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Neues 580 - 2023-10-01

Verfasst: Sa 30. Sep 2023, 08:48
von Matthias
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Re: Neues 580 - 2023-10-01

Verfasst: Mi 4. Okt 2023, 11:22
von Christian neu in SFB
Manno, ist das interessant !

Ich hab da noch was gefunden wo dein "Schlitzschurrenabbau" ebenfalls Anwendung fand:
im Kaolinabbau und sogar vom Kreideabbau auf Rügen (letzteres haben die Bayern recherchiert, wer sonst ?!)

Schlitzschurrenabbau 1.png

Schlitzschurrenabbau 2.png

Schlitzschurrenabbau 3.png


Aber, ich kann's mir immer noch nicht vorstellen wie das ging !
Vorallem wie es ging, daß die Arbeiter beim Abbau im Trichter, dann nicht selbst in den Trichter gefallen sind

Re: Neues 580 - 2023-10-01

Verfasst: Sa 7. Okt 2023, 14:56
von Harald
Junge H. logo_resize.jpg

AUSLAUFMODELL HEIMATFORSCHER ?

HEIMAT BRAUCHT MENSCHEN, die sie kennen, die sie mögen, lieben und die sie gestalten.
Den Weg dorthin zu weisen, nennen wir HEIMATFORSCHUNG. Und man kann eigentlich nie früh genug damit beginnen.
Allerdings scheint es typisch für die Spezies des HOBBY-HISTORIKERS zu sein, dass es fast ausschließlich MÄNNER & FRAUEN im gestandenen oder vorgerückten Alter von 60 – 80 Jahren sind,
die gern auf das blicken, was einmal war, weil sie ja meist selbst Teil der GESCHICHTE waren und gottlob auch noch sind.
Sie recherchieren, reden mit ZEITZEUGEN, vergleichen, werten aus, ordnen ein, halten fest... nicht, weil sie es müssen, sondern weil sie es unbedingt wollen.
Um HEIMATFORSCHER zu werden, braucht es keine spezielle AUSBILDUNG; einzig und allein große LEIDENSCHAFT ist vonnöten,
um scheinbar unbedeutenden ZEUGNISSEN des Heimatortes & seiner näheren Umgebung mit großer AUFMERKSAMKEIT, GEDULD & AUSDAUER nachzugehen,
sie zu sichern und in ein größeres Bild einzufügen.
Diese ARBEIT ist speziell für die durch den BERGBAU teilweise oder gar gänzlich verschwundene ORTE außerordentlich wichtig,
da hier die QUELLENLAGE historischer Dokumente denkbar schlecht ist. Die SORGE, dass vor allem Klein~ und Flurdenkmale nach und nach verschwinden,
dass viel Wissen und oft über Generationen mündlich weitergegebene Geschichten verloren gehen, war und ist dabei immer sehr groß.

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Das ANLIEGEN, vor allem bei JUGENDLICHEN Interesse für die Heimat und deren Geschichte zu wecken, um NACHWUCHS für die HEIMATFORSCHUNG zu gewinnen, rückte allerdings in HÖRLITZ, REPPIST, RAUNO u.a. durch die Schließung ihrer örtlichen SCHULEN in weite Ferne, weil es für künftige >JUNGE HISTORIKER< außerordentlich wichtig wäre,
dass sie GUT LESEN KÖNNEN.
Das LESEN lernen KINDER normalerweise ab einem Alter von 5 bis 6 Jahren, also wenn sie in die GRUNDSCHULE kommen.
Nun bestätigte aber kürzlich eine STUDIE, dass viele KINDER nach fast 4 Jahren Grundschule KAUM LESEN KÖNNEN, obwohl sie es ja eigentlich können müssten, weil es ja eine SCHULPFLICHT gibt, und sie deshalb gar nicht darum herum kommen, es zu lernen.
Ohne RICHTIG LESEN & SCHREIBEN zu können, würde es sehr schwer werden, im Leben zurechtzukommen. Besonders auffällig war schon immer, dass SCHULKINDER beim LESEN oft ins STOCKEN geraten, immer wieder von vorne anfangen müssen und, wenn sie es schließlich geschafft hatten, nicht wiedergeben können, was sie gerade gelesen haben. Dafür müssen sie aber DAS, was sie LESEN, auch VERSTEHEN, und folgerichtig so LESEN, als ob sie es jemandem ERZÄHLEN, was leider nur wenigen gelingt.
Überaus wichtig ist das FLÜSSIGE LESEN.
Erst, wenn ein KIND in seiner normalen SPRECHGESCHWINDIGKEIT, also im gleichen Tempo –– VORLESEN kann, wie es normalerweise SPRICHT , in etwa mit einer GESCHWINDIGKEIT von 150 WÖRTERN pro Minute, empfindet es das LESEN nicht mehr als anstrengend und es macht ihm zusehends Freude.
Grob gesagt sollte ein KIND am Ende der 1. Klasse mindestens 35 WÖRTER pro Minute lesen können, am Ende der 2. Klasse 70-80 und am Ende der 3. Klasse über 115.
Manch einer/eine kann bereits nach 2 bis 3 Monaten gut lesen, andere Kinder brauchen ein ½ Jahr, …oder noch viel länger.
Besorgniserregend ist allerdings, dass heutzutage viele ABC-Schützen bis Weihnachten NOCH NICHT EINMAL ALLE BUCHSTABEN kennen – was zu DDR-Zeiten ZIELVORGABE war...

