III. Historische, curieuse politische Geschichte.
Senftenberg ein der ältesten Stadt im Churfürstenthume Sachsen zwischen Ober- und Nieder-Lausitz,
liegt 6 Meilen von Budißin, Dresden, Meißen, Lübben und Luccau, 4 Meilen von Cottbus und Großenhayn, 3
Meilen von Camenz, Cahlau, Königsbrück und Spremberg, 2 Meilen von Hoyerswerda und Ortrand, nebst einer
Meile von Ruhland. Diese Stadt so aus einen Markt-Platze, 2 Hauptstraßen und einigen Neben-Gaßen mit
dem Rath-Haus, einem gangbaren Gasthof, ingleichen Apothecke, aus 170 Gebäuden bestehet, und in deren
Häusern 540 erwachsene und 180 unerwachsene Personen dermalen sich befinden, gehörte mit denen nunmehro
mehresten Amts-Dorfschafften als eine Herrschaft ehedem vor dem Jahr 1441 noch zur Niederlausitz zum
Spremberger Creyße, im besagten Jahre aber, ist sie vom letzten Besitzer, Nicol von Polenz, an Churfürst
Friedrich den Sanftmüthigen, und der zu Altenburg damals residirte, zu Meißen in der Gruft seines Vaters
aber begraben liegt, vor 1420 Böhmische Schocke mit dem Beding, daß er sich Lebenslang die Stadt vorbehielt,
erblich verkauft und zum Meißner Creyße so nach mit geschlagen worden, aber erst durch die 1459 mit Herzog
Alberts des Herzhaften mit der Böhmischen Prinzeßin Sidonia erfolgten Vermählung, allen Ansprüchen zugleich
auf Senftenberg entsaget worden. Vielerley Familien haben vor der Polenzischen diese Herrschaft beseßen,
absonderlich die Schafgotsche, die auch das Closter Dobrilogk gestiftet und ihm Güther geschenket, auch
sonst den hiesigen Gottes-Kasten mit Legatis versehen haben sollen. Unter Churfürstens Mauritii Regierung
ist das vor dem berühmt gewesene veste Haus 1548 zu bauen angefangen und von Churfürst Johann George dem
zweyten der auf den Walle von einem Commendanten angelegte u. sich noch gut zeigende Thurm erbauet, aber
1764 ganz wieder eingezogen worden. Auf diesem Churfürstlichen Schloße wird von 1 Amtmann der zugleich
allda wohnt, nebst 1 Actuarius Amt gehalten, unter welchen 26 Amts-Dörfer, worunter, jedoch welche mit
vermengten Gerichten sind, nebst 1 Schriftsaßen, 1 Burglehns-Besitzer, 1 Amts-Mühle mit 6 Gängen, Walk-
und Schneide-Mühle gehören, und hat der Beamte das Amt jedesmahl in Pacht. In besagten Schloße sind noch
Seiten-Gebäude, die der Commendant von der Vestung ehedem bewohnte, nunmehro aber zu einer Churfürstlichen
Forst-Wohnung, auf welcher der Ober-Förster logirt, gemacht worden ist. Der Rath, so altschriftsäßig ist,
und bey Landtagen seinen Sitz unter den allgemeinen Städten an der Meißnischen Creyß-Tafel hat, bestehet
anietzo aus 2 Bürgermeistern, 2 Raths-Herrn, 1 Stadtschreiber der zugleich Syndicus ist und ein Litteratus
seyn muß, nebst 1 Cämmerer. Zu Paul-Bekehrung ist jedesmahl der Bürgermeister-Wechsel, allwo der eine die
Regierung und der andere das Stadt-Richter-Amt übernimmt, und wenn eine Bürgermeister-Vacanz ist, hat die
Bürgerschafft das Recht der freyen Wahl, aus den vom Rathe in das Collegium genommenen Raths-Herrn wiederum
einen andern Bürgermeister, in Gegenwart des Churfürstlichen Beamtens als Commissarii causae, nach den
mehresten Stimmen zu erwählen, und welcher alsdenn zur Confirmation E. H. Landes-Regierung in Dresden
präsentiret werden muß. Die Stadt hat zwar völlig die Ober-Gerichte, der Beamte sitzt aber hier wiederum
als Commissarius causae, wegen der vom Amte mit zutragenden 2/3 Theil-Kosten, in Criminal-Sachen jedesmahl
dabey. Vor die Churfürstlichen Gerechtsame, so die Stadt in ein und dem andern hat, giebt sie in das Amt
jährlich einen Erbgeschoß, auch noch vor die gehabte Jagd einen gewißen Rebhüner Zinß.
|
Ueber 2 ganze Dörfer, als Reppist und Woschke, und über einzelne Unterthanen, so in denen Amts-Dörfern vermengt
wohnen, die alle aber dem geistlichen Gottes-Kasten gehören, exerciret der Rath als weltliche Kirchen-Inspectores
nur die Gerichtsbarkeit.
