Das DORF SAUO glich zuletzt einer INSEL inmitten von BRAUNKOHLENGRUBEN, obwohl sie Direktverbindungen zu den NACHBARGEMEINDEN Meuro, Drochow, Dobristroh (Freienhufen), Hörlitz, Paradies / Senftenberg II, Jüttendorf, Thamm, Rauno, sowie der Stadt Senftenberg besaß, die allerdings bis auf die Straße SAUO – MEURO und SAUO – SENFTENBERG durch die zunehmende AUSKOHLUNG nachfolgend unterbrochen wurden. Bis in die 1880er Jahre waren die Bewohner des von Feldern, Wald, Wiesen & Weinbergen geprägten
DORFES SAUO zumeist
ACKERBAUERN & HEIDEBEWOHNER, deren
ÄCKER Getreide wie Heidekorn & Hirse sowie Kartoffeln lieferten. Aus den ausgedehnten
KIEFERNWÄLDERN holten sie ihr dringend benötigtes Brennholz sowie die sehr geschätzte Nadelstreu und von den zahlreichen
WIESEN ernteten sie nahrhaftes Futter für ihr Vieh. Die hinter den Gehöften angelegten
HAUSGÄRTEN versorgten die Hausfrauen mit Gemüse & Gewürzkräutern, und die
WEINBERGE lieferten neben Obst den bei allen
DORFFESTEN beliebten, zweifelhaft wohlschmeckenden „Senftenberger Wein“, wovon bei den sich stets über mehrere Tage erstreckenden
FESTLICHKEITEN selbstredend größere Mengen ausgeschenkt wurden. Alt & Jung vergnügte sich zur
FASTNACHT oder
KIRMES, beim
STOLLENREITEN und vielen anderen
FESTEN, die gewöhnlich auch mit einem großen
SCHLACHTFEST einhergingen und oftmals sogar die Ausmaße von Hochzeiten, Taufen & Begräbnissen annahmen.
Für die
VORBEREITUNGEN der zahlreichen
FAMILIENFESTE, damit die
HAUSFRAUEN nicht ständig zu Fuß mit der Tragekiepe den beschwerlichen Weg in Richtung Senftenberg zurücklegen mussten, um ihre täglichen
EINKÄUFE zu tätigen bzw. wichtige
DIENSTLEISTUNGEN zu erledigen,
sorgten im
DORF insgesamt 3 Bäcker, 2 Fleischer, 1 Gemüsehändler, 2 Schuhmacher, 1 Friseur & 1 Malermeister.
Für die
DURCHFÜHRUNG der im Jahreslauf anfallenden
DORFFESTE zeichneten im Jahre 1910 in
SAUO vor allem zwei „hauptamtliche“
GASTWIRTSCHAFTEN verantwortlich:
SCHANKWIRTE PAUL BRATSCHICK in der Senftenberger Straße 1, sowie
HERMANN BEUSTER in der Görlitzer Straße 14.
Beide
LOKALE existierten nebeneinander, und allem Anschein nach in gutem Einvernehmen, was in der Gegenüberstellung der
INSERATE im >Senftenberger Anzeiger< abzulesen ist.
Eine kleine Portion
NEID~ & KONKURRENZDENKEN ist allerdings daran abzulesen, dass beide
GASTWIRTE ihre traditionellen
JAHRES~ & speziellen
VEREINSFESTE am
GLEICHEN KALENDERTAG „durchzogen“, um ihre
STAMMGÄSTE an sich zu binden…
Die von mir eingesammelte, enorme
INSERATENFLUT soll deutlich machen, wie wichtig für einen
CHRONISTEN die
EINLADUNGEN zu diversen
VERANSTALTUNGEN sind, die das im
BRAUCHTUM geerdete
DORFLEBEN Revue passieren lassen, wobei wir
HEIMATFORSCHER selbstredend mit den Schreibfingern schnipsen,
wenn wir Begriffe wie
STIFTUNGSFEST, GESCHLOSSENES KRÄNZCHEN, HUNDERENNEN, EIERGREIFEN, AUSSCHIEBEN, BOCKMÜTZEN & REIGENFAHREN „übersetzen“ dürfen.
Ab den 1920er Jahren fanden die zahllosen
ANZEIGEN durch drastisch zunehmende
KOLUMNEN, REPORTAGEN & VERANSTALTUNGSBERICHTE eine überaus detaillierte Ergänzung, derer sich allerdings aus Kostengründen nur die größeren
STÄDTE & GEMEINDEN bedienten.
