Neues 593 - 2024-02-04

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Matthias
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Neues 593 - 2024-02-04

Beitragvon Matthias » Sa 3. Feb 2024, 09:39

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Harald
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Re: Neues 593 - 2024-02-04

Beitragvon Harald » Fr 9. Feb 2024, 18:05

Kramkiste_resize.jpg

Kürzlich überließ mir mein Administrator ein ziemlich umfangreiches „ZEITUNGSSCHNIPSEL - KONVOLUT“ aus der >Lausitzer Rundschau< und dem >Wochenspiegel< der ausgehenden 80er, sowie darauffolgenden 90er Jahre „zur Sortierung & Digitalisierung“.
Bei einer flüchtigen ersten INAUGENSCHEINNAHME stieß ich auch auf zahlreiche Beiträge der Rubrik >AUS OMAS KRAMKISTE<,
bei denen historisch interessierte & vor allem sehr findige Leser auf die SUCHE nach imaginären GEBÄUDEN in SENFTENBERG & Umgebung gingen.
Übrigens begann vor 18 Jahren mit dieser >BILDERSUCHE< meine HEIMATFORSCHER-KARRIERE. In o.a. KONVOLUT befand sich auch ein >FOTORÄTSEL< bezüglich einer POSTKARTE von 1906, welche „einen Blick in die enge Bahnhofstraße“ offeriert und durchaus zum aktuellen Thema >MARKTPLATZ< passt.
Sie wurde von Matthias bereits unter „Neues 31“ in der s/w bzw. in der colorierten Version unter „Neues 75“ vorgestellt.
Das ZEITUNGSFOTO wurde, wie der Vergleich zeigt, leider ein wenig „zurechtgestutzt“.
Durch einen bislang von mir völlig unbeachteten Umstand kam ich zu meinem heutigen KOMMENTARTHEMA, denn der von mir verehrte Heimatforscher MARTIN SCHERTZBERG beschrieb nicht nur die „POSTKARTENSZENERIE“, sondern verwies auch auf ein denkwürdiges historisches EREIGNIS vom 14. März 1920, so dass ich meinen nachfolgenden KOMMENTAR mit FAKTEN aus dem >Senftenberger Anzeiger< anreichern konnte:

Losung_resize.jpg

In den Tagen vom 13. bis zum 17. März 1920 versuchte eine kleine Gruppe NATIONALISTISCHER VERSCHWÖRER die Regierung der Weimarer Republik durch einen PUTSCH zu stürzen. Die Gruppe um den Politiker WOLFGANG KAPP und den Reichswehrgeneral FREIHERR VON LÜTTWITZ hielt mit Unterstützung der Marinebrigade Erhardt vier Tage lang das Regierungsviertel Berlins besetzt. Die rechtmäßige REGIERUNG floh unterdessen nach Stuttgart und rief zum GENERALSTREIK auf. Die REICHSWEHR weigerte sich,
den PUTSCH gewaltsam zu beenden, mit der Begründung „Truppe schießt nicht auf Truppe“. Durch den GENERALSTREIK brach der PUTSCH innerhalb kürzester Zeit zusammen.

GENERALSTREIK_resize.jpg

Senftenberg, 15. März:
Veranlaßt durch die NACHRICHTEN aus Berlin über den stattgefundenen MILITÄRPUTSCH hatte die Sozialdemokratische Partei des Kreises Calau einen AUFRUF an die ARBEITER aller Parteirichtungen zu einer MASSENDEMONSTRATION am Sonntag vormittag 10 Uhr erlassen. Dieser Aufforderung waren mehrere Tausend Arbeiter gefolgt, welche auf dem MARKTPLATZE hielten. Aus den ANSPRACHEN der Redner war zu entnehmen, daß sich die 3 SOZIALISTISCHEN PARTEIEN mit der Parole des gemeinsamen Kampfes gegen die REAKTION und Verkündigung des GENERALSTREIKS als Gegenmaßnahme geeinigt hatten.
Der ZUG bewegte sich dann in voller Ruhe und Ordnung nach dem >Gesellschaftshaus<, woselbst noch eine VERSAMMLUNG stattfand.
Im Laufe des Nachmittags erließ der aus allen 3 vereinigten Parteien gebildte >AKTIONS-AUSSCHUSS< noch folgenden AUFRUF an alle ARBEITER:
„Wir fordern die gesamte werktätige Bevölkerung (alle Hand~ & Kopf-Arbeiter) auf, MONTAG FRÜH bis auf weitere Weisungen des AA die Arbeit einzustellen! Die dringendsten NOTSTANDSARBEITEN zur Aufrechterhaltung der Betriebsfähigkeit müssen ausgeführt werden. Volksgenossen! Es gilt, einen entscheidenden SCHLAG GEGEN DIE REAKTION zu führen und die RECHTE DES VOLKES zu verteidigen, welcher nur auf wirtschaftlichem Gebiete stattfinden kann.
STELLT EUCH GESCHLOSSEN ZUM KAMPF HINTER DEN >AKTIONS-AUSSCHUSS< ! SEID FEST ! BEWAHRT DISZIPLIN ! ES GEHT UM DAS GANZE !
Senftenberg, 16. März:
„Der gestrige Tag des GENERALSTREIKS verlief in völliger Ruhe.
Die STRASSEN waren bis in die späten Abendstunden äußerst stark belebt, da infolge des angekündigten JAHRMARKTES auch von auswärts BESUCHER erschienen waren. Einzelne auswärtige GESCHÄFTSLEUTE errichteten selbst eine JAHRMARKTSBUDE und eröffneten gegen Mittag den VERKAUF; so kam wenigstens ein kleines Jahrmarktsgeld zustande. Das hiesige POSTAMT hatte schon morgens auf Weisung der Ober-Postdirektion den Betrieb eingestellt, wurde jedoch am Nachmittage von der >ROTEN ARMEE< besetzt, welche sofort den FERNSPRECHDIENST übernahm. Im Laufe des Tages wurden noch mehrere lebenswichtige BETRIEBE besetzt, und verschiedene AUTOS, MOTORRÄDER, KUTSCHWAGEN & WAFFEN beschlagnahmt. In den Nachmittagsstunden erließ der >AKTIONS-AUSSCHUSS< eine ANORDNUNG, nach welcher zur wirksameren Durchführung des ausgerufenen GENERALSTREIKS sämtliche GESCHÄFTE & BUREAUS geschlossen zu halten sind, ausgenommen die LEBENSMITTELGESCHÄFTE. Ueber NOTSTANDSARBEITEN entscheidet das STREIKKOMITEE, Sitz: >Gasthaus Thamm<.
Ferner wurden alle TANZLUSTBARKEITEN verboten. Die JAHRMARKTSTANZMUSIKEN, welche schon begonnen hatten, mußten daher abgebrochen werden. Von 9 Uhr ab wurde in den RESTAURATIONEN die POLIZEISTUNDE angeordnet. Außerdem wurde eine VERORDNUNG erlassen, welche den VERKAUF & AUSSCHANK von BRANNTWEIN verbietet. Die UNTERNEHMER auf dem NEUMARKT mußten ihre KARUSSELS & LUFTSCHAUKELN ohne Musik laufen lassen und um 8 Uhr schließen. Das PASSAGE-KINO schließt erst um 10 Uhr, die VORSTELLUNGEN beginnen aber bereits um 4 Uhr.
Der >AKTIONS-AUSSCHUSS< gibt noch folgendes bekannt:

