Ausnahmsweise muss ich heute meinem Administrator widersprechen, denn
ER, der
GRÖFAZ, der „größte Führer aller Zeiten“ ist scheinbar doch wieder da, zumindest wenn man die
TV-Programmzeitschriften aufschlägt. Im
DOKU-Segment ist
ADOLF HITLER einer der beliebtesten Protagonisten, besonders bei Nachrichten~ oder Infokanälen, allen voran
ZDFinfo. Seit ca. 2014 können Geschichts-Junkies täglich mindestens zwei
>HITLER – DOKUMENTATIONEN< im TV-Programm verfolgen, wobei besonders auffällig ist, dass der Name
„HITLER“ in allen möglichen Zusammenhängen in den
TITEL gehoben wird, wie beispielsweise:
„Hitler privat / Hitlers Reich privat“ – „Hitlers Hofstaat / Helfer / Komplizen / Frauen“ – „Das 3. Reich in Farbe“ – „Hitlers Blitzkrieg / Wunderwaffen “ – „Hitler & das Geld / & die Heilige Lanze / oder „Heil Hitler & Alaaf“.Man erklärt dies damit,
„dass ZEITGESCHICHTE & GESCHICHTE – neben Politik, Wissen und Service – den größten Schwerpunkt von ZDFinfo bilden und somit auch Dokumentationen über die Zeit des Nationalsozialismus vergleichsweise viel Sendezeit haben.“Für meine Generation scheint die nun propagierte „geballte Ladung
FASCHISMUS“ lediglich eine
AUFARBEITUNG der
NS-Zeit zu sein, die in der
„Nachkriegs-BRD“ verschleppt bzw. sogar ignoriert wurde, da für sie
„FASCHISMUS so was Schwieriges, Komplexes sei, was man so differenziert sehen müsste, dass man es gar nicht definieren könne.
Es gab nun mal Opfer & Täter, Verfolger & Widerständler, Kriecher & Helden…“ Demgegenüber war die von der
SED verordnete Repräsentation des kommunistischen Widerstandes, des
ANTIFASCHISMUS, obligatorischer Bestandteil des
LEHPLANS an
DDR-SCHULEN.
Schon als
SCHÜLER (und selbstredend später als
LEHRER) lernte ich die staatliche
EINFLUSSNAHME auf BILDUNG & ERZIEHUNG kennen.
So brannte schon in der Grundschulzeit kaum ein
LAGERFEUER nieder, bei dem nicht das
>LIED VOM KLEINEN TROMPETER< gesungen wurde. Wir durften auch das lange
GEDICHT von >John Scheer & Genossen< auswendig lernen und bejubelten bei einer Pflichtveranstaltung im Kino frenetisch die „Action-Szenen“ in den zwei
THÄLMANN-FILMEN, bald darauf in der
JUGENDSTUNDE einen regionalen
„VORZEIGE-ARBEITERVETERAN“ und besuchten abschließend das ehemalige
KZ BUCHENWALD.
Diesbezüglich stieß ich bei meiner Recherche auf einen mir bislang unbekannten FAKT:
„Seit der Wende werden weniger bekannte, kleinere KZ – GEDENKSTÄTTEN sang~ & klanglos geschlossen oder, wie im Falle des >Sachsenhausen-Außenlagers SCHWARZHEIDE<, zum Parkplatz planiert – obwohl dies das einzige ehemalige KZ war, wo die gesamte ANLAGE mit Krematorium, Gaskammer & Häftlingsbaracken noch im Original erhalten war. Bei den großen, national und international bekannten KZ-Gedenkstätten wie Buchenwald, Sachsenhausen oder Ravensbrück ist dies aufgrund der zu erwartenden Proteste nicht so einfach möglich.“
Um die Existenz der
ANTIFASCHISTEN endgültig aus dem Gedächtnis zu verbannen, trat am 1.1.1993 das westliche
>GRÄBERGESETZ< (1965) auch in der ehemaligen
DDR in Kraft. Dadurch wurde die staatliche
GRÄBERPFLEGE nicht mehr den
„ANTIFASCHISTISCHEN WIDERSTANDSKÄMPFERN“, sondern nur noch allgemein den seit dem 30.1.1933 ums Leben gekommenen
„OPFERN DER NS-GEWALTMASSNAHMEN“ zugestanden.
Dennoch hat die
>VVN< bzw. haben später die
>Komitees der antifaschistischen Widerstandskämpfer< an zahlreichen Orten der DDR eigene
EHRENHAINE & GRABFELDER für die als
VdN anerkannten Überlebenden des Naziregimes angelegt. Diese
BEGRÄBNIS~ & GEDENKORTE werden, wie man auf den
FOTOS sehen kann, weiter genutzt und gepflegt. Mir gefallen dabei die einfachen
GEDENKSTEINE (Findlinge) weitaus besser, als die „stolz posierenden, überwiegend männlichen“
KÄMPFER-SKULPTUREN. Die
FRAU mit Kind (rechts) ist wohl eine löbliche Ausnahme.
