Neues und Altes von einem ehrbaren Handwerk.
Flammen, glühendes Eisen, wirbelnder Ruß und dröhnender
Hammerschlag! Man darf weder einen hellen Sommeranzug anziehen noch
empfindliche Nerven mitbringen, wenn man einen Schmied bei seiner
Arbeit besuchen will. Hier ist alles Kraft, Gesundheit und schaffende
Arbeit mit starkem Mannesarm, mit schwieligen Fäusten, die das Zupacken
gewöhnt sind.
Vor dem Herde, auf dem die rote Glut flammt, steht der wuchtige Amboß.
An den Wänden hängt das Werkzeug schwersten und größten Ausmaßes, das
Extrem zu den feinen Zänglein in der Werkstatt des Uhrmachers, und von
der Decke herab pendelte ehedem der Handgriff, mit dem einst der Lehrbub
den Blasebalg betätigte. Heute ersetzt der elektrische Ventilator seine
Tätigkeit.
Auch sonst hat die Entwicklung der modernen Technik mit der Romantik
der Schmiede erbarmungslos aufgeräumt. Außer dem Hufbeschlag ist heute
fast alles fabrikmäßig in der Schmiede geworden. Nur er bildet noch die
alte unverfälschte Kunst, die zu erlernen viele Jahre erfordert. In die
Schmiede gehört heute meist auch der Schleifwagenbau und der Bau von
Lastkraftwagenanhängern sowie vornehmlich deren Instandsetzung. Die
Herstellung von Autofedern hat der Schmied aufgenommen, wie auch sein
gesamter Arbeitsprozeß viel mehr auf die moderne Maschine eingestellt ist.
Das alte, zunftmäßige Schweißen im Feuer verdrängte mehr und mehr der
autogene Sauerstoffapparat, der heute nur einen Mann erfordert, wo einstmals
drei notwendig waren.
Wuchtige Maschinen-Krafthämmer ersetzen die großen Vorschlaghämmer in der
modernen Schmiede. Daneben steht ein schwarzes Ungetüm mit breiten Handgriffen
und riesigen Zahnrädern, eine Stauchmaschine, und durch die bereits geöffnete
Tür fällt der Blick draußen im Hof auf eine moderne Reifenbiegemaschine,
mit deren Hilfe Reifen kalt gebogen, am Ende dann angewärmt und zusammengeschweißt
werden.
Zuweilen kommen in die Schmiede schwere Pferde. Des Schmiedes liebste Arbeit
beginnt, für die oft ein besonderer Beschlagschuppen eingerichtet ist. Hier
hängen starke Ketten, mit denen die Pferde festgehalten werden. Klobige Böcke
stehen umher, auf die der Huf aufgestellt wird, und in der Ecke lagern große
Bestände von Hufeisen, meist von dem Schmied selbst hergestellt. Jeder Huf
ist anders. Der rechte Schmied kennt sich wie der Schuhmacher in seiner
Stammkundschaft genau in den Hufen "seiner" Pferde aus. Sommer- und Wintereisen
lagern hier, denn die Wintereisen haben bekanntlich auswechselbare Stollen
("Scharfe"). Jedes Eisen muß warm angepaßt werden und genau der Form des Hufes
angeglichen werden, soll der Gaul nicht Schaden leiden.
Man wird nicht fertig, zu sehen und zu staunen in der Schmiede, und der
geheimnisvolle Zauber des Feuers, die Poesie des Kraftvollen, Wuchtigen, die über
allem liegt, sie erfaßt mit unwiderstehlicher Gewalt auch den Besucher, wie eine
Lokomotive mit der Wucht ihrer Ausmaße auf die Menschen wirkt. Denn Kraft und
Gewalt atmen Gesundheit.
Neben den Dorfschmieden nehmen die Schmiede, die sich als selbständige Handwerker
an den Kreuzungspunkten der alten Handelsverkehrs- und Heeresstraßen ansiedeln,
eine wichtige Stellung ein.