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Allerdings ging man bis Ende des 19. Jh. beim LESEN LERNEN IN DER VOLKSSCHULE mitunter recht eigentümliche Wege:

„In den 4 KLASSEN DER VOLKSSCHULE – Knaben & Mädchen getrennt – waren die KINDER nicht nach WISSEN & LEBENSALTER getrennt, sondern man schickte die KINDER zu dem LEHRER, zu welchem man wollte, und dieser ließ die KLEINEREN das LESEN oft durch die GRÖSSEREN einüben. Später wurden dann alle KINDER, welche noch nicht lesen konnten, in die 1., diejenigen, welche schlecht lesen, in die 2., diejenigen, welche etwas besser lesen & schreiben, in die 3. Klasse versetzt; in der 4. Klasse blieben nur die GUTEN LESER. Diejenigen, welche im LESEN, SCHREIBEN & RECHNEN nicht die besten Fortschritte gemacht hatten, wurden dann den drei übrigen Klassen zugetheilt.“

Markt SFB_resize.jpg

Bei den online-RECHERCHEN zu meinem aktuellen KOMMENTAR, zum Thema >MARKTPLATZ“, fiel mir auf,
dass es den jungen Heimatforschern von einst recht einfach gemacht wurde, denn schon die VOLKSSCHUL-LESEBÜCHER, angefangen bei der FIEBEL der LERNANFÄNGER,
boten vielfältige HEIMATKUNDLICHE LESETEXTE, wie beispielsweise der nachfolgende Auszug aus einem LESEBUCH des Jahres 1878:

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„In der STADT sind sehr viele STRASSEN. Manche derselben sind sehr lang und breit, andere aber sehr schmal; die letzten nennt man GÄNGE. Die großen freien PLÄTZE in der Stadt dienen oft dazu, um verschiedene GEGENSTÄNDE auf denselben zum Verkaufe auszubieten; dann heißen sie MARKTPLÄTZE, sonst aber nur PLÄTZE.
Auf den MARKTPLÄTZEN bemerkt man an gewissen Tagen viele BAUERN, die verschiedene Gemüse verkaufen. Auch werden auf diesen PLÄTZEN Fleisch, Fische und Geflügel erhandelt. Manche PLÄTZE sind mit BÄUMEN umgeben und dienen oft zum Spazierengehen. Man findet oft in der Stadt einen PLATZ, wo mehrere BAUMREIHEN stehen, zwischen welchen man lustwandelt. Die STRASSEN, GÄNGE & MÄRKTE sind gepflastert, das heißt, sie sind mit KIESELSTEINEN belegt. An den Seiten sind an vielen Stellen die Straßen mit großen viereckigen STEINEN belegt, damit man bequemer und reinlicher darauf gehen kann. An den Seiten der Straßen stehen in gewissen Zwischenräumen große Steine, die man ECKSTEINE nennt.
Ebenso befinden sich auf den Straßen LATERNEN auf Pfählen, die am Abend angezündet werden. Endlich sieht man auf den Straßen von Zeit zu Zeit PUMPEN oder BRUNNEN,
woraus Wasser läuft. Diese bekommen ihr Wasser durch RÖHREN, die unter dem STEINPFLASTER liegen…“


