Die
ANSIEDLUNG DES BAUERNDORFES SEDLITZ [Sedlišćo] - abgeleitet von "sedlišče" = Wohnsitz, Siedlung - am Senftenberg – Drebkauer Wege zwischen dem Flüsschen Rainitza und der Reppist-Raunoer Hochfläche erfolgte wahrscheinlich im Zuge der deutschen Ostexpansion und reicht, obwohl im Jahre 1449 erstmals urkundlich erwähnt, bis in das 12. Jahrhundert zurück.
SEDLITZ hat auch schon immer an der gleichen Stelle gestanden, sah siedlungsmäßig auch schon in grauer Vorzeit weitestgehend so aus wie heute.
Allerdings legte man in grauer Vorzeit großen Wert darauf, diesen bewohnten
ORT auf 3 Seiten von natürlichen
WASSERGRÄBEN zu umgeben, um Menschen & Vieh vor
RAUBZEUG zu schützen, den östlich des Dorfes gelegene
SUMPF, an dessen Rand sich das
DORF anlehnte, als
ZUFLUCHT bei feindlichen Überfällen zu nutzen, und schließlich diese
WASSERFESTUNG am übrig gebliebenen kleinen Stück durch ein
REISIGVERHAU zu verschließen.
Der
PLAN zeigt uns das
DORF vor dem
BRAND von
1803. Es hat jedoch schon
1597 genau so ausgesehen, wie die Reihenfolge der Gehöfte in einem alten Zinsregister aus jenem Jahr ergibt.
DIE ALTEN WENDEN besaßen einen sehr geselligen Sinn, der sie dazu trieb,
ENG ANEINANDER ZU SIEDELN. So entstanden zahlreiche
DÖRFER, in denen sich
HAUS AN HAUS reihte. Die
WOHNHÄUSER zeigten mit ihren
GIEBELN ZUR STRASSE, unmittelbar dahinter befanden sich die
STÄLLE. Die
EINFAHRT war so eng, dass man gerade noch mit einem
WAGEN durchkam. Weiter hinten standen ein kleiner
SCHUPPEN oder ein
BIENENHAUS, noch weiter zurück die
SCHEUNE.
In damaliger Zeit liebten die
WENDEN über alles die
LANDWIRTSCHAFT, einen Vorrat an Herden & Getreide, sowie mancherlei häusliche
KÜNSTE. Als
WERKZEUGE für Haus & Wald waren Messer, Äxte, Pflüge, Sicheln & Hacken gebräuchlich, die sich bei bewaffneten Auseinandersetzungen in Speere, Streitäxte, Wurfkeulen & Schleudern „verwandelten“. So reihte sich
GEHÖFT AN GEHÖFT, in welchem der
HAUSVATER, als kleiner „
KÖNIG“, mit absoluter Macht herrschte.
HOFTOR & HAUSGIEBEL bildeten fortlaufend nach vorn ein
BOLLWERK, welches man, da auch in
FLANKE & RÜCKEN durch
SÜMPFE geschützt, nicht so ohne weiteres überrennen konnte.
Die in gleichbleibender Breite gestaltete DORFAUE bog an beiden Enden nach oben ab und stellte eine recht symmetrische Anlage dar.
Die oberen GEHÖFTE 2 – 5, 7, 8, 15, 18 - 20 gehörten den sämtlich an den Dorfenden wohnenden GÄRTNERN, deren Ansiedlung in die Zeit nach 1200 angesetzt wurde, und sie somit als spätere EINWANDERER anzusehen waren. In der FLUREINTEILUNG nahmen sie eine besondere Stellung ein: es waren deutsche „KOLONISTEN“, wohl meist HANDWERKER, die z.Zt. der ostdeutschen KOLONISATION hier angesiedelt wurden. Dass die rechte Hälfte eine weit dünnere BEBAUUNG als die linke erkennen lässt, wird verständlich, wenn man weiß, dass sie in der häufigsten WINDRICHTUNG lag, also jedes an irgendeiner Stelle dieser Reihe ausgebrochene FEUER unfehlbar dieses ENDE zerstören musste. Somit schlussfolgerte man, dass das DORF ursprünglich nur aus der UNTEREN, dichtgedrängten, in den SUMPF hineingeschobenen REIHE bestand, während der davor gelagerte, höher gelegene GELÄNDETEIL unbebaut war. Den Aufzeichnungen des wendischen Gymnasialprofessors Dr. Ernst Mucke (wendisch: Arnost Muka) (1854 – 1932) entnahm ich einige landeskundliche
FAKTEN zum
SEDLITZER DORFLEBEN:
SEDLITZ war in grauer Vorzeit das größte und interessanteste
VÖLLIG WENDISCHE DORF des Senftenberger Kirchspiels mit 416 Einwohnern. Nach dem
BRAND des Jahres 1862, bei dem 2 Menschen, 64 Stück Hornvieh, viel Kleinvieh und alle Bücher verbrannten, bestand es überwiegend aus großen
ZIEGELHÄUSERN, in denen 36 Halbhüfner, 6 Gärtner, 3 Alt~ & 10 Neuhäusler, sowie 20 bis 25 aus der Fremde zugezogen
DEUTSCHE lebten. Die meisten
DORFBEWOHNER verstanden und sprachen
WENDISCH, wie z.B. der deutsche Gastwirt mit seinen Gästen aus dem Dorf. Es gab allerdings im
DORF auch viele Leute, die
DEUTSCH kaum verstanden und sich natürlich zu sprechen schämten, weil sie es nicht konnten.
