Neues 146 - 2014-09-14

[Matthias]

Hier klicken, um zum entsprechenden Eintrag unter "Neues" zu springen...

[Harald]

In meiner Kindheit habe ich in fast jeder freien Stunde mit meinem
METALLBAUKASTEN
herumgeschraubt, und dies mit wachsender Begeisterung, da mir im Alltag ständig neue, nachbauwürdige technische Konstruktionen begegneten. Dabei zählten in erster Linie Kräne, Bagger und lenkbare Lastautos zu meinem Bauprogramm. Aber ich kann mich auch noch gut daran erinnern, dereinst mit einem Schulkameraden aus der Nachbarwohnung eine SEILBAHN gebaut zu haben, mit der wir uns von einem Fenster zum anderen abwechselnd Nachrichtenzettel zustellten.
Unser "technisches Wunderwerk" funktionierte auf Anhieb, obwohl wir zuvor keine SEILBAHN in natura zu Gesicht bekommen hatten. Da wir aber eifrige Leser der Werksbibliothek waren, fanden wir das Vorbild sehr schnell in einschlägiger Literatur. Wir hatten uns selbstredend für die "älteste & primitivste Konstruktion" entschieden:

VARIANTE 1:
Diese besteht bekanntlich aus einem oder zwei parallel nebeneinander gespannten Seilen, deren Enden fest verankert sind oder auch auf einer Seite mit einer Spannvorrichtung versehen sind. An einem Seil hängt das "TRANSPORTGEFÄSS" an kleinen Rollen und wird mittels des zweiten Seiles einfach hin~ und zurückgezogen.
Nach einigem Hin & Her unseres "Depeschenwagens" probierten wir dann die

VARIANTE 2:
Bei dieser fällt das Zugseil für die Transportbehälter fort, indem das tragende Seil selbst bewegt wird. Es ist endlos und wird an den Endpunkten um horizontale Rollen geschlungen, sodass sogar zwei oder noch mehr aufgehängte Kästen auf der einen Seite hin~, auf der anderen Seite zurück laufen...

Nach Betrachtung der Postkarte bin ich mir sicher, dass letztere Variante auch für die SEILBAHN von der Grube bei SAUO bis zur Brikettfabrik der PFÄNNERSCHAFT Verwendung fand.
Man sollte allerdings nicht denken, dass Seilbahnen willkürlich über fremdes Territorium geführt werden konnten. Die Hallesche Pfännerschaft hatte mit Sicherheit nach damals geltendem Recht nicht nur die Stellen für die Pfeiler kaufen müssen, sondern den ganzen Streifen, über den die Seiltrasse verlief. Die Anlage einer Grubenbahn, wie sie später erfolgte, empfahl sich da von selbst und ist wahrscheinlich auch auf der gleichen Trasse erfolgt.
Da mir nähere Angaben zu dieser Seilbahn fehlen, kann ich nur vergleichbares Zahlenmaterial aus dem Mansfelder Kupferschiefer-Bergbau anführen:
"Die ganze Länge des Seilbetriebes ist 1880 m, auf welche Entfernung das Seil durch 26 Lagerungen getragen wird...der größte Abstand zweier Ständer beträgt 113 m...der höchste Ständer mißt vom Boden bis zu der Führungsrolle 15,7 m...auf dem Seile befinden sich im Hin~ und Hergange stets 72 Kübel...das Gewicht eines Kübels beträgt 60 Pfd., das des Inhaltes 120 Pfd. Die Gesammtleistung beträgt 1500 Ztr. für den Tag in 9 1/2 Arbeitsstunden...die vom Erfinder garantirte Leistung liegt bei 2400 Ztr. - das Seil ist 15 mm stark, die Seilscheiben haben einen Durchmesser von 1,9 m...die Geschwindigkeit beträgt 1,8 bis 2,5 m pro Sekunde..."

