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15501 Postkartenverlag Hugo Opitz, Leubnitz-Neuostra Aufnahme <= 1914 Sammlung Matthias Gleisner
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Links abgebildet der Wortlaut des Vertrages, der der Eingemeindung
Thamms nach Senftenberg zugrunde lag. So wie er den Lesern des Senftenberger Anzeigers
am 4. Juli des Jahres 1920 dargeboten wurde.
Demnach war man sich schon mehr als ein halbes Jahr zuvor "handelseinig", denn
die Unterschriften unter der Vereinbarung waren bereits seit Ende Dezember 1919
trocken. Danach musste nur noch die übergeordnete Behörde, das Innenministerium
Preußens, grünes Licht zu der Fusion geben. Dies geschah am 22. Juni 1920, womit der
ursprünglich anvisierte Termin 1. April 1920 nur um knapp 3 Monate überschritten wurde.
Ab dem 1. Juli 1920 gehörte damit der Senftenberger "Vorort" Thamm offiziell zu Senftenberg.
Alles in allem ging das wohl ziemlich geräuschlos über die Bühne. Ohne viel Gegenrede oder
anderweitiges "Tamtam". Die Jüttendorfer zierten sich da schon etwas mehr.
Diesem denkwürdigen Ereignis trage ich heute mit vier Ansichtskarten Rechnung, die allesamt
Szenen aus dem damaligen Thamm zeigen. Es steht zwar unmittelbar kein Jahrestag an, um
dies zu rechtfertigen: Aber mir flatterten in den letzten Tagen drei der vier Stücke unerwartet
in die gute Stube und angesichts des drohenden Endes von www.gruss-aus-senftenberg.de (noch 13
Neues-Seiten!) möchte ich das geneigte Publikum natürlich an meiner Freude über das Auftauchen
dieser teilweise wirklich seltenen Stücke teilhaben lassen.
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W. Rummler, Photogr. Anstalt, Görlitz, Kunnerwitzerstr. 1 0 9 Aufnahme <= 1914 Sammlung Matthias Gleisner
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Den Vogel in Sachen "Seltenheit" schiesst sicherlich die Ansichtskarte ganz oben ab. Erst unlängst erfuhr ich
überhaupt von der Existenz dieses Stückes und drei Wochen später folgte dann doch tatsächlich ein Original!
Auch das zweite Stück mit dem Blick auf den Gasthof zum Stern ist in der zweifarbigen Version schon
mehr als selten. Die colorierte Fassung setzt dem Ganzen aber noch einen drauf.
Den Gasthof sehen wir (etwas entfernt) auch auf dem nächsten Stück. Dieses ist ebenfalls nur schwer zu finden und
ich präsentiere heute im Gegensatz zur ersten vorgestellten Version eine leicht veränderte Variante. Generell hatte
ich von diesem Motiv über all die Jahre erst zwei Stück in der Hand!
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Photographie und Verlag Wilhelm Brückner, Senftenberg R. 0623 Aufnahme <= 1905 Sammlung Matthias Gleisner
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Bei beiden bekannten Versionen erkennt man eine gehörige Portion Nacharbeit. Warum man es damals
für nötig hielt, zeichnerisch ziemlich stark nachzuhelfen, erschliesst sich mir nicht.
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Der nachfolgend abgebildete Ausriß aus einem Stadtplan des Jahres 1910 verdeutlicht, welches Territorium 1920 einverleibt wurde.
Die hellblau unterlegten Flächen zeigen die zu Thamm gehörenden Liegenschaften. Zu diesem Zeitpunkt lebten in Senftenberg 8051
Menschen und in Thamm 3232. 2 Jahre später - 1912 - war das Verhältnis mit 8376 zu 3282 ähnlich. Bis 1921 war die Bevölkerung
Senftenbergs, einschließlich (Ex-)Thamms um fast 3500 auf 15032 angewachsen. Von diesem Bevölkerungsanstieg dürfte ein gehöriger
Anteil auf das Territorium von Thamm zurückzuführen sein. Auf dem Stadtplan unten, erkennt man viele Flächen im Gebiet der heutigen
August-Bebel- oder Felix-Spiro-Straße, die erst nach 1910 bebaut wurden.