DAS DORFGASTHAUS
war zu allen Zeiten als besonders aufschlussreicher
MITTELPUNKT DES ÖRTLICHEN KULTURLEBENS angesehen worden, weil es – abgesehen von der
DORFKIRCHE – über den größten
RAUM zur Abhaltung von
FEIERN & FESTEN verfügte. Hier fand sich die
DORFGEMEINSCHAFT bei allen wichtigen
ANLÄSSEN zusammen, ja, man kann sogar behaupten, dass dieselbe in diesen
VIER WÄNDEN erst wirklich geformt wurde. Diese
RIESENGROSSEN SÄLE, in denen einstmals sehr oft
HOCHZEITEN des Dorfes gefeiert wurden, mitunter politische
VERSAMMLUNGEN stattfanden und am
SCHÜTZENFEST der Humpen geschwungen wurde, wo der
KRIEGERVEREIN seine Heimat hatte und natürlich auch der
GESANGVEREIN mindestens einmal in der Woche seine
STIMMEN erschallen ließ, um für das nächste
SÄNGERFEST gerüstet zu sein, waren in fast jedem
DORF unserer Region zu finden.
Letzteres so geschehen auch am 10. Juli 1910, als sich nämlich in SAUO einige GESANGVEREINE aus der Umgegend des Dörfchens zu solch einem FEST ein Stelldichein gaben, von dessen PLANUNG der >Senftenberger Anzeiger< bereits am 6. Mai berichtete:„Nachdem im vergangenen Jahr unser Militär-Verein das Fest seiner Fahnenweihe beging, rüstet sich nun der älteste Verein unseres Ortes, der GESANGVEREIN >EINTRACHT<, um am 10. Juli sein 25jähriges Bestehen zu feiern. Von den ehemaligen Begründern und Mitgliedern des Vereins sind nur noch ungefähr ein halbes Dutzend vorhanden.
Neue Mitglieder und Kräfte sind dem Verein geworden und haben die Lücken, die durch Tod oder sonstigen Abgang entstanden, immer wieder ausgefüllt.
Seit etlichen Jahren ist dem Männerchor auch noch ein gemischter Chor hinzugetreten, deren Mitglieder stets ein großes Interesse dem Gesang entgegen gebracht haben.
Gar oftmals haben unsere Sänger Gelegenheit gehabt, von ihrem Können eine Probe abzulegen, mag es bei fröhlichen oder traurigen Begebenheiten gewesen sein.
Der Gesang erfreut und erhebt des Menschen Herz, daher das alte Motto:
>WO MAN SINGT, DA LASS DICH RUHIG NIEDER, BÖSE MENSCHEN HABEN KEINE LIEDER:<
Der eigentliche Stiftungstag ist der 20. März. Der Verein hat für den 10. Juli eine größere Festlichkeit geplant, zu welcher die benachbarten Vereine eingeladen werden sollen.
Hoffentlich erscheinen sie alle recht vollzählig, um sich mit uns am deutschen Volkslied zu erfreuen.“Am Tag darauf berichtete das LOKALBLATT speziell für die Dörfler, die das FEST verschlafen hatten, vom VERLAUF des offensichtlich überaus gelungenen JUBILÄUMSFESTES:
„Die FEIER seines 25jährigen Bestehens beging am vorigen Sonntag der hiesige GESANGVEREIN im Bratschick’schen Etablissement.
8 VEREINE nahmen daran als GÄSTE teil, 5 von außerhalb und 3 Ortsvereine. Eine Anzahl EHRENJUNGFRAUEN beteiligte sich ebenfalls an dem FESTZUGE.
Nachdem derselbe auf dem PLATZE angelangt war, hielt der Vorsitzende des Vereins die FESTREDE und schloß mit einem dreimaligen HOCH auf Seine Majestät, den Kaiser.
Hierauf sang der VEREIN das BEGRÜSSUNGSLIED und sodann sprach Herr Lehrer L e i t n e r und feierte in seiner REDE besonders das DEUTSCHE LIED,
gedachte der VEREINSGRÜNDER und schloß mit den besten Wünschen für die Zukunft. Nachdem überreichten die GASTVEREINE diverse FAHNENGESCHENKE.
Nach Auflösung des FESTZUGES vergnügte sich alles bei den reichlich dargebotenen Unterhaltungen durch KONZERT der SAUOER KAPELLE & GESÄNGE, sowie Glücksbuden & Karussell etc.
DAS FEST VERLIEF IN SCHÖNSTER STIMMUNG.“Das
DÖRFCHEN SAUO beließ es 1910 nur bei
KLEINEN ANNONCEN im Lokalanzeiger und verzichtete darüber hinaus (fast) gänzlich auf ausführliche
BERICHTE.
Somit blieben die beiden obenstehenden
SÄNGERFEST-BERICHTE DIE EINZIGEN WORTMELDUNGEN des gesamten Jahres
1910.
Die kostensparende
DEVISE der Sauoer Bürgerschaft war
SO EINFACH WIE WIRKUNGSVOLL:
Ein kleines INSERAT reicht als LOCKMITTEL aus – wer kommt, der kommt – und wer nicht kommt, muss auch nicht wissen, wie’s war…