Neues 155 - 2014-11-16

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Matthias
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Neues 155 - 2014-11-16

Beitragvon Matthias » So 16. Nov 2014, 09:24

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Harald
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Re: Neues 155 - 2014-11-16

Beitragvon Harald » So 16. Nov 2014, 13:38

Deutsche Kirche_aquarell.jpg
Die DEUTSCHE KIRCHE in Senftenbergs Stadtmitte, den Aposteln Petrus und Paulus geweiht, wurde höchstwahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts (das exakte Baujahr ließ sich bislang nicht ermitteln) im damals angesagten gotischen Baustil errichtet - erkennbar am ohne jeden Bogen konstruierten, rippenlosen und von zehn freistehenden, achtseitigen Pfeilern getragenen Netzgewölbe.

Deutsche Kirche_grundriss_resize.jpg

Der hohe 3-stöckige, steinerne TURM erhielt seine Spitze allerdings erst nach der sog. "Renovation" von 1891.
Der damalige Um~ und Ausbau war nicht der erste in der langen Geschichte des Gotteshauses, denn mehrere Brände in der Stadt richteten an seiner Bausubstanz mehr oder minder große Schäden an, deren Beseitigung überwiegend von der Kirche und ihren Gläubigen finanziert werden mussten.
Da man zu statistischen Angaben nur wenig im >Senftenberger Anzeiger< erfährt, bemühe ich nach langer Zeit wieder einmal die von
PAULITZ geschriebene >CHRONIK VON SENFTENBERG<:

Paulitz-Chronik_titelblatt.jpg

"Schon seit Jahrzehnten hatte man an einen gründlichen, umfangreichen Ausbau des Innern der DEUTSCHEN KIRCHE gedacht und durch Gemeindeumlagen hierzu ein Kapital gesammelt, welches bis zum Jahre 1891 auf 30,000 Mk. angewachsen war...
Im Jahre 1891 wurde nun ein so umfangreicher Ausbau des Gotteshauses begonnen, daß von der bisherigen inneren Einrichtung nur noch die altehrwürdige Kanzel übrig blieb...
Dank der einstimmigen Bereitwilligkeit des Gemeindekirchenrathes und der Gemeindevertretung der Gesammtparochie* Senftenberg sind
54,700 Mk. zu diesem Werke bestimmt worden."

Die Höhe der gesammelten Spendengelder ist beeindruckend.
Weniger überraschend ist die Zusammensetzung der BAUKOMMISSION, denn wie eh und je tummeln sich bei Großprojekten stets viel mehr schillernde, aber inkompetente Politiker als ausgewiesene Handwerker in diesem "Verein":

"Die Seele des Ganzen war aber die BAUKOMMISSION, welche, bestehend aus den Herren:
Oberpfarrer HINTERSATZ als Vorsitzenden,
Rittmeister v. GÖTZ auf Niemtsch,
Bürgermeister BLANKENBERG jun.
Bürgermeister a. D. BLANKENBERG sen.
Stadtverordnetenvorsteher GUTMANN
Rendant [Kassenverwalter] HANISCH
Klempnermeister Louis ROTHE
Tischlermeister ALSTER
Bäckermeister KULKA
Ortsvorsteher ZECH aus Reppist
Gärtner SCHUMBACH und SCHNEIDER aus Jüttendorf,
mit regem Eifer und unermüdlicher Treue ihrer Aufgabe sich hingaben."

Das große Ziel wurde also von den selbsternannten "Spezialisten" ins Auge gefasst:

"Neben dem inneren Ausbau war man auch darauf bedacht gewesen,
den alten plumpen THURM mit seinem sehr flachen, pyramidalen Dache ohne jeglichen Schmuck, der das Kirchendach kaum merklich überragte und so einen sehr unschönen Eindruck gewährte, zu erhöhen und mit einer schönen Pyramide zu versehen."

