Neues 615 - 2024-08-18

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Matthias
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Neues 615 - 2024-08-18

Beitragvon Matthias » Sa 17. Aug 2024, 08:42

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Harald
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Re: Neues 615 - 2024-08-18

Beitragvon Harald » Do 22. Aug 2024, 14:57

Man lernt Dinge erst zu schätzen, wenn sie nicht mehr da sind. Das gilt sowohl für Gegenstände, Menschen & Realitäten.
Hinterher ist man immer schlauer. Hätte, wäre & wenn bringen uns dann nicht weiter als an den Rand der Verzweiflung.
Doch nie darüber hinaus, denn >DANACH< ist nichts mehr so wie >VORHER<.

(Im Wochenkurier von gestern "laut gedacht" von Marie-Louise Hartmann)

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Als man 1989 nach der nicht umsonst als „friedliche Revolution“ titulierten WENDE gezielt DENKMÄLER der DDR-ZEIT abräumte, wurde dies allerdings von der Öffentlichkeit nicht durchgängig akzeptiert, da es nämlich nicht spontan aus dem VOLKSZORN heraus geschah, sondern gemäß staatlicher oder städtischer ANORDNUNG:
„Wenn ein HERRSCHAFTSSYSTEM verfällt oder gestürzt wird, verlieren die von ihm geschaffenen DENKMÄLER, soweit sie der Legitimation & Festigung des alten Systems dienten, ihre EXISTENZBERECHTIGUNG. Also: WEG DAMIT !“
Mir geht es heute allerdings mehr um kunstvolle DDR-WANDMOSAIKEN, die dereinst als sogenannte >BAUBEZOGENE KUNST< an manchen „PLATTENBAUTEN“ wie Wohnhäusern, Verwaltungsgebäuden oder Schulen prangten, über viele Jahre hinweg ungeschützt dem Wind & Wetter ausgesetzt waren, zu bröckeln begannen – vernachlässigt und nur selten aufgefrischt oder gar notdürftig restauriert wurden. Für den Erhalt ehemaliger DDR-KUNSTWERKE fehlte Geld & Unterstützung, wo sie doch eigentlich für zukünftige Generationen erhalten bleiben, und als authentische ZEUGNISSE unserer eigenen Vergangenheit respektiert werden sollten, zumal sie den BEWEIS erbringen, dass es auch in der DDR große KULTURELLE LEISTUNGEN gab. Nicht alle Werke des SOZIALISTISCHEN REALISMUS waren platte PROPAGANDA – es gab durchaus auch ECHTE KUNSTWERKE, die heute allerdings, obwohl unter DENKMALSCHUTZ stehend, häufig gefährdet sind, wie ein Beispiel aus SENFTENBERG beweist:

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Die MOSAIKWAND MIT BADESZENEN (Schwimmer~ & Wasservogel-Darstellungen) von GERHARD LAMPA wurde um 1985 vor der EINKAUFSPROMENADE gegenüber der Plattenbauten am NEUMARKT aufgestellt.
Der BRUNNEN „SPIELE AM WASSER“ wurde vom Bildhauer ERNST SAUER 1983 geschaffen und sollte ursprünglich an der SÜDSEITE des NEUMARKTES aufgestellt werden, was jedoch der Bau einer TRAFOSTATION an geplanter Stelle verhinderte und auch die daraufhin anvisierte NORDOSTSEITE fiel einer geplanten HEIZTRASSE zum Opfer. Somit blieben die in der KUNSTGIESSEREI Lauchhammer gegossenen BRONZEFIGUREN vorerst auf dem Grundstück der Familie des Künstlers. Im Jahre 2004 wurden die PLASTIKEN im Zuge der UMGESTALTUNG des NEUMARKTES, abweichend vom ursprünglichen Entwurf des Künstlers, als BRUNNENENSEMBLE aufgestellt, jedoch 2017 wegen der akuten Gefahr von Buntmetall-DIEBSTAHL wieder abgebaut & an einem sicheren Ort „eingemottet“.


Der geborene Oberlausitzer HEINZ-KARL KUMMER war ein deutscher Künstler und in der DDR als freischaffender Maler und Grafiker vor allem in Lauchhammer tätig. In der Öffentlichkeit sind besonders seine MOSAIKEN, unter anderem in Potsdam, Cottbus, Hoyerswerda, Herzberg, Elsterwerda, Wittichenau, Ortrand u.v.a. bekannt.
Ich habe nach einigen seiner kunstvollen MOSAIKE gefahndet, aber längst nicht alle gefunden…

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"Es hat den Anschein, als fiele es der Stadt HERZBERG /Elster nicht allzu leicht, mit diesem OBJEKT umzugehen. Dabei stammt das MOSAIK vom Bernsdorfer Künstler HEINZ-KARL KUMMER, der zumindest zu DDR-Zeiten bekannt, erfolgreich und geschätzt war.
Er lebte und arbeitete seit den 1950er Jahren in LAUCHHAMMER. Dort und in anderen Städten widmete er sich vielen AUFTRAGSARBEITEN. Es entstanden unter anderem WANDBILDER & MOSAIKE. So auch dieses Werk in der hübschen Kleinstadt an der Elster. Das steht am Rande der sehenswerten Altstadt. An der Südpromenade und abseits jeglicher Besucherströme, um genau zu sein.
Aber so recht ist es auch nicht verwunderlich. Was soll man heutzutage mit einem großen Klotz mit der Widmung: "Zum Gedenken der gefallenen Sowjetsoldaten und ermordeten Antifaschisten" anstellen? Direkt gegenüber steht ein Thälmann-Denkmal, das wohl auch vergessen wurde.
Und subjektiv betrachtet ist es auch nicht gerade das hübscheste Motiv. Vielleicht liegt's an den Farben, aber mich deprimiert der Anblick ein wenig. Das ändert nichts an der aufwendigen Gestaltung – das Mosaik geht sogar an einer Seite UM DIE ECKE..." (kommentierte ein anonymer Kunstfreund)

