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25.02.2024
3 Kommentare

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Wer, wie ich, die Lokalpresse hinsichtlich heimathistorischer Belange aufmerksam liest, dem wird nicht entgangen sein, daß der Senftenberger Heimatverein nach dem Zeitpunkt der Errichtung/Einweihung/ Inbetriebnahme des Pavillons im Schloßpark sucht.
Hätte man mich gefragt... ich hätte auch kein konkretes Datum nennen können.

Doch aufgrund meiner jahrelangen Fotoforensik kann ich zumindest verkünden: allerspätestens Mitte 1915!
Dieser Zeitpunkt ist durch Ansichtskarten/Fotos sicher belegt. Beispielsweise durch Exemplare wie das folgende...

Senftenberg
Verlag Rob. Lehmann, Thamm-Senftenberg.
Aufnahme <= 1915
Sammlung Matthias Gleisner
Grundsätzlich ist das Motiv stark manipuliert. Der komplette untere Teil ist künstlich hinzugefügt worden. Möglicherweise weil der größere der beiden Teiche (noch) nicht genügend Wasser führte. Was aber reine Spekulation meinerseits ist.
Was den wichtigsten Teil der Abbildung, besagten Pavillon, betrifft, kann ich keine Nachbearbeitungen attestieren. Und wenn mich nicht alles täuscht, dann haben wir es hierbei mit der bislang frühesten Darstellung des Bauwerks zu tun. Dies leite ich aus der Wuchshöhe der Vegetation in unmittelbarer Nähe des Pavillons ab.

In der Tat ist es aktuell sehr schwierig, das Datum der Errichtung des Pavillons, ja sogar die zeitliche Schiene der Gestaltung des sogenannten "Kaiser-Wilhelm-Parks" stichhaltig zu belegen. Unter Umständen könnten hierbei Akten im Senftenberger Stadtarchiv weiterhelfen. Aber vielleicht gibt es derartige dort gar nicht (mehr).

In diesem Fall bliebe dann nur noch eine Fahrt ins Brandenburgische Landeshauptarchiv (BLHA). Dort lagert eine Akte mit dem Titel "Herstellung des Kaiser-Wilhelm-Parks, 1912-1916", die sicher ganz hilfreich sein könnte. Warum diese Akte dort - und nicht hier in Senftenberg - liegt, ist eine andere Geschichte.

Der Senftenberger Anzeiger, der in vergleichbaren Fällen eigentlich eine ganz gute Quelle ist, fällt hinsichtlich des Kaiser-Wilhelm-Parks komischerweise fast komplett aus. Man erfährt aus den vorliegenden Ausgaben so gut wie nichts über die Planung, die Umsetzung oder den Abschluß der Maßnahme.
Einem Bericht über die am 17. Oktober 1913 stattgefundene Stadtverordneten-Sitzung können wir folgendes entnehmen:

Seitens des Magistrats wurde angeregt, ob nicht der vordere Schloßteich, vermöge seines guten Baugrundes, der Bebauung erschlossen, und der geplante Volkspark in einer anderen, mit den jetzigen Anlagen in Verbindung stehenden Stelle errichtet werden solle. In der Versammlung war hierüber keine Stimmung; es wurde vielmehr beschlossen, den Volkspark als "Kaiser-Wilhelm-Park" in dem vorderen Schloßteiche, also zwischen dem Wall und der Dresdenerstr., der Amtsmühle und dem Pilke'schen Grundstück zu errichten.

Demnach war die Idee wohl zuvor unter dem Stichwort "Volkspark" bekannt und man legte an jenem 17. Oktober das "Zielgebiet" fest. So wie es letztlich auch umgesetzt wurde. Am 28. Januar des Folgejahres stimmte der Magistrat diesem Vorschlag zu. Diese Information kann man aus der Berichterstattung zur Stadtverordneten-Sitzung am 2. Februar 1914 entnehmen.
Bis dahin kann also logischerweise noch nichts tatsächlich in Angriff genommen worden sein. Weder die gärtnerische Umgestaltung, noch eine Errichtung von Pavillon & Co..

Konkreter wurde es erst am 30. April 1914. An diesem Tag erschien nämlich im Senftenberger Anzeiger nebenstehende Bekanntmachung. Demnach hatte man das Gesamtprojekt in zwei Lose aufgeteilt. Zum einen in die gärtnerischen Arbeiten und zum anderen in die Bauarbeiten. Zu letzteren dürfte unter anderem die Errichtung der massiven Brücke zwischen den beiden Teichen und die Herstellung des Pavillons gehört haben.

Bedeutet: bis zu jenem 30. April 1914 existierte kein Pavillon.

Von einer Stadtverordneten-Sitzung am 15. Juni des Jahres wird berichtet:

Zur Herstellung des Kaiser-Wilhelm-Parkes sind eine größere Anzahl Offerten eingegangen und es war Gärtnereibesitzer Rudolf Neumann hier der Mindestfordernde mit 17177,10 Mk. Nächstfordernder ist der Gärtnereibesitzer Heitmann. Versammlung erteilte dem Herrn Neumann den Zuschlag. Für die Baulichkeiten waren ebenfalls Projekte eingegangen und ist das des Bauunternehmers A. Schneider dasjenige, welches am besten anspricht. Der Zuschlag auf die Baulichkeiten wurde jedoch noch vertagt.

