Repräsentative, palastartige Gebäude mit vielen Verzierungen, Säulen und Turmaufbauten sind Kennzeichen in der Architektur des
SOZIALISTISCHEN REALISMUS, der nach der sowjetischen Besatzung auch in der DDR Einzug halten sollte und später als
STALIN'S ZUCKERBÄCKERSTIL
verlacht wurde: Wie der
ZUCKERBÄCKER eine
TORTE verziert, so wurden auch die
GEBÄUDE vielfach dekoriert, getürmt oder mit Säulen ausgestattet. Dies geschah oft dermaßen übertrieben, dass die Verzierungen aufgesetzt und nicht harmonisch wirkten.
In vielen Städten der DDR wurden ab 1950 sowohl im Krieg zerstörte als auch neue Stadtviertel in den Randlagen in diesem Stil errichtet,
wie z.B. die Stalinallee (heute Karl-Marx-Allee) oder der Dresdner Altmarkt.
Auch die
SENFTENBERGER STADTPLANER folgten dem „großen Bruder“ und gestalteten das Areal der
BERGINGENIEURSCHULE sowie die Wohnblöcke der anliegenden
THÄLMANNSTRASSE in diesem Baustil, wobei die beiden
„HOCHHÄUSER“ als
„MONUMENTALES EINGANGSTOR“ zum Stadtzentrum gedacht waren.
Während im Erdgeschoss des stadteinwärts
LINKEN Gebäudes die HO die
GASTSTÄTTE >Stadt Senftenberg< mit separater
BIERSTUBE eingerichtet hatte, zogen im spiegelgleichen
RECHTEN Gebäude eine kleine
HO-LADENKETTE mit den Sparten Lebensmittel / Obst & Gemüse / Molkereiprodukte sowie Fleisch~ & Wurstwaren stets viele Kunden an.
Ich habe in alten Ausgaben der >Lausitzer Rundschau< aus den 1960er Jahren einige
ANZEIGEN gefunden,
die ich kurz kommentieren möchte:
Die
NUMMERN 1, 2 und 3 stammen aus dem Jahre 1961 und verweisen auf ein „buntes Veranstaltungsprogramm“, das auf Einfallsreichtum & Durchsetzungsvermögen der sehr „streng regierenden“ Chefin Frau Neumann basierte.
Das war auch bitter nötig, denn die
ARBEITSBEDINGUNGEN waren zu dieser Zeit alles andere als rosig.
Am 24.2.1961 meldete sich Handelsleiter Herbert Bär in der >Lausitzer Rundschau< zu Wort:
„Die GASTRONOMISCHE BETREUUNG der Gäste bereitet der HO noch große Schwierigkeiten.
Es fehlt an AUSHILFSKRÄFTEN für die KÜCHE, BEDIENUNG und BÜFETT.
Die HO ist deshalb gezwungen, ständig zu IMPROVISIEREN.
Darunter leidet natürlich die gastronomische Betreuung.
Die Leitung des HO-KREISBETRIEBES würde es sehr begrüßen, wenn sich aus der nichtarbeitenden Bevölkerung (Hausfrauen usw.)
STÄNDIGE AUSHILFSKRÄFTE zur Verfügung stellen würden.“Kurz darauf stand ein
AUFRUF der Kaderabteilung der HO Lebensmittel/Gaststätten Senftenberg im Lokalblatt:
WERTE EINWOHNER ! WERTE HAUSFRAUEN !
Wir sind bemüht, unseren Gästen eine gute gastronomische Betreuung zuteilwerden zu lassen, um Ihnen den Aufenthalt in unseren GASTSTÄTTEN so angenehm wie möglich zu gestalten. Hierzu werden alle Mitarbeiter auf allen Gebieten der Gastronomie gesucht.
Interessante, vielseitige und auch GUT BEZAHLTE Arbeiten bieten sich in unseren GASTSTÄTTEN.
Vor allem suchen wir:
BÜFETT~, SERVIER~ & KÜCHENKRÄFTE
aus der nichtberufstätigen Bevölkerung als VOLL~, TEIL~ oder STUNDENBESCHÄFTIGTE.
Möchten Sie NEBENBERUFLICH noch etwas dazu verdienen, so haben Sie bei uns im ZWEITEN ARBEITSVERHÄLTNIS gute Möglichkeiten.
