UNSERE HEIMAT hat sich im Laufe der Zeit, nicht nur durch den Bergbau, sehr stark verändert: das alte DORFMILIEU gibt es nicht mehr, alte HÄUSER sind verschwunden, neue an ihre Stelle getreten und viele MENSCHEN, einstige Nachbarn, Bekannte & Freunde, mit denen man gelebt und so vieles erlebt hat, sind nicht mehr da. Man findet fast nichts mehr so vor, wie es im Langzeitgedächtnis als „PARADIES der Kindheit & Jugendzeit“ haften blieb
und im o.a. GEDICHT so trefflich definiert wurde.
Natürlich nimmt auch die Zahl der ZEITZEUGEN, die noch das Kriegsende 1945 miterlebt haben, stetig ab, sodass sicherlich auch der GASTHOF ZAHN schon längst im Dunkel der Geschichte verschwunden wäre, würden sich nicht Heimatforscher für die Bewahrung von >ERINNERUNGSDOKUMENTEN< einsetzen.
In der Sache „GASTHOF PAUL ZAHN“ gibt es z.B. interessante BERICHTE des >Senftenberger Anzeiger< über die,
in den Jahren 1903 und 1909 durchgeführten,
ZWEI EINWEIHUNGSFEIERN DES GROSSEN SAALES
02.09.1903„Ein neuer
PRACHTBAU geht hier seiner Vollendung entgegen:
es ist der
TANZSAAL des Herrn
PAUL ZAHN.Er schließt sich an die Südseite des alten Schlosses an, dieses hat nun insofern eine Umgestaltung erfahren müssen. Der
VORBAU ist niedergerissen und die
TÜR nach der Westseite zugemauert worden.
Der
EINGANG zur
GASTSTUBE befindet sich zwischen
TANZSAAL und Gaststube. Es ist ein ähnlicher Vorbau wie der bisherige, aber nur in schönerer Gestalt, oben durch einen mächtigen
ADLER, der im Begriff ist, seine Flügel auszubreiten, geziert.
Der ganze
BAU ist nach dem neuesten Stile aufgeführt. Im Innern weist er eine schöne
SÄULENGALERIE auf mit
BOGENGÄNGEN.
Am 13. d.M. soll die
EINWEIHUNG des neuen Saales, verbunden mit einem
KRIEGERFESTE, stattfinden.“
08.09.1903„Die am 3.09. gebrachte
MITTEILUNG, daß die
EINWEIHUNG DES NEUEN ZAHN’SCHEN SAALES am nächsten Sonntag in Verbindung mit einem
KRIEGERFEST stattfindet, ist dahin zu berichtigen, daß zwar der
KRIEGERVEREIN seine erste Festlichkeit in dem neuen Saale abhält, daß die übliche
EINWEIHUNGSFEIER jedoch erst später begangen werden soll.“
14.09.1903„Am 13. d.M. feierte der hiesige
KRIEGER-VEREIN sein diesjähriges
SOMMERFEST. Die Kameraden begaben sich am Nachmittage des genannten Tages gegen ½ 2 Uhr hinaus auf den
FESTPLATZ, der auf dem
GRUNDSTÜCK des Herrn
ZAHN hergerichtet worden war. Bis in die Dämmerung hinein wurde Scheibe geschossen. Im ganzen waren 15 Preise ausgesetzt: Pfeifen und dergl. mehr. Den ersten Preis errang der Müllergehilfe des Herrn Amtsvorstehers. Mit den
PREISEN verband sich eine wohltätige Stiftung.“
29.10.1903„TAGESARBEIT, ABENDS GÄSTE, SAURE WOCHEN, FROHE FESTE. – das war das ‚Zauberwort’, Zauberwort in doppelter Bedeutung.
Fast ein halbes Jahr hat sich Herr Gastwirt
ZAHN mit der Herstellung und Ausschmückung seines Saales bemüht.
Nach ‚sauren Wochen’ endlich heute das ‚frohe Fest’ der
SAALWEIHE.
