WIE DIE DDR IHRE ZUKUNFT BESANG
„LIEDER sind geeignet, die Menschen zu GROSSEN TATEN zu begeistern, weil der KOLLEKTIVE GESANG die elementare Kraft eines gemeinsamen WILLENS ausdrückt.“Demzufolge schuf man in der damaligen SBZ
(Sowj. Besatzungszone) im Eiltempo
>NEUE JUGENDLIEDER<, und schon als
GRUNDSCHÜLER sangen wir mit wahrer Inbrunst
„Du hast ja ein Ziel vor den Augen“ / „Wir lieben das fröhliche Leben“ / „Schön wird die Zukunft sein“ – vor allem aber das schwungvolle
„Jugend voran“, bei welchem uns das 4x wiederholte, kraftvoll gesungene
„BAU AUF“ ganz besonders motivierte.
Dieses
>AUFBAULIED< wurde später zum absoluten „Renner“ bei
KLASSENTREFFEN meiner Generation, und wird immer wieder gern – mit einer heimlichen Träne im Knopfloch – angestimmt:
Den Startschuss zum
>NATIONALEN AUFBAUWERK< auf der Basis einer mehr oder weniger
FREIWILLIGEN, UNBEZAHLTEN ARBEIT, gaben Anfang der 1950er Jahre die Kumpel aus dem Zwickauer Steinkohlenrevier mit ihrem fulminanten AUFRUF:
„Faßt die ganze schöpferische Kraft im Volke zusammen und lenkt sie auf die richtige Bahn, damit wir schneller vorankommen beim AUFBAU DER HEIMAT & EINES BESSEREN LEBENS“. In unserer Heimatstadt
SENFTENBERG hielt sich die Zahl der in den letzten Kriegsmonaten (teil)zerstörten
GEBÄUDE (abgesehen von einigen
BRIKETTFABRIKEN), sowie großer
TRÜMMERBERGE zum Glück in überschaubaren Grenzen. Dennoch folgten viele
FREIWILLIGE AUFBAUHELFER dem Aufruf und gingen, wie überall auch bei uns, „mit gebündelten Kräften ans
>NATIONALE AUFBAUWERK< (NAW), wenn auch der materielle
ANREIZ in
SENFTENBERG mit dem des Großprojekts
BERLIN keinesfalls vergleichbar war.
Wer nämlich in der Hauptstadt nach Feierabend oder am Wochenende mehr als 100 jeweils 3-stündige „
HALBSCHICHTEN“ auf einer der zahlreichen Baustellen der
STALINALLEE leistete, erhielt dafür ein
LOTTERIELOS, welches insgesamt 1000 Mietverträge für neugebaute Zwei~ & Dreiraumwohnungen versprach – oder als
TROSTPREIS lediglich Eintrittskarten fürs
KINO…Kaum zu glauben, dass 1952 insgesamt 1,3 Mill. „
HALBSCHICHTEN“ geleistet wurden, wobei der
GEWINN einer neuen
WOHNUNG für viele eher zweitrangig war – sie wollten einfach nur beim
AUFBAU mit anpacken – was wiederum auch für die
EINWOHNER des gesamten
KREIS SENFTENBERG typisch war, die in den Jahren 1953/54 über
500000 AUFBAUSTUNDEN leisteten, sowie
97750 DM an GELD~ & MATERIALSPENDEN zur Verfügung stellten.
Hinzukamen weitere 50000 DM aus Mitteln des
ZAHLENLOTTO.