Die Stadt, so Südost aufgenommen worden, liegt in einer so anmuthigen Gegend, welche die Natur einem Ort
physicaliter nur geben kann, sie hat 1) eine sehr schöne Ebene, von fruchtbaren Feldern und Wiesen, 2) Waßer,
als die vorbeyströmende fischreiche schwarze Elster, 3) Nordwest ein nicht zu steiles Wein-Gebürge, auf welchem
nicht nur 16 Churfürstliche, sondern in die etliche 100 fallende privat Weinberge u. Obstgärten liegen, welche
theils Bürgern in der Stadt, theils aber Unterthanen auf denen daherum liegenden Dörfern zuständig sind, und 4)
eine von ferne umher sich zeigende gute Waldung.
Die Bürgerliche Nahrung ist unter göttlichen Seegen a) der Bierurbar, so im Reihschank aber keine Lager-Biere
zu brauen bestehet, und hat sich in die mehresten Amts-Dorfschafften, den Bier- und Meilen Zwang, b) der Weinschank,
welcher durch den Zuwachs und darzu gekaufften Wein ausgeübet wird, wobey jedoch wider des hübnerisch geographischen
Vorwurfs zu gedenken: daß durch Fleiß und gute Abwartung des Stocks, der Wein einem andern trinkbaren Land-Weine
ganz gleich ist, c) der durch Mühe und Arbeit gesegnete Feld- u. Garten-Bau, und d) die Kauffmannschafft,
1 privilegirte Baderey , 1 Stadt- und Amts-Musicus, und sonst allerley nöthige Handwerker, worunter jedoch die
Schuhmacher, so wie an andern Orten, abermahls die stärksten, aber auch unter besagten Professionisten sehr brauchbare
Leute sind. Auch hat die Stadt jährlich 5 öffentliche Märkte, Jubilate, Peter –Paul, Laurentii, Sonntags nach
den 9. October, und Montags vor dem 1sten Advent oder den sogenannten Kirms-Markt, ferner hat sie 2 ansehnl.
Wollmärkte des Jahres, der Frühlingsmarkt fällt allezeit Mont. vor Pfingsten, u. der Herbstmarkt Montags nach † Erhöhung.
Es sind auch 3 Kirchen allda, nehml. 1. die Deutsche, die den Namen Petri u. Paulikirche u. ein zieml. Alterthum
führet, u. in deren schönen Altar beyde Apostel in Lebensgröße stehen, nebst einer Wendischen die Catharinenkirche
hinter der Deutschen, in welcher noch 15 Wendische Dörfer eingepfarrt sind, und einer Begräbniß-Kirche, in welchen
der seit 1539 evangelisch eingeführte Gottesdienst verrichtet wird. Das darzu gesetzte Ministerium bestehet in 3
Geistlichen, als 1 Ober-Pfarr nebst 2 Diaconis, die in Deutsch u. Wendischer Sprache in beyden Haupt-Kirchen die
Schaafe Christi in Sacris und Heil des Herrn treulich weyden.
Die Knaben-Schule wird von 1 Rector, 1 Cantor, und 1 Collaborator gnüglich versehen, so wie die Mädgen von einem
besonders darzu gesetzten Schulmann, der zugleich Organist mit ist, ihren Unterricht erhalten. Obige 2 Diaconi und
sämmtliche Schul-Lehrer, nebst dem Kaßen-Hospital- und Kirchen-Vorsteher, wie auch dem Glöckner zur Deutschen und
dem Küster zur Wendischen Kirche, vocirt der Rath, so wie der Pastor von Churfürstlichen Kirchen-Rath gesetzet wird.
Im letztern Brande den 15. May 1717 ist sie ganz, bis auf das Mauerwerk der Deutschen Haupt-Kirche und etliche geringe
Häuser abgebrannt, weshalb noch an besagten Tage, ein besonderes Brandfest in der Furcht des Herrn, begangen wird.
Nächst dem größern u. kleinern sich hier mit zeigenden Stadt-Wappen, zeiget sich auch zwischen der Stadt-Brücke und
der Begräbnis-Kirche das ehemals mit zur Stadt, nunmehro aber zum Amte gehörende Dorf Jüttendorf.
|