Da die
GLASMACHERKUNST einst hoch angesehen war, vermittelte man in dem 1797 erschienenen Buch
> Neue Bilder-Gallerie für junge Söhne und Töchter zur angenehmen und nützlichen Selbstbeschäftigung< dem bildungshungrigen Nachwuchs hierzu die ersten
GRUNDKENNTNISSE wie folgt:
„Aus geschmolzenem KIESSAND, ASCHE und SALZ bereitet der GLASMACHER das GLAS. Hierzu braucht er ein langes eisernes ROHR mit einem hölzernen MUNDSTÜCK (a), welches er in die flüssige Masse taucht, und so viel einsaugt, als zur Verfertigung des bestimmten Gefäßes nöthig ist. Hierauf bläset er, so wie man Seifenblasen aufbläset, eine BLASE, und giebt ihr mit Hülfe der SCHERE (b) oder eines andern Instruments die beliebige Form. Das fertige wird in dem KÜHLOFEN abgekühlt.
Zu dem reinsten durchsichtigsten GLASE braucht er wohl auch noch andere feine Zusätze, als KREIDE, ARSENIK, BERGKRISTALL und dergleichen mehr.
SPIEGELGLÄSER werden auf metallene Tafeln gegossen und gewalzt. Man kann auch das GLAS färben und zu FADEN ziehen, welches Gelegenheit zu vielen schönen und künstlichen Arbeiten giebt.“Seit dem 15. Jahrhundert kam die
GLASHERSTELLUNG in der
LAUSITZ in Gang, wobei die ersten
HÜTTEN in der
OBERLAUSITZ entstanden.
Von den
ANFÄNGEN der
GLASINDUSTRIE IN DER NIEDERLAUSITZ
las ich in einer längeren
ABHANDLUNG, die 1921 im >Senftenberger Anzeiger< veröffentlicht wurde und deren
HAUPTGEDANKEN ich hier wiedergeben möchte:
Im Gegensatz zu anderen weit verbreiteten Industriezweigen (z.B. der Braunkohlenindustrie)
fand die
GLASINDUSTRIE in unserer Region schon im 18. Jahrhundert Eingang.
Zu den ersten
GLASHÜTTEN, die während der „Gründungsperiode 1709 – 1766“ entstanden, gehörte die im Jahre 1709 erbaute, nach dem damaligen Landesherrn benannte
>SPIEGELGLASHÜTTE FRIEDRICHSTHAL bei Senftenberg<.
Sie produzierte anfangs Spiegelglas, in der Glasbläserei hauptsächlich Tafelglas, blaues Geschirr, wie Salatnäpfe und Leuchter, oder dunkelgrüne Champagnerflaschen. Später befasste man sich nur noch mit der maschinellen Herstellung von Hohl~ und Pressglas.
Wie die Friedrichsthaler Glasfabrik wurde auch die zweite
GLASHÜTTE der Niederlausitz in
FRIEDRICHSHAIN im Jahre 1766 nur dank tatkräftiger Unterstützung durch die sächsische Regierung errichtet.
Danach legten Neugründungen eine Pause ein. Erst im Jahre 1815 wurde in der Niederlausitz eine neue
GLASFABRIK gebaut, die Gräflich Arnimsche
GLASHÜTTE JEMLITZ, die ausschließlich bessere Wirtschaftsartikel und Kunstgläser herstellte. Ihr folgte im Jahre 1835 durch private Initiative der Glasmacherfamilie Greiner die
GLASFABRIK HAIDEMÜHL. Ungeheure Holzreichtümer in dieser Gegend, die neben dem reichlich vorhandenen Quarzsand zum Betrieb eines
GLASHÜTTENBETRIEBS notwendig waren, führten zu dem Entschluss, Hohlglasfabrikation zu betreiben. Die Glaswaren wurden damals mangels Eisenbahn immer noch durch Fuhrwerke zum Verbraucher, anfangs zwar nur in die nähere Umgebung, später auch in entferntere Gebiete und Städte, z.B. nach Berlin, Dresden und Breslau gebracht.