Interessant ist auch die konkrete INHALTSANGABE der TURMKUGEL, wobei die natürlich die Frage aufwirft, welche zweite Ortszeitung damals neben dem >Senftenberger Anzeiger< existierte:

"Nachdem die vom Herrn Oberpfarrer Hintersatz verfaßte CHRONIK der Parochie nebst ausführlicher Hinweisung auf die Bedeutung des Ereignisses seitens der kirchlichen Vertretung unterzeichnet war, wurde dieselbe mit verschiedenen Münzen des Reiches, einem Verzeichniß der zur Parochie* gehörigen Ortschaften, Namensangabe des Bürgermeisters und der Ortsvorsteher, Angabe der Einwohnerzahl jeder zur Parochie* gehörigen Ortschaft, jeder Schule der Parochie* mit Schülerzahl und Namen der Lehrer, sowie die hervorragendsten Tageszeitungen und je ein Exemplar der beiden Ortszeitungen in den KNOPF gelegt und derselbe sodann zugelöthet."

*Parochie = Kirchsprengel, Pfarrei

Die vom Herrn Oberpfarrer Hintersatz verfasste und in der Kugel deponierte >Gedächtnißschrift<, also die himmelhoch jauchzende Vollzugsmeldung des TURMBAUES, klärt uns schließlich noch über die sinnbildliche Bedeutung von TURMKUGEL (bzw. TURMKNOPF) und KREUZ auf :

"Was man vor Jahresfrist noch nicht zu hoffen wagte, was schon immer das Ziel der Wünsche gewesen, dieses Jahr soll's vollenden.
Wurde es nämlich als Mangel empfunden, daß der THURM mit seinem sehr flachen, pyramidalen Dache ohne jeglichen Schmuck das Kirchendach kaum überragte, und also einen sehr unschönen Eindruck gewährte, so ist nun dem THURME eine hohe Pyramide geworden.
Heute handelt es sich darum, dieselbe mit dem vergoldeten KNOPFE, dem Zeichen der Weltkugel, sowie der herrlichsten Zierde, die es geben kann, mit dem KREUZE, dem Zeichen der Erlösung zu schmücken.
Wie die Krone auf dem Haupte des Regenten, damit sie von Allen gesehen werde, so gehört das Kreuz auf die oberste Spitze des Heiligthums, damit es, niederschauend auf Stadt und Land, hinwieder erschaut werden könne von Allen.
Ja, die Höhe ist der ihm gebührende Ort; dadurch soll angedeutet werden: Alles, was in der Tiefe ist, müsse ihm unterthan sein.
Auf die Höhe setzen wir heute das Kreuz, damit es uns, unerreicht vom Wahne und von den Leidenschaften der Menschen und nicht berührt vom unreinen Hauche alles Niedrigen und Gemeinen, ein stummer und doch lauter Prediger sei von der Liebe und Barmherzigkeit Gottes...
Möge der himmelanstrebende THURM, die Krone der Stadt, ein Schmuck der ganzen Gegend, ein aufgehobener Finger Gottes für die Gemeinde sein, der sie mahne:

Himmelan, nur himmelan soll der Wandel gehen ! "

Nun gut, die Entwicklung unserer Stadt muss ja nicht gleich himmelan gehen, schnurstracks nach vorne würde schon reichen. Ich denke dabei natürlich vor allem an eine zielstrebige Erforschung der Stadtgeschichte,
die vor 100 Jahren vom Lehrer Johann Gottlieb Paulitz begonnen wurde...;-)

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Harald
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Re: Neues 155 - 2014-11-16

Beitragvon Harald » Di 18. Nov 2014, 16:54

In dem im >Senftenberger Anzeiger< veröffentlichten BERICHT über den Verlauf der Stadtverordnetensitzung vom 7. Januar 1925 wurde über den Abdruck städtischer Neuigkeiten in den folgenden "ortsansässigen Zeitungen" berichtet.

>Senftenberger Anzeiger<
>Märkische Volksstimme<
>Lausitzer Landeszeitung<

Ich nehme an, dass es sich bei den 1891 erwähnten zwei Lokalblättern, die im Turmknopf eingelötet wurden, um die ersten beiden, sich übrigens auf politischer Ebene arg befehdenden, Zeitungen gehandelt hat.


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