Und wie der Einzelne, so hat sich auch die ganze Gemeinde in der letzten Zeit gemüht in ernster Arbeit, doppelt ernst, durch Arbeit selbst und durch die sterbende Natur. Und als am heutigen Abend der andächtige Naturfreund noch vor einem Baumriesen stand und von Wehmut ergriffen wurde, wie sich die dürren Blätter bei dem leisesten Windhauch um die dürren Zweige legten, gleich dem einfachen Gewande um den Leib der Bettlerin, da erschollen die fröhlichen Klänge aus dem Konzertsaal zum Naturfreunde hinüber, weckten ihn aus seiner wehmutsvollen Stimmung auf und erinnerten ihn, daß noch Leben um ihn herrscht. Wahrlich reges Leben und Treiben, und einen ‚glücklichen Griff’ hat Herr Zahn getan, daß er zur Einweihung die Kapelle des 72. Regiments aus Torgau erwählte, denn Großes und Schönes leistete sie unter der Leitung des Herrn Löber.
Kräftig erscholl der Marsch ‚Deutscher Reichsadler’ von Friedemann.
Man glaubte sich selbst unter die wehenden Banner versetzt, und man meinte, den ‚Mann der Tat’, Wilhelm Tell, bei dem Vortrag der Ouverture von Rossini zu schauen und an ihn, den Helden, dachte man, als das schmelzende Piano ‚Als ich Abschied nahm’ und die Freudenklänge ‚Als ich wiederkam’ von Pape erklangen.
In der Zeit der Märchen und Wunder lebte man, und man wurde darin erhalten durch Wagners ‚Lohengrin’ von Hamm und endlich, jetzt war es Zeit in süße Träumerei durch die Walzerklänge ‚Les Fleurs’ von Waldteufel gebracht zu werden.
Ein wahrhaft logisch durchdachtes Programm, das dem Herrn Löber alle Ehre macht. Und während wir noch träumten von den Tagen der Väter, da erschollen die heiteren Weisen von ‚Maritana’, ‚Konzertino’, ‚Ein Tag in Tirol’, ‚Musikalische Täuschungen’, ‚Der Kunstreiter’.
Auf schwanker Leiter der Gefühle ‚Himmel aufjauchzend zum Tode betrübt’ gingen wir in den Abendstunden dahin, um dann den zuckenden Füßen der ästhetischen Hampler das Feld zu räumen.
Aber befriedigt werden alle sein, Alte wie Junge.
Möchte uns doch Herr Zahn recht oft einen so genussreichen Abend verschaffen.“
12. Mai 1909„Aufrichtige Freude muß jeder
SEDLITZER empfinden, wenn er sieht, wie
UNSER ORT, der noch vor einem Jahrzehnt in altherkömmlicher Gleichmäßigkeit seiner damaligen reaktionären Bevölkerung jeder Neuerung trotzte, jetzt von dem in nachbarlicher Nähe sich betätigenden industriellen Unternehmungsgeist erfaßt, sich eine moderne Einrichtung nach der andern schafft. Nicht nur auf materiell geschäftlichem Gebiet, sondern auch nach idealer gesellschaftlicher Richtung hin, blüht unser Ort mächtig auf.
Eine der
HAUPTBEDINGUNGEN der gedeihlichen Weiterentwicklung der gedeihlichen Weiterentwicklung der
GESELLIGKEIT ist das Vorhandensein einer
VERSAMMLUNGS~ & VERGNÜGUNGSSTÄTTE, die unserem Bedürfnis und vor allen Dingen unserem Schönheitsgefühl nach jeder Richtung hin entspricht. Denn, wie der Wanderer an der Pracht der Natur sich entzückt, wie seine Stimmung steigt, je verschwenderischer die Natur die ihn umgebende Landschaft mit ihren Reizen überschüttet, so erhöht sich auch die
LAUNE, das
WOHLBEFINDEN und die
FRÖHLICHKEIT eines Menschen, der in einem
GESCHLOSSENEN RAUME an einer
GESELLIGKEIT oder
FEIER teilnimmt, wenn er in der
AUSSCHMÜCKUNG dieses Raumes dasjenige findet, was seinem Schönheitsideal nahe kommt.
Und daß
DER NEUE SAAL unseres
BELIEBTEN WIRTES ZAHN unserem Schönheitssinn völlig entspricht, wird jeder bei Besichtigung selbst empfinden.