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 Sammlung Matthias Gleisner
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So auch in Senftenberg. Dies war im Kampf der nach Osten vordringenden Deutschen
als Burg ursprünglich ein befestigtes Bollwerk, eine Warte des Deutschtums und des
Christentums. Es war aber als Stadt auch Schnittpunkt wichtiger Handelsstraßen.
So bot es von jeher dem Schmied, Stellmacher, Schlosser und Klempner, allen, die
mit Hammer und Amboß, mit Feuer und Eisen umzugehen wußten, vielseitige Daseinsmöglichkeiten.
Das Entstehen der ältesten Schmiede in Senftenberg läßt sich natürlich geschichtlich
nicht mehr genau festlegen (Siehe Festschrift zum Schmiede-Verbandstag in Senftenberg 1931.)
Auch das Alter der Senftenberger Schmiede-Innung ist urkundlich nicht mehr nachweisbar.
Die Innungsbücher gehen leider nur bis auf das Jahr 1848 zurück. Alles frühere ist
verbrannt. Dies geht aus der ältesten erhaltenen Aufzeichnung, dem ersten Protokoll
im „neuen“ Gewerksbuche vom 24.April 1848 hervor. Dort heißt es am Schlusse:
"..., nachdem das noch niederzuschreiben war, daß das Gewerksbuch bei dem Brande in
dem Wohnhause des Schmiedemeisters Herrn Friedrich Schmidt (in dem Grundstück Ecke Kreuz-
und Ringstraße) in der Nacht vom 19. zum 20. d.M. ein Raub der Flammen geworden ist
und mit der Lade zugleich die Innungsartikel und andere darinnen gelegene Papiere mit
verbrannt sind.“
Wie vieles hätten die alten Urkunden gewiß zu erzählen gewußt! Aber auch so darf man
getrost annehmen, daß die Senftenberger Schmiedeinnung nicht jünger ist, als andere gleich
lebenswichtiger Handwerkszweige, die der Herstellung von Gegenständen des täglichen Gebrauchs
dienen. Und diese können ihr Alter bis ins Mittelalter des 16.Jahrhunderts zurückverfolgen.
Senftenberg war damals ein schlichtes Ackerbürgerstädtchen, dessen Handwerker sich dadurch
auszeichneten, daß sie ihren Ehrgeiz und ihren Stolz daran setzten, nur solide, dauerhafte
Erzeugnisse aus ihrer Werkstatt hervorgehen zu lassen. Und dieser gesunde Handwerksgeist
vererbte sich vom Vater auf den Sohn und Enkel, ging vom Meister auf den Gesellen und Lehrling
über. Ja, es war nichts Seltenes, daß der Meister sich im Lehrvertrag ausdrücklicher verpflichtete,
"den Lehrling zu allem Guten anzuhalten, und darauf zu sehen, daß er von Zeit zu Zeit und öfters
die Kirche besucht."
Aus diesem Holze waren die Männer geschnitten, die das "Gewerk der Schmiede, Schlosser und
Stellmacher" hochhielten, das in einem Protokoll vom 24.Juni 1851 genauer als "combiniertes
Schmiede-, Schlosser-, Stellmacher- und Nagelschmiedegewerk" bezeichnet ist. Davon ist die
Nagelschmiederei infolge der Industrialisierung eingegangen. Der letzte Senftenberger Nagelschmied
Jaekel übte bis zu seinem Tode 1886 sein Handwerk auf dem Grundstück Ecke Schloß- und Burglehnstraße
aus, also am Rande der Altstadt, wie übergaupt die Schmiedewerkstätten von altersher am Weichbilde
der Stadt oder des Ortes zu liegen pflegten, weil das zweckmäßig war.
