Neues 582 - 2023-10-22

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Matthias
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Neues 582 - 2023-10-22

Beitragvon Matthias » Sa 21. Okt 2023, 11:59

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Harald
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Re: Neues 582 - 2023-10-22

Beitragvon Harald » Sa 28. Okt 2023, 14:51

Kaiserzeit_resize.jpg

Zur Melodie des >FEHRBELLINER REITERMARSCHES< aus dem Jahre 1893 entstand irgendwann ein TEXT, der die KAISERZEIT als die "GUTE, ALTE ZEIT" hochleben ließ, diese AUSSAGE jedoch gleichsam in Frage stellte. Das LIED wurde seit dem Ende des Deutschen Kaiserreiches 1918 als GASSENHAUER* gesungen. Der TEXT bezog sich auf KAISER WILHELM I. ("den mit dem Bart") und erfreute sich in der Zeit der Weimarer Republik großer Beliebtheit, weshalb der o.a. Reitermarsch fortan auch als >KAISER-WILHELM-MARSCH< bezeichnet wurde.
(* der Begriff „GASSENHAUER“, ursprünglich das LIED der GASSENLÄUFER, die ab dem 16. Jh. singend auf den Straßen & Gassen herumschlenderten, bezeichnete ein weithin bekanntes, erfolgreiches LIED, wird jedoch heute oft abwertend verwendet und meint damit vor allem abgedroschene, zotige oder rührselige SCHLAGER, die sich durch ständige primitive WIEDERHOLUNGEN auszeichnen.)



I:Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm wieder hab’n ! :I
I: Aber den mit‘m Bart, mit‘m langen Bart.:I

So schwärmten unsere Eltern von der guten alten Zeit;
sie liegt so fern und weit, die alte Kaiserzeit.
Doch war sie wirklich besser, diese gute alte Zeit,
als einst der Opapa die Omama hat wohl gefreit ?

Mein Opa schwörte Stein und Bein, dass noch vor hundert Jahren
der Rheine noch so gar, die Luft durchsichtig war.
Und Oma sagte ohne Scherz, dass sie als junge Deern
noch aus der Elbe trinken konnte, ohne krank zu wer'n !

Ja, mit Jagdgesang und mit Hörnerklang,
rings um Fehrbellin durch die Wälder ziehn,
Ja, mit Jagdgesang und mit Hörnerklang, ritt die Omama mit dem Opapa,
doch sie hielten an und küssten sich, sonst wär‘n wir heut nicht da.


W 1_resize.jpg

Natürlich fragt man sich als „Sehr-viel-später-geborener“, weshalb gerade lauthals nach dem >ALTEN KAISER< gerufen wurde – und zwar gleichermaßen von kaisertreuen Kriegervereinen, Studentenverbindungen oder Karnevalsgesellschaften. Ein plausibler Grund war gewiss das großväterliche CHARAKTERBILD des großen & gütigen, vom Schicksal begnadeten MONARCHEN. „Er war der Reichste an Jahren, eine Lichtgestalt in Purpur, der die Mächtigen der Erde bei weitem überragte an Siegen & Ruhm, Erfolgen & Ehren, Arbeit & Segen, persönlichen Vorzügen & Tugenden, Liebe & Verehrung, u.v.a.m.“ heißt es in einer überschwänglichen >Anekdotensammlung< von 1890.

Auf KAISER WILHELM I., der 91-jährig am 9. März 1888 in Berlin starb, folgte sein an Kehlkopfkrebs erkrankter Sohn Friedrich Wilhelm als KAISER FRIEDRICH III., der nach 99 Tagen Regentschaft am 15. Juni in Potsdam starb. Ihm folgte am selben Tag dessen ältester Sohn Friedrich Wilhelm, der als KAISER WILHELM II. den Thron
als DEUTSCHER KAISER & KÖNIG VON PREUSSEN bestieg. Somit wurde das DEUTSCHE KAISERREICH innerhalb von nur vier Monaten von all seinen 3 HERRSCHERN regiert.

3 Kaiser_resize.jpg

Junge THRONERBEN hatten es fast immer gut, denn die Herzen flogen ihnen zu…So erging es auch dem PRINZEN WILHELM, der umjubelt wurde, wo er sich nur zeigte, ja, der sogar auf der EISBAHN die VORSCHULKINDER nicht von seinen Rockschößen bekam. Sein sonniger CHARAKTER und der Ernst seines PFLICHTBEWUSSTSEINS machten ihn dem VOLKE lieb, zumal er auch noch eine DEUTSCHE FRAU geheiratet hatte, keine Fremde, also eine „liebe“ Frau, in deren Alphabet drei >K< am höchsten standen: KINDER, KIRCHE, KÜCHE. Man fand alles HERZIG & GUT und war vor allem begeistert beim Anblick der 7-köpfigen KINDERSCHAR.
Wie der nachfolgende AUSZUG aus einem am 15. Juni 1913 veröffentlichten ARTIKEL im >Senftenberger Anzeiger< beweist,
etablierte sich nun auch in unserer Heimatstadt die sogenannte >ROYALE KLATSCHPRESSE< !

