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In der letzten Woche erwähnte ich, daß zu dieser Tierpark-Ansichtskarten-Serie auch noch Motive aus dem Inneren des Heimatmuseums
existieren. Was liegt also näher, diese gleich im Anschluß zu präsentieren (dann sind wir sie los ) und in
diesem Zusammenhang auf das zweite "Highlight" Senftenbergs einzugehen, welches neben besagtem Tierpark in den 1930ern massiv in den
Fokus der Senftenberger und Besucher der Stadt gerückt wurde - das Heimatmuseum.
Bevor wir jedoch bildlich und inhaltlich in das Innere des Museums eintauchen, stelle ich 3 Varianten ein und desselben Motivs vom Eingangsbereich
des Schlosses, und damit des Heimatmuseums, vor. Bei gleicher Grundlage offeriert jede Version einen leicht anderen Bildausschnitt. Das rechte
Exemplar ist hierbei die Variante mit dem Maximum an Bildinformationen.
Für alle diejenigen, die mit dieser ungewohnten Sütterlin-Schrift ihre Probleme haben... die linke Ansichtskarte präsentiert uns die gleiche Bildunterschrift
in vertrauteren lateinischen Lettern. Ende der 1920 begann die Sütterlinschrift Einzug in Zeitungsreklamen, ja sogar Außenwerbung (in Senftenberg zum Beispiel
bei Wesenfelds), zu halten. Wie wir sehen können, finden wir die Schreibweise auch auf Ansichtskarten, für Senftenberg jedoch fast ausschließlich
auf Produkten des Lübecker Verlags Schöning & Co.. Der Siegeszug endete jäh im Jahre 1941 als per Dekret die Verwendung der Schrift durch die Nationalsozialisten
verboten wurde.
Verlag Schöning & Co., Lübeck Nr. 63473 Aufnahme <= 1939 Sammlung Fred Förster
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e G.R. Ziethe, Buchhandlung, Senftenberg, N.-L. 63473 Aufnahme <= 1939 Sammlung Wilhelm Petsch
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Verlag Schöning & Co., Lübeck Nr. 63473 Aufnahme <= 1939 Sammlung Erika Fischer
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Wie versprochen nun noch die drei Innenansichten aus dem Heimatmuseum. Ich könnte wetten, daß weitere Motive aus dieser Serie existieren. Fraglich
ist aber, ob diese irgendwann auftauchen. Generell sind Innenansichten aus Museen, Galerien o.ä. zwar massig produziert worden, als Sammelobjekt fristen
sie jedoch von Beginn an ein kümmerliches Nischendasein. Vielfach wurden sie auch nicht als Urlaubsgruß an Bekannte oder Verwandte versandt, sondern
landeten als stille Reserve für eventuelle Preisausschreiben-Teilnahmen in Schreibmappen, Schatullen oder Kartons. Da heutzutage bei derartigen Objekten
auch kaum Geld winkt, ist das Auftauchen bei professionellen Händlern oder eBay eher Zufall, weshalb die Chancen auf weitere Motive derzeit ziemlich
gering ausfallen.
Senftenberg NL. Heimatmuseum "Ofen aus der Rokokozeit" Druck und Klischee von Albert Heine K.-G., Cottbus Aufnahme <= 19?? Museen OSL
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Senftenberg NL. Heimatmuseum "Kapelle" Druck und Klischee von Albert Heine K.-G., Cottbus Aufnahme <= 19?? Sammlung Matthias Gleisner
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Senftenberg NL. Heimatmuseum "Altar" Druck und Klischee von Albert Heine K.-G., Cottbus Aufnahme <= 19?? Sammlung Matthias Gleisner
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Wie in der Vorwoche möchte ich auch heute das Heimatbuch "Der Kreis Calau" von 1937 benutzen, um einen längeren Text zu zitieren, der die vorgestellten
Ansichtskartenmotive inhaltlich untersetzt...

