Bei meiner Recherche zum Thema
„DAS SCHÜTZENHAUS“ stieß ich auch auf den gleichnamigen Roman von
GEORG LENTZ, in welchem von einem Abenteuertrip „jugendlicher Helden“ zu einer
SCHÜTZENHAUS-RUINE in der Zeit zwischen Inflation und Ende des Zweiten Weltkriegs berichtet und deren
AUSSEHEN (hier im Telegrammstil) wie folgt beschrieben wird:
SCHÜTZENHAUS = verwilderter Park, Festwiese, Schießstand; zu SCHÜTZENFEST, HOCHZEITEN oder Veranstaltungen der VEREINE kamen hundert Gäste und noch mehr;
SCHANKRAUM = Theke mit Zapfhähnen, ein Regal, auf dem Gläser & Flaschen blitzten, ein anderes mit Pokalen & Trophäen der Schützen,
KLEINER SAAL = an der Decke Metzgerhaken angebracht, an denen früher Würste & Schinken hingen;
ERSTE ETAGE = Gästezimmer gingen von einem langen Gang ab, am Ende befanden sich Klosett & Badezimmer, alles mit Dampfheizung.
KELLER = auf einer Seite Kohlenkeller & Heizung, auf der anderen KÜCHE mit gewölbter Decke und einem gewaltigen Herd in der Mitte, eine Tür öffnete sich zum BIER~ & WEINKELLER;
es gab einen SPEISEAUFZUG bis zum 1. Stock.Amüsant zu lesen ist, wie ein „Knabe mit Lebenserfahrung“ seinen Freunden erklärt, „wozu eigentlich ein SAAL dient“:
„Der GROSSE SAAL dient zum Tanzen & zum Feiern. Die ERWACHSENEN betrinken sich, und sie werden laut, dann singen sie >Die blauen Dragoner, sie reiten<,
manche MÄNNER fassen den FRAUEN vorne ins KLEID und manche fallen auch unter den TISCH.“ – und das alles getreu dem SCHÜTZEN-WAHLSPRUCH:„In’s Schwarze ein Schuß, von Liesel ein‘n Kuß, ein schäumender Krug, das ist g‘rad genug!“Mit Sicherheit traf diese typische
INNENEINRICHTUNG auch für das
SENFTENBERGER SCHÜTZENHAUS zu, dessen
SAAL-EINWEIHUNG im Jahre 1897 vom >Senftenberger Anzeiger< per
ANNONCEN & KOLUMNEN begleitet wurde:
„Anfang künftigen Monats ist die
EINWEIHUNG des neuerbauten großen
SCHÜTZENHAUS-SAALES, eines schönen Meisterwerks der Baukunst, geplant, zu welcher nahezu 20 auswärtige
SCHÜTZENKORPORATIONEN Einladungen erhalten werden. Mit der Einweihung wird ein
PREIS~ & PRÄMIENSCHIESSEN verbunden.
Möchte, wie dies stets in
SENFTENBERG beim Eintreffen auswärtiger
GÄSTE der Fall war, die
BEWOHNERSCHAFT für
DEKORATION der Häuser & Straßen Sorge tragen und die alte
GASTFREUNDSCHAFT wieder aufwachen, damit der alte
RUHM treuen Zusammenwirkens auf die eintreffenden
FREMDEN ein bleibendes
ANDENKEN zurückläßt.
Über die
FEIERLICHKEIT selbst wird später noch berichtet werden.“
14. Juli 1897:
„Morgen, Donnerstag, Nachmittags von 5 Uhr ab findet auf dem
SCHÜTZENHAUSE hieselbst eine größere
KINDERBELUSTIGUNG statt. Unsere
STADTKAPELLE wird heitere Weisen erklingen lassen und von Herrn B i k o werden lehrreiche, amüsante
VORTRÄGE zu Gehör gebracht.
ABSINGUNG verschiedener patriotischer
JUGENDLIEDER, sodann ein
FESTZUG der Kinder und Anderes mehr werden die Stunden verschönen. Da das
ENTREE sehr mäßig gestellt, wollen wir wünschen, daß die
THEILNAHME von Seiten unserer
EINWOHNER eine recht rege sein möge!“
04. August 1897:
„Der Bau des
NEUEN SCHÜTZENSAALES ist nunmehr bereits so weit vorgeschritten, daß für morgen, Donnerstag, 5. August, die
EINWEIHUNG desselben für die hiesige
EINWOHNERSCHAFT stattfinden kann. Es ist dazu
CONCERT der hiesigen
STADTKAPELLE und darauf
BALLMUSIK angesetzt und ist wohl anzunehmen, daß
JEDER, der Verständnis für die Größe der Opfer besitzt, welche Herr H ä n i g mit diesem
UNTERNEHMEN für die Stadt gebracht hat, bestrebt sein wird, seiner
ANERKENNUNG schon bei dieser ersten Gelegenheit durch persönliches Erscheinen Ausdruck zu geben. Hoffentlich ist diese
