In der
DORFSCHULE des 19.Jahrhunderts wurde die "nahe und weite Welt" mit Hilfe von
ANSCHAUUNGSBILDERN in die Schulstuben geholt. Solche
KLEINEN BILDCHEN & GROSSE WANDBILDER waren meist die einzigen Anschauungsmittel im Unterricht.
BILDER wurden in der Schule schon seit jeher als
ANSCHAUUNGS~ & VORSTELLUNGSHILFE benutzt. Doch erst die Erfindung der
LITHOGRAPHIE um 1800 erschloss die Möglichkeit, größere Bilder zu einem erschwinglichen Preis zu drucken. Das von den verdienstvollen
PÄDAGOGEN Comenius & Pestalozzi betonte
ANSCHAUUNGSPRINZIP im Unterricht & der im 19. Jahrhundert eingeführte "Anschauungsunterricht", dann auch die zunehmende Bedeutung der "Sachfächer" ließen
SCHULWANDBILDER (Rollbilder) zu einem wichtigen Hilfsmittel im Unterricht werden.
Solche WANDBILDER zu allen möglichen Themen wurden bis in die 1970iger Jahre – auch an „meiner“ Franz-Mehring-Oberschule in Brieske – noch vielfach, besonders gern von älteren, erfahrenen Kollegen mit langer Dienstlaufbahn eingesetzt. Auch an anderen Schulen waren oft
noch mehrere Hundert davon vorhanden, verstaubten mit der Zeit und wurden kaum noch eingesetzt, und in der Folgezeit von Overhead-Projektor-FOLIEN verdrängt. Heutzutage stehen Lehrern & Schülern mannigfaltige DIGITALE MEDIEN & INFORMATIONSQUELLEN zur Verfügung, die von meiner >LEHRERGENERATION< mittlerweile als „Fluch der Technik“ angesehen werden. Wären sie nämlich der lauthals propagierte SEGEN, hätten wir keinen akuten BILDUNGSNOTSTAND…
Übrigens gab es schon vor 100 Jahren das QUEREINSTEIGER-PROBLEM an deutschen SCHULEN, wie die folgende Zuschrift beweist:
– das wussten schon die >LEHRER DER ALTEN SCHULE< zu beherzigen, wie die folgenden zwei BEITRÄGE aus pädagogischen Zeitschriften belegen:
"Die WANDBILDER, die in den SCHULEN vorhanden sind, dürften gar manchem von uns FACHLEHRERN nicht genügen, weshalb wir dann zu BILDERN kleinen & kleinsten FORMATES greifen, wobei wir gerade unter den ANSICHTSPOSTKARTEN eine reiche Auswahl finden.
NEUE Ansichtskarten können jederzeit angeschafft werden, GEBRAUCHTE erhält man ziemlich leicht. Dem, der die ANSICHTSKARTE vollkommen ausnutzt, steht in ihr ein WERTVOLLES MATERIAL zur Verfügung. Sie sind heute nahezu von JEDER GEGEND in reicher Auswahl erhältlich: Darstellungen typischer LANDSCHAFTSFORMEN & geographische EIGENBILDER.
Seit langer Zeit wird die ANSICHTSKARTE auf Grund ihrer geringen Größe beim UNTERRICHT verwendet, leider jedoch meist nur als ILLUSTRATION zum Worte des Lehrers. Im Handel sind viele brauchbaren SERIEN erschienen und 3 – 4 BILDER genügen oftmals schon, um den Charakter einer LANDSCHAFT vollständig darzustellen, was ein WANDBILD nicht immer vermag. Es ist selbstverständlich, daß bei jeder ANSICHTSKARTE auf das WESENTLICHE des Bildes in SCHLAGWÖRTERN hingewiesen wird. In dieser Weise verwendet, ist die ANSICHTSKARTE mehr als eine ILLUSTRATION – sie wird ein LERNMITTEL, das den SCHÜLER zur SELBSTTÄTIGKEIT heranzieht.
Allerdings muß der LEHRER sich überzeugen, ob die BILDER angesehen werden und sich die SCHÜLER auch mit ihnen beschäftigen.
Vor einem ZUVIEL an BILDERN muß ich allerdings warnen: „Nicht mehr als notwendig !“„Zur Belebung des GEOGRAPHISCHEN UNTERRICHTS dürften auch mancherlei BILDER dienen. Am einfachsten & billigsten sind gute ANSICHTSKARTEN, die in kleinen SCHULEN oftmals auch für den KLASSENUNTERRICHT ausreichend sein werden. Dasselbe gilt auch von ALBUMS für einzelne wichtige & vielgenannte STÄDTE; z.B. von BERLIN. Wer größere Mittel für BILDER zur Verfügung hat, den verweise ich auf geographische WANDBILDER.
