHWEIDE würden zu gewärtigen haben, wie es auch geschehen…“

Im >ORTSNAMENBUCH DER OBERLAUSITZ< liest man hierzu:
„Es handelt sich bei >SCADO< offenbar um eine sorbische Entsprechung zum deutschen Ortsnamen SCHADENDORF (althochdeutsch scado = Schaden, Elend) und diente als Bezeichnung für eine wenig ertragreiche, ärmliche SIEDLUNG.“

TRachten_resize.jpg

In einer alten CHRONIK heißt es:

„SCADO ist nach SENFTENBERG eingepfarrt, hält sich aber nach GEIERSWALDE zum Gottesdienst wegen des langen Weges nach Senftenberg. Die BEWOHNER gehören nunmehr über 100 Jahre zum KIRCHSPIEL GEIERSWALDE und seit 1820 besuchen die KINDER die SCHULE daselbst. 9 Mannen dieser dörflichen Gemeinschaft besiegelten mit dem Tode ihre Treue zur Heimat im letzten großen Kriege (1914-1918). Ein DENKMAL erinnert die Nachwelt daran.
Das GUT gehört seit etwa 15 Jahren der ILSE Bergbau AG. Viele GRUNDSTÜCKE sind für den späteren Abbau der schwarzen Erdschätze bereits verkauft. Seit über 150 Jahren steht ein altes FACHWERKHAUS mit STROHDACH, das demnächst abgerissen werden soll, und hier im Bilde grüßt. In allernächster Nachbarschaft raunen die alten FÖHREN ihr gleiches LIED vom Werden & Vergehen…“

Ein durchaus anschauliches & detailliertes DORFBILD um 1922 vermittelte die in SCADO geborene und aufgewachsene Rentnerin Margarete Donath (Jahrgang 1912) in ihren 1981 in der >LÊTOPIS< (Zeitschrift für sorbische Sprache, Geschichte und Kultur) als volkskundliches Material veröffentlichten

KINDHEITSERINNERUNGEN.

Sie beschrieb SCADO zu ihrer Geierswalder SCHULZEIT wie folgt:

1912 sampler 2_resize.jpg

»SCADO – EIN KLEINES DORF IN DER LAUSITZER HEIDE.
Von drei Seiten war es mit WÄLDERN umgeben, die sich westlich, nördlich und östlich kilometerweit erstreckten. Nach Süden zu war offenes FELD, und einen Kilometer weit entfernt lag der Schul~ und Kirchort GEIERSWALDE.
Am Eingang Scados, von Geierswalde her, führte eine BRÜCKE über den >Grenzgraben<, der Scado von der Geierswalder Gemarkung trennte. Gleichzeitig war er die GRENZE zwischen Schlesien und Brandenburg. GEIERSWALDE gehörte zum Regierungsbezirk Liegnitz. An der Scadoer Seite des Grenzgrabens stand das Ortsschild:
Scado, Kreis Calau, Reg.-Bezirk Frankfurt/Oder.
Von der Brücke aus verlief der WEG zuerst ungefähr 200 Meter zwischen eingezäunten FELDERN & GÄRTEN. Das erste Haus linker Hand gehörte dem Gemeindevorsteher Schober.

Wo die STRASSE auf den DORFPLATZ mündete, standen rechts und links dicht gedrängt die BAUERNHÄUSER der südlichen Straße. Ihre schmalen GRUNDSTÜCKE verliefen parallel bis zum GRABEN. Man konnte hieran erkennen, wie die Parzellen früher aufgeteilt worden waren. Die Häuserreihe verlief so, dass jeweils der lange, schmale HOF rechtsseitig vom BAUERNHAUS und den STÄLLEN begrenzt war. Diese langgestreckten GEBÄUDE waren wiederum schon die Abgrenzung des nächsten Hofes mit seinen Bauten rechtsseitig und so weiterlaufend. Darum konnten die Häuser ihre FENSTER nur an der GIEBELSEITE nach dem Dorfplatz zu und nach dem Hof haben. Zur HOFSEITE des Nachbarn durften keine Fenster eingebaut werden. Die BAUERNWIRTSCHAFTEN an der nördlichen DORFSTRASSE waren freier und im Viereck erbaut. Dort befand sich auch das GASTHAUS.

Skado alt_resize.jpg

In der DORFMITTE, links der Straße, war das große Anwesen des Bauern Mehlisch, und daneben, auf dem noch freien Platz, stand das SPRITZENHAUS. Auf der rechten Seite, gegenüber Mehlisch, lag, von einem GARTEN umgehen, das WOHNHAUS des Viehhändlers Wolschke.
Daneben, ebenfalls rechts der Straße, ragte das große KRIEGERDENKMAL von 1914/18 empor und erinnerte an Krieg und Sterben.