ANERKENNUNG so allgemein, daß der geräumige
SAAL gefüllt wird – dazu gehören aber sehr
VIELE, da die neuen & alten
RÄUME wohl an
800 BESUCHERN reichlich Platz bieten.
Der
SAAL ist auch ausgiebig mit
ELEKTRISCHEM LICHT ausgestattet, welches in eigener Anlage erzeugt wird; eine gestern Abend stattgehabte
PROBEBELEUCHTUNG fiel glänzend aus. Ebenso hat das Etablissement
DAMPFHEIZUNGS-ANLAGE für den Winter und sonstige
ANNEHMLICHKEITEN, allen Anforderungen der Neuzeit Rechnung tragend. Die früher so oftmals gewünschten
GRÖSSEREN RÄUME sind nun vorhanden, möge der Unternehmer jetzt auch die wohlverdiente
ANERKENNUNG finden.“
11. August 1897:SCHÜTZEN, SCHÜTZEN kommt heran, Thür & Thor sind aufgethan.
Wenn die Büchse lustig knallt, Jung & Alt zum Feste wallt;
wir steh’n bei Euch, geben Acht, lernen, was den SCHÜTZEN macht,
nicht zu viel & nicht zu wenig, so nur wird man SCHÜTZENKÖNIG. „Nach dem entworfenen
PROGRAMM beging am Sonntag & Montag unsere
SCHÜTZENGILDE das diesjährige
LUSTSCHIESSEN, verbunden mit
FESTLICHER ERÖFFNUNG DES NEUEN SCHÜTZENHEIMS. Während am ersten Tage Herr Fleischermeister Emil W o l f f die Königswürde und Herr Maurerpolier Hermann S c h n e i d e r die Marschallswürde erzielten, vergnügte sich das zahlreich erschienene
PUBLIKUM bei
CONCERT & TANZ, bis die vorgerückte Abendstunde zum Einmarsch mahnte. Montag früh rückte die
GILDE zum Empfang der auswärtigen Gäste nach dem
BAHNHOFE und brachte solche nach dem
STANDQUARTIER. Es waren den zahlreichen
EINLADUNGEN >uniformiert< nur die
GILDEN aus Kamenz mit 41 Mann, Hoyerswerda & Ruhland mit je 1 Mann gefolgt, während Kirchhain, Lübbenau, Hoyerswerda & auch Ruhland
ABORDNUNGEN >in Civil< entsandt hatten. Nach kurzem
UM~ & AUSMARSCH nach dem
FESTPLATZE begann sehr bald das
PREIS~ und anschließend das
LAGENSCHIESSEN. Herr Bürgermeister Z i e h m hieß die
GÄSTE herzlich willkommen und brachte dem
ERBAUER des neuen
SAALES, Herrn H ä n i g, ein 3-maliges
HOCH aus, welches dieser dankend erwiderte . Nach 12 Uhr trat eine
PAUSE ein, das Signal rief zur
FESTTAFEL, an welcher rege Betheiligung und recht kameradschaftliche Vereinigung stattfand. Die
FESTTAFEL bot das Beste und so konnte nach erfolgter Stärkung bald das
SCHIESSEN wieder beginnen, bei dem die
16 SIEGER folgende
PREISE erhielten:
(1) eine geschliffene Bowle (2) ein ½ Dutzend Silberlöffel (3) ein Paar Silberleuchter (4) eine Fruchtschale mit Silberständer (5) eine Cakes-Dose mit Silberständer (6)(7)(8) je eine Silberschale (9) eine silberne Butterbüchse (10)(11) je eine Flasche Champagner (12) eine Flasche Bordeaux (13) ein von Herrn Bäckermeister Wesenfeld gefertigter & gestifteter Bienenkorb aus Maccaronenteig (14) eine Flasche guten Weins (15) ein Carton Chocolade-Confect (16) eine Torte; Nach Anbringung der
FAHNEN begann kurz darauf der
BALL im neuen, elektrisch erleuchteten
SAALE, der die
FESTTHEILNEHMER noch recht lange zusammen hielt.
DANK galt auch den EINWOHNERN, welche das FEST durch SCHMÜCKEN einzelner HÄUSER verschönern halfen.“