ZIEL dieses „AUFBAUWERKS“ war es nämlich, mit ARBEITSZEIT~ & GELDSPENDEN kleinere wie größere Projekte möglichst ohne staatliche Hilfe entstehen zu lassen. Auf dem
HÖHEPUNKT der NAW-Bewegung zum Ende des ersten >
FÜNFJAHRPLANS< im Jahre
1959 beteiligte sich daran jeder dritte (erwachsene)
BÜRGER mit Arbeitseinsätzen & Geldspenden. Die an einem Projekt Beteiligten leisteten sogenannte „
AUFBAUSTUNDEN“, die mit Klebemarken in einer „
EINSATZKARTE“ dokumentiert wurden. Für die
ANZAHL der im „selbstlosen Einsatz“ geleisteten
STUNDEN wurden die Mitwirkenden zumeist mit der „
AUFBAUNADEL“ zum Anstecken plus
URKUNDE ausgezeichnet. Die
ABZEICHEN wurden je nach Stundenanzahl in Gold, Silber oder Bronze verliehen, z.T. sogar mit dem Vermerk der geleisteten Stunden darauf.
Hin und wieder krönte man die „
BESTARBEITER(IN)“ zusätzlich mit einer
TORTE, schon eher selten mit einem
PRÄSENTKORB u.a. mit einem Rollschinken & diversen Konserven. Von den großen Erfolgen zeugen heute noch
GEDENKPLATTEN an kulturellen & sozialen
BAUTEN, gelegentlich auch an
STRASSEN & PLÄTZEN, die mit Hilfe der
EINWOHNER errichtet bzw. um~ & ausgebaut wurden.
SENFTENBERGER NAW – PROJEKTE Gemeinsam war allen Projekten des NAW, dass sie bei der Realisierung von GEMEINSCHAFTLICHEM INTERESSE ausgingen, z. B. von Schwimmbädern, Klubhäusern oder Parks. Im NAW entstanden Feuerwehrhäuser, Sportplätze, Turnhallen & Sportlerheime, Kulturhäuser & Schulen.Der PLAN für das NAW des KREISES SENFTENBERG von 1955, dem JAHR DER GROSSEN ERFOLGE, listete u.a. folgendes auf:(1) Die AUFFORSTUNG der Kippengelände & Kahlflächen unseres Kreises, sowie Anpflanzung von Obst~ & Nutzbäumen wird fortgesetzt. Hierzu führen die SCHULEN Pflanzaktionen mit Birken~ & Kiefernsetzlingen sowie der Spitzklette durch.
(2) Die Einwohner von SENFTENBERG brechen in der E.-Thälmann-Straße eine SCHEUNE und den EISKELLER ab und enttrümmern die FABRIKGEBÄUDE Geschw.-Scholl-Str. 42,
die infolge der ELSTERVERLEGUNG abgebrochen werden müssen.
(3) Die Gemeinde NIEMTSCH schüttet die Straße nach PEICKWITZ auf, deren Dorfbewohner wiederum den Guteborner & Schwarzbacher Weg planieren.
In KLEINKOSCHEN werden Straße & Wege instandgesetzt, die abgebrannte BRÜCKE wieder hergestellt, sowie der SPORTPLATZ durch Anpflanzung von Pappeln verschönert.
Die Gemeinde RAUNO setzt die Straßen zum WERK „Rosa-Luxemburg“, die Wiesen~ & Gartenstraße instand.
(4) In SENFTENBERG wird an die SCHULKÜCHE der Schule I ein SPEISESAAL angebaut, der gleichzeitig als KINDERHORT dienen soll.
Ferner werden 2 RÄUME der Baracke in der Mittelstr. als KINDERHORT ausgebaut.
(5) Der Aufbau des MUSEUMS wird fortgesetzt, wobei die HANDWERKER von SFB Hilfe leisten werden. Die BEVÖLKERUNG wird aufgerufen, zur besseren Ausgestaltung des Museums alte Urkunden, Schriften & sonstiges als Ausstellungsstücke geeignetes Material, das sich in ihrem Besitz befindet, dem MUSEUM zur Verfügung zu stellen. Die FREILICHTBÜHNE wird weiter ausgebaut und hierzu eine BESTUHLUNG geschaffen, sowie eine FREITANZFLÄCHE eingerichtet.
