NeueresÄlteres
395 394 393 392 391 390 389 388 387 386 ♦ 385 ♦ 384 383 382 381 380 379 378 377 376 375 374 373 
605  600  550  500  450  400  350  300  250  200  150  100  50  1  
04.08.2019
6 Kommentare

Druckversion


Wir bleiben in dieser Woche noch einmal beim nassen Element, dem Wasser. Selbiges hat zuweilen auch negative Nebenwirkungen wie ein Beispiel aus der Senftenberger Geschichte zeigt, als im Juni 1926 die Elster großflächig über die Ufer trat und damit die einheimische Bevölkerung über einen Zeitraum von zwei Monaten beschäftigte.

Die Auswirkungen dieses Naturschauspiels sind anhand der damaligen Lokalpresse anschaulich dokumentiert, weshalb ich im Großen und Ganzen auf die Berichterstattung des Senftenberger Anzeigers zurückgreifen kann. Flankiert wird der Text durch sieben Fotografien, die einen kleinen Einblick in das Außmaß der Überflutung und die damit verbundenen "Rettungsaktionen" geben.

- Senftenberg, 16.Juni. (Hochwasser in der Elster.) Das überall auftretende Hochwasser hat auch unsere Gegend nicht verschont. In den Morgenstunden des heutigen Tages stieg das Wasser so stark, daß die Elster ihr altes Bett verließ und das Vorland bis zu den Dämmen überschwemmte. Der Wasserspiegel hob sich in 2 Stunden ca. 60 Zentimeter. Das Restaurationsgebäude des Elsterbades ist zwar nicht gefährdet, obgleich das Wasser schon erheblich in die unteren Räume eingedrungen ist. Gleichfalls ist das Birkenwäldchen sowie die an der Sornoer Elster gelegenen Schrebergärten und die Vorlandwiesen stark überschwemmt. Der bisherige Schaden ist nicht erheblich, jedoch bemwerkenswert. Man rechnet mit einem weiteren Steigen des Wassers.

- Senftenberg, 17.Juni. Das Hochwasser in der Schwarzen Elster hält immer noch an und ist seit unserm letzten Bericht noch erheblich gestiegen. Der Wasserspiegel hat sich bis gestern abend auf 1,10 Meter über den Normalstand gehoben. In den Abendstunden des gestrigen Tages waren auf den Dämmen sehr viele Spaziergänger zu beobachten, welche sich den Anblick der Wassermassen nicht entgehen lassen wollten. Der Schaden ist größer als wir ursprünglich annahmen. Am empfindlichsten werden die Pächter der Schrebergärten des Vereins Heimatruh betroffen. Manche mühevolle Stunde nach Feierabend ist vergeblich gewesen. Dazu kommen noch die Kosten für Sämereien, Pflanzen usw. Bei weiterem Anhalten des Hochwassers dürften auch die unter Wasser stehenden Kartoffel- und Roggenbeete Schaden leiden. Das Gras der überschwemmten Vorlandwiesen, besonders an der Sornoer Elster, ist gleichfalls für Futterzwecke unbrauchbar geworden. Schäden an den Dämmen sind noch nicht zu bemerken. Das Wasser drückt jedoch schon auf den rechtsseitigen Wiesen in der Nähe des Eisenbahndamms, durch. Wie ältere Leute zu erzählen wissen, war unsere Gegend in früheren Zeiten während der Schneeschmelze und auch bei Wolkenbrüchen in den Sommermonaten des öfteren von Hochwasser bedroht gewesen.
Das letzte größere Hochwasser im Jahre 1897 während der Erntezeit ist vielen unseren Einwohner in lebhafter Erinnerung. Das Wasser reichte damals bis an die Gehöfte des Dorfes Buchwalde und bildete bis an die Niemtscher und Großkoschener Heide einen riesigen See. Das Korn stand gemäht in Puppen auf den Feldern. Um wenigstens etwas zu retten, wurde es mit Kähnen - alle verfügbaren mußten zu diesem Zweck herhalten - hereingebracht.
Wie wir in den heutigen Vormittagsstunden feststellten, ist das Wasser um weitere 25 Zentimeter gestiegen und flutet jetzt von der Schwarzen Elster schon vor der Fußgängerbrücke des Elsterbades in die Sornoer Elster. Mit der gleichen Schnelligkeit steigt das Wasser auch in der Sornoer Elster, sodaß jetzt auch die höher gelegenen Schrebergärten und die angrenzenden Felder unter Wasser stehen.