Da wir gerade bei der
SENFTENBERGER DENKMALSKULTUR sind:
DENKMÄLER werden in einer bestimmten Zeit errichtet, aus
EHRFURCHT, aus
DANK, zur
PROPAGANDA, aus
SCHAM, im
GEDENKEN,
bedienen aber gezielt oft nur
EIN KRITERIUM, wobei man allerdings
PROPAGANDA selten zugeben,
SCHAM lieber verbergen würde.
MEIN SENFTENBERGER LIEBLINGSDENKMAL
ist ein
>BLINDER BETTLER AUF KRÜCKEN<, geschaffen von einem der bedeutendsten Bildhauer & Grafiker des 20. Jahrhunderts,
ERNST BARLACH (1870 – 1938). In der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts nahm diese
SKULPTUR als
PROBEBRAND in der
ZIEGELEI des einstigen Ilse-Klinkerwerkes in Bückgen (Großräschen-Süd) Gestalt an, wurde in den Nachkriegsjahren beschädigt auf dem Betriebsgelände entdeckt und geborgen, danach restauriert und fand schließlich 1950 auf dem Senftenberger
MUSEUMSHOF, anfangs an der Wand des Nordflügels, später in einer Wand-Nische des Westflügels, wo sich einst der Zugang zur Schlossküche befand, einen
EHRENPLATZ.
Von
GROSSER WERTSCHÄTZUNG für diese
FIGUR zeugt allein schon die Tatsache, dass andernorts
WEITERE EXEMPLARE zu finden sind.
Im Jahre 1947 wurden z.B.
3 WANDPLASTIKEN (Klostersänger, Bettler, Frau im Wind) als sogenannte
>GEMEINSCHAFT DER HEILIGEN< in Nischen an der Westfassade der
LÜBECKER St. KATHARINEN - KIRCHE aufgestellt.
Ein weiteres, von der Familie Barlach geschenktes Exemplar des
BETTLERS steht seit 1979 im Innenhof des
RATZEBURGER DOMS.
Die Bronzefigur im
St. PAULUS - DOM zu MÜNSTER schließlich ist einer von insgesamt 8 Güssen, die die Nachlassverwaltung Barlachs um 1979/1980 anfertigen ließ. Die 2,17 Meter große Figur stand bisher in der St.-Laurentius-Kirche in
HERNE. Sie ist eine private Stiftung des Pfarrers Franz Josef Hoffmann, der sie jetzt dem Münsteraner Dom übergab, um sie einem größeren Publikum zugänglich zu machen.
WARUM ICH DIESE FIGUR VEREHRE:
>DER BETTLER< ist das komplexe Abbild von menschlichem
LEID.
Der sich auf seinen
KRÜCKEN nur mühsam aufrecht haltende
MANN, schon als
KRÜPPEL geboren oder durch den
KRIEG zum
KRÜPPEL gemacht, wurde während der Nazizeit als "Vertreter der kraftlosen unmännlichen Lehre vom irdischen Jammertal" denunziert und als
ENTARTETE KUNST gebrandmarkt, danach z.B. in St. Katharinen beschlagnahmt, unter der Bedingung, sie verborgen zu halten, wieder zurückgegeben, danach in eine Kiste verpackt & überdauerte den Krieg in einem Privatversteck…
So ist der
BETTLER AUF KRÜCKEN eine Figur, die den Menschen in seinem
ELEND zeigt und zugleich in seiner unverlierbaren
WÜRDE darstellt
Abschließend offenbart uns ein außergewöhnlicher
RUNDUMBLICK die
DETAILS dieser einzigartigen
PLASTIK:
„Sie zeigt einen schmächtigen, armen MANN, der barfuß ist und nur ein knielanges GEWAND trägt.
Zum Gehen ist er offensichtlich auf zwei KRÜCKEN angewiesen,
die den ausgemergelten KÖRPER unter den ARMEN stützen müssen.
Die BEINE scheinen so schwach, dass sie – gebeugt – ohne KRÜCKEN in sich zusammen zu sinken drohen.
Beide HÄNDE halten die KRÜCKEN umklammert, so dass der MANN alle KRÄFTE aufwenden muss, um nicht zu stürzen.
Die HÄNDE an den KRÜCKEN, kann er nur den KOPF frei bewegen, der – verglichen mit dem schmächtigen KÖRPER – groß wirkt.
In den NACKEN gelegt mit halb offenem MUND blicken seine großen AUGEN erwartungsvoll gen HIMMEL.
Sieht man die SKULPTUR von der Seite, erkennt man besonders gut, dass die ganze PERSON nach oben ausgerichtet ist.
So begegnet uns in dem BETTLER sowohl der wahre MENSCH wie auch der wahre GOTT.“
(aus einer Predigt im ökumenischen Gottesdienst im Ratzeburger Dom 2010)