Neues 152 - 2014-10-29

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Matthias
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Neues 152 - 2014-10-29

Beitragvon Matthias » Mi 29. Okt 2014, 18:47

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Harald
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Re: Neues 152 - 2014-10-29

Beitragvon Harald » Fr 31. Okt 2014, 11:48

Gute Kinder_resize.jpg
Schon frühzeitig hatten Lehrer & Erzieher entdeckt, daß die schwerste Aufgabe darin besteht, Kinder durch bloße Gewöhnung, durch frühe Erweckung und sorgfältige Leitung des sittlichen Gefühls und durch Ermahnungen allein zum Guten hinzulenken.
Man war sich darin einig, dass BELOHNUNGEN zwar sehr viel Gutes stiften können, aber eben auch großen Nachteil bringen, je nachdem sie zur rechten oder unrechten Zeit bzw. auf die rechte oder unrechte Art angewandt werden.
Welcher Art die
BELOHNUNGEN
vor exakt 200 Jahren waren, entnahm ich dem >Hand~ und Methodenbuch für Volksschul-Lehrer< von 1814 und möchte ihre Stufenfolge im "Telegramm-Stil" zitieren:

(1) Billigung des Lehrers: "Gut, recht brav, das freut mich !" wirkt mehr
als lange Reden.
(2) Man setze den guten Schüler auf einen Platz in der Schule,
den man "Ehrenplatz" nennt.
(3) Man läßt ihn in den Bänken vorrücken oder vermerkt ihn auf der
"Fleiß~ und Sitten-Tabelle" bzw. im "Ehrenbuch".
(4) Wer schon mehrere Mahle im "goldenen" Buche steht, kann zu
einem Schulamte gelangen, z.B. vorbethen, ein Lied anstimmen,
Aufsicht über die kleineren Kinder führen und zu Schiedsrichtern
über Zänkische oder Streitende ernennet werden u. dgl.
(5) Eine BELOHNUNG, welche bey den Kindern einen sehr
dauerhaften Eindruck macht, sind Spatziergänge, welche der Lehrer,
freylich nur mit den fleißigsten und gesittetsten seiner Kinder,
auf das nächste Dorf, den nächsten Wald oder Garten vornimmt.
(6) Die größten BELOHNUNGEN endlich, mit welchen die Kinder in der
Schule zum Guten aufgemuntert werden können, sind schöne Bilder,
besonders aus dem Leben Jesu, lehrreiche Bücher, auch
Schulbücher, Schulgeräthe u. dgl.


Sie werden mir sicher Recht geben, dass BELOHNUNGEN auch nach 200 Jahren nicht wesentlich anders aussehen. Einzig und allein die WANDERTAGE dürfen nicht mehr stattfinden, sofern es nicht allen Kindern ermöglicht wird, daran teilzunehmen..."

Doch wie sahen die damals gebräuchlichen
BESTRAFUNGEN
aus ?
Wenn unsere Altvorderen davon berichten, liegt der sog. "Gelbe Onkel", also der gnadenlos herabrauschende ROHRSTOCK, in ihren Erinnerungen ganz vorn. Die "Stockprügel" wurde - neben dem obligatorischen Ruf nach Aufenthalt in einer ZWANGSERZIEHUNGSANSTALT - sehr häufig verklausuliert als "ungebrannte Asche" für Missetaten von "Schulknaben" gefordert,
wie hier im >Senftenberger Anzeiger< von 1900 nachzulesen ist:

"Zwei jüngere SPITZBUBEN wurden durch Herrn Gendarm G. ausfindig gemacht und ihrer Thaten überführt. Es sind zwei SCHULKNABEN, den anscheinend viel daran gelegen war, immer zu wissen, 'welche Zeit es ist'. Die eigneten sich Taschenuhren etc. fremder Leute an und da der Verräther doch auch niemals schläft, kam eins nach dem anderen heraus, bis sie sich sozusagen festlogen.
Jedenfalls wird sich eine Zwangserziehungs-Anstalt der jungen Burschen annehmen und sie wieder von der abschüssigen Bahn abbringen.
Nebenbei etwas ungebrannte Asche wäre für solche Taugenichtse auch am Platze."