Senftenberger Anzeiger (30. April 1914)
Realistisch betrachtet, kann damit das erste Halbjahr 1914 selbst für den Start der Arbeiten nicht infrage kommen.

Am 2. Juli wurde noch ein Verding zur Ausführung der Wasserzuleitungs-Anlage für die Bewässerung des Kaiser-Wilhelm-Parks veröffentlicht, doch wir erhalten keine Informationen mehr, ob nun Bauunternehmer Schneider den Zuschlag erhalten hat und noch weniger, wann das gewesen sein könnte.

Einen Monat später - am 2. August 1914 - ruft der Kaiser den Kriegszustand aus. Das Deutsche Reich tritt mit diesem Tag in die als I. Weltkrieg in die Geschichtsbücher eingegangenen militärischen Auseinandersetzungen ein. Dieses einschneidende Ereignis schlägt sich umgehend in der Berichterstattung des Senftenberger Anzeiger nieder. Nicht genug, daß ab sofort die Zeitung mit Berichten von den westlichen, östlichen und südlichen "Kriegsschauplätzen" geflutet wird, auch unter "Lokales und Heimatliches" liest man für die nächsten Monate fast ausschließlich Ergebnisse von Geld- und Sachspenden zugunsten der Soldaten, des Roten Kreuzes, des Roten Halbmondes, Kriegsblinden und dergleichen. Hinzu gelangen Auszüge der amtlichen "Verlustlisten". Die Liste der Verwundeten und Gefallenem aus dem engeren und weiteren Veröffentlichungsgebiets des Anzeigers wurde immer länger. Zudem werden die Spalten, die ursprünglich lokalen Ereignissen vorbehalten waren, immer mehr durch Texte aus "Feldpostbriefen", die die Empfänger hier vor Ort scheinbar Körbeweise dem Senftenberger Anzeiger zum Abdruck überließen, okkupiert.
Jedenfalls erfahren wir in Folge nichts mehr über die Arbeiten am Park. Nichts über einen Abschluß. Nada. Niente. Nothing.

Und so bleibt aktuell nur die relativ sichere Annahme, daß der Pavillon zwischen dem 2. Halbjahr 1914 und dem Sommer 1915 zur Errichtung kam. Wie oben geschrieben: besagte Akte beim BLHA liefert unter Umständen bessere Informationen.

So weit erst einmal mit einem kleinen geschichtlichen Exkurs. Aber ich habe ja noch ein paar Aufnahmen unter die Leute zu bringen. Diese stammen wieder einmal - oder: immer noch - von den Glasnegativen des Schöning-Verlags.
Beginnen möchte ich mit einer bislang völlig unbekannten aber eben auch nicht so wirklich wichtigen Aufnahme. Das Foto von dem Blumenbeet, das sich hinter dem Pavillon befand (und befindet) ist relativ aussagearm. Möglicherweise der Grund warum man damals auf eine Veröffentlichung im Ansichtskartenformat verzichtete. Zumindest wäre ich überaus überrascht, wenn eine kommerzielle Produktion mit diesem Motiv auftauchen würde.
So ganz uninteressant ist die Aufname aber auch nicht, erfahren wir doch, daß das Beet ab einem Zeitpunkt X in östlicher Richtung durch einen kleinen hölzernen Zaun abgegrenzt war. Das habe ich in dieser Form zuvor auch erst ein einziges mal gesehen.
Senftenberg
Aufnahme <= 1938
Stiftung Brandenburg
Die nächste Aufnahme ist hingegen gut bekannt. Und doch wieder nicht! Wir kennen eine gedruckte Ansichtskarte davon. Die Fotovariante ist bislang noch nicht aufgetaucht, wird es aber sehr wahrscheinlich gegeben haben.
Interessant ist, daß die Ansichtskartenproduktion im Vordergrund zwei Schwäne aufweist, die auf dem Glasnegativ fehlen. Verrückt ist, daß ich einerseits auf der Ansichtskarte nicht erkennen kann, daß die Schwäne hineinretuschiert worden sind und andererseits aber auf dem Glasnegativ keine Spuren erkenne, die darauf hinweisen, daß man dort die Schwäne entfernt haben könnte. Ansonsten sind beide Bilder identisch. Und ehrlich: die Schwäne auf der Ansichtskarte sehen ziemlich "echt" aus und wie gesagt, ich kann nicht erkennen, daß das Federvieh künstlich von irgendwo eingeflogen wurde.
Es kann aber eigentlich nicht anders sein und dann haben die Schöning-Leute ziemlich was auf dem Kasten gehabt. Wobei... das Glasnegativ zeigt im Original einen untauglichen Versuch, zwei Schwäne hineinzufälschen. Da dies ziemlich ungelenk erfolgte, habe ich mir erlaubt die entsprechenden Partien zu entfernen. Nachfolgend ein kleiner Eindruck ...

Senftenberg
Aufnahme <= 1938
Stiftung Brandenburg
Senftenberg
Das letzte Motiv für heute ist bereits von einer Ansichtskarte bekannt. Die Unterschiede zum Glasnegativ sind wie so oft nur im Bildausschnitt zu finden. Naturgemäß kommt das Glasnegativ mit mehr Bildinformationen daher und ist marginal schärfer als die Ansichtskarte. Zweifellos bildete das heutige Glasnegativ die Grundlage für die Foto-Version der Ansichtskarte, die darunter abgebildet ist.
Senftenberg
Aufnahme <= 1939
Stiftung Brandenburg
Senftenberg