EIN HERRLICHER RAUM, der seinesgleichen in weiter Umgebung sucht; so groß, daß er
MEHR ALS DIE GESAMTE EINWOHNERSCHAFT unseres Dorfes bequem beherbergen kann.
Das Schönste jedoch bildet die
MALEREI AN WÄNDEN & DECKE. Rings an den Wänden zerstreut finden wir wundervolle
GEMÄLDE, die in ihrer harmonischen Anordnung und exakten Ausarbeitung ein hohes künstlerisches Können und ein tiefes inniges Verständnis für
VOLKSEMPFINDEN & SCHÖNHEITSSINN offenbaren.
In der Mitte der beiden Längswände schaut rechts und links der uns allen so bekannte und mit uns schon seit Jahren vertraute
>ILSEMANN<, durch dessen energisches Eingreifen ja unser Ort erst auf seine jetzige Höhe gebracht worden ist, vergnügt dem Getriebe seiner Jünger und deren Gäste zu und leuchtet mit seiner Laterne in den Saal hinunter, gleich, als wollte er das
FEST dadurch erst in das richtige Licht setzen.
Sodann fallen die uns einige
HERRLICHE LANDSCHAFTEN in’s Auge.
Man fühlt sich mitten hineinversetzt und kann so recht erkennen, wie überreich die
NATUR ihre Lieblinge mit der Fülle ihrer Kostbarkeiten beschenkt. Der
WAIDMANN hat seine helle Freude daran, wenn er dort jene naturgetreue und farbenprächtige
JÄGERIDYLLE anschaut. der
LANDMANN, der alte Begründer und die Stütze unseres Dorfes, wird sich sofort in dem Raume heimisch fühlen, wo sein schön ausgeführtes
EMBLEM ihm eine gewissen Vertraulichkeit einflößen wird.
Ebenso wohl gelungen befindet sich dicht daneben in friedlicher Vereinigung die sinnbildliche Darstellung des
HANDWERKS, das ja auch jetzt neben der
LANDWIRTSCHAFT zu einem hervorragenden Bestandteil unserer örtlichen Lebensinteressen herangewachsen ist.
Auch unserer
VEREINE ist in derselben Weise gedacht; man hat die
WAPPEN des
KRIEGERBUNDES und der
FEUERWEHR in matten, schön abgetönten Farben an die Wand gezeichnet.
Mögen diese
BILDNISSE ein
DENKMAL bleiben zur Ehre des patriotischen und stets zur segensreichen Hilfe bereiten Zeitgeistes unseres Dorfes. Man sieht daraus, daß jedes
UNSER DORF nur irgendwie berührende Interesse bei der künstlerischen
AUSSCHMÜCKUNG DES SAALES berücksichtigt ist, und daß dieselbe, sowohl hinsichtlich der genialen Disposition, als auch hinsichtlich der Gediegenheit seinem Schöpfer, dem
DEKORATIONSMALER CURT SCHÖNERT in Senftenberg, alle Ehre macht.
So bildet denn dieser
SAAL ein
PRACHTSTÜCK, nicht nur unseres Dorfes, sondern
DER GANZEN NIEDERLAUSITZ.Die
ERÖFFNUNG findet am nächsten Sonntag, 16. Mai, statt.
da Herr
ZAHN uns versprochen hat, für
GUTE GETRÄNKE und nur schmackhaft und peinlichst zubereitete
SPEISEN stets, ganz besonders aber für Extravakanzen am
ERÖFFNUNGSTAGE besorgt zu sein, auch die
MUSIK ihr Bestes leisten wird, so verspricht die
EINWEIHUNGSFEIERLICHKEIT ein urfideles und lokalpatriotisches
FEST FÜR SEDLITZ & UMGEBUNG zu werden.“
Den
ABGESANG zitiere ich aus der von
LOTHAR WINKLER verfassten
BROSCHÜRE >Sedlitz – Geschichte & Geschichten<:
„Die GASTSTÄTTE PAUL ZAHN mit Gastraum und großem Saal wurde 1945 vollständig zerstört. Sie befand sich in der Hauptstraße, an der Ecke zum Dorfplatz – die RUINE erinnerte noch lange Zeit daran, wurde später abgerissen und Eigenheime gebaut. Das EISERNE TOR erinnert noch an den Eingang zum Biergarten und zum Hof der Gaststätte…“