In einer so schnelllebigen Zeit, wie der unsrigen, wo ein Jahrzehnt oft die Ereignisse und Umgestaltungen eines früheren Jahrhunderts bringt, - in einer solchen Zeit lohnt sich wohl für uns als
KINDER, BEWOHNER oder auch nur als
BESUCHER unserer
HEIMATSTADT SENFTENBERG, ein Blick zurück in deren
VERGANGENHEIT, und damit auf das weite Feld der uns überlieferten
ERINNERUNGEN.
Wir
HEIMATFORSCHER stehen auf dem Standpunkt, dass uns allen ein wenig
„KUNDE VOM DAMALS“ nicht schaden kann, dass die
KENNTNIS von dem, was WAR, das Verständnis und die Würdigung dessen fördern wird, was momentan vorhanden bzw. im Entstehen ist. Um dies alles zu erfassen, sollte man für die kurze Zeit eines
SPAZIERGANGES mal in die Rolle eines
„FREMDEN“ schlüpfen, um dann eventuell ins Staunen zu kommen, was sich inzwischen verändert hat. Leider nicht immer
ALLES ZUM BESTEN, wird man feststellen, wie das auf kleinstem Raum zusammengewürfelte
NEUBAU-ENSEMBLE gegenüber dem
PARKHAUS einhellig beweist, dem einige bis dato von zahlreichen
GEFIEDERTEN FREUNDEN bewohnte, hochgewachsene & ausladende
PLATANEN weichen mussten.
Ich hatte bei deren Abholzung eigentlich die Senftenberger
>GRÜNEN< als „Baumbesetzer“ erwartet. Es blieb aber beim Wunschdenken…!
Dennoch träumen wir uns heute einmal in die
ALTE ZEIT zurück, als Senftenberger Bürger
DIE SONNTÄGLICHEN SPAZIERGÄNGE
nicht nur als „Gehen zum Zeitvertreib & zur Erbauung“ verstanden, sondern auch dazu nutzten,
MISSSTÄNDE IM STADTBILD aufzudecken, zugleich aber auch
VERBESSERUNGSVORSCHLÄGE zu deren Abhilfe bzw. Beseitigung einzureichen.
Der hier abgebildete Galan könnte den
NATURFREUND abgeben, der sich 1911 im Wonnemonat Mai mit gleich 2 jungen
DAMEN auf einen
SPAZIERGANG verabredete und seine
EINDRÜCKE dem >Senftenberger Anzeiger< übermittelte:
„Wie häufig hört man immer noch die Meinung vertreten (sogar von Einheimischen), daß SENFTENBERG’S NÄHERE UMGEBUNG so gar keine Gelegenheit zu interessanten und Erholung gewährenden SPAZIERGÄNGEN & AUSFLÜGEN böte. Wie wenig aber diese Voraussetzung den Tatsachen entspricht, soll in Nachstehendem kurz geschildert werden:
Wenn man die DRESDNER STRASSE hinter MINGAU’S HOTEL auf dem Wege zum alten SCHLOSS verläßt und die hier um und auf dem SCHLOSSWALL bereits vorhandenen und gut unterhaltenen SPAZIERWEGE benutzt, so wird man bei nur einiger Aufmerksamkeit und Sinn für Naturschönheiten hier Eindrücke gewinnen, die sonst auf weit entfernt liegenden und unbequem zu erreichenden Ausflugspunkten keineswegs interessanter geboten werden können. Unterzieht man sich nur der Mühe und besteigt den eigentlichen SCHLOSSWALL, so wird man finden, daß von dort oben sich das Bild und die Eindrücke noch bedeutend verschönern. Hierbei möchte ich Gelegenheit nehmen, einem vielseitig gehegten Wunsche Ausdruck zu verleihen, dessen Erfüllung dem VERSCHÖNERUNGSVEREIN nur geringe Unkosten verursachen, der STADT SENFTENBERG aber zur großen Zierde gereichen würde.
Es brauchen hier nur einige WEGE an den Rändern entlang angelegt, der sog. BURGAUSFALL durch eine NATURHOLZBRÜCKE passierbar gemacht und in der Mitte noch einige KINDERSPIELPLÄTZE angelegt zu werden und zu allem bereits vorhandenen Schönen würde sich hier oben ein auch dem verwöhntesten Geschmack genügender PROMENADENPLATZ darbieten, wie ihn sobald keine Nachbarstadt besitzt. Denkt man sich nun noch das den SCHLOSSWALL umgebende GEWÄSSER schilffrei gemacht und denke sich schmucke GONDELN darauf schaukeln, so würde sich ein einer Großstadt würdiges Bild entfalten.