"Vor kurzer Zeit entdeckte ein hiesiger Geschäftsmann, daß er öfters bestohlen werde und es gelang ihm auch zufällig, einen der DIEBE festzuhalten und der Polizei zu übergeben.
Dieser glückte die Ermittlung der anderen Genossen und auch die Herbeischaffung verschiedener Gegenstände, welche sich zum Theil schon in andere Hände verkaupelt befanden.
Die SPITZBUBEN sind SCHULKNABEN, denen wohl nach Ablauf der Untersuchung die Zwangserziehungs-Anstalt winkt, um aus ihnen wieder ordentliche Kinder zu erziehen, denen der Unterschied zwischen Mein und Dein dann nicht mehr unbekannt ist."

Böse Kinder.jpg
In den VOLKSSCHULEN gab es folgende Abstufungen für STRAFEN:

(1) Man versage solchen Kindern Billigung und Lob, behandle sie mit
scheinbarer Gleichgültigkeit.
(2) Man verweise mit Ernst auf ihre Fehler, begleite die Vorwürfe mit
Drohungen, z.B. "Ich werde dich auf einem andern Fuße behandeln
müssen..."
(3) Man lasse ein Kind, wenn die Schule aus ist, allein zurück bleiben.
[schöner Ausdruck für "Nachsitzen" !]
(4) ...oder öffentlich in der Schule hervortreten. [gemeinhin "in der Ecke stehen" !]
(5) Man sage die Unarten des Kindes den Ältern desselben.
(6) Man setze das Kind auf einen geringeren Platz in der Schule.
(7) Man hänge dem Kinde einen Zettel um, worauf sein Nahme oder
das Vergehen steht und lasse es an einen abgesonderten Ort treten.

Und nun kommt es "ganz dicke" :

"Die höchste Stufe der STRAFEN besteht endlich in
KÖRPERLICHEN ZÜCHTIGUNGEN oder SCHLÄGEN.
Diese sollen aber nur gebraucht werden, wenn schwere Vergehungen bey den Kindern vorfallen,
z.B. Betrügereyen und Diebstahl, sowohl in als außer der Schule; offenbare Widersetzlichkeit gegen den Lehrer; boshafte Lügen; absichtlicher Ungehorsam; Verführung zur Unzucht; Baumverstümmelung; Störung des Gottesdienstes."
Der Lehrer beobachte dabey folgende
VERHALTUNGSREGELN:

Die ZÜCHTIGUNG soll väterlich, nicht henkermäßig oder barbarisch seyn.
Das Werkzeug sey daher nicht der OCHSENZIEMER,
sondern etwa ein dünnes STÄBCHEN oder bei kleynen Kindern auch die RUTHE,womit die Streiche auf den Rücken gegeben werden.
Sehr verwerflich dagegen sind:
OHRFEIGEN so wie alle SCHLÄGE an den KOPF,
das REISSEN bey den HAAREN,
das ZWICKEN an den OHRLÄPPCHEN,
das KNIEN auf ERBSEN oder auf ein spitzes HOLZ,
das SCHLAGEN auf die HÄNDE oder FINGERSPITZEN u. dgl. m.

Der Lehrer schlage nie in der Hitze des Zornes, oder aus Rache,
soll aber bey manchen größeren Vergehungen seinen ernsthaften Unwillen blicken lassen.
Bey der Züchtigung selbst verfahre der Lehrer so, daß das Kind den Schmerz fühlet.
Wird nicht mit Nachdruck gezüchtigt, so wird das verwöhnte Kind darüber spotten und wird ärger werden, als es war.
Er schlage aber nie mit einem bittern, höhnischen oder schadenfrohen Lächeln und ergötze sich nicht an dem Schmerz, den seine Züchtigungen verursachen."

Die PRÜGELSTRAFE wurde aus unseren Schulen endgültig verbannt.
Dennoch sind viele "gebrannte Kinder", somit aus eigener Erfahrung, der Meinung:
"Schade um jeden Schlag, der daneben geht !" bzw. etwas glimpflicher ausgedrückt:
"Ein paar (zur rechten Zeit) hinter die Ohren haben noch niemandem geschadet !"
Bei der Schilderung der "verwerflichen Züchtigungen" fragt man sich allerdings schon,
woher der AUTOR des Handbuches - ein Lehrer - diese kannte.
Ich tippe auf "Erfahrungen", die er - zumindest als Schüler - am eigenen Leibe machen "durfte"... ;-)


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