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Die Senftenberger Schmiede und Stellmacher fanden nicht nur in der Stadt selbst ihren Erwerb,
sondern hatten ihre Kundschaft in der ganzen näheren und weiteren Umgebung, auch über die Grenzen
des Kirchspiels hinaus; so kamen die Leute von Tätzschwitz, Laubusch, Lauta, Großkoschen genau so
gut vor die Schmiede nach Senftenberg wie die von Hörlitz, Bückgen, Räschen, Zschipkau, Dörrwalde,
Dobristroh. Die Einwohner von Brieske, Niemtsch und Buchwalde, wo bis etwa 1910 eine Schmiede (Mieth)
bestand, kommen heute noch nach Senftenberg, wenn sie des Schmiedes "Kunst" bedürfen. Lange Jahrzehnte
umfaßte die Senftenberger Innung nicht mehr als sechs Meister. Das war noch vor 80 Jahren so. Von diesen
sechs Innungsmeistern waren drei Schmiede, einer Schlosser, einer Stellmacher und ein Nagelschmied.
40 Jahre später zählte die Innung bereits 62 eingeschriebene Meister, darunter solche, die noch am
Leben sind, wobei berücksichtigt werden muß, daß sich der Bereich der Innung weit über Senftenberg
hinaus erstreckte, z.B. Naundorf bei Ruhland, Zschornegosda und Petershain mit umfaßte. Gegenwärtig
gehören 82 Meister zur Schmiedeinnung Senftenberg.
Die Ehrenmitglieder sind August Schönher, Gottlieb Kossatz in Sedlitz und Hermann Mörlin, Gustav Mettcher,
Annahütte, Hermann Ziethe sen., Senftenberg, Ehrenobermeister ist Fritz Klaua.
In der alten Innung ging es nicht anders zu als anderswo auch. Das Innungsbrauchtum war überall in
deutschen Landen ziemlich dasselbe. Das lag in der Natur des Handwerks. Streng wurde in den
Innungsversammlungen auch auf Zucht und Ordnung gehalten.
Uebertreten der Innungsartikel und ungebührliches
Benehmen bei geöffneter Lade, sowie Zuspätkommen wurde mit Geldstrafen gebüßt. Streng waren auch die Meister-
und Gesellenprüfungen. Als Gesellen- und Meisterstücke wurden natürlich ganz verschiedene Aufgaben gestellt,
je nachdem, welcher Profession der Aufzunehmende angehörte, ob er Schmied, Schlosser, Stellmacher oder
Nagelschmied war; aber es wurde regelmäßig nur verlangt, was ein zünftiger Meister und Geselle unbedingt
können mußte. In einzelnen Fällen kommt es vor, daß, wer besonders tüchtig war, sich sogar freiwillig zu
einer Prüfungsarbeit erbot. So hat ein Stellmachergeselle aus Buchwalde, Gottfried Noack, einmal sich
verpflichtet, "binnen 4 Wochen einen vierrädrigen Wagen, namentlich aber ein Wagenrad" als Meisterstück
vorzuzeigen.
Ehrenobermeister Klaua ist seit 1888 selbständig, er ist Geschäftsnachfolger des Schmiedemeisters Karl Schmidt,
der eine gleichfalls sehr alte Schmiede in der Kreuzstraße innehatte.
Senftenberger Anzeiger (1888)
Schmiedemeister Hermann Ziethe sen. blickt auf die von seinem Vater 1873 gegründete, später vergrößerte
Schmiede zurück. Die älteste, jetzt noch im Betrieb befindliche Schmiede Senftenbergs ist die von Paul Kula
in der „Schmiedestraße“. Jahrzehntelang werkte in ihr der Vater des Inhabers, Hermann Kula, ein biederer
Handwerksmeister, der vielen noch in Erinnerung ist. Seine Vorgänger waren die Schmiedemeister Krappe,
früher noch Zuchau und bis in das 18. Jahrhundert zurück Schmiedemeister Höhna.
Von ihm stammt vermutlich auch ein alter Blasebalg, der die Jahreszahl 1792 (u.U. 1722) trägt.
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