Nun jedoch zu unserem SPAZIERGANG:
Hat man das Verlangen, diesen auszudehnen, so überschreitet man die DRESDNER STRASSE und betritt von der sog. SCHLOSS~ oder AMTSMÜHLE die herrlich angelegte und äußerst sauber gehaltene ELSTERDEICH - PROMENADE, welche genügend Schatten bietet und am Wasser entlang durch üppige Wiesen und Felder zur städtischen BADEANSTALT führt. Hier zeigt sich in diesem Jahre auch ein recht sehr zum Vorteil der Anstalt geändertes Bild. Die Badekommission hat keine Kosten gescheut, um praktische Einrichtungen zu treffen, wie sie dem heutigen Geschmack entsprechen und kann man sich jetzt bei der wieder gut erwärmten Wassertemperatur durch ein herrliches BAD erfrischen. Für des Leibes Nahrung und Notdurft ist ebenfalls gesorgt. Dem rührigen Bademeister ist es auch durch Entgegenkommen des Besitzers ermöglicht worden, den direkt hinter der ANSTALT gelegenen, nur durch den DEICH getrennten prachtvollen WALD zu pachten. Hier bietet sich auf einem SCHEIBENSTAND Gelegenheit zur Uebung für Aug‘ und Hand. Gleichzeitig findet die Familie ein herrliches, SCHATTIGES PLÄTZCHEN zur Lagerung im Freien und kann hier einen ungenierten und ausgiebigst Erholung gewährenden Nachmittag verleben, der jedenfalls immer gern wiederholt werden dürfte.“Die nun folgende, dem >Senftenberger Anzeiger< in den 1930er Jahren eingesandte
LESERPOST soll als
BEWEIS dafür dienen, wie sehr unsere
ALTVORDEREN darauf bedacht waren, ein
SCHÖNES & ATTRAKTIVES VORZEIGE-STÄDTCHEN zu schaffen - mit einem wunderschönen
STADTPARK, der zum erholsamen
AUFENTHALT einlädt:
18.2.1930
>DIE ANLAGEN SIND DEM SCHUTZE DES PUBLIKUMS EMPFOHLEN!<So steht vielfach an den Eingängen von öffentlichen gärtnerischen Anlagen und Hainen, auch am Eingang und an mehreren Stellen unsres
STADTPARKS. Erfreulicherweise findet diese Empfehlung in anderen Städten Beachtung.
IN UNSERER STADT scheint es jedoch nicht so zu sein, denn sonst könnte es nicht vorkommen, daß in unsrer einzigen Erholungsstätte, im
STADTPARK, Schutt abgeladen wird.
Das sollte unter allen Umständen vermieden werden, noch dazu in der Nähe der
STÄTTE, an der das Andenken der im Weltkriege gefallenen Söhne unserer Stadt geehrt wird. Sicherlich wird sich niemand der Bitte verschließen, künftig
SCHUTT & ASCHE nur auf dem städtischen
MÜLLPLATZ in der Dresdner Straße, in der Nähe der Schrebergärten abzuladen.“
30.01.1930
„Die
FUSSGÄNGERBRÜCKE nach dem Dorfe
BUCHWALDE hat sich im Laufe der Jahre als eine unbedingt notwendige Einrichtung erwiesen. Sie hilft nicht nur den
WEG über die im großen Bogen zum gleichen Ziel führende
DRESDNER STRASSE abkürzen, sondern dem
FUSSGÄNGER wird es auch ermöglicht, sich dem stets Gefahr bergenden regen
KRAFT~ & LASTKRAFTWAGENVERKEHR auf einer verhältnismäßig lange Strecke zu entziehen.
Die
BRÜCKE ist ein
NOTBEHELF. Bei ihrem Bau wurde Altmaterial verwendet. Die starke Benutzung hat den Bodenbelag, der aus alten Eisenbahnschwellen besteht, stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Verrottung der Schwellen ist so weit vorgeschritten, daß ein Teil der
BRÜCKE nur unter Anwendung größter Vorsicht begangen werden kann. Allzu leicht rutscht in den vorhandenen
LÖCHERN ein Kinderfuß – oder bleibt ein Absatz hängen. Die Folge kann leicht ein gebrochener Fuß und bei Stürzen ein Armbruch sein.
