Hinter den historischen Begriffen
FESTUNG, SCHLOSS, WEHRANLAGE verbirgt sich für Besucher unserer Heimatstadt ohne Frage ein sehr beliebtes
SENFTENBERGER AUSFLUGSZIEL.
Zweifellos spielt dabei das
BAUWERK an sich eine herausragende Rolle, was man insbesondere an den meist übereinstimmenden
EINTRÄGEN in diversen
LEXIKA aus verschiedenen Zeitepochen ablesen kann, die sich vor allem auf historische Fakten bezüglich Bau & Umbau incl. Namen der jeweiligen herrschaftlichen Auftraggeber beschränken. Diesbezüglich erinnere ich mich als Lehrer i.R. immer gern an
SCHLOSSBESUCHE, bei denen sich die
SCHÜLER an Stelle langweiliger
JAHRESZAHLEN viel lieber geheimnisvolle, aufregende, auch gern deftige oder frivole
EPISODEN aus dem
HOFLEBEN anhörten.
Bei meinen Recherchen stieß ich eines Tages auf einen profunden
„HOFBERICHTERSTATTER“, den spanischen Mönch & späteren Bischof
H. ANTONIO DE GUEVARRA, welcher um 1600 die Länder Italia, Gallia, Germania, Anglia durchwanderte und dabei nicht nur erfahren musste,
dass die
FROMMEN LEUTE in den vornehmen
STÄDTEN außerordentlich dünn gesät waren, sondern zu allem Verdruss auf diversen hochherrschaftlichen
HOFHALTUNGEN neben allerhand
EHRBAREM HOFGESINDE auch noch überaus viele
UNEHRBARE HÖFLINGE vorfand.
Nachdem er über viele Jahre hinweg ausgiebige
STUDIEN betrieben hatte, sagte er der schnöden Welt adé, setzte sich auf einem
LANDGUT zur Ruhe und genoss in vollen Zügen das
„VERGNÜGTE LANDLEBEN“, welches er wie folgt beschrieb:
„Es ist ein großes Privilegium AUF DEM LANDE, daß man zu allen Sachen ZEIT & WEILE hat, wenn alles wohl eingerichtet ist, nehmlich zu lesen, zu bethen, in die KIRCHE zu gehen, Krancke zu besuchen, zu jagen, zu fischen, spatzieren oder in seinen WEINBERG zu gehen, das Vieh zu besehen, bey Zeit zu essen, mit der Karte eins zu spielen, mit dem Bogen zu schiessen oder die meiste Kegel zu werffen. Dieses Privilegium muß man BEY HOF entbehren; denn daselbst verderbet man die meiste Zeit mit Visiten und Audienz geben, und bißweilen mit Seufftzen und Klagen. AUF DEM LAND darff man ausgehen ohne sich zu sorgen, in eine liederliche Gesellschaft zu gerathen. Man bedarff nicht viel DIENER zum Aufwarten, keinen LAQUAIEN der mir das Pferd halte, keinen PAGE, keinen CAMMER-DIENER, der mich aus~ und ankleide und auf die Garde-Robe Achtung gebe, sondern man mag da ohne einzige Begleitung der Diener ausgehen und allein hin und her Spatzieren, und nur einen Stock in der Hand haben, oder die Hände auf den Rücken zusammenschlagen und daneben ein Liedgen singen…“Danach fand er die Zeit für gekommen, den
>HOFSTIL EUROPÄISCHER HERRSCHAFTSHÄUSER, DIE VON GOTT REDEN & NACH DER WELT LEBEN“ zu brandmarken.
Nachfolgend einige ausgewählte
TEXTSTELLEN aus dem über 200 Seiten umfassenden „Pamphlet“, deren Schreibweise ich ein wenig „auf hochdeutsch getrimmt“ habe, in dem er ‚knallhart‘ mit dem
UNGEBÜHRLICHEN, UNMORALISCHEN & UNCHRISTLICHEN VERHALTEN DER HOFLEUTE abrechnete:
"Weil an etlichen
FÜRSTENHÖFEN keine Wacht bestellt wird, kein Freund den andern warnt und keiner vorhanden ist, der das
HOFGESINDE zum Beichten anhält, so folget,
daß derjenige, welcher sonst von Natur aus
FROMM ist, die Freiheit gewinnt,
BÖSE zu werden:
Ist da einer, der gerne die
EHE BRICHT, so findet er bei Hof schon Leute, die ihm Anleitung dazu geben; will er sich an einem
RÄCHEN, so gibt’s schon welche, die sich dazu bestellen lassen. Will er
BANKETTIEREN, so findet er
SCHMAROTZER & TELLERLECKER genug, will er
LÜGEN, so findet er
JA-SAGER, die alles loben was er redet,
will er
SPIELEN, so findet er
SPIELER & SPIELPLÄTZE genug, will er sich einen durch die
GURGEL jagen, so trifft er Leute genug, die ihm dabei behilflich sind,
will er
STEHLEN, findet er Gelegenheit dazu, will er
FALSCH SCHWÖREN, so findet er Leute, die ihm
GELD dazu geben.