Für die praktische Gestaltung des Geographieunterrichts empfehle ich ferner die Einführung in den Gebrauch von FAHRPLANBÜCHERN der Eisenbahnen, die regelmäßig den größeren ZEITUNGEN beigelegt werden. Auch eine kleine BRIEFMARKEN-SAMMLUNG, die die allerwichtigsten einheimischen MARKEN und die der benachbarten Länder enthält, dürfte in den SCHULEN gute Dienste tun.“„Dem ERFINDER dieses
>PHOTOCOL-SAMMEL-WERKES< sind die Gedanken zu seinem Werke durch das Sammeln der ANSICHTSKARTEN gekommen. Während dies aber rein mechanisch ohne jede geistige Anregung geschieht, wird durch seinen PHOTOCOL-ATLAS der Sammeleifer der Jugend in rechte Bahnen gelenkt und ungemein fruchtbar auf den GEO-UNTERRICHT wirken. Ueberhaupt erhalten die PHOTOCOLS ihren wahren Werth erst durch die beigefügten HEIMATHSKARTEN, die auf ihrem Rand die GESCHICHTE der betreffenden LANDSTRICHE in chronologischer Reihenfolge aufweisen, fernerhin auch literarhistorische & ethnographische DATEN in gedrängtester Kürze aufweisen. KARTE & PHOTOCOLBILD sollen miteinander verglichen werden, wobei die reizenden BILDCHEN, die kleine Kunstwerke sind, nur wahrhaft typische LANDSCHAFTEN oder charakteristische GEBÄUDE zeigen.“
Es steckte jedoch ein ganz besonderes KONZEPT hinter dieser SAMMELMETHODE:
Die BILDFELDER im aufwändig gestalteten >SAMMELATLAS< waren zwar nummeriert, aber die zugehörigen BILDER hatten keine NUMMER. Dafür waren jedem ALBUM zwei KARTEN beigefügt, eine geographische mit allen wichtigen STÄDTEN & PUNKTEN und eine zweite, die nur entsprechende SYMBOLE für Orte, Klöster, Berge, etc. enthielt.
Der SAMMLER musste nun anhand der 1. KARTE den passenden
ORT zum BILD finden und konnte dort dann die in der KARTE abgedruckte BILDNUMMER ablesen und das BILD somit in die richtige STELLE des Albums einkleben. In die 2. KARTE sollte der
ORTSNAME an der entsprechenden STELLE eingetragen werden.
Die EINZELBILDER waren allerdings im Gegensatz zu den eingedruckten RÄHMCHEN nicht nummeriert, wiesen keinen rückseitigen TEXT auf und die in Gold gedruckten TITEL standen mit den ergänzenden LEGENDEN nur in einem weitergefassten Zusammenhang. Nach welchem SYSTEM also die BILDER eingeklebt wurden, war deshalb nicht ganz klar. Deren ANORDNUNG war außerdem immer horizontal, auch bei vertikalem SUJET; die ABFOLGE geschah zwar nach REGIONEN, jedoch nicht völlig stringent.“
Zum EINKLEBEN der Bilder waren den Alben aber perforierte Papierstreifen in Falzform beigegeben.
Die Bilder selbst konnte man einzeln oder in Serien zu 3 Pfennig pro Bild erwerben oder auch abonnieren.“
(Quelle: Wissenschaftliche Beilage der >Leipziger Zeitung< 10.09.1898)
NACHTRAG:Die
KRONE DER ANSCHAUUNG besteht allerdings darin,
ANSICHTSKARTEN mit
LANDKARTEN in Verbindung zu bringen:
für ERSTE ÜBUNGEN sind dafür POSTKARTEN mit „Fliegeraufnahmen“ sehr gut geeignet. Der SCHÜLER stellt das BILD der KARTE gegenüber und ermittelt, von welchem PUNKT und nach welcher RICHTUNG die AUFNAHME gemacht wurde. Da manche ANSICHTSKARTEN ja schon in ihren Aufschriften zielgerichtete ANGABEN, wie „Blick vom… bzw. zum…“ enthalten, ist das kein großes Problem…
Wenn die SCHÜLER daran gewöhnt werden, KARTE & BILD in Beziehung zu bringen, werden sie auch das Wesen einer
WANDERKARTE begreifen. Sie werden in ihr nicht nur ein farbiges
FALTBLATT – UNGETÜM mit Linien, Ringen, Symbolen & Namen, sondern
EIN STÜCK ERDE sehen…...und dann wird WANDERN zum echten ABENTEUER !