Mit der zunehmenden Industrialisierung stieg der Bedarf an technischem Glas und so entstanden an verschiedenen Orten, die bisher keine GLASINDUSTRIE kannten, zahlreiche
GLASHÜTTEN, die vornehmlich
GEBRAUCHSGLAS herstellten – vornehmlich in der Nähe solcher Orte, wo auch
KOHLE gefördert wurde:
1862 die EMILIENHÜTTE (spätere ANNAHÜTTE) in Särchen
1867 die HÜTTE der Gebr. HIRSCH in Döbern,
1868 die ALMAHÜTTE in Großräschen,
1875 die erste GLASHÜTTE in Senftenberg,
1876 die TAFELGLASHÜTTE in Döbern,
1880 die TAFELGLASHÜTTE zu Zilmsdorf.Ende der 1890er Jahre folgte eine Periode des glänzenden Aufstiegs der
NIEDERLAUSITZER GLASINDUSTRIE. Binnen kurzer Zeit entstanden
GLASHÜTTEN in
Neuwelzow, Neupetershain, Schönborn, Triebel, Döbern, Kunzendorf, Fürstenberg usw., die sich mit der Fabrikation verschiedenster Gläser befassten.
Ein großer Teil von ihnen stellte überwiegend
BELEUCHTUNGSGLAS der unterschiedlichsten Arten für die Petroleum~, Gas~ und Elektrobeleuchtung her. Neben dem Inlandsmarkt wurde auch das Ausland in steigendem Maße bedient. Die Niederlausitzer Glasindustrie wurde zum Hauptlieferant für England und seine Kolonien, für Frankreich, Italien und Holland.
Außer
BELEUCHTUNGSGLAS wurden vorwiegend
WIRTSCHAFTSGLÄSER fabriziert, deren Güte einen großen Absatz garantierte. Das waren in der Hauptsache
VERPACKUNGSGLÄSER aller Art, wie z.B. Einkochgläser, Bier~ & Seltersflaschen,
PRESS~ & SCHLEIFGLASARTIKEL, wie Kompott~ & Salatschüsseln, Bierbecher & ~krüge, Wasserkaraffen und Dosen für verschiedene Zwecke, sodann
GLASARTIKEL & ~APPARATE für chemische, physikalische, bakteriologische und chirurgische Zwecke.
Bleibt noch zu erwähnen, dass alle genannten Gläser nicht von ein und derselben
GLASHÜTTE angefertigt wurden, da man zu deren Herstellung teils spezielle Einrichtungen bzw. geschulte Arbeitskräfte benötigte. Durch
SPEZIALISIERUNG bildete sich somit eine weitgehende
ARBEITSTEILUNG heraus.
In der zweiten Hälfte des 19. Jh. nahm die
TAFELGLASPRODUKTION einen bedeutenden Aufschwung. Im Jahre 1913 verzeichnete die östliche Niederlausitz 12 Betriebe, während die westliche nur eine
TAFELGLASHÜTTE in Petershain aufzuweisen hatte. Das von diesen Hütten hergestellte
FENSTERGLAS fand aber so gut wie keinen Absatz im Ausland, sodass die Produktion, auch auf Grund mangelnder Bautätigkeit im Inland, merklich zurückging und bald darauf am Boden lag.
Im Jahre 1921 gab es in der
NIEDERLAUSITZ noch
43 GLASHÜTTEN mit insgesamt
97 ÖFEN, von denen aber nur noch
70 IN BETRIEB waren.
Zum Schluss noch ein kleiner Ausflug in die
SCHULSTUBE:
In einem
>BILDERBUCH FÜR KINDER< von 1824 wurde u.a. die Herstellung von
TAFEL~ und SPIEGELGLAS illustriert und nicht gerade einfach erläutert. Aber vielleicht waren die Kinder früher doch etwas "denkfreudiger" als heute:
„Aus dem Ofen wird ein, an einer Kette hängender eiserner Kasten mit der flüssigen Glasmasse gefüllt auf einen Karrn und mit diesem auf den mit einer Randleiste versehenen Giesstisch gebracht, der Boden des Kastens wird gelüftet, so dass sich die Glasmasse, während der Karrn zurückgefahren wird, auf den Giesstisch ausbreitet und von einem Arbeiter überwalzt werden kann.
Das Schleifen und Poliren geschieht so, dass zwei Glastafeln über einander mit feinem Sand und gepulverter Schmalte gerieben werden. Die rauhe Glasplatte wird auf einen steinernen Tisch gekittet und eine andere rauhe Glasplatte, auf ein Stück Bret gekittet, durch ein Rad in Bewegung gesetzt. Ist die obere Glasplatte etwas glatt, so wird eine andere rauhe genommen.“(Schmalte = kobaltblaue Schmelzmasse für Glasglasuren, durch Schmelzen eines Gemisches von Kobalt, Quarzsand und Pottasche gewonnen und dann zu Pulver gemahlen)