Das Senftenberger Heimatmuseum
Von Oberschullehrer Mingau, Senftenberg
Das 1907 gegründete Heimatmuseum hat seinen Wohnsitz
im altergrauen Polenzschlosse, das ihm durch seine
historische Bedeutung einen natürlichen Rahmen gibt.
In 14 Räumen werden hier Schätze aus Vergangenheit
und Gegenwart aufbewahrt. Der geräumige Schloßhof
beherbergt eine Feuerspritze aus der Zeit des
Siebenjährigen Krieges, eine uralte Weinpresse, eine
Erinnerung an den einst blühenden Weinbau unserer
Stadt, eine Postsäule aus der Zeit August des
Starken, den Burgbrunnen und Kirchhofsdenkmäler in
eigenartiger Schönheit.
Zu den beiden Seiten des Haupteinganges grüßen die
Wappen des Erbauers des Schlosses und seiner späteren
Besitzer.
In der vor- und frühgeschichtlichen Abteilung reden
die Zeugen ferner Tage eine eindrucksvolle und lebendige
Sprache. Was bedeuten in diesem Raum 1000 Jahre!
Der gegenwärtige Mensch wird bescheiden, wenn er erwägt,
welchen weiten Weg die Menschheit schon vor uns, ohne
uns gewandert ist, aber auch stolz im Hinblick auf die
Herrlichkeit unserer Kultur, die schon früh einen
Hochstand erreichte.
Aus des Handwerks goldenen Tagen flüstert's dem Besucher
wundersame Geschichten ins Ohr. In ihren Innungsstuben
sehen wir sie beim ernsten Gespräch und dann wieder bei
fröhlichem Gelage vor uns sitzen, die biederen Meister
und Gesellen der löblichen Gewerke der Weber, Schuhmacher,
Tischler, Töpfer, Schlosser und Schmiede, der Fleischer,
Bäcker, denen hier aufbewahrtes Innungsgerät und
Innungsakten einst gehörten. Da stehen die Innungsladen
in langer Reihe wie stumme Zeugen einer fast vergessenen
Zeit, eindringliche Mahner, das Handwerk wieder zur alten
Blüte zu bringen. "Verachtet mir die Meister nicht!"
Ein während des Umbaues entdeckter romanischer Torbogen
führt in den kirchlichen Raum, die Burgkapelle. Ein Altar
von 1660 - wenn auch nicht künstlerisch gemalt - aus der
alten Sornoer Dorfkirche, Holzkronleuchter, Sanduhren,
ein Liturgenbuch von 1543 u.a.
Klingt es nicht wie Glockenläuten aus weiter Ferne?
Liegt hier nicht die abgegriffene Bibel, die so schwer
an vergilbten Blättern, so reich an Kupferstichen ist?
Urgroßmutters Gesangbuch, das sie zum Abendmahlsgang so
fromm vor sich hertrug? Steht hier nicht der schlichte
zinnerne Kelch, jener, um den im dörflichen Gotteshaus
die Gemeinde kniete? Wieviel Kindlein sind über den alten
Taufstein aus der "Deutschen" Kirche gehalten und hier
in Gottes Gemeinschaft aufgenommen worden! Dort das
vergitterte Kirchengestühl mit altertümlicher Bemalung,
drüben die wertvolle Kanzeltreppenwange mit geschnitzten
Bildnissen deutscher Reformatoren.
Durch einen hohen Spitzbogen in das Biedermeierzimmer.
Altertümliche Möbel vom Rittergut Skado zeigen die Wohnlichkeit
jener Zeit. Ein Rokoko- und ein Empireofen
geben Zeugnis von dem Kunstgeschmack vergangener Tage. Beachtenswertes
Bildwerk schmückt die Wände des einladenden Zimmers.
Eine Bauernstube. Welch anheimelnder Wohnraum! Der Kachelofen
aus Schüsselkacheln, umgeben von der Ofenbank, auf der der
Großvater, im Gebetbuch lesend, sitzt, die schmucke
Spinnerin am Spinnrad, das behäbige Bett mit der bemalten
Wiege, die Tür mit dem Holzschloß, der Kamin mit knisterndem
Holz, - ist's nicht manchem, als wäre er zu Haus?