Übrigens auch zu sehen: Die Fläche, auf dem mein Wohnhaus steht, gehörte ursprünglich zu Jüttendorf, dessen Territorium in dem
Plan mittelbraun unterlegt ist...
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Ich schrieb weiter oben von vier Ansichtskarten, die heute auf meinem Zettel stehen und da
ist auch schon das noch fehlende Stück.
Zumindest der obere Teil - die Außenansicht von Michael's Gasthaus - ist bekannt. Bislang stellte
ich drei Exemplare vor, die ebenfalls mit diesem Motiv aufwarten. Sie sind allesamt rechts unten aufgereiht.
Heute erhalten wir zusätzlich eine bislang unbekannte Ansicht von dem Garten im rückwärtigen Teil
des Lokals. Die Aufnahme ist zwar neu aber inhaltlich auch nicht weiter erhellend. Daß Michael's
Gasthaus einen derartigen Garten besaß, in dem die Gäste auch bewirtet wurden, wissen wir schon
von anderen Ansichtskarten, die auch immer mal wieder bildlich auf diesen Umstand verwiesen.
Bemerkenswert: das heutige Stück liefert die bislang beste Bildqualität aller vier Inkarnationen.
Sucht man auf dem Stadtplan nach besagtem "Gasthaus Thamm" so stellt man fest, daß es zur Entstehungszeit
dieses Planes mit das südlichste Bauwerk innerhalb Thamms war. Wie schon oben angemerkt, ist die
übergroße Mehrheit der Parzellen südlich der Moritzstraße ohne jegliche Bebauung wiedergegeben. Möglicherweise
handelte es sich um Garten- oder Ackerflächen, die erst in den Folgejahren mit Wohnbauten ausgestattet wurden.
Wie gesagt: die Eingemeindung Thamms verlief weitestgehend einvernehmlich und ohne großes Störfeuer
der Thammer Gemeindevertreter. Ganz anders verhielten sich die Jüttendorfer. Es war nämlich ursprünglich
geplant, Thamm und Jüttendorf gleichzeitig einzugemeinden. Die Jüttendorfer Vertreter lehnten
dieses Ansinnen mit 7 zu 6 Stimmen ab.
Erst drei Jahre später waren alle Bedenken und Widerstände soweit ausgeräumt, daß nunmehr auch Jüttendorf
als eigenständiges Verwaltungsgebilde aufhörte zu existieren und Teil von "Groß"-Senftenberg wurde.
Aber dies kann man vielleicht an anderer Stelle noch einmal vertiefen.
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Kunstverlag Hugo Opitz, Dresden-Leubnitz-Neuostra 20752 Aufnahme <= 1914 Sammlung Matthias Gleisner
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Nachtrag
Glücklicherweise lesen hier ja noch ein paar Leute mit und weisen mich auf Ungenauigkeiten und Fehler hin.
Eigentlich hätte ich es selbst sehen müssen aber irgendwie war wohl wieder einmal die Zeit knapp...
Besagter Stadtplan aus 1910 enthält tatsächlich für das fragliche Areal 2 verschiedene Darstellungen.
Die zweite und von mir nicht beachtete (siehe rechts) beinhaltet die entsprechende Symbolik, die anzeigt, daß
die allermeisten Grundstücke zu diesem Zeitpunkt tatsächlich bebaut waren. Insofern ist meine oben getroffene
Aussage mit dem "südlichsten" Gebäude von Thamm natürlich purer Blödsinn. Sorry for that!
Warum man bei dem Plan so vorging, daß man in der "großen" Zeichnung Details wegließ, darüber kann man nur spekulieren.
Vielleicht war einfach nicht genügend Raum vorhanden, um eine möglichst genau Wiedergabe der Gegebenheiten in die
Zeichnung hineinzuzirkeln.
Wer weiß?
Aber es ist doch schön, daß ich (ungewollt) doch noch Leute zum Mitmachen anregen kann.
Danke für deinen Hinweis, Dietmar!
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