Lesebuch Marktplatz_resize.jpg

Das o.a. Beispiel aus dem >LEHR~ & LESEBUCH für den sinnlichen oder sittlichen Anschauungsunterricht der Mittelklassen katholischer Volksschulen< von 1863 zeigt auf,
wie gut sich der überaus kurze HINWEIS aus der >PAULITZ-CHRONIK< durch die etwas längere BESCHREIBUNG im >DEUTSCHEN LESEBUCH< aufwerten lässt.

Zum Abschluss noch ein für die Kleinsten recht ANSPRUCHSVOLLER LÜCKENTEXT aus einer 1875 veröffentlichten FIEBEL, welcher über das einfache VORLESEN hinausgeht, da hier fehlende WÖRTER durch BILDER ersetzt wurden.
Versuchen Sie doch mal, diese JAHRMARKT – GESCHICHTE nach kurzem „Überfliegen“ ohne große Pausen FLIESSEND vorzulesen…
Bravo, wer’s schafft ! :D

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Re: Neues 580 - 2023-10-01

Verfasst: Di 15. Okt 2024, 11:35
von Christian neu in SFB
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Der Heimatidylliker (der, mit Humor, der!)

Der Hobby- Heimatforscher, verzückt von Mythen und Legenden,
widmet sich, erst meist in hohem Alter, dem „damals war’s“.

Er möchte mit seinen schwindenden Kräften jetzt noch das Seinige tun, Wissenslücken, um unsere Geschichte herauszubringen,
obgleich er weiß, dass seine Lebensbehaglichkeit dabei nicht gewinnen wird.

Er prescht noch vor, obwohl er nicht mehr preschen kann.

So wird er unbeachteter Teil der Historiker denen das Thema des Aus-, Um- und Vergrabens von Vergangenheit gemeinsam ist.

Ist wohl darum: "Historiker" - keine geschützte Berufsbezeichnung ? (smile)

Nichts wird so oft umgedeutet wie die Geschichte.

Die bevorzugte Lektüre der Dorfhonoratioren und die Lesegepflogenheiten des Philistertums beschränkte sich
auf die literarische Gartenlaubenliteratur, die geradezu als exemplarisches Beispiel stehen könnte.
(ein zu exender subtiler Hinweis= interpretatorische Implikation)

Der durch gesteigertes Erkenntnisvermögen alter Quellen angeschauten Wahrheit verpflichtet, widmet sich der Hobbyforscher
detektivisch denjenigen Spuren folgend, die unsere Altvorderungen bereits in den Sand traten.

Er erarbeitet sich eine neue Perspektive auf die Geschichte, weg von überhöhtem Selbsterlebtem-
erkennend, dass dies später nur Geschichtsschnipsel sein werden.

Entgegen den bereits von den Berufshistorikern besetzten Schlüsseltexten versucht er bisher nicht in den Blick
geratene Subtexte herausarbeiten, mehr oder weniger innovative Kontextualisierungen zu erproben
und kommt so manchmal zu unerwarteten Anschlüssen....

Was lange Zeit nicht in den Blick geraten ist, schien aber dennoch schon immer auf der Hand gelegen zu haben.
>> Er findet so eine Krume und wird belächelt, als der mit dem Hobby.

Darum auch mal so geschwollen, aber mit Humor:
Die reflexive Auseinandersetzung und interpretatorische Implikationen mit dem Stoff, führt gern auch von Verheißung
über Fehllenkung zu Enttäuschung, sodass am Ende nicht der harmonische Erfolg steht, sondern im Gegenteil Unruhe und Auflösungserscheinungen.

Auch, wenn es keine Wahrheit gibt und keine objektive Quelle.
Die uns beflügelnde Suche danach ist es allemal wert. Und lassen wir den Nachgeborenen die Chance uns auch zu rupfen.



Genug des monologischen Redeschwalls, mir war grad‘ so.