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Senftenberg, 9.Mai. (Egs.) Wer kennt nicht die hiesige städtische Badeanstalt,
und wer ist nicht erstaunt, wenn er hört, daß ein Wassersportverein in derselben
seine Tätigkeit aufnehmen will? Ist denn daran überhaupt auch nur zu denken?
O ja, sehen wir uns die Badeanstalt jetzt an, es wird gearbeitet von früh bis spät,
und wir können uns selbst davon überzeugen, was für ein Interesse unsere Stadt an
der Volksgesundheit hat. Es tut auch gerade für uns Senftenberger not, daß auch
in dieser Beziehung ein anderer Geist einzieht. Es gibt hier bei uns auch wirklich
keinen schöneren Platz, als draußen an dem kleinen Laubwäldchen. Während in den
früheren Jahren die Badeanstalt nur ein kleine Pfütze zum Schwimmen hatte, wird
jetzt eine richtige Schwimmbahn gebaut. Dieselbe soll für Nichtschwimmer 25
Meter und für Schwimmer sogar 40 Meter lang sein. In das Schwimmbassin werden ein
1 Meter und ein 2 Meter-Sprungbrett gebaut. Desgleichen wird für unsere Kleinen
ein Strand und ein Spielplatz errichtet. Außerdem sollen auch die Gäste auf ihre
Kosten kommen, denn für gute Sitzgelegenheiten wird ebenfalls Sorge getragen.
Alles zusammengefaßt verspricht die Badeanstalt in diesem Jahre ein gern besuchter
Aufenthaltsort zu werden. ...
Zwei Leserbriefe aus dem Senftenberger Anzeiger des Jahres 1921, die uns
einen kleinen Einblick in die Entwicklung des Senftenberger "Elster-Bades", welches
auch unter dem Begriff "Flußbadeanstalt" bekannt war, geben. Im Jahr 1921 erlebte
die Einrichtung einen Aufschwung durch allerlei Erweiterungen baulicher Natur und
die Nutzung durch den im selben Jahr gegründeten Arbeiter-Wassersport-Verein
Senftenberg und Umgebung. Der Gründung des Vereins, die wie für diese Zeit
üblich, kurz und schmerzlos erfolgte, ging folgender Aufruf in der lokalen Presse
voraus:
Senftenberger Anzeiger (1921)
Fortan war das "Elster-Bad" fest mit dem neu gegründeten Schwimmverein verbunden.
Selbiger veranstaltete dort regelmäßig Wettkämpfe und Schwimmfeste und kümmerte
sich darum, den Senftenberger Kindern das Schwimmen beizubringen.
Leider war man damals diesbezüglich auf die wenigen warmen Monate beschränkt.
Aber man konnte schon 1921 Stimmen vernehmen, die laut über ein Hallenbad in
Senftenberg nachdachten. Das Projekt eines festen Bades gedieh in der Folgezeit
sogar bis zu einem Modell. Geplant war, das Hallenbad an der Gartenstraße zu errichten.
Zu einer Umsetzung kam es indes nicht.
Auf dem rechts angeordneten Gruppenbild können wir einen kleinen Teil der
Vereinsmitglieder in typischer Badebekleidung der 1920er Jahre sehen. Ich gehe davon
aus, daß man sich vor dem Vereinshaus, welches sich etwas flussaufwärts befand,
in Stellung gebracht hatte. Der annähernd genaue Zeitpunkt liegt leider im Dunkeln.
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Senftenberg, 2.Juni. (Egs.) Senftenberg ist der Zentralpunkt der Kohlenindustrie,
aber auch des Kohlenstaubes. Man sollte meinen, da0 das Bedürfnis nach einer
gründlichen Reinigung des Körpers namentlich in den Sommermonaten, in denen sich
während des Tages Last und Mühe, Kohlenstaub und Schweiß zu einer wahren Speckschicht
vereint, größer sein müßte, als man es als Besucher der städtischen Badeanstalt
beobachten kann. Es soll damit aber nicht etwa gesagt werden, daß der Besuch der
Badeanstalt zu schwach ist, im Gegenteil: wenn man Lage und Größe der Stadt nicht
besonders in betracht zieht, kann der tägliche Betrieb als lebhaft gelten, so lebhaft,
daß unsere Stadtverwaltung darüber erstaunt zu sein scheint, und anscheinend
vergessen hat, in genügender Weise für Umkleideräume, hauptsächlich Einzelzellen, zu
sorgen. In lobender Weise hervorzuheben ist wiederum gegen die Vorjahre die
praktische Einrichtung, das Verschwinden der drei Dunkelkammern, auch Schwimmzellen
genannt, und die Vergrößerung des Schwimmbassins dessen Wasserstand allerdings
etwas höher sein könnte. Alle diese Umänderungen erfüllen einen seit Jahren gehegten
Wunsch der Badeanstaltsbescher, die sich zum Teil zu regelrechten Wassersportlern
herausmachen und in täglicher Uebung zwischen Groß und Klein und Alt und Jung dem
Zuschauer, der durch die herrliche Lage der Badeanstalt angelockt ist und eine
kurze Zeit zur Erholung verweilt.