In der
SEDLITZER KIRCHE wurde bis 1820 nur
WENDISCH, später hintereinander erst
DEUTSCH, anschließend
WENDISCH gepredigt, wie es in den meisten Niederlausitzer Kirchengemeinden üblich war. Dies aber nicht deshalb, weil die
LEUTE auf einmal besser
DEUTSCH verstanden, sondern um sie an die
DEUTSCHE PREDIGT zu gewöhnen. Als sich auch noch
DEUTSCHE GESANGBÜCHER dazu gesellten, verstummte der
WENDISCHE KIRCHENGESANG ganz.
Seit 1840 wurde nur noch
DEUTSCH gepredigt und ab 1865 war in der
SEDLITZER KIRCHE KEIN WENDISCHES WORTmehr zu hören.
Die Umstände in der
SCHULE waren nicht besser. Der
LEHRER unterrichtete zumeist noch
WENDISCH, doch die
PRÜFUNGEN durch den Superintendenten waren
DEUTSCH, und so konnten die Kinder diese nicht bzw. nur schwerlich bestehen. Zunehmend wurde dann kein einziges Wort
WENDISCH mehr gelehrt, dafür aber den Kindern mühsam das
DEUTSCHE ‚eingebläut‘.
Das
WENDISCHE blieb allerdings noch geraume Zeit in der Alltagssprache erhalten:
SEDLITZ war nämlich weithin bekannt für seine hölzernen
BAUERNUHREN, große
KÄSTEN mit großen
RÄDERN, die sogenannten >Serbske Zegarje<, also
WENDISCHE UHREN.
Ebenso pflegten die
SEDLITZER FRAUEN auch noch viele Jahre ihre
NATIONALTRACHT: kurze vielgefaltete, bis zu den Knien reichende
WOLLRÖCKE, sogenannte >Warfröcke<, die sie sich selbst webten & nähten. Dazu trugen sie im
SOMMER schöne weiße, gestrickte
STRÜMPFE mit blauen Stoffkeilen in schönen
SCHUHCHEN und auf dem Kopf kleine, pausbäckige
KÄPPCHEN mit Spitzen, sogenannte >Kusawki<. Zum sonntäglichen
GOTTESDIENST setzten sich die jungen Frauen weiße, zu den Feiertagen – und die Braut zur Trauung – schwarze
BARTHAUBEN auf. Im
WINTER gingen sie in schwarzen
PELZEN mit
PUFFÄRMELN, im
SOMMER dagegen in weißen
HEMDÄRMELN, die bis zum Ellenbogen reichten und mit bunten Fäden durchnäht und bestickt waren. Ihre
TRAUERTRACHT war schwarz.
Die
MÄNNER gingen in
KURZEN KNIEHOSEN, langen
STIEFELN und unvollständigen
STRÜMPFEN, welche wie Muffe an der Wade eingesteckt wurden, sodass sie die nackte Haut zwischen
HOSE & STIEFEL bedeckten. Bei Festlichkeiten steckten ihre Füße in langen schmucken weißen oder farbigen
STRÜMPFEN und hellen
SCHNALLENSCHUHEN. Auf dem
KOPF trugen sie einen breiten
FILZHUT. Zum Gottesdienst gingen sie im
MANTEL mit langen Rockschößen aus grobem grauen
STOFF; vorn glänzten 2 lange Reihen kleiner spitzer
KNÖPFE.
Während der
FASTNACHT war es in den
WENDISCHEN DÖRFERN durchaus üblich, die
TRACHTEN auch auf dem
TANZSAAL zu tragen.
Dagegen zog allerdings der >Reichsbund Volkstum & Heimat< am 11.01.1934 in der „Weser-Zeitung“ energisch zu Felde:
„Kaum naht die FASCHINGSZEIT, so sieht man überall wieder in Modenblättern deutsche VOLKSTRACHTEN in mehr oder weniger stilgerechter Art als KOSTÜM für MASKENFESTE angepriesen. Unsere VOLKSTRACHTEN sind viel zu gut, als daß sie dazu mißbraucht werden dürfen, auf einem MASKENBALL oder ähnlichen Vergnügungen für einige müßige Stunden zur KURZWEIL zu dienen. Die VOLKSTRACHT ist der Ausdruck der BODENSTÄNDIGKEIT & HEIMATLIEBE des deutschen Volkes und hat ihren gebührenden Platz als EHRENKLEID DER HEIMAT erhalten und keiner darf es verunglimpfen und auf MASKENBÄLLEN und dergleichen tragen.“
FAZIT: gerade in den farbenfrohen
TRACHTEN zeigt sich gelegentlich auch heute noch in den
DÖRFERN unserer Region das
„KLEINE VÖLKCHEN DER WENDEN“ in aller Öffentlichkeit, auf dem natürlich das
AUGE des Betrachters immer gern und mit Wohlgefallen weilt – ganz sicher demnächst auch wieder zum
OSTERFEST!