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"Das WANDBILD in POTSDAM war insbesondere im Sommer von Blattwerk verdeckt, bis die Pflanzen im Herbst 2016 für Bauarbeiten entfernt wurden und man das MOSAIK vermutlich zum Schutz zutapezierte. Leider verpasste ich den kurzen Moment, in dem es in seiner Gänze gut sichtbar gewesen sein muss. Das erste Foto knipste ich am 6. September 2015, die weiteren am 20. Dezember 2015, das letzte am 2. November 2016." (Martin Janecke)
Im Juli 2017 sandte Fred Schönemann mir eine E-Mail mit aufschlussreichen Informationen zum Mosaik, die ich hier ergänzen darf:

„Guten Tag, ich freue mich das Sie sich für das Mosaik an der ehemaligen Hochschule des MFS interessieren. Ich bin Mitarbeiter der Universität Potsdam und habe befürchtet, dass dieses Mosaik dem Umbau geschuldet abgerissen werden soll. Ich habe mich darauf hin mit verschiedenen Stellen an der Universität und auch dem Studentenwerk Potsdam kurzgeschlossen zum Erhalt dieses Mosaikes. Das Studentenwerk Potsdam hat dann mit dem Architekten des anstehenden Neubaus eines großen Studentenwohnheimes auf dem jetzigen Standort der drei alten Unterkunftsgebäude, in Verbindung gesetzt. Es wurde eine Lösung zum weiteren Verbleib des Mosaikes gefunden. Es wird an der Rückwand einer Fahrradständeranlage angebracht und bleibt so erhalten.
Der Künstler des Mosaikes ist auch herausgefunden wurden. Es war der bereits 1987 verstorbene Maler und Grafiker Heinz Karl Kummer.“


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KUMMER war Mitglied der Künstlerischen Produktionsgenossenschaft Neue Form (KPG) in SEIDEWINKEL, die AUFTRAGSARBEITEN insbesondere für den ÖFFENTLICHEN RAUM & REPRÄSENTATIVE OBJEKTE machte. Für die BAUWIRTSCHAFT schuf er insbesondere WANDBILDER & MOSAIKEN.
Durch den ABRISS vieler Plattenbauten in ostdeutschen Städten war und ist ein Teil dieser WERKE entweder vernichtet oder von der ZERSTÖRUNG bedroht.
Der sozialistische Realismus war der vorherrschende KUNSTSTIL in der DDR. Insbesondere an bedeutenden GESELLSCHAFTSBAUTEN oder staatsnahen BILDUNGSEINRICHTUNGEN dienten diese Kunstwerke meist der POLITISCHEN BILDUNG. Abgebildet wurden bevorzugt IDEALBILDER der sozialistischen Gesellschaft oder positive ZUKUNFTSBILDER.
Die mit MOSAIKEN gestaltete Säule vor dem Lessing-Gymnasium in HOYERSWERDA war dem ersten sowjetischen Kosmonauten JURI GAGARIN gewidmet und enthält Motive zum Thema WELTRAUMFORSCHUNG: Der KÜNSTLER gestaltete Kosmonauten, Raketen, Sonne & Friedenstauben nach KINDERZEICHNUNGEN.

Bei meiner RECHERCHE fiel auch der NAME der Oberschule "Korla Awgust Kocor" in WITTICHENAU, die angeblich ein
MOSAIK-WANDBILD von H.K. Kummer beherbergen soll. Ich wandte mich diesbezüglich an die Schulleitung und erhielt folgende Stellungnahme:

„Sehr geehrter Herr Gleisner,
sie haben nicht ganz unrecht – zumindest gab es diese Mosaikwand. Leider wurde sie im Zusammenhang mit einem Schulumbau, dem Bau eines Glaseingangs als Verbindung zwischen Grund~ & Oberschule, abgerissen. Ich bemühe mich derzeit um ein Foto dieser Mosaikwand aus tiefster DDR-Zeit. Sobald ich etwas organisiert habe, melde ich mich bei Ihnen.
Ich persönlich bedaure sehr diesen Abriss der Mosaikwand. Heutzutage würde man das Mosaik wahrscheinlich eher an anderer Stelle wieder errichten…
Mit freundlichen Grüßen - Ines Lesche Schulleiterin.“


NACHWORT:
Weitere NACHFORSCHUNGEN zu MOSAIKEN von HEINZ-KARL KUMMER verliefen bislang erfolglos:
seit 1987 soll eines in irgendeiner Gaststätte in Hoyerswerda existieren, auch ziert ein MOSAIK angeblich einen „Vorplatz in SCHWARZHEIDE“ – ich habe ihn aber nicht gefunden…

„2010 stellte die PDS – Fraktion Lauchhammer den ANTRAG, dem Künstler die EHRENBÜRGERSCHAFT der Stadt zu verleihen.
Es gab allerdings den VORWURF, dass Kummer ein „systemtreuer DDR-Künstler“ gewesen wäre.
Formal scheiterte die Ehrenbürgerschaft schließlich an der SATZUNG der Stadt Lauchhammer,
die es nach der letzten Änderung nicht vorsieht, die Ehrenbürgerwürde posthum zu verleihen…“


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