Leider schien unsere Stadtverwaltung in bezug auf das Eintrittsgeld mit der
Volksgesundheit handeln gehen zu wollen hat jetzt aber doch erfreulicherweise das
Eintritts- und Badegeld für Erwachsene auf 50 Pfg. ermäßigt; ferner ist wöchentlich
ein Tag bewilligt worden, an dem jedermann unentgeltlich baden kann. Hoffentlich
kommen an diesen Tagen alle diejenigen, die für die Inanspruchnahme der Aufmerksamkeit
des Bademeisters nicht 50 Pfg. übrig haben. ... Hoffen wir deshalb, daß unser
Ostseebad-Ersatz in Zukunft seitens der Einwohner noch mehr beachtet wird, als es
bisher der Fall war.
Senftenberger Anzeiger (1921)
Aufnahme <= 19?? Museen OSL
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Ganz ungetrübt war das Verhältnis Badeanstalt - Schwimmverein jedoch nicht. Der Senftenberger Anzeiger veröffentlichte im Mai 1922 wiederum einen
Leserbrief, aus welchem wir Neuigkeiten bzgl. Erweiterungsbauten entnehmen können, der aber auch mit kritischen Untertönen aufwartet. Insgeheim vermute ich,
daß sämtliche dieser Leserbriefe von ein und derselben Person stammen, die man überdies höchstwahrscheinlich unter den Vereinsmitgliedern finden konnte...
Senftenberg, 12.Mai. (Egs.) Welcher Freund des Badelebens und des Wassersports denkt nicht daran, daß uns der Mai neben all seinen Schönheiten auch den
Beginn der Sommerbadezeit bringt. Alle die Vielen, die mit dem Hinblick darauf der städtischen Badenanstalt bereits einen Vorbesuch abgestattet haben,
waren sicher erstaunt, was in diesem Jahre geschaffen worden ist, und wird wohl von manchem zugegeben, daß sich die Badeanstalt sehr zu ihren Gunsten
verändert hat. Besonders gut gefällt der in schönem Baustil gehaltene Umkleideraum und hoffen wir, daß sich derselbe seiner Inneneinrichtung nach im
Betrieb ebenfalls bewährt. Leider ist die Hauptsache vergessen worden, und zwar die Verbesserung der Badefläche selbst. Bei dem jetzigen Wasserstand, der
etwa 1,20 Meter bis 1,40 Meter beträgt, dürften die neuesten Wassersportfreunde nicht mehr auf ihre Rechnung kommen; ja man kann behaupten, daß hier
überhaupt jedes Sporttreiben aufhört. Darüber wundert sich derjenige nicht, dem bekannt ist, daß die maßgebliche Persönlichkeit auf dem Standpunkt steht,
die Badeanstalt sei nicht zum Sporttreiben da, und deshalb hat sich der Verein für volkstümlichen Wassersport wohl auch eine eigene Uebungsstelle geschaffen.
So erhebt sich nun kurz hinter der städtischen Badeanstalt der eigene Ankleideraum des Vereins. Ein neu erbauter 4 Meter-Turm sowie die ständige Wassertiefe
von 2,50 bis 3 Meter geben dem Verein die Gewähr, daß er in seiner sportlichen Tätigkeit nicht mehr eingeengt wird. ...
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Ernst Wenzel Fotograf Senftenberg Ziegeleistr.9 Aufnahme <= 19?? Museen OSL
Zu dem Text des Leserbriefes passt obiges Foto wie die sprichwörtliche "Faust auf's Auge".
Wir können, wie beschrieben, das Ankleidehaus sowie den 4m-Sprungturm erkennen. Im Hintergrund
sieht man das Restaurationsgebäude der städtischen Badeanstalt. Dieses wurde ebenfalls im Jahr
1922 im Zuge einer groß angelegten baulichen Erweiterung der Gesamtanlage in dieser Form errichtet.
Das Gebäude sehen wir aus der Gegenrichtung und etwas näher auf einer schönen nachcolorierten
Ansichtskarte. Das derzeitige <= 1937 halte ich persönlich für viel zu spät. 1937 produzierte man
längst nicht mehr in diesem Stil.