- Senftenberg, 18.Juni. Das Hochwasser der Schwarzen Elster hält mit unverminderter Stärke an. Der Wasserspiegel hat sich seit Donnerstag Nachmittag um weitere 30 Zentimeter gehoben und hat somit eine bedenkliche Höhe erreicht. Die Wassermassen dringen jetzt mit Schnelligkeit in die Buchwalder Felder ein, weil die Schwarze Elster das Wasser der Sornoer Elster wegen der höheren Lage des Wasserspiegels nicht aufnehmen kann und durch den Binde- und Salzgraben zurückflutet. - Am Eingang des Dorfes Buchwalde strömt das Wasser durch die Röhrenbrücke gleichfalls zurück und hat auch hier Wiesen und bestellte Felder unter Wasser gesetzt. An der Amtsmühle reicht es bis an den sogenannten Schwarzen Weg, dicht bis an die Dresdener Straße heran. In den Schrebergärten des Vereins Heimatruh ist alles überschwemmt. Es ragen nur noch die Kronen der jungen Bäumchen und die oberen Teile der Lauben aus dem Wasser.
Wie uns gestern mitgeteilt wurde, haben halbwüchsige sechzehn- bis siebzehnjährige Rangen die dort stehenden Beerensträucher und Lauben geplündert und den Schaden, der die Kleingärten ohnehin sehr empfindlich getroffen hat, mutwillig noch vergrößert.
Welchen Druck die Wassermassen der Schwarzen Elster haben, zeigte der Einsturz der Laufbrücke und des Sprungturmes des Vereins für volkstümlichen Wassersport in der vergangenen Nacht. Durch die vom Wasser mitgeführten Balken und Bretter wurde die Tonnenbrücke und sogar die massive Brücke am Elsterbad glatt mitgerissen.

Senftenberg
Aufnahme = 06.1926
Sammlung Familie Wendt
Senftenberg
Aufnahme = 06.1926
Sammlung Familie Wendt
Senftenberg
Aufnahme = 06.1926
Sammlung Familie Wendt

Um wenigstens die Ueberreste zu retten, wurde heute morgen gegen 7 Uhr die hiesige Freiwillige Feuerwehr durch die Sirene alarmiert. Der Sprungturm des Vereins für volkstümlichen Wassersport hatte sich an der Eisenbahnbrücke festgesetzt; während die zerbrochene massive Brücke des Elsterbades am Eisbrecher der gleichfalls schon bedrohten Niemtscher Brücke hängen geblieben ist.

Senftenberg
Aufnahme = 18.06.1926
Sammlung Familie Wendt
Senftenberg
Aufnahme = 18.06.1926
Sammlung Familie Wendt
Senftenberg
Aufnahme = 18.06.1926
Sammlung Familie Wendt

Durch sofort in Angriff genommene Bergungsarbeiten konnten die Brückenreste in Sicherheit gebracht werden. Mit der Bergung des Sprungturmes ist man bei Abgang dieses Berichtes noch beschäftigt. Stark beschädigt wurde noch die Rutschbahn im Elsterbad die, da man nicht heran kann, Gefahr läuft, unterzugehen oder wegzuschwimmen. Gleichfalls gefährdet ist die Fußgängerbrücke zum Elsterbad und die Fußgängerbrücke von Grube Marga nach Niemtsch. Die Mitglieder der Feuerwehr Grube Marga und hilfsbereite Einwohner sind dort beschäftigt, die heranschwimmenden Balken und Bretter herauszufischen, um zu verhindern, daß die eigene Brücke weggerissen und größerer Schaden am Wehr hinter Brieske vermieden wird.