Die DORFSTRASSE ging vom Graben aus schnurgerade bis zur nördlichen HÄUSERREIHE, wo, von einem Eisenzaun umgeben, die alte FRIEDENSEICHE von 1871 stand. Dort verlief die linke Seite nach dem RITTERGUT und weiter nach Senftenberg. Vorher schickte sie am WEGWEISER einen Abzweig nach dem kleineren Ortsteil bis in den Wald zum Sornoer Weg.
Die rechte Seite der Dorfstraße begleitete die Häuser an der GASTWIRTSCHAFT und bog dann nordöstlich nach der FÖRSTEREI und GROSSPARTWITZ ab. Vor der Biegung führte noch ein FELDWEG nördlich zur WALDWIESE >PINKAWA<. Ein weiterer strebte östlich zwischen Mroskes und Michlings Wirtschaften nach den Feldern >im Meech< und >hinter Roha<, wo jetzt die >Brandenburger Tor< genannte bergbaubedingte Straßenüberbrückung steht.
Im kleineren Ortsteil, den man >DIE BUDEN< nannte, standen unter der LINDENALLEE kleine TAGELÖHNERHÄUSER, die SCHMIEDE des Gutes, ein schmales Gebäude für Saisonarbeiter aus Polen und anschließend das Häuschen, in dem das Gutsarbeiterehepaar Krautz wohnte.

Schmole Post_resize.jpg

Rechtsseitig waren die Anwesen der kleineren Bauern oder
>HÄUSLER<. Im vorletzten Haus wohnte der GRÜTZMÜLLER Merting, der auch das Amt des NACHTWÄCHTERS versah. Inmitten der Häuser stand das uralte, strohgedeckte LEHMHÄUSCHEN der Familie Behla, ein Stück vergangener Zeit. Zwischen den Tagelöhnerkaten und den rechtsseitigen Häusern lag der >WUHON<, die DORFWIESE bzw. der VIEHAUSTRIEB.
Das RITTERGUT, an der Senftenberger Straße gelegen, nahm größenmäßig ein Viertel des Dorfes ein. Eine LINDENALLEE zog sich vom Gutstor bis zum Wald nach dem SORNOER WEG hin. Nach SENFTENBERG zu verlief zwischen den Gutsfeldern die EICHENALLEE bis zum KOSCHENER WALD und dem WETTIGTEICH.

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Breit und zweistöckig stand das SCHLOSS DES RITTERGUTES als Begrenzung seines Hofes am Senftenberger Weg. Der große GUTSHOF war an der Westseite von SCHEUNEN umgeben. An der Ostseite standen die STÄLLE und das GESINDEHAUS, dahinter PARK und GEMÜSEGARTEN. In der Mitte des Hofes quietschte mit ihrem eisernen Schwengel die WASSERPUMPE. Nach Süden zu war der Gutshof offen. Die angrenzenden KOPPELWIESEN für Rinder und Pferde verliefen bis zum GRENZGRABEN. Dieser war ungefähr 1½ Meter breit und führte fließendes Wasser, das aus den Großpartwitzer TEICHEN kam und vor der WETTIGMÜHLE in den Elsterarm floss, der die Mühlräder trieb. In der schon im Jahre 1410 erbauten WETTIGMÜHLE*, deren Standpunkt ca. 1,5 km vom Dorf KLEINKOSCHEN südlich der STRASSE nach SCADO lag, wo die SCHWARZE ELSTER im großen Bogen zwischen den Dörfern GROSSKOSCHEN & TEUTSCHWITZ (Tätzschwitz) entlang floß, ließen die Scadoer Korn und Weizen mahlen.«

*Namensgeber WETTIG – manchmal auch WITTIG geschrieben – war der erste von mehreren, ihm nachfolgenden Mühlenbesitzern. LETZTER MÜLLER vor Ort war schließlich Richard Noack, der sie 1916 übernahm, 1929/30 eine neue vierstöckige WASSERMÜHLE in Klinkerbauweise errichtete und diese dann 40 Jahre später gemeinsam mit 8 weiteren Bauerngehöften im TAGEBAU KOSCHEN (heute Geierswalder See) verschwinden sah.
Ein GEDENKSTEIN am Geierswalder See erinnert seit 2008 an das ehemalige DORF SCADO und seine Bewohner.

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Re: Neues 560 - 2023-04-10

Beitragvon Harald » So 9. Apr 2023, 11:15

Zur besseren EINORDNUNG der von Margarete Donath erwähnten EINWOHNERNAMEN,
reiche ich noch das EINWOHNERVERZEICHNIS von 1925 nach:

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