Ernst Wenzel, Photogr., Senftenberg Aufnahme <= 1937 Sammlung Matthias Gleisner
Möglicherweise, und das würde von der Produktion her auch passen, befinden wir
uns darauf zeitlich vor oder in 1926. Im Juni jenen Jahres wurde nämlich die
Elster von einem Hochwasser heimgesucht. Infolgedessen wurde die Laufbrücke sowie
der Sprungturm (siehe Bild oben) des Wassersportvereins von den Wassermassen
mitgerissen. Durch die vom Wasser mitgeführten Balken und Bretter wurde dann
auch noch die Tonnenbrücke und sogar die massive Brücke am Elsterbad glatt
mitgerissen und bis in Höhe der Niemtscher Brücke weggespült.
Dort gelang es der Freiwilligen Feuerwehr Senftenberg am folgenden Tag, die Reste
aus dem Wasser zu fischen...
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Senftenberger Anzeiger (1922)
Senftenberger Anzeiger (1922)
Während ich mir ziemlich sicher bin, daß es genau die Brücke war, die wir auf der
farbigen Ansichtskarte sehen (das Bild vom Feuerwehreinsatz ist diesbezüglich ziemlich
eindeutig), habe ich leider derzeit keine gesicherten Erkenntnisse, ob man dieselbe
oder aber eine sehr ähnliche Konstruktion nach dem Hochwasser wieder an alter Stelle
errichtete.
Aus dem Jahr 1926 machen wir aber noch einmal einen Salto rückwärts und begeben uns
drei Jahre zurück. Dieses Motiv
kennen wir schon seit Ewigkeiten. Während man darauf den mehr oder weniger offiziellen
Teil, nämlich einen der Wettkämpfe innerhalb des Ersten Kinderschwimmfestes des Vereins
für volkstümlichen Wassersport sehen kann, zeigen uns die nachfolgenden vier Aufnahmen
den inoffiziellen Part.
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Ursprünglich sollte das Kinderschwimmfest am 1.Juli 1923 stattfinden. Aufgrund ungünstiger Witterungsverhältnisse musste die Veranstaltung jedoch
auf den 29.Juli verschoben werden.
Aufnahme 29.07.1923 SSV Senftenberg
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Aufnahme 29.07.1923 SSV Senftenberg
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Aufnahme 29.07.1923 SSV Senftenberg
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Aufnahme 29.07.1923 SSV Senftenberg
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Der Senftenberger Anzeiger berichtete in der Nachschau des Ereignisses unter anderem auch über den Teil des Festes, der auf den vier
Fotopostkarten bildlich für die Ewigkeit festgehalten wurde...
... Besonders erwähnt sei noch, daß selbst der Wassergott Neptun zum 1. Kinderschwimmfest in der Lausitz erschienen war und sich mit seinem
ganzen Gefolge in einem wohlgelungenen Wasserschauspiel Mühe gab, zur Erheiterung des Ganzen wesentlich beizutragen und dem wassertechnischen
Teil einen würdigen Abschluß zu geben. Bei den dann folgenden allgemeinen Kinderbelustigungen konnte man bald die ganze in der Badeanstalt
anwesende Schar Kinder in Kreisen und Gruppen zusammenstehen sehen, und es war höchst originell anzusehen, wie sich ein Jeder bei Topfschlagen,
Tauziehen, Sackhüpfen usw. bemühte, irgend ein kleines Geschenk zu erobern. Den Abschluß der ganzen Veranstaltung bildete bei einbrechender
Dunkelheit der Lampion-Einmarsch. Die zahlreichen Illuminationen, die von den Anliegern und Geschäftsleuten in der Schloßstraße dargebracht
wurden, beleuchteten und verschönerten einen Lampionzug, wie ihn wohl kaum vorher ein Verein zustandegebracht hat. Als der Zug am Damhirsch
aufgelöst wurde, konnte der Verein für volkstümlichen Wassersport auf eine wohlgelungene Veranstaltung zurückblicken, die ihm unter den
Kindern sicher wieder viel Freunde zuführen wird. ....
Bei genauerer Betrachtung der Aufnahmen fiel mir dieser Herr, einer der Häscher Neptuns, auf. Besser gesagt seine Kopfbedeckung!
Haben wir es hier mit einem frühen Auftreten nationalsozialistischer Symbolik zu tun? Eher nicht! Wenn es sich überhaupt um ein Hakenkreuz
("Swastika") handelt, dann unterscheidet sich die Richtung der Arme von der Form, welche die NSDAP verwendete. Swastika in jeglicher Ausprägung
wurden und werden übrigens seit 6000 Jahren in Europa und Asien als symbolischer Glücksbringer verwendet.
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