Im zweiten Kriegsjahr erging am 22. Oktober 1915 ein
AUFRUF des Vaterländischen Frauen-Vereins zu einer sogenannten
KAISERINGEBURTSTAGSSPENDE,
aus dem ich hier zitiere:
"Herbei mit den Kirschen, den schwarzen, den hellen,
den Königspflaumen, den Schattenmorellen,
den Heidelbeeren, den Preißelbeeren,
den Büchsen und Töpfen, den leichten, den schweren,
den großen Kruken mit Pflaumenmus,
das den Jungens schmeckt wie bei Muttern to Hus...
...daß uns selber das Herz gelacht,
das sei unsrer Kaiserin dargebracht,
daß sie's dem Heere im Felde sende,
daß sie's den Wunden und Flüchtigen spende..."
Bereits am 16. Oktober, also eine Woche vor dem besagten Geburtstag Ihrer Majestät KAISERIN Auguste Victoria von Preußen, erschien hierzu eine "Vorausmeldung":
"Nur wenige Tage noch trennen uns vom Geburtstage unserer KAISERIN, dem 22. d.M. Bis zu diesem Tage soll eine Sammlung von eingekochtem Obst, Gelees, Marmeladen, Mus, Fruchtsäften, auch abgetrocknetes Obst veranstaltet werden. Ihr deutschen Frauen und Mädchen, macht diesen Tag zu einem solchen der Opferfreudigkeit !
Spendet freudig zu dieser >KAISERIN-GEBURTSTAGS-GABE<, die unseren gesunden wie verwundeten Kriegern zu Gute kommt..."
Ob die Kaiserin bei ihrem hier auf einer Postkarte abgebildeten Besuch im
LAZARETT
die Obstspenden im Reisegepäck hatte, ist nicht überliefert...
Dafür rollte aber unmittelbar nach Kriegsausbruch eine riesige
SPENDENWELLE der Bevölkerung über des Kaisers Heerscharen hinweg, die man mit dem mitfühlenden Begriff
LIEBESGABEN versah, welche im wesentlichen aus Geldbeträgen & Bekleidung,
aber auch Lebens~ und Genussmitteln, z.B. den bei Soldaten besonders beliebten alkoholischen Getränken & Tabakwaren bestanden.
Hier eine von vielen Meldungen aus dem >Senftenberger Anzeiger<
vom 20. April 1915:
"In letzter Zeit haben für die Verwundeten und Kranken des LAZARETTS SENFTENBERG gespendet:
Stadt Senftenberg 300 Mk.;
Gemeinde Lauta 457 Eier und 4 Glas Gelee;
Gemeinde Sedlitz 60 Eier;
Gemeinde Sauo 50 Mk.;
Gemeinde Rauno 30 Mk.;
Dominium Skado 4 Hühner, 51 Eier und 4 Flaschen Saft;
Schützengilde Senftenberg 3 Kisten Zigarren;
Fa. Otto Trömel 1000 Feldpostkarten, 50 Umschläge mit Briefpapier,
50 Bleistifte;
Kantor Lehmann 2 Körbe Birnen;
Bäckermeister Geisler mehrere Male Kuchen;
Hotelier Stöter & Kaufmann W. Schmidt je 10 Flaschen Wein;
Frau Maurermeister Pusch verschiedene Büchsen mit Kompott und Konserven, 30 Flaschen Wein, 500 Zigarren 6 300 Zigaretten;
Frau Klein 12 Flaschen Wein 6 2 Flaschen Champagner;
Frau Kaiser 2 Pfd. Butter, 1 Stück Schweizerkäse, 1 Büchse Kompott und 1 Büchse Honig;
Frau Dischmann und Frau Meinhardt eingelegte Früchte;
Fräul. Kläuschen 2 Töpfe mit Käse, Butter, Eier und Saft.
Außerdem gingen von verschiedenen Seiten diverse Zigarren und Zigaretten ein.
Indem allen freundlichen Gönnern hiermit herzlich gedankt wird, wird vom Chefarzt Dr. Sprengel gebeten, auch ferner unserer armen LAZARETTINSASSEN gedenken zu wollen."
Aber auch "kulturell" wurden die
VERWUNDETEN des Senftenberger Lazaretts bestens versorgt, wie wir einer Meldung vom 6. September 1915 entnehmen können:
"Die Verwundeten vom VEREINSLAZARETT SENFTENBERG sind am gestrigen Sonntag einer Einladung der Gemeinde KLEINKOSCHEN gefolgt. Sie wurden gegen Mittag mit 3 Wagen abgeholt und so ging es trotz des schlechten Wetters bei froher Stimmung zu den Gastgebern, wo alles schon auf die Feldgrauen wartete.
Dort angelangt, wurde im Orts-Gasthof von HEERENZ abgestiegen, woselbst im Saale die Jugend alles festlich vorbereitet hatte. Auf die mit Blumen geschmückte Tafel wurde Kaffee und vorzüglicher Pflaumenkuchen aufgetragen, dem von den Verwundeten nach den großen Entbehrungen des Feldzuges ein sichtbares Interesse gewidmet wurde. Nachdem wurden Bier und Zigarren von der Jugend gereicht.
Inzwischen brachten die Schulkinder ein Begrüßungslied zum Vortrag, welches von Herrn Kantor Blumberg geleitet wurde. Es folgten noch einige Vaterlandslieder...Auch war zur weiteren Unterhaltung ein Preiskegeln veranstaltet worden, sodaß jeder Soldat ein schönes Andenken mit nach Hause nehmen konnte.
Nachdem noch ein besonders reichhaltiges warmes Abendessen gemeinsam eingenommen wurde, brachte Herr Feldwebel Wagner das Kaiserhoch aus und Alles stimmte darauf das Lied an:
>Heil Dir im Siegerkranz !<
Gegen 8 Uhr ging es nach herzlicher Verabschiedung und unter fröhlichem Gesang nach Hause. Allen Teilnehmern, die an dieser Stelle nochmals ihren herzlichen Dank aussprechen, wird der schöne Tag in steter Erinnerung bleiben."
Wie wir heute wissen, war es nur ein "Vergnügen auf Zeit", denn kurz darauf wurden die genesenen Soldaten wieder an die Front geschickt, wo bis 1918 noch viele von ihnen einen sinnlosen "Heldentod fürs Vaterland" sterben mussten.
Die erste TRAUERANZEIGE erschien im >Senftenberger Anzeiger< zwei Monate nach der am 2. August 1914 erfolgten Mobilmachung...