Neues 160 - 2014-12-26

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Matthias
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Neues 160 - 2014-12-26

Beitragvon Matthias » Fr 26. Dez 2014, 11:21

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Harald
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Re: Neues 160 - 2014-12-26

Beitragvon Harald » Fr 26. Dez 2014, 14:08

ALS DER >KONSUM< LAUFEN LERNTE...

Consum-Laden Rochdale 1844 & 2009_resize.jpg
Es war die Unzufriedenheit mit den neuen Arbeitsbedingungen in ENGLAND, die zu zahlreichen Aufständen und Protestbündnissen in ROCHDALE und im benachbarten MANCHESTER, dem Zentrum der Wollweberei, führten.
Unter den Gruppierungen fanden sich die ersten kurzlebigen Versuche kooperativer Gemeinschaften, die sich 1831 dafür einsetzten, dass „Kooperation Menschen vor Armut, Kriminalität und schlecht bezahlter und unsicherer Arbeit“ schützen solle.

Dreizehn Jahre später entstand die ROCHDALER INITIATIVE mit definierten Grundprinzipien: Hier sollte nicht nur qualitative Ware verkauft werden, sondern im Mittelpunkt sollte die Erziehung stehen. Vom Erwerb sollten alle Mitglieder profitieren. Das Modell war ausgereift, es war erfolgreich und breitete sich rasch aus. Aus den anfänglichen 28 Mitgliedern waren bereits 1860 3.450 geworden,
darunter viele Frauen.

Consum_Orig. Shop_resize.jpg

In einem kleinen zweistöckigen roten Backsteinhaus in der Krötengasse war einst der erste kooperative Laden der Welt untergebracht. Er hatte im Obergeschoss Leseräume, die der Bildung dienten. Anfänglich wurden die "Pioniere" belächelt, schlug ihnen noch Skepsis und teilweiser Spott ihrer Mitbürger entgegen, doch der Erfolg sollte ihnen bald Recht geben.
Heute beherbergt das restaurierte Gebäude ein Museum und zeigt gleich im Eingangsbereich, wie der Laden im Gründungsjahr 1844 aussah:
ein Brett auf zwei Fässern war die improvisierte Verkaufstheke. Obendrauf ein Riesenstück Butter, ein Zuckerhut, Säcke mit Mehl und Haferflocken, einige Kerzen und eine Waage. Letzere war sehr wichtig, denn oft wurde bei den Einzelhändlern beim Wiegen mit falschen Gewichten betrogen.
Dem wollte die Kooperative ein Ende bereiten.

Konsumverein 1909_resize.jpg

Als sich um 1900 die ersten
CONSUMVEREINE
in deutschen Städten etablierten, wollten sie ihren Mitgliedern die notwendigsten Lebensmittel zu billigeren Preisen verkaufen. Zu diesem Zweck wurden Aktien zu 10 Gulden ausgegeben, mit dem so beschafften Kapital Getreide gekauft, eine reale Bäckerei in Pacht genommen, ein Vereinsbäcker angestellt und Schwarzbrot, der 6-pfündige Laib bis zu 2 Kreuzer billiger als anderswo abgegeben.

Es gab natürlich auch viel KURIOSES bei den Konsumvereinen.
So waren schon deren Namen anfangs sehr gewöhnungsbedürftig:
Spargenossenschaft / Versuch / Selbsthülfe / Frischauf / Biene / Vertrauen / Vorsicht / Wahrheit...

Streit gab es auch um die Einteilung des SORTIMENTS in
"entbehrliche" und "unentbehrliche" Waren.
So durften die Läden Brot, Salz, Gries, Reis, Kartoffeln u.a. Knollengewächse, Gemüse & Grünzeug führen,
dagegen waren Colonial~, Spezerei~ und Krämerwaren,
sowie alle Flüssigkeiten untersagt.
Als "entbehrlich" wurden z.B. eingestuft:
Kaffee, Seife, Wichse, Soda, Zündhölzer, Lampendochte, Petroleum, Rüböl, Zucker, rohe & eingemachte Heringe, Stärke, Pflaumen und sonstiges Dörrobst, Rosinen, Essig, Syrup, Besen, Gewürze, Zwiebeln, Bürsten, Lampen aller Art, Konditoreiwaren usw.
Dass dies natürlich auf einen allseits geharnischten Protest der Hausfrauen stieß,
war absehbar.

Niemand wird sich darüber wundern, dass die Frage, ob Konsumvereine den
AUSSCHANK von BIER & SPIRITUOSEN
betreiben sollen, "sehr lebhaft erörtert wurde". Hierzu konnte man im Mitteilungsblatt folgendes lesen:

Consumverein_resize.jpg

"Während man von der einen Seite und mit Recht betont hat, daß durch ein eigenes LOKAL, in welchem die Mitglieder bei einem Glase Bier oder Wein öfter beisammen sein können, das VEREINSLEBEN selbst gepflegt werde, hat man andrerseits die Befürchtung ausgesprochen, daß es doch nicht immer so glatt abgehen werde, daß es im VEREINSLOKALE geschehen werde, wie in jedem andern SCHENKLOKALE, Ausschreitungen würden vorkommen; man fürchtet durch solche das Ansehen des Vereins zu schädigen, und will deßhalb von dieser Seite von allerlei SCHANK ganz absehen.
Dritte endlich erklären sich nur gegen den AUSSCHANK von Spirituosen (Branntwein) und halten den AUSSCHANK von Bier und Wein weder für demoralisirend noch sonst ihr Geschäft beeinträchtigend...
Ein TRUNK guten Bieres nach des Tages oder der Woche schwerer Arbeit ist fast allgemein zu einem ebenso nothwendigen LEBENSBEDÜRFNIS geworden, wie der Genuß von Kaffee und der Verbrauch von Tabak, und so mag ein Verein für seine Mitglieder und Freunde ein LOKAL beschaffen und für ein billiges und gutes Getränk Sorge tragen.
Nur widerrathen wir jedem Verein die übliche WIRTSHAUSREGEL, so spät wie möglich zu schließen. Die Mitglieder unserer Vereine gehören vorwiegend dem Arbeiterstande an, die der Nachtruhe bedürfen; es wäre deßhalb vom genossenschaftlichen Standpunkte aus betrachtet durchaus verwerflich, das SCHENKLOKAL die halbe Nacht offen zu halten und zugleich die Mitglieder zu verleiten, das, was sie auf der einen Seite im Consumverein mühsam ersparen, in dessen SCHENKLOKAL wieder zu vergeuden.
Mindestens zwei Regeln sollte man zum strengen Gesetz für den Lagerhalter im SCHENKLOKALE machen:
(1) keinen Betrunkenen im LOKAL zu dulden und
(2) zu einer festgesetzten Stunde regelmäßig das LOKAL zu schließen..."

Schanklokal_resize.jpg

Tja, beim BIER hört bekanntlich die FREUNDSCHAFT auf...!
Das war schon immer so...:-)


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