- Grube Marga-Brieske, 18.Juni. Wie uns soeben unser an die gefährdeten Dammstellen entsandte Sonderberichterstatter mitteilt, besteht unterhalb des Dorfes Brieske an 5 Stellen die Gefahr eines Dammbruches. In einzelnen Abschnitten reicht das Hochwasser kaum noch eine Handbreit bis an den Dammweg. Alle Landwirte des Dorfes Brieske leisten Spanndienste. Am schwierigen Hilfswerk beteiligen sich weiterhin noch die Freiw. Feuerwehren von Grube Marga und Brieske. Die Ilse Bergbau hat gleichfalls eine 30 Mann starke Hilfskolonne an die Gefahrstellen entsandt. Die aufgestellten Meßgeräte zeigten in den späten Vormittagsstunden ein Steigen des Hochwassers um 2 Zentimeter in 25 Minuten an. Wenn nicht ein baldiges Fallen des Wassers eintritt, ist für die dortige Gegend das Schlimmste zu befürchten.

Senftenberg
Aufnahme = 18.06.1926
Sammlung Familie Wendt

- Biehlen-Brieske, 19.Juni. Das Hochwasser der gesamten Schwarzen Elster ist im langsamen, aber steten Fallen begriffen. Dank der aufopfernden Tätigkeit aller Hilfsbereiten ist es bisher zu Dammbrüchen und Unterspülungen in der hiesigen Gegend nicht gekommen. Der Wachdienst wird nach wie vor beibehalten. An den gefährdeten Stellen sind ausreichende Maßnahmen getroffen, um Schäden, falls das Hochwasser nochmals anschwillt, zu begegnen.

- Senftenberg, 22.Juni. Wie zu erwarten war, sank das Hochwasser der Schwarzen Elster ganz erheblich. Die bisher vom Wasser freigelegten Wiesen und Aecker bieten einen trostlosen Anblick. Der Schaden wird sich jedoch erst ermessen lassen, wenn die Schwarze wie die Sornoer Elster in das alte Bett zurückgetreten sind. Die in der vergangenen Nacht niedergegangenen reichlichen Regengüsse werden hoffentlich hier das traurige Bild nicht wiederholen lassen. Indessen werden fleißige Hände am Werk sein, um unser Elsterbad wieder in ordnungsfähigen Zustand zu bringen. Gebrauchsfähig wollen wir nicht sagen, soweit es das Wasser anbelangt: denn den unentwegten "Wasserratten" machte das Hochwasser nichts aus; eher konnte man das Gegenteil sehen. Zum Baden bei Hochwasser gehört jedoch ein sicheres Schwimmen.

- Senftenberg, 23.Juni. Der gestrige Tag war reich an Gewittern und Niederschlägen. ... Wie uns bisher bekannt wurde, richteten die Gewitter weiter keinen ernstlichen Schaden an Menschenleben und Gütern an. Der heftige anhaltende Regen brachte das Fallen des Hochwassers zum Stehen. Teilweise wird neues Anschwellen des Hochwassers gemeldet. ...

- Senftenberg, 1.Juli. Das Hochwasser der Schwarzen und Sornoer Elster ist in diesen Tagen vollends zurückgegangen. Unsere beiden sonst immer friedlichen Flüßchen fließen wieder in ihrem alten Bett. Stellenweise, in Tümpeln, Niederungen und in Normalzeiten trockenen Gräben ist mit Kohlenstaubschlamm vermischtes Wasser stehen geblieben. Das Stadtbauamt ist eifrig bemüht, die Schäden des Hochwassers wieder zu beseitigen. Im Elsterbad ist der Laufsteg auf Tonnen bereits seit einigen Tagen wieder begehbar. Augenblicklich wird die Rutschbahn instand gesetzt und die feste Fußgängerbrücke neu aufgebaut. Diese zusammengestürzte Brücke holte bekanntlich die hiesige Freiwillige Feuerwehr an der Niemtscher Brücke wieder ans Land. Der Badebetrieb wird, da das Wasser keine wesentlich starke Strömung mehr hat, in vollem Umfange wieder aufgenommen.

