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16.01.2022
3 Kommentare

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Man sollte es nicht glauben, aber ich habe neben der Senftenberger Heimatforschung auch noch andere Hobbies. Das alternative Freizeitvergnügen, das mich bis 2010 am meisten beanspruchte, war die intensive Beschäftigung mit der Geschichte und dem Oeuvre der Beatles. Die waren zwar nicht ganz so bekannt wie Senftenberg, aber der eine oder andere hat vielleicht doch schon mal von denen gehört...

Mit meinem Eintritt in die Gilde der Ansichtskartensammler vor 10 Jahren verschob sich mein Fokus, zeitlich wie finanziell, in Richtung der neuen Leidenschaft. Ohnehin musste ich konstatieren, daß ich auf dem Gebiet der Beatles nichts essentielles beitragen konnte. Ich unterstützte die internationale Fangemeinde zwar beim Entschlüsseln des deutsch-englischen Wortgeplänkels, welches sich die Fab Four bei ihrem Auftritt im Hamburger Starclub Ende 1962 mit dem lokalen Publikum lieferten, aber das war es dann auch schon. Als spät, und vor allem: hinter dem eisernen Vorhang, Geborenen, kann man naturgemäß keinen großen Input zur Erforschung der Geschichte der größten Band aller Zeiten liefern. Da haben die Engländer und Amerikaner eine wesentlich bessere Ausgangsposition. Dort sind die größten Experten und Sammler zu finden. Nichtsdestotrotz bin ich der internationalen Community auch weiterhin verbunden. Jedoch vornehmlich konsumierend als stiller Zuhörer und -leser. Dadurch bekomme ich relativ zeitnah mit, was sich da auf diesem Gebiet so tut. Und das ist durchaus eine ganze Menge, was an "normalen" Musikliebhabern aber größtenteils unbemerkt vorübergeht.
Es ist erstaunlich, was an Foto-, Film- und natürlich Tondokumenten auch noch 60 Jahre nach deren Entstehung plötzlich und unerwartet aus der Versenkung auftaucht. Gerade dieser Umstand ist es, der mich hinsichtlich dieses Themas immer noch bei der Stange hält. Würde dies nicht passieren und gäbe es den grauen und schwarzen Markt sowie diverse Internet-Foren nicht, in denen man mit diesen Ressourcen in Kontakt kommt, ich wäre möglicherweise schon längst abgesprungen und hätte mich anderen Geschichten zugewandt.
Auch ist es interessant zu beobachten, daß, je weiter wir uns zeitlich fortbewegen, desto besser wird die Informations- und Datenlage. Verbesserte Kommunikation, Technik, Bündelung und Zusammenarbeit, sowie die Hinwendung "zu den Wurzeln" und nicht immer nur "abzuschreiben" machten es möglich, daß die internationale Beatles-Forschung heute besser aufgestellt ist als je zuvor.

Und so ähnlich geht es mir auch bezüglich der Senftenberger Bildhistorie. Die Parallelen zwischen beiden Gebieten lassen sich nahezu uneingeschränkt ziehen. Erst das Öffnen von Archiven, sei es die der Ansichtskarten- und Fotosammler oder die von Bibliotheken und Archiven, sowie das Zusammenführen der Ressourcen an einem zentralen Punkt, ermöglichten eine Qualitätssteigerung (Luft nach oben ist immer!) auf diesem Feld.
Und so, wie die versammelte Beatles-Fangemeinde jüngst über das Auftauchen eines Mini-Konzert-Mitschnitts aus dem April 1963 in Verzückung geriet, versetzt es auch mich in Wallung, wenn ich etwas, mit dem ich nicht gerechnet habe, finden kann. Wie zum Beispiel die folgende Ansichtskarte:

Wer schon länger dabei ist, wird einwerfen: "Ist doch bekannt". Richtig! Aber noch nicht in dieser Form. Ich ging natürlich schon längere Zeit davon aus, daß die Person auf der am meisten bekannten Variante (unten links) hineingefälscht wurde...

Senftenberg Senftenberg Senftenberg

... mit dem Auftauchen des neuen Stückes wird dies aber nun wirklich zur Gewissheit. Etwas in eine Aufnahme künstlich hineinzupflanzen gelang damals wohl einfacher und überzeugender als daraus etwas zu entfernen.
Darüber hinaus halte ich die heute hier gezeigte Version Nr.4 für die bislang schönste. Außerdem war es durch sie möglich, das grundlegende Motiv schnell einmal um 2 Jahre nach unten zu datieren. Aus dem bisherigen <= 1908 wurde ein <= 1906. Wieder ein Erkenntnisgewinn!
Senftenberg
Verlag: G.R. Ziethe, Senftenberg.
Aufnahme <= 1906
Sammlung Matthias Gleisner
Und doch birgt die Aufnahme noch eine unbeantwortete Frage: Alle Versionen betiteln die Szene irgendwie mit "Töchterschule". Gleichzeitig sehen wir eine Anzahl von weiblichen Personen auf den Treppenstufen des rechten Hauses. Die Töchterschule war jedoch in dem Haus in der Bildmitte beheimatet. Zwar nicht von Beginn an, aber zur Entstehungszeit der Aufnahme schon. Allerdings ist bekannt, daß zu der Töchterschule, die aber auch Söhne, also Knaben besuchen durften, ein Pensionat gehörte. War selbiges in jenem Haus rechts eingerichtet? Dies wäre zumindest eine plausible Erklärung für den Auftrieb an weiblichem Personal.
Auf der spätestens 1905 erschienenen und rechts abgebildeten Ansichtskarte, stellte man das eigentliche Gebäude der Töchterschule wesentlich stärker heraus. Das Haus rechts daneben geriet mindestens aufgrund des Standortes des Fotografen vollkommen aus dem Blick.
Auch dieses Motiv ist nicht neu. Wir kennen bereits eine kommerzielle Ansichtskarte, welche das Foto verwendete. Zwar generell in kleineren Abmessungen, dafür aber mit etwas mehr Bildinformation unten und oben.

Senftenberg

Übertroffen wird dies jedoch durch die zugrundeliegende Originalfotografie, die ich heute ebenfalls präsentieren kann. Natürlich wesentlich schärfer, besser und größer als alles was wir auf Ansichtskarten erwarten können.

Senftenberg
69222
Aufnahme <= 1905
Sammlung Matthias Gleisner
Senftenberg
Aufnahme <= 1905
Sammlung Klaus Hauptvogel

Und nun bin ich gespannt, was mein Vater sich für seinen Kommentar aus meinem Themen-Potpourri herausgreift. Immerhin hat er mir ja nicht nur die Grundlagen der Heimatforschung vermittelt sondern auch das "Beatles-Gen" eingepflanzt...