„Im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe & Ordnung wird die Bevölkerung ersucht,
in der Zeit von 10 Uhr abends bis 5 Uhr morgens die Wohnungen nur in besonders dringenden Fällen zu verlassen.“


ENDE_resize.jpg

Die für gestern vormittags 10 Uhr einberufene VOLKSVERSAMMLUNG im >Gesellschaftshaus< war von ca. 3000 Personen besucht.
Herr D a h l e n b u r g legte in ausführlicher Weise die ERRUNGENSCHAFTEN DES GENERALSTREIKS dar, deren wirksame DURCHFÜHRUNG der fortbestehende >AKTIONS-AUSSCHUSS< überwachen wird, und forderte dann zur WIEDERAUFNAHME DER ARBEIT auf, die zum WIEDERAUFBAU unseres schwer darniederliegenden WIRTSCHAFTSLEBENS unumgänglich notwendig sei.
Er gedachte auch der GEFALLENEN GENOSSEN, deren Andenken durch Erheben von den Plätzen geehrt wurde.
Landrat F r e t e r forderte in seiner Ansprache die Arbeiter zur EINIGKEIT auf. Darauf folgte ein DEMONSTRATIONSZUG der Versammelten durch die Stadt,
welcher dem ANDENKEN DER TOTEN gewidmet war. Vom >AKTIONS-AUSSCHUSS< wurde noch folgendes FLUGBLATT ausgegeben:

Flugblatt_resize.jpg

Senftenberg, 24. März:
„Gestern nachmittags erfolgte das LEICHENBEGÄNGNIS der in den GEFECHTEN bei Sachsendorf & Drebkau gefallenen 6 Teilnehmer, welche auf Seiten der >ROTEN ARMEE< kämpften und dabei ihren TOD fanden. Kurz nach 3½ Uhr setzte sich der nach vielen Tausenden zählende ZUG unter den Klängen des Liedes ‚Ich hatt‘ einen Kameraden‘ und des ‚Chopin’schen Trauermarsches‘ vom >Gasthaus Michael< aus in Bewegung. Die TRAUERMUSIK hatte die STADTKAPELLE gestellt. Im TRAUERZUGE folgten kurz hinter der KAPELLE der vollzählige AA, Mitglieder des Magistrats, des SV-Kollegiums, städtische Beamte & Angestellte und nach ihnen auf 2 Wagen die 6 Leichen der >MÄRZ-GEFALLENEN<. Die nächsten Angehörigen schlossen sich ihnen unmittelbar an. Nunmehr folgte eine überaus große Anzahl von Vereinen mit roten Fahnen. Der ZUG passierte die Moritz~ & die Bahnhofstraße, Markt & Kreuzstraße durch Jüttendorf nach dem NEUEN FRIEDHOF. Dort hatte sich, wie auch in allen Straßen, eine außerordentlich große MENSCHENMENGE angesammelt. In einem MASSENGRABE erfolgte sodann die BEISETZUNG der 4 Leichen ,
und zwar der Arbeiter Hermann D z i a l l a aus Lauta, Willi M u n d aus Grube Marga, Oskar Z e i d l e r - Senftenberg und Bruno B r ü c k n e r - Grube Marga.
Geistlichkeit war nicht zugegen…


AA = AKTIONS-AUSSCHUSS


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