kAISERHAUS_resize.jpg

"Als OBERHAUPT der Familie und als VATER leitete der KAISER höchstpersönlich die Erziehung seiner KINDER, wobei DIE ERZIEHUNG DER PRINZEN
eine besonders strenge, wenn erforderlich, nicht der STRAFE entbehrende, war. Die KAISERSÖHNE mußten sehr viel und alles sehr gewissenhaft LERNEN. Für ihre SPIELE blieben täglich kaum 2 Stunden übrig. Der TAG war nach einem UNTERRICHTSPLAN genau eingeteilt:
Im SOMMER ward um 6, im WINTER um 7 Uhr aufgestanden und um ½ 8 Uhr das aus TEE & GEBÄCK bestehende FRÜHSTÜCK, meist in Gesellschaft mit den ELTERN eingenommen. Um 8 Uhr fing der UNTERRICHT an, der bis 11 Uhr dauerte, wo eine 1-stündige FRÜHSTÜCKS~ & ERHOLUNSPAUSE eintrat. Dann begann wieder der UNTERRICHT, der bis 2 Uhr, der Zeit des einfachen MITTAGSMAHLES, währte und darauf seine Fortsetzung bis 6 Uhr fand, unterbrochen von REIT~, TURN~ & MUSIKSTUNDEN. Nach dem schlichten ABENDBROT, abwechselnd aus einem warmen oder kalten GERICHT bestehend, wurden GEMEINSAME SPIELE unternommen, bis es um 9 Uhr in die Federn ging.
Da der KAISER vermutete, daß das lebhafte Treiben im BERLINER STADTSCHLOSS die KNABEN stören könnte, ließ er in dem im TIERGARTEN gelegenen SCHLOSS BELLEVUE einige SCHULRÄUME einrichten, genau wie andere Schulzimmer mit LANDKARTEN, TAFELN & KATHEDER ausgestattet. Auf ausdrücklichen Wunsch des Kaisers ward seinen SÖHNEN nichts nachgesehen, sie mußten sehr fleißig lernen, und auch STRAFARBEITEN blieben ihnen u.U. nicht erspart. Von TITULATUREN ward abgesehen; die PRINZEN wurden mit >SIE< oder mit ihren VORNAMEN >Kronprinz Wilhelm / Prinz Eitel-Friedrich / Adalbert / August Wilhelm / Oskar / Joachim< angeredet…

Prinzen_resize.jpg

Hand in Hand mit der WISSENSCHAFTLICHEN ging die KÖRPERLICHE AUSBILDUNG. Unweit des NEUEN PALAIS bei Potsdam hatte man den kaiserlichen Kindern einen besonderen TUMMELPLATZ geschaffen, den sog. >PRINZENGARTEN<, in dem wiederum jeder PRINZ, aber auch das einzige PRINZESSCHEN einen eigenen kleinen GARTEN hatten, der sorgsam gehegt und gepflegt wurde. Nebenan befand sich der SPIELPLATZ, schattig zwischen PALMEN & FARNEN gelegen, mit kleinen ZELTEN, SCHAUKELN & aufgeschütteten SANDHAUFEN, in welchen nach Herzenslust gebuddelt wurde. Für die älteren PRINZEN wurde später in einiger Entfernung eine MINIATURFESTUNG angelegt, ein getreues MODELL einer modernen FESTUNG mit Mauern, Kasematten, drehbaren Türmen und kleinen GESCHÜTZEN die durch einen Handgriff mühelos vor die Schießscharten gebracht werden konnten. So machte der KAISER seine SÖHNE auch mit einem wichtigen Zweig des MILTÄRWESENS praktisch vertraut …
Man kann sich denken, dass der KAISER, der seine 6 SÖHNE mit aller FESTIGKEIT erzogen hat und ihnen nichts durchgehen ließ, das einzige TÖCHTERLEIN sehr verzog, es mit GESCHENKEN & AUFMERKSAMKEITEN überhäufte. Dann griff aber die KAISERIN in diesen „Verzug“ ein und leitete die ERZIEHUNG sowie die AUSBILDUNG des PRINZESSCHENS zu einer guten & umsichtigen HAUSFRAU.
Auch nachdem die KINDER nun herangewachsen und ~gereift sind und sich 4 von ihnen bereits den eigenen HAUSSTAND gegründet haben, sind der KAISERVATER und seine GEMAHLIN innig und aufmerksam um ihr Wohl & Wehe besorgt, an ihren FREUDEN & LEIDEN den sorgsamsten Anteil nehmend…“


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UNSER KAISER geworden ist er durch die Größe seines CHARAKTERS,
der nach HOHENZOLLERNART zu leiden verstand, ohne zu klagen.
In seiner HUT fühlen wir uns sicher gegenüber den STÜRMEN DER ZEIT…
GOTT SEGNE, SCHÜTZE & ERHALTE UNSEREN KAISER!“

…wünschte sich daher auch die SENFTENBERGER BÜRGERSCHAFT, sofern man den zum 25. Regierungsjubiläum im >Senftenberger Anzeiger< veröffentlichten ausführlichen BERICHTEN von den FESTIVITÄTEN in STADT & UMLAND, Glauben schenken darf. Demnach herrschte wohl allerorts viel JUBEL & TRUBEL, tagsüber auf geschmückten Straßen, Gassen & Plätzen, abends in großen Restaurants & kleinen Kneipen.
Besonders auffällig war die VIELZAHL der angekündigten AKTIVITÄTEN für eine zu erwartende große KINDERSCHAR – was in nachfolgenden INSERATEN erkennbar ist:

Inserate_resize.jpg


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