(6) In der Burglehn~ & Großenhainer Str. werden GRÜNFLÄCHEN, in der Bhfstr. nach Verbesserung der Mutterbodenschicht neue RASENFLÄCHEN & BLUMENSTREIFEN angelegt. Der STADTPARK wird weiter verschönert, der TIERPARK erweitert. Im Schloßpark, in der Calauer Str. & an der Wendischen Kirche werden neue BÄNKE aufgestellt.
(7) In HÖRLITZ wird der SPORTPLATZ und der GARTEN des Kulturhauses instandgesetzt & im Haus die WC-Anlage fertiggestellt. Die Einwohner von SEDLITZ stellen ihr Gemeinschaftshaus fertig, errichten auf dem Sportplatz einen GERÄTESCHUPPEN, verschönern die Vorgärten vor ihren Wohnhäusern und stellen Ruhebänke auf. In der Haupt~ & Friedensstr. werden SPIELPLÄTZE geschaffen. In SCHWARZBACH werden auf dem DORFPLATZ Bäume angepflanzt, Bänke aufgestellt & ein KINDERSPIELPLATZ angelegt.
(8) Dieser PLAN wird der Bevölkerung übergeben. Wir bauen uns gemeinsam eine schöne Zukunft für uns und unsere Kinder.
Im Jahre 1955 leistet hierzu JEDER ARBEITSFÄHIGE EINWOHNER mindestens 10 AUFBAUSTUNDEN ! Mit dem >
SIEBENJAHRPLAN< (1959-1965) wurde das >
NATIONALE AUFBAUWERK< schließlich fester Bestandteil des Volkswirtschaftsplans.
MACHEN & BAUEN diente jetzt vor allem der
PLANERFÜLLUNG, was vielen
HELFERN nicht sonderlich gefiel. Hinzukam, dass in den 1960er Jahren der
LEBENSSTANDARD stieg und viele ihre
FREIZEIT lieber individuell genossen, am
SAMSTAG lukrativer „
SCHWARZARBEIT“ nachgingen als unbezahlte
AUFBAU-STUNDEN zu leisten. Die
HELFERZAHL nahm rapide ab und Ende der 1960er schlief das NAW gänzlich ein. An dessen Stelle traten nun „
FREIWILLIGE INITIATIVEN“, wie die Bewegung
>Schöner unsere Städte & Gemeinden – Mach mit !< und die speziell in
MIETERGEMEINSCHAFTEN populären
SUBBOTNIKS = freiwillige, unbezahlte
SAMSTAG – ARBEITSEINSÄTZE, zur Verschönerung des
WOHNUMFELDES. Auch in den volkseigenen
BETRIEBEN waren sie als „
FREIWILLIGE SONDERSCHICHTEN“ populär und in den Polytechnischen
OBERSCHULEN innerhalb der Pionierarbeit wortgetreu als „
SUBBOTNIK“ verbucht, wie
Jana Hensel in ihrem Buch
>ZONENKINDER< u.a. beschreibt:
„Samstag liefen wir in aller Frühe zum SUBBOTNIK in die Schule, strichen Schul~ & Fensterbänke neu und ließen uns von den Vatis SONNEN auf den grauen Pflasterstein malen. Vor der KAUFHALLE verkauften wir Samen & Blumen aus dem SCHULGARTEN und spendeten den Erlös für die Kinder in Vietnam. Wir säuberten die RABATTEN vor der Turnhalle oder übernahmen Patenschaften für ein PFLEGEOBJEKT im Wohngebiet…“
DAS ALLES UND NOCH VIEL MEHR erlebte ich von 1966 „bis zur Wende“ im randvollen Maß als
JUNGLEHRER an der
POS „Franz Mehring“ in BRIESKE-OST und im Fach
MUSIK erklang zeitlos aus voller Kehle
„DU HAST JA EIN ZIEL VOR DEN AUGEN“, welches ich 2006 schließlich an der
KELLERMANN-GESAMTSCHULE erreichte...