Neues 157 - 2014-11-30

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Matthias
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Neues 157 - 2014-11-30

Beitragvon Matthias » So 30. Nov 2014, 11:46

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Harald
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Re: Neues 157 - 2014-11-30

Beitragvon Harald » So 30. Nov 2014, 14:48

Preußens Glanz und Gloria spiegelte sich in großem Maße auch in der Pflege musikalischer Traditionen wider, wobei allerdings schon damals der Kostenfaktor eine nicht unwesentliche Rolle spielte. Schon der "alte Fritz" griff deshalb eigenhändig zur Flöte und musizierte mit wahrer Inbrunst in seiner HOFKAPELLE, die auf hohem Niveau stand, weil man, statt selbst auszubilden, alles an Musikern einkaufte, was Rang und Namen hatte.
Außerhalb der Mauern des Palastes war die Lage schon etwas problematischer. Hierbei kamen die Garnisonsstädte allerdings noch recht preiswert zu musikalischer Unterhaltung, denn sie konnten auf ihre ansässigen MILITÄRKAPELLEN setzen.
Auf dem flachen Lande war es ähnlich, da hier die FEUERWEHRKAPELLEN zu allen festlichen Anlässen "ausrücken" durften und deren Nachwuchs wurde stets durch "familiäres Anlernen" (Vater --> Sohn) abgesichert.
Anders war es in Kleinstädten wie Senftenberg. Hier rekrutierte sich die Auffüllung der STADTKAPELLEN hauptsächlich aus angeschlossenen privaten MUSIKSCHULEN der jeweiligen Kapellmeister - in unserer Stadt der Herren KOAR und JETSCHICK. Bei letzterem gab es sogar noch eine "mitarbeitende Ehefrau", wie wir der folgenden Anzeige entnehmen können:

Jetschick_resize.jpg

Interessant für den Historiker ist natürlich die Frage nach dem geschichtlichen Ursprung jener STADTKAPELLEN.
Der liegt nämlich im Mittelalter verborgen & den Anfang machten die sogenannten
STADTPFEIFER

Stadtpfeifer_resize.jpg

Im 14. Jahrhundert nahmen die größeren Städte oft nur für kurze Zeit fahrende Spielleute, deren soziale Stellung sehr gering war, in den Dienst. Sie schlossen sich, um ihre Vorrechte gegenüber anderen, nicht organisierten Musikanten zu schützen, zu Bruderschaften zusammen und begaben sich außerdem unter den Schutz eines weltlichen oder geistlichen Herrn. Sie bewohnten in den Städten gemeinsam bestimmte Straßen und hatten als Zunftvereinigung das Recht, Gesellen zu halten und Lehrlinge auszubilden.
Sie wurden mit Privilegien versehen und hatten dafür zu offiziellen Anlässen, aus Repräsentationsgründen, zu kirchlichen Feiern wie zur Unterhaltung zu spielen.
Eine LEGENDE aus dem Jahre 1248 gewährt uns Einblick in einen höchst "königlichen Auftritt":

"Weit öffnete sich des Saales Thüre und hereinschritten die STADTPFEIFER, von Fackelträgern begleitet, und laut und fröhlich schmetterten ihre Zinken und Schallmeien, wirbelten die Paucken und Becken; ihnen folgte des Königs Truchseß mit einer verdeckten Schüssel, der Mundschenk mit dem großen silbernen Schenkkrug und der Kämmerer mit Waschbecken und Handtuch.
Als der König die Hände gewaschen und das Gericht vor ihm niedergesetzt, der Schenk sein Trinkhorn gefüllt hatte, folgten die königlichen Diener mit den Gerichten, jeder von zwei Fackelträgern begleitet, und pflanzten sie auf den Tisch hin.
Der Truchseß deckte des Königs Gericht auf, und legte dem Fürsten vor. Lustig bliesen die STADTPFEIFER das Zeichen zum Beginn des Mahles, und bald waren Aller Hände mit Messer und Gabel bewaffnet, welche jeder der Gäste in einem Bestecke am Gürtel trug.
Wacker kreisten die Becher und lustige Weisen spielten die STADTPFEIFER mit Zinken, Schalmeie, Posaune, Geige und Zimbel, mit schmetterndem Gruße jeden neuen Gang der Tafel begrüßend. Immer lauter und heiterer wurde das Gespräch, immer ungebundener und freier Scherz und Laune..."

Die STADTPFEIFER mussten natürlich darüber hinaus auch bei Tänzen, Schießen und Pferderennen der hohen Herrschaften mit ihrer Musik aufwarten.
Inzwischen hatten aber auch reiche Leute dergleichen PFEIFER in ihren Dienst gestellt, derer sie sich zu ihrer Belustigung, vielleicht auch bei der Tafel, bedienten - allerdings nur in "kleiner Besetzung".
So hatten die Handwerksleute und Bürger bei ihren Hochzeiten und Tänzen nur Trommelschläger oder einen Sackpfeifer [Dudelsackspieler]. Als sie dann gar noch Posaunen und Trompeten haben wollten, wurde es 1621 kurzerhand reglementiert:

"Bei vornehmen Hochzeiten sollten die STADTPFEIFER für den Tag nicht mehr als 5 Thaler bekommen, die Geiger sollten 3 Thaler für den Tag erhalten. Gemeine Leute sollten nicht die STADTPFEIFER brauchen, sondern Geiger und Trommler, erstere sollten 2 letztere 1 Thaler für den Tag erhalten."

In den Dörfern war man auf die "Herrschaftlichen PFEIFER" nicht gut zu sprechen,

"...weiln selbige im Essen und Trincken viel besser als ihre eigenen Dorf-Spielleute belohnet, ja vornehmer, als die Gäste selbst, seyn wollten, auch viel ärgerliche und strafbare Excesse begiengen, die Gäste näcketen, schimpfeten und gefährliche Schlägereyen veranlasseten, woraus große Unordnung und Unglück entstehen könnte..."

Sei's drum. Die STADTKAPELLEN von einst sind längst Vergangenheit.
Die jetzt in unserer Region noch existierenden Klangkörper künden zwar vom Überlebenswillen eines geschrumpften, meist mehr oder weniger zusammen gewürfelten "Restbestands an Musikern", können aber nicht mehr an den Glanz der einstigen Musikervereinigungen anknüpfen.
Das KAMMERORCHESTER der Musikschule OSL steht wie ein "Fels in der Brandung", welche inzwischen schon viele Orchester, Kapellen, Musikgruppen & Bands verschlungen hat... :-/

Kammerorchester Musikschule OSL_resize.jpg


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