- Senftenberg, 7.Juli. Die starken Niederschläge der letzten Tage haben ein erneutes Steigen der Schwarzen und Sornoer Elster hervorgerufen, sodaß die südlichen Schrebergärten des Vereins "Heimatruh" sowie die Vorländer der Sornoer Elster wiederum unter Wasser stehen. Hält das Steigen des Wassers an, so haben wir Aussicht, das gleiche grausame Schauspiel noch einmal zu erleben. ...

- Senftenberg, 9.Juli. Das Hochwasser in der Sornoer und Schwarzen Elster steigt immer noch und hat fast den gleichen Stand erreicht, den es in der ersten Periode hatte. Diesmal sind Vorkehrungen getroffen, um Schäden an den Brücken zu vermeiden. Der Wassersportclub hat seinen Sprungturm abmontiert und der Laufsteg auf Tonnen im Elsterbad ist auf das Vorland gezogen worden. Wenn bei anhaltendem Steigen nicht weitere Vorkehrungen getroffen werden, um ein zuverlässiges Passieren vom Damm zum Elsterbad zu gewährleisten, so wird die Restauration wiederum als einsame Insel durch den Kahn erreichbar sein.

- Senftenberg, 12.Juli. Das Hochwasser der Schwarzen und der Sornoer Elster ist seit Freitag abend wieder im Fallen begriffen. Dem Beschauer zeigt sich abermals das traurige Bild der mit einer braunen Schlammschicht überzogenen Schrebergärten, Aecker und Wiesen. Die Heuernte im Gebiete der Sornoer Elster hat durch das erneute Steigen des Wassers einen nochmaligen Stillstand erfahren. In den tieferliegenden Wiesen hat das zum Teil noch stehende Gras erheblichen Schaden erlitten, sodaß die Hoffnung der Landwirte fast ganz zunichte geworden ist. -
Im Elsterbad hat die Ueberschwemmung der Vorländereien, die Fertigstellung der wieder aufgebauten festen Fußgängerbrücke zum Stillstand gebracht. Die Brücke ist etwas höher gelegt worden. Die Ab- und Zugänge sind, um einem stärkeren Verkehr reibungslos zu begegnen und das Passieren angenehmer zu machen, verbreitert worden. Mit dem Fallen des Wassers ist mit einer endgültigen Beendigung der Hochwasserperiode zu erhoffen.

- Senftenberg, 4.August. Die Schwarze Elster führt seit Montag wiederum Hochwasser und hat auch die Sornoer Elster über die Ufer treten lassen. Der südliche Teil der Gärten des Vereins "Heimatruh" steht durch das erneute Steigen des Wasserspiegels zum vierten Male unter Wasser. Gleichfalls sind auch wieder die Elstervorländer überschwemmt. Die unentwegten Kleingärtner, die immer wieder keine Mühe scheuten, wenigstens noch etwas aus dem Stückchen Land herauszuwirtschaften, stehen abermals vor ihren zerstörten Gärtchen. Die in der Nähe liegenden Wiesen und Aecker sind geräumt worden, um den im Entstehen begriffenen Schaden herabzumindern.

Und damit hatte es sich wohl... eine fünfte Verwüstung blieb den Kleingärtnern offenbar erspart.

- Senftenberg, 16.August. Die Hochwasserperiode scheint für die hiesige Gegend endgültig vorüber zu sein. Die Schwarze und die Sornoer Elster haben seit einigen Tagen wieder normalen Wasserstand. ...