Ein
KEGELABEND bietet eine treffliche und willkommene
ERHOLUNG für fast jeden Deutschen, zumal für solche, die eine
SITZENDE LEBENSWEISE führen. Im
KEGELCLUB hat man auf der
KEGELBAHN Gelegenheit, seine Muskelkraft & Geschicklichkeit gleichzeitig zu trainieren. Es gehört doch eine gewisse Kraft & Übung dazu, die dicken, großen, schweren
HOLZKUGELN so zu werfen und zu drehen, dass möglichst
„ALLE NEUNE“ auf einen Wurf fallen. Diese
9 KEGEL sind ca. 20 Meter weit entfernt am anderen Ende der
KEGELBAHN in einem Quadrat aufgestellt, der
KÖNIG in der Mitte. In der Regel spielen 2 Parteien gegeneinander.
Der
KEGELJUNGE ruft, wieviel „
HOLZ“ (Kegel) gefallen sind, er setzt diese wieder auf und befördert die
KUGELN zu den
SCHIEBERN (Spielern) zurück.
Einer von der
KEGELGESELLSCHAFT „schreibt an“, d.h. er notiert, was von den einzelnen Spielern getroffen worden ist.
Die
KLUBMITGLIEDER zahlen meistens einen kleinen
MONATSBEITRAG; außerdem hat jeder von der Verliererpartei einen vorher bestimmten Betrag in die
KEGELKASSE zu zahlen. Für Verspätungen, Fehlen oder Fehlwürfe werden meist
STRAFGELDER entrichtet.
ÜBERSCHÜSSE fließen auch in die
KEGELKASSE und werden zum Ankauf von
PREISEN für ein gelegentliches
PREISKEGELN verwandt, oder bisweilen auch ein kleines gemeinschaftliches
KEGELESSEN auf der
BAHN veranstaltet und davon bestritten.
Übrigens soll Apollonius aus Perga, ein gelehrter, türkischer Mathematiker, das
KEGELSPIEL erfunden haben, als er versehentlich einen
GLOBUS auf leere
FLASCHEN warf und diese zu
FALL brachte.
Das
>Brockhaus-Lexicon< definierte es 1898 als
„GESELLSCHAFTS~ & BEWEGUNGSSPIEL, wobei die beteiligten Personen der Reihe nach auf einer dazu eingerichteten KEGELBAHN (26-29 m lang, 1,5 m breit) von dem einen Ende derselben aus mit kräftigem Schwung KUGELN aus der Hand ins Rollen bringen, um die am anderen Ende aufgestellten KEGEL umzuwerfen.
Dieses SPIEL ist gesund für den KÖRPER, weil dieser sich, um die KUGEL aufzuheben, bücken, um sie ins ZIEL zu werfen, krümmen muß, wodurch der LEIB und die GLIEDMAßEN in eine starke & heilsame Bewegung gesetzt werden. Gleichermaßen werden auch HAND & AUGE geübt. Ein echter KEGELSPIELER wird in kurzer Zeit eine kräftige KONSTITUTION erlangen, KÖRPERGELENKIGKEIT erreichen und fast nie an VERDAUUNGSSCHWÄCHE leiden, denn APPETIT & DURST werden durch Unterhaltung angeregt. Auf der KEGELBAHN verschwinden die Unannehmlichkeiten des Tages, Traurigkeit & Melancholie existieren auf ihr nicht."Auf
KEGELBAHNEN geht es in der Regel recht
LUSTIG zu, auch wird gewöhnlich mehr als bei irgendeinem anderen Spiel
GETRUNKEN, was manchen lustig gestimmten
SCHIEBER in die Verlegenheit bringt,
MITSPIELERN durch Necken & Hänseln keine
RUHE zum Schieben zu lassen, was aber eine nicht zu unterschätzende
HAUPTBEDINGUNG ist. Um als geübter
KEGELSCHIEBER erfolgreich zu sein, sollte man zum
SPIEL also gut gelaunt sein und seine Aufmerksamkeit dahin verwenden, nicht nur eine mechanische
KÖRPERBEWEGUNG zu vollbringen und „geistlos“, sondern „kreativ“ mitzuspielen, wie folgender
KEGELBRUDER:
„Er galt als allerbester Kegler, sowohl in der Stadt, als auch auf flachem Land,
Er schob, und kniff das Auge zu, mit rechter und mit linker Hand,
Auch schob er „alle Neune“ nach rückwärts durch die Beine,
ja, auch nach vorn durch jedes Bein, schob rechts & links er „alle Neun“.
Selbstredend hat sich jeder
KEGELSCHIEBER eine andere
STELLUNG bzw.