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Anschließend die Spinnstube, welche Webstuhl, Spinnräder,
überhaupt alle zur Flchsbereitung benötigten Geräte füllen.
Im Geist hören wir die munteren, fleißigen Mädchen beim emsig
schnurrenden Rädchen ihre fröhlichen Spinnlieder singen.
Der nächste Raum birgt Waffen aller Art, kriegsgeschichtliche
Erinnerungen.
Damit schließt der erste Teil des Heimatmuseums.
Ihm reiht sich die Industrieabteilung an. Mit dieser Angliederung
ist eine bodenständige Note gefunden, die dem Museum unserer
Industriegegend Eigenwert verleiht.
Zahlreiche vergleichende statistische Uebersichten, Eisenbahnverkehr
der benachbarten Ortschaften und Städte. Eine Lichttafel
zeigt in anschaulicher Weise Herkunft und Ausfuhr der
Rohprodukte.
Die Natur der Heimat. Heimische Flora und Fauna. Pilze der Heimat,
eßbare und giftige, die aussterbenden Pflanzen, die geschützten,
Moose der Umgegend, Vögel und Tiere unter behördlichem Schutz.
Einen besonderen Raum nimmt die Aufforstung des "Kippengeländes"
ein. Materialproben des Bodens und photographische Belege.
Die geologische Abteilung. Ein Wandbild der Eiszeit. Modell des
Gletscherabschmelzens, Moränen, Dünen. Wirkung des Sandes und
Windes an Steinen. Als einziger vulkanischer Berg unserer Gegend
kommt der Koschenberg (Grauwacke, Grünstein, Granit) in
Gesetinproben und Abbildungen zur Geltung. Sumpfzypressenstämme.
Abdrucke auf Ton und Kohle geben Aufschluß über die Flora in
ältesten Zeiten.
Bergbau. Bergmännische Fahnen, Rettungsmann und Rettungswesen
bei Unglücksfällen in der Grube, Sammlung von Grubenlampen,
Modell einer Brikettfabrik, Bohrwerkzeuge, Markscheiderei,
Wünschelruten, Tabellen über Wert und Verwendung der Braunkohle
bringen unsern Bergbau in helle Beleuchtung.
Ein Hauptanziehungspunkt für Besucher der Industrieabteilung
ist der Schacht "Glück auf". Auf steilen Fahrten geht es in die
Tiefe. Pumpenraum, Füllort, Bruchort sind Stationen der Förderstrecke.
Des Bergmanns mühevolle Arbeit wird erst der recht schätzen,
der sie an Ort und Stelle kennen gelernt hat. Und wenn wir im
Winter am geheizten Ofen sitzen, so denken wir jetzt wohl auch
der vielseitigen Mühe des Knappen, der die Braunkohle fördert,
des Fabrikarbeiters, durch dessen Arbeit sie in der Brikettfabrik
zu den bekannten Preßsteinen geformt wird.
Ziegelei- und Glasabteilung. Wer verläßt diesen Raum ohne reiche
Belehrung! Ilse-Steine und Modellbeispiele der Ilsekeramik zeigen
die gegenwärtige Kunst auf diesem Gebiet. Ein Glasofen (Hafen)
mit Pfeifen, Formen und reichen Erzeugnissen.
Einen angemessen größeren Platz nimmt das Aluminiumwerk Lautawerk
ein. Vom Bauxit und seinen Beimischungen bis zu den prächtigen
Fabrikmäßigen Darstellungen aller Art.
Lauchhammer hat Gußmodelle zur Ansicht gebracht, Wirtschaftsgegenstände,
Plaketten, die das Herz erfreuen.
Im anschließenden Gang hängen Bilder von Baggern und Förderbrücken
jeder Art zum Vergleich.
Das Senftenberger Wasserwerk ist ins einem ganzen betrieb teils
im Modell, teils in Zeichnung vor Augen geführt.
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Senftenberger Anzeiger (1933)
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