Neues 142 - 2014-08-20

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Matthias
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Neues 142 - 2014-08-20

Beitragvon Matthias » Di 19. Aug 2014, 16:52

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Harald
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Re: Neues 142 - 2014-08-20

Beitragvon Harald » Mi 20. Aug 2014, 17:39

Kaum waren wir thematisch bei der FEUERWEHR - schon sind wir bei den TURNERN. Dabei gibt es durchaus einen engen Zusammenhang zwischen beiden, denn in vielen deutschen Städten entstanden die ersten Freiwilligen Feuerwehren aus Turnerkreisen - so auch in Senftenberg die sog. TURNER-FEUERWEHR. Immerhin wurden als Einsatzkräfte ja Männer mit hoher Fitness gesucht - die Trinkfestigkeit kam erst später hinzu.
Und so wurde aus dem Turner-Motto >FRISCH – FREY – FROMM – FROH< alsbald der Grundsatz der Floriansjünger >ALLEZEIT EINSATZBEREIT<
Doch zurück zu den TURNERN:

Turnkunst_resize.jpg

Wie so viele Dinge in der Welt hatte auch die
DEUTSCHE TURNKUNST
einen recht kleinen, wenig bemerkten Anfang gehabt. Im Frühling des Jahres 1810 unternahm der damalige Jugendlehrer FRIEDRICH LUDWIG JAHN an den schulfreien Nachmittagen (Mittwoch & Samstag) mit einigen Schülern kleinere Ausflüge ins Grüne, wo Jugendspiele und einfache Übungen vorgenommen wurden. Nachdem sich aus der wachsenden Teilnehmerzahl ein Stamm von sportlich interessierten Jungen gebildet hatte, wurde schon ein Jahr später der erste TURNPLATZ in der Berliner HASENHEIDE eröffnet, auf dem Leibesübungen unter dem Namen „TURNKUNST“ getrieben wurden. Wen wundert es, dass es hierzulande gleich die ersten, mit diversen Vorurteilen gespickten Dummschwätzer auf den Plan rief, die das TURNEN als ‚neue deutsche Narrheit’ abwerteten. Als aber schon im Sommer 1812 besagter Turnplatz erweitert werden musste, desgleichen von Turntag zu Turntag neue TURNÜBUNGEN entdeckt, erfunden, erprobt und vorgemacht wurden, verstummten nach und nach auch die Neider und Lästerer.
1816 gab der inzwischen populäre >TURNVATER JAHN< auf vielfachen Wunsch ein >TURNBUCH< heraus, in welchem er einen ganzen Katalog von Turnübungen sehr detailliert beschrieb. Darunter finden sich fast alle gymnastischen Übungen, die meine Generation noch als ‚Aufwärmübungen’ im Schulsport oder als ‚Frühsport’ im Ferienlager, sowie später auf dem Kasernenhof, kennengelernt hat.
Er ermunterte abschließend seine Leser zu turnerischer Betätigung:
„Es sollte sich also keiner Geld und Zeit reuen lassen – wenigstens auf einige Zeit einen Turnplatz zu besuchen. Lehre und Leben sollten zwar immer vereint sein; aber hier lassen sie sich gar nicht trennen.“

Der erste TURNPLATZ nach Jahn’s Vorstellungen wurde
„in tiefstem märkischen Sand und unter hohen Fichten errichtet und mit Reisig~ und Tannengeländer umgeben. Er war besetzt mit einer Hütte, Recken, Barren, Schwebebäumen, Springgestellen und Klettergerüsten, deren höchstes Tau an einer hohen Fichte herabhing, an deren Rahe bald die kühnsten Hinüberschwingungen gewagt und versucht wurden.“
Jahn legte großen Wert darauf, dass jeder Turnplatz festen, mit kurzem Rasen bedeckten Boden haben und mit Bäumen bestanden sein sollte.
Außerdem plädierte er für einen Turnplatz mit SPIELPLATZ, in dem Hain, Gebüsch, Dickicht und offene Räume anzutreffen sind für die damals beliebten Spiele „Schwarzer Mann“ und „Räuber und Wanderer“. Letzteres kenne ich noch aus meiner Kindheit als wilde Jagd zwischen „Räuber und Gendarm“…

Der letzte Abschnitt seines o.g. Buches befasst sich mit den
TURNGESETZEN,
aus denen ich einige Passagen zitieren möchte.