KÖRPERWENDUNG angeeignet, welche den
ZUSCHAUERN nicht entgeht und oft müdes
LÄCHELN bis schallendes
GELÄCHTER hervorruft, wie die unten stehenden
POSTKARTENBILDER demonstrieren:
Die
KEGELVEREINE gaben sich altehrwürdige oder humorvolle
NAMEN, wie z.B.
Eintracht / Allweg Deutsch / Frisch drauf / Alte Garde / Mit Stolz vorbei / Die alten Säcke / Sanfte Knaben / Holzhacker / Alte Füchse /
Die Lotterbuben / Ruhig Blut / Nasse Hand / Blaue Kugel / Fall um;
…und natürlich auch eine
SATZUNG mit festen
REGELN. Bei festlichen Anlässen sang man die eigene
VEREINSHYMNE und in Ermangelung derselben wurde meist
>DAS DEUTSCHE KEGLERLIED< angestimmt:
Für die „sportlich-kulturelle Betätigung“ der
BERGLEUTE in unserer Region sorgten die
UNTERNEHMEN selbst, denn
KEGELN war mittlerweile zum
VOLKSSPORT geworden. So wurde z.B. am 6. Oktober 1928 im Werksgasthaus
VICTORIA III eine
KEGELBAHN eingeweiht, worüber der >Senftenberger Anzeiger< am 12. Oktober wie folgt berichtete:
„Die EINWEIHUNG der neuerbauten VERBANDS-KEGELBAHN am WERKSGASTHAUSE begann am vergangenen Sonnabend abends 7 Uhr mit einem schneidigen KONZERT der Bergkapelle. Anschließend nahm ein Werksbeamter das Wort, begrüßte die Anwesenden und hielt eine kleine ANSPRACHE über die ENTSTEHUNG der neuen KEGELBAHN von der Theorie bis zur Praxis. Im Namen der Angestellten und Arbeiter bedankte er sich für das Entgegenkommen, das von Seiten der Direktion gezeigt worden ist. Darauf überreichte er Herrn Direktor Knaul den SCHLÜSSEL, der nun seinerseits die BAHN den Beamten und Arbeitern zur Verfügung stellte. Er hoffte, daß sie weiterhin ein Glied sein möge, das die Arbeitnehmer auf hiesigem WERKE enger verbindet in sportlicher und gesellschaftlicher Hinsicht.
Mit diesen Worten öffnete er die bekränzte und beleuchtete TÜR DER KEGELBAHN und weihte sie mit den drei ersten KUGELN ein, die von einem TUSCH DER BERGKAPELLE begleitet wurden. Von da an bis zum Schluß hatten die KEGELAUFSETZER keinen Augenblick RUHE mehr. Vom RUHLÄNDER KEGELKLUB war eine Anzahl Mitglieder erschienen, deren Leistung ohne weiteres anerkannt werden muß.
Der SONNTAG hatte ebenfalls durchgehend eine REGE BETEILIGUNG aufzuweisen. Abends 9 Uhr war SCHLUSS DES PREISKEGELNS.
Wie zu erwarten war, wanderte die Mehrzahl der PREISE nach RUHLAND, jedoch blieb der 1. PREIS mit am Orte.
Die KEGELBAHN selbst zeigt durchaus großstädtischen Charakter.
Mit allem KOMFORT ausgestattet, ist der AUFENTHALT auch im strengsten WINTER ein durchaus angenehmer, da die ganze BAHN entlang DAMPFHEIZUNG gelegt worden ist, so daß selbst die KEGELAUFSETZER keine KÄLTE spüren werden. Dazu kommt, daß die BENUTZUNG DER BAHN FÜR BELEGSCHAFTSMITGLIEDER vollständig KOSTENLOS ist. Sie bedeutet eine WOHLFAHRTSEINRICHTUNG für alle Werksangehörigen, denen damit für die kommenden langen WINTERABENDE ein gesunder und unterhaltsamer SPORT mit geringen Ausgaben geboten ist. Daß der BAU dieser KEGELBAHN einem lebhaften Bedürfnis entsprach, beweist schon, daß sich bereits 4 KLUBS fest angemeldet haben.“ Die
INSERATE verweisen auf das beliebte
>AUSKEGELN< von
SCHLACHTVIEH – FLEISCHPORTIONEN. Die auf der Postkarte abgebildeten
KEGELBRÜDER verbuchten unterschiedliche
KEGELRESULTATE & damit auch
PREISE:
EUGEN brachte mit
45 HOLZ einen großen
SCHINKEN –--
KARL lediglich eine klägliche
BOCKWURST nach Hause…
GLÜCK & PECH LIEGEN EBEN STETS SEHR ENG BEISAMMEN !