Als vorbeugende
MASSNAHME sei schnellstens Auswechslung der schadhaften Schwellen empfohlen. Am vorteilhaftesten wäre natürlich, den Bodenbelag durch Bohlen zu ersetzen.
1.09.1931
„Der überaus starke Verkehr im
STADTPARK und im
TIERPARK macht die Schaffung einer
BEDÜRFNISANSTALT notwendig. Um große Unkosten zu vermeiden, wäre die Frage zu prüfen, ob nicht ein Teil der im Hofe des
SCHLOSSES befindlichen Anlage für das Publikum freigegeben werden könnte. Die Benutzer würden sicherlich gern bereit sein, einen kleinen Beitrag zur Sauberhaltung usw. zu geben.
Bei dieser Gelegenheit sei nochmals an unsre Anregung, in der Nähe der Einmündung der Brücke in die
DRESDNER STRASSE eine
LAMPE anzubringen, erinnert.“
23.04.1938
„Es kommt auf die verständnisvolle MITWIRKUNG DES PUBLIKUMS an, damit ÖFFENTLICHE ANLAGEN ihren Zweck erfüllen können.
Hier muß der Chronist leider berichten, daß noch manche ERZIEHUNGSARBEIT zu leisten ist.
Frischgestrichene BÄNKE im Stadtpark können erzählen, daß man ihnen nicht einmal Zeit ließ, gehörig abzutrocknen, ganz zu schweigen davon, daß man seine SCHNITZKÜNSTE an ihnen probierte. RASENSTREIFEN klagten über Uebeltäter, die sie dauernd mit den bequemen WEGEN verwechseln. Im eigenen GARTEN tritt man doch auch nicht unnötig auf den Beeten herum ! KRAFTMEIERTUM gehört nicht in öffentliche Anlagen ! Der GEDANKENLOSE möge bedenken, wohin es führen müßte, wenn jeder gehen wollte, wie es ihm beliebte. Binnen kurzen würden uns statt wohlgepflegter RASEN~ & BLUMENFLÄCHEN, Schützengrabenfelder erfreuen ! Man helfe daher denjenigen, die das GUT DER ALLGEMEINHEIT überwachen, und eine pflegliche Behandlung desselben gewährleisten sollen, besonders im Verkehr mit UNBELEHRBAREN. Wer die GRÜNSTREIFEN zum Abkürzen des Weges benutzt, zeigt zum mindesten, daß er ihren Sinn noch nicht versteht. Der Chronist muß von SENFTENBERG berichten, daß man STACHELDRÄHTE ziehen mußte, damit sich der zertretene RASEN wieder erholen kann.
Diese Zeilen sollen nicht die große GEMEINDE derer herabsetzen, die regen ANTEIL an der Entwicklung Senftenbergs nimmt, die sich um die VERSCHÖNERUNG der Stadt bemüht. Diese Zeilen sollen zeigen, wie die ARBEIT der Stadt in Bezug auf WERBUNG für die Stadt von allen tatkräftig unterstützt werden kann und muß.“
Ich würde mich freuen, wenn diese flüchtige
RÜCKSCHAU dazu beitragen würde, das Interesse für die Heimatgeschichte anzuregen.
So manche
STÄTTE, an der wir bisher teilnahmslos vorübergingen, wird durch eine
HISTORISCHE ERINNERUNG an Wert gewinnen. So lange wir auf der
HÖHE DES LEBENS stehen, empfinden wir das weniger. Wenn aber das
ALTER naht, wenn Vieles an Wert verliert, was uns das
LEBEN draußen geboten haben mag, kommen wir mit Vorliebe zurück auf die
TAGE UNSERER JUGEND und alles, was daran erinnert.
Dabei kommt es uns zu Gute, dass wir von unserer
„VATERSTADT“ etwas mehr wissen, als jeder Neuankommende sehen kann, und empfinden schließlich,
DASS DIE SONNE DA AM SCHÖNSTEN SCHEINT, WO UNSERE WIEGE GESTANDEN HAT