Hofleute wechseln alle Augenblicke ihr Gesicht, sind Tiere mit zwei Zungen, und streuen einander gern Erbsen auf den Weg.Und weil dann
LEUTE nach dem
HOF kommen, die niemanden, noch die Gebräuche kennen, so schmiegen sich die
KAMMERDIENER, SÄNGER & MUSIKANTEN zu ihnen,
die
NARREN & SCHMAROTZER laden sich selbst zu Gast und die in Armut geratenen und verdorbenen
EDELLEUTE locken ihnen durch Betteln & Lamentieren das
GELD aus dem Beutel. Viel
SACHEN kauft man man ein, derer man selbst bedarf aber nicht wieder hinweg führen kann: alsbald ein
EDELMANN gen
HOF kommt,
so muß er
TUCH suchen für sein Gesinde,
STALLUNG für sein Roß,
BETT, darauf er und seine Leute liegen,
TISCH darauf er essen und
KANNEN & GLÄSER, daraus er trinken kann,
SCHÜSSELN zu den Speisen, und
BESEN zum Kehren.
Nach dem
HOF begeben sich vieler großen Herren
SÖHNE, für die es besser wäre, hinterm Ofen zu sitzen, als sich in Fürstliche Dienste zu begeben – denn sie sind entweder grob, unerfahren & bockig, oder halten sich nicht sauber in Kleidung, sind abgeschmackt & läppisch in Gesprächen, essen wie die Bauern, sind unhöflich gegenüber Frauenzimmern und lassen in all ihrem Tun den
TÖLPEL sehen.
BEI HOF mangelt es nicht an Verleumdern, Zuträgern, „Ohrenbläsern & Achselträgern“ und selten an
UNEINIGKEIT unter den Dienern,
NEID unter den Höflingen,
RANGSTREIT unter den Ministern,
FEINDSCHAFT unter den Ehrgeizigen &
STÄNKEREIEN unter den Boshaften.
Man sieht, daß hier & da ihrer zwei, drei oder vier zusammenhalten, miteinander
BRÜDERSCHAFT machen und mit einem
EID sich verbinden, stets beisammen zu sein,
miteinander zu essen, zu gehen, zu schlafen, zu stehlen, sich zu schlagen etc., jedoch diese
FREUND~ & BRÜDERSCHAFT nicht dahin zielt, sich zu bessern,
sondern ihre
LASTER untereinander zu vertuschen.
BEI HOF gehen alle Sachen, mehr denn anderswo,
SCHWER & LANGSAM daher, weshalb auch die
TUGEND schwer zu erlangen, noch weit schwerer aber dieselbe zu behalten ist, denn wir sehen, daß aus den sittsamen & friedfertigen Menschen
VERMESSENE, den mäßigen
FRESSER & SÄUFER, den geduldigen
POLTERER, den edlen
ESEL, den verschwiegenen
SCHWÄTZER, den verständigen
NARREN, den keuschen
EHEBRECHER, den fleißigen
MÜSSIGGÄNGER und aus den frommen & gottesfürchtigen
KALTE CHRISTEN werden.
BEI HOF hilft es einem wenig,
WEISE zu sein, wenn man kein
GLÜCK hat:
FREUNDE werden schnell zu
FEINDEN und die
NEIDER wachsen wie das Gras.
WEISHEIT gilt nichts,
TUGEND wird nicht geachtet,
WISSENSCHAFT nicht erkannt,
DEMUT hat kein Ansehen,
WAHRHEIT wird nicht geduldet,
RAT nicht angenommen.
BEI HOF dient man zwar
EINEM HERRN, doch gleichwohl muß man
VIELEN HERREN zu Gnaden leben:
wieviel
MÜHE & ARBEIT muß man haben, ehe man den geringsten
NUTZEN davon bekommt oder befördert wird. Er muß sich auch stattlich halten, denn nur wer sich zu
HOF mit kostbaren
KLEIDERN ziert und in
WEIBISCHER ART stolziert, der wird hoch gehalten, obwohl er schon ein
ESEL ist.
Um
BEFÖRDERT zu werden, muß man dem
FÜRSTEN dienen, den
MINISTERN aufwarten, den
TÜRHÜTERN spendieren, den
ACHSELTRÄGERN schmeicheln,
auf den
SEKRETÄR warten, bis der am Morgen aufgestanden ist, muß für
JEDERMANN das Hütchen unter dem Arm tragen, dem, der bei Hof etwas zu verwalten hat, einen Stuhl hinterher tragen, für den
UNWÜRDIGEN die Knie biegen und muß fast einen jeden
GNÄDIGEN HERRN nennen, der es überhaupt nicht verdient.
BEI HOF muß niemand hoffen, daß ihm dieser oder jener helfen werde, wenn er in
ARMUT gerät.
Bist du gerecht & fromm, so wirst du nur von wenigen gelobt, bist du traurig, tröstet dich keiner, wirst du krank, so besucht dich niemand, stirbst du, so bist du vergessen…"
Alle Kinder lesen
MÄRCHEN gern und lieben den Zauber der
MÄRCHENWELT,
vor allem die reich belohnten Tugenden:
LIEBE, TREUE, TAPFERKEIT, OPFERMUT & BARMHERZIGKEIT.
Im
MÄRCHENSCHLOSS herrscht ein gerechter
MÄRCHENKÖNIG, neben ihm seine Tochter, eine
MÄRCHENPRINZESSIN, beschützt von einer guten
FEE…
das sind die
LICHTGESTALTEN DER MÄRCHENBÜCHER…
Lassen wir unsere
KINDER die ernsten
WAHRHEITEN & LEBENSWEISHEITEN, die sich im
MÄRCHENSCHLOSS in bunten
MÄRCHENKLEIDERN verstecken, selbst erkennen,
bevor wir sie aufklären… ich sage nur:
„ALTER MÖNCH“ !