Haben Sie Interesse ? Schreiben Sie uns bitte.
Sind Sie im SERVIEREN unkundig, so können Sie sich entsprechende Kenntnisse in einem KOSTENLOSEN LEHRGANG an der >Betriebsakademie des sozialistischen Einzelhandels< in Senftenberg aneignen…Doch weiter zu den
INSERATEN 4 bis 8 aus den Jahren 1966/67:
NR. 4 zeigt das Innere des langgestreckten Anbaus, in dem sich mehrere, durch Falttüren separate Räume für sogenannte „geschlossene Veranstaltungen“ abtrennen ließen. Möglicherweise bezog sich darauf auch der Werbeslogan „modernste Gaststätte im Kreis Senftenberg“.
In der Ecke (x) baute sich die jeweilige „Hauskapelle“ auf und musizierte für Tanzpaare, die sich auf einer kleinen Tanzfläche unmittelbar davor „sehr gesittet“ vergnügten.
NR. 5 wies darauf hin, dass der
MITTAGSTISCH in der
TANZ-Gaststätte etwas völlig Neuartiges war, da selbige ja überwiegend vom
ABEND-Geschäft lebte. Bis dato gab es nur in der vorgelagerten
BIERSTUBE ein minimales Speisenangebot.
NR. 6 hebt nochmals den
MITTAGSTISCH hervor, während das
TANZPUBLIKUM wohl eher an der
>ULTRASCHAU< interessiert war, weil erst bei diesem magischen
BLAULICHT die damals populären weißen
NYLONHEMDEN der Herren – ohne Jacket dargeboten – so richtig zur Geltung kamen.
NR. 7 ruft sicherlich großes
ERSTAUNEN hervor, dass es das
>PUBLIC VIEWING< bei Sportereignissen schon damals gab – allerdings aus der
NOT geboren, da ein eigenes TV-Gerät noch auf der langzeitlichen Wunschliste stand…
NR. 8 sollte davor warnen, die Gaststätte >Stadt Senftenberg< mit buntgeschmückten Fahrrädern, schon leicht taumelnd zur
„MÄNNERTAGSSAUSE“ einzukehren, denn hier wurden erst zum
TANZABEND die Bier~ & Weinfässer geöffnet.
Die folgenden
3 DOKUMENTE spiegeln uns interessante
DETAILS aus dem
GASTSTÄTTENLEBEN wider:
LINKS das Faksimile einer
SPEISEKARTE einer
DDR-GASTSTÄTTE von 1968 mit der gleichen
PREISSTUFE III, wie sie auch die ehemalige HO-G „Stadt Senftenberg“ besaß. Die
PREISE waren streng geregelt - so wurden die
"WOHNGEBIETSLOKALE" verpflichtet, einen preiswerten
MITTAGSTISCH der Preisstufe II anzubieten. Gehobenere Lokale hatten die Preisstufen IV und V, ganz noble Adressen schmückten sich mit der Sonder-Preisstufe S, manchmal noch versehen mit Zuschlägen (Preisstufe S plus 50 Prozent).Wenn man die „vom Staat gestützten Preise“ noch einmal Revue passieren lässt, wird einem letztendlich klar, warum (1) unser „Westbesuch“ immer wieder gern mal die Rechnung bezahlen wollte, aber (2) die DDR u.a. auch daran pleitegehen musste…
Der in der
MITTE angeordnete LR-Artikel vom 07.07.1964 macht deutlich, wie knallhart-kritisch mit Name & Adresse zu damaliger Zeit die aktuellen
MISSSTÄNDE aufgezeigt wurden. Mithin war das ein auffälliges Markenzeichen der 1960er Jahre kurz nach dem Mauerbau…
Der
RECHTE Foto-Infotext vom damals sehr bekannten Fotoreporter Werner Elstner enthüllt uns heute eine offensichtliche
>FATA MORGANA<, denn die den Senftenberger Bürgern damals versprochenen
DREI 14-STÖCKIGEN HOCHHÄUSER am
SCHWARZEN WEG entpuppten sich letztendlich als
„LUFTNUMMER“, denn sie wuchsen bis heute nicht aus dem Boden des
„HUNDEWÄLDCHENS“ empor…