Turnplatz & ~tracht_resize.jpg

Eine TURNTRACHT muß dauerhaft und wohlfeil sein, und zu allen Bewegungen geschickt. Graue ungebleichte Leinwand ist der beste Stoff. Eine grauleinende JACKE und eben solche BEINKLEIDER kann sich jeder anschaffen.
Alle Turnübungen werden barhand und barhaupt vorgenommen,
auch im Winter braucht der Deutsche keine Pelzmütze.
HALSTÜCHER sind auf keinen Fall zu dulden, sie mögen den Wundbinden oder Hunde-Halsbändern gleichen oder galgenstrickmäßig umgelegt sein.
TURNBEINKLEIDER müssen gehörigen Schritt haben, im Bund gebürend weit sein, dass sie den Bauch nicht pressen; aber weder weit wie ein Sack, noch eng wie ein Darm. So hoch dürfen sie nicht hinauf gehen, daß das Herz in den Hosen sitzet. Hosenträger dürfen sich nicht vorn kreuzen; hinten mögen sie gekreuzt oder besser noch durch zwei Querstreifen verbunden sein.
Die nothwendigsten Theile bleiben unbedeckt – Bauch und Kreuz.
Bei den Turnübungen selbst kann man nicht kühl gekleidet genug gehen; nach vollendeter Arbeit, nach dem Abmüden und dem Erhitztsein muß man einen Rock zu Überziehen haben, um sich gegen plötzliche Erkältung zu schützen. Ein DEUTSCHER ROCK, der hinten zu ist und vorn zu geht – bleibt immer die angemessenste und anständigste Tracht.
STIEFEL dürfen keine Reuter~ und Postknecht-Stiefel sein, oder gar Gebäue wie Löscheimer. Die zweckmäßigste Fußbekleidung für Turner sind Halbstiefel – aber keine Schnürstiefel – die eben über die Knöchel hinaufreichen.

Zum Thema TURNPLATZ wurden u.a. folgende Regeln aufgestellt

„Auf dem Turnplatze wird nur trocken Brot gegessen und Wasser getrunken. Wem trocken Brot nicht mundet, hat keinen Hunger, und kann füglich warten, bis er nach Hause kommt.
Wen Wasser nicht erquicket, hat entweder keinen Durst, oder noch nicht lange genug geturnt, vielleicht auch sich überhaupt zu wenig in freiere Luft bewegt.“

„Der Turnplatz ist keine Bühne, und kein Zuschauer hat Recht, auf ihm ein Schauspiel zu erwarten. Durch die Öffentlichkeit der Turnübungen werden aber die nachgelallten Vorurtheile am besten bekämpft.
Viele geschämige Leute lernen vom Zusehen und üben zu Hause nach, was ihnen auf dem Turnplatze vorgeübt wurde. Die Menge bekommt dadurch Geschmack und Gefallen am Turnen, und selbst ältere versteifte Leute sehen so viel ab, um manches Versäumte nachzuholen.“

„Die Ältern haben so die schönste Gelegenheit, ihre Kinder sich selbst überlassen unter und neben ihres Gleichen unvermerkt zu beobachten.
So können sie tiefer in die Kindlichkeit der Ihrigen blicken, als wenn sie dieselben immer um und neben sich wie am Schnürchen haben.
Dafür müssen sie sich aber gänzlich bescheiden, draußen zu bleiben.
Zärtliche Mütter und andere Verwandtinnen sind auf dem Turnplatze nur im Wege. Das giebt dann Gelegenheit zu Hätschelei, Loberei, Rühmerei und Markelei, impft dadurch jugendliche Gemüther mit Eitelkeit, die sie von Grund aus verdirbt.“

Auf der Suche nach KURIOSITÄTEN wird man dann vor allem bei den Bezeichnungen für einige TURNÜBUNGEN fündig.

Neben dem allseits beliebten BURZELBAUM, später auch mit 'P' geschrieben, also einer sehr legeren 'Rolle vorwärts' gab es z.B. beim BOCKSPRINGEN den Bein~, Hock~, Bären~, Katzen~, Affen~, Dieb~, Riesen~, Jungfern~ und sogar TODTENSPRUNG...
auweia - die trauten sich damals aber ganz schön was, oder ?
Aber keine Angst: Letzterer wurde nur als ein "todesmutiger Sprung" deklariert - laut Abbildung war es allerdings nur ein "Bocksprung mit abgerücktem Brett"...;-)

Todtensprung_resize.jpg


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