Für den heutigen Kommentar habe ich mir einen sachkundigen Zeitzeugen,
DIETMAR SEIDEL, einen echten
HÖRLITZER und bekannten
ORTSCHRONISTEN zur Unterstützung geholt.
Beim traditionellen Frühlingsfest des Vereins überraschte er uns nämlich mit der Tatsache, dass 2014 ein bemerkenswertes Jubiläum für Hörlitz anliegt, wenn auch der eigentliche „Jubilar“ nicht mehr am Leben ist:
der 100. Jahrestag der Einweihung des ehemaligen Bismarckturms.
An Hand eigener Dias hielt dann der Nestor des örtlichen Heimatvereins Rückschau und ~erinnerung an dieses einst monumentale BauwerK. Wenn sich auch ev. einige Fakten wiederholen, möchte ich Ihnen seine Eloge nicht vorenthalten:
DIE GESCHICHTE DES WASSERTURMS
in HÖRLITZ / SFB II „Als Ende 1800 in Deutschland zu Ehren von BISMARCK Türme errichtet wurden, entstand auch 1885 ein solcher auf dem Koschenberg.
Da dieser aber nur aus Holz erbaut wurde, war er um 1900 schon so baufällig, dass man entschied,
einen neuen zu bauen. Die Spendengelder hierfür reichten aber nicht aus.
Als dann im Jahre 1912 die Niederlausitzer Wasserwerksgesellschaft gegründet wurde und für die Trinkwasserversorgung ein Speicherturm gebraucht wurde, einigte man sich darauf, einen WASSERTURM zu bauen, der gleichzeitig als BISMARCKTURM dienen konnte.
So entstand auf dem Paradiesberg an der Grenze zwischen Hörlitz und Senftenberg II „unser WASSERTURM“ als einer von 365 „Bismarcktürmen“ in Deutschland.
Er wurde von dem Architekten B e n d e r aus Dresden entworfen und aus Ziegelmauerwerk und Eisenbeton errichtet. Er hatte eine Höhe von 42,8 m und ein Fassungsvermögen von 350 qm Wasser.
Die Dachkonstruktion trug in ihrem obersten Teil eine runde Feuerschale aus Kupferblech von rund 2,5 m Durchmesser zur Abbrennung eines weithin sichtbaren Feuerzeichens, dem sogenannten „Bismarckfeuer“, an seinem Geburtstag und anderen vaterländischen Feiertagen.
Über der Eingangstür wurde eine Bronzeplakette mit dem Relief des Fürsten Bismarck angebracht, welche man in der Kunstgießerei Lauchhammer hatte anfertigen lassen. Zur Benutzung als AUSSICHTSTURM war eine begehbare Treppe, welche sich im Inneren entlang wendelte, ausgeführt worden.
Für die Aussicht dienten die sich rings um den Turm erstreckenden AUSTRITTE, welche mit kräftigen schmiedeisernen Geländern versehen waren. Der erste war 6,5 m, der zweite 37 m über Gelände-Oberkante angeordnet.
Die feierliche Einweihung erfolgte am 1. April 1914, also vor genau 100 Jahren. Seitdem diente der Turm 50 Jahre lang der Trinkwasserversorgung von Senftenberg und Umgebung.
Für uns war dieser markante Turm ein WAHRZEICHEN unserer Heimat: wenn man von einer Reise zurückkehrte und den Wasserturm sah, wusste man sofort, dass man wieder daheim war.
Leider musste der Turm, wie so vieles in unserer Region, dem Tagebau weichen.
Im Zuge des Aufschlusses vom Tagebau Meuro wurde er am 20. Januar 1965 gesprengt.
Zwischen 10 und 11 Uhr verfolgten Schaulustige dies recht wehmütig, teils mit Tränen in den Augen.
Es gab eine ohrenbetäubende Detonation – und der einst über der Senftenberger Tiefebene thronende Gigant sank in sich zusammen…“
Nach diesem kleinen historischen Diskurs bleiben für mich nur noch einige abschließende
KINDHEITSERINNERUNGENübrig, die ich meinen ehemaligen Schulfreunden & Spielkameraden widmen möchte:
„Der ziemlich steil abfallende Paradiesberg diente der Jugend im gesamten Jahreslauf zu allerlei Vergnügungen.
Im Winter war er ein ziemlich anspruchsvoller, temporeicher Rodelberg - zu Ostern ließ man hartgekochte Eier auf einer sehr langen, sogenannten "Wallei-Bahn" bergab rollen.
Da der Turm dicht an der Grenze zwischen Hörlitz und Senftenberg II stand, lieferte sich die männliche Jugend beider Orte "erbitterte Kämpfe" mit „Katschern“ – so hießen damals die selbstgebauten Katapulte – um die Herrschaft am Wasserturm-Berg. Dabei hatten es die jeweiligen „Angreifer“ natürlich besonders schwer, da sie bergan schießen mussten. Diese traditionelle Fehde hielt sich lange Zeit. Nachdem sich aber eines Tages ein „Verteidiger“ eine stark blutende Kopfwunde zuzog, wurden die Revierkämpfe endgültig eingestellt. Der Zwist zwischen den Ortsteilen wurde mit einem „immer währenden Waffenstillstandsabkommen“ befriedet. Beide Parteien richteten sich unterhalb des Wasserturms einen provisorischen Volleyballplatz ein,
auf dem man nur noch im friedlichen Wettstreit die Kräfte messen konnte.
Außerdem ging es von hier aus zu Pilzwanderungen in die "Hörlitzer Alpen", die sich bis nach Schipkau erstreckten oder zur Sonnenwendfeier auf dem "Touristenplatz", wo ganz mutige Liebespärchen gemeinsam übers niedergebrannte Feuer sprangen.
Oft ließ Jung und Alt den Abend bei Musik und Tanz in der beliebten Gaststätte "Paradies" unterhalb des Wasserturms ausklingen oder traf sich zu Bier und Korn und gemütlichem Billiard- und Skatspiel unweit davon bei "Neumanns Ernstl"…“