Die hier zitierten Zahlen & Fakten aus den Anfängen des Bergbaus um 1870 müssen keinesfalls mit den uns bislang unbekannten Daten der abgebildeten Seilbahn übereinstimmen. Auch die angefügten Seilbahn-Fotos aus früherer Zeit sollen lediglich das "Transportsystem an sich" veranschaulichen. Vielleicht erfahren wir ja doch noch Genaueres durch einen "Augenzeugen" bzw. aus dessen bildlicher oder schriftlicher Hinterlassenschaft...

[Frank66]

Ein Augenzeuge, der diese Seilbahn noch bewusst erlebt hat und darüber Auskunft geben könnte, müsste heute etwa 100 Jahre alt sein.

Was ich mir vorstellen kann, ist, das im "Senftenberger Anzeiger" ein ausführlicher Artikel über den Bau bzw. Inbetriebnahme der Seilbahn zu lesen war.

[Matthias]

Hallo Frank,

dazu müsste man annähernd wissen, WANN die Inbetriebnahme stattfand. Soweit ich das überblickshaft aber im Kopf
habe, gab es zum Thema SEILBAHN keinen Bericht im Senftenberger Anzeiger, jedenfalls keinen unfangreichen.

Ich finde übrigens witzig, dass in diesem LR-Artikel von der "abgespeckten" Variante Bahnhof Senftenberg <-> Lausitzring gesprochen
wird. Das wäre in etwa die gleiche Trasse wie die der "alten"

[Frank66]

Der Tagebau "Friedrich-Ernst" ging 1889 in Betrieb, die Seilbahn aber erst 1891 laut "Zeitschrift für das Berg-, Hütten- und Salinenwesen in dem Preussischen Staate" Jahrgang 1891.

[Matthias]

Na dann haben wir ja schon einmal eine grobe Richtung, wo wir anfangen müssen zu suchen

[Harald]

...und da sind wir wieder beim Thema "QUELLEN":
Ich würde, falls die Möglichkeit besteht, gern mal das Original-Faksimile aus dieser Zeitung mit der Nachricht von der Eröffnung der SEILBAHN sehen wollen, da ich weder im >Senftenberger Anzeiger<, noch in der >Elsterchronik< des Jahrgangs 1891 auf eine konkrete Erwähnung gestoßen bin...:-/

[Frank66]

Der Originaltext aus der Zeitschrift lautet:

Auf Grube Friedrich Ernst bei Senftenberg bewegte sich der Tagebau nach Norden hin. Eine von der Grube zur Darrstein-Fabrik am Bahnhofe bei Senftenberg führende Drahtseilbahn wurde in Betrieb genommen.

Die Zeitschrift kam 1891 heraus. Hatte leider übersehen, das es sich bei dem Text um Geschäftsnachrichten des Betriebsjahres 1890 handelt, da er unter der Rubrik "Der Bergwerksbetrieb im Preussischen Staate während des Jahres 1890" zu lesen ist.

[Matthias]

Hallo Frank,

das war jetzt nicht ganz die Frage Vielmehr wären wir daran interessiert, wenn du Originaldokumente dieser Art besitzt, ob man
die mal leihweise bekommen könnte. Sicher finden sich darin auch noch andere wichtige Informationen, die wir in unserer Forschungsarbeit
und zur Illustration verwenden könnten. You know what I mean?

[Harald]

Wir sind einen kleinen Schritt weiter:
Am 29. Januar 1890 veröffentlichten >Senftenberger Anzeiger< und >Elsterchronik< simultan die folgende Notiz:

Aber leider wurde der Bericht über die Einweihung der SEILBAHN von den Planungen eines weit wichtigeren Ereignisses "überrollt":
nämlich der im gleichen Jahr erfolgten EINWEIHUNG des neuen KRANKENHAUSES.
Fazit: weit & breit keine weitere Notiz zur Seilbahn - aber wir bleiben weiterhin dran...

qu. = quästioniert = fraglich, in Rede stehend