Ernst Hentschel, Photogr. Atelier u. Vergrößerungs-Anstalt, Klettwitz N.L. Fernsprecher No. 78 Aufnahme <= 19?? Sammlung Eberhard Wolf
1983 tauchte das linke Foto erstmals(?) in der
breiteren Öffentlichkeit auf. Unter der Rubrik
"Das historische Foto" druckte die Lausitzer
Rundschau die historische Aufnahme zusammen mit
einer Erläuterung des hierzulande noch namentlich
bekannten Heimatforschers Martin Schertzberg ab...
Ernst Hentschel, Photogr. Atelier u. Vergrößerungs-Anstalt, Klettwitz N.L. Fernsprecher No. 78 Aufnahme <= 19?? Sammlung Eberhard Wolf
Der Text suggeriert, daß das Foto aus dem Jahr 1893 stammt, was natürlich großer Quatsch ist. Abgesehen davon, daß ich den Dampfbagger auch nicht als "Spielzeug"
abtun würde (die in seiner Nachbarschaft erkennbaren Personen illustrieren eigentlich ganz gut die Größenverhältnisse) erfolgte die örtliche Bestimmung (Grube Marie 1)
sicher ziemlich "freihändig". Gut 10 Jahre später verlegte der selbe Martin Schertzberg die Szene in den Tagebau Bertha bei Sauo und gleichzeitig in das Jahr 1905.
1994 wurde dieselbe Aufnahme nämlich in einem Kalender für das Jahr 1995 verwendet, der durch die LBV unter dem Titel "Traditionen im Lausitzer Braunkohlebergbau"
veröffentlicht wurde.
Den Abstand von 90 Jahren hielt man strikt ein...
Was können wir daraus entnehmen? Es wurde in der Vergangenheit viel Mist erzählt! Und mancher davon hält sich auch noch bis heute. Vielfach sind wir aber auch schon
weiter und können belastbarere Informationen liefern. In vorliegendem Fall bleibt die Situation weiterhin unübersichtlich. Ich maße mir nicht an, mit Sicherheit sagen zu können, wo der
Bagger damals seine Arbeit verrichtete, tendiere persönlich jedoch eher in Richtung Tagebau Bertha. Einfach weil das Foto in einem Konvolut bei mir auftauchte, das
Hinweise in dieser Richtung enthält. Sicher ist dies jedoch nicht. Wobei ich mir aber ziemlich sicher bin: das Foto rechts entstand bei derselben Gelegenheit. Man kann
auf beiden Aufnahmen teilweise dasselbe Personal erkennen. Hierbei stechen besonders die Abraumarbeiterinnen ins Auge. Auch die Angabe zum Fotografen, die in
beiden Fällen identisch ist, lässt daran eigentlich kaum einen Zweifel. Und gerade diese Angaben, und hier speziell die Information über den Telefonanschluß des Klettwitzer
Fotografen, macht das zuletzt kolportierte 1905 sehr unwahrscheinlich. Im Einwohnerbuch 1914 ist (noch) kein Telefonanschluß bei Hentschel gelistet.
Hinsichtlich des abgebildeten Lokomotivtyps tendieren die Experten (ich bin keiner) zu einer Hentschel & Sohn. Davon wurden 1917 zwei Exemplare an ein in unserem Gebiet
operierendes Kohlenwerk geliefert. Möglicherweise sehen wir hier eines der beiden Exemplare.
Weiter oben fiel das Stichwort "Konvolut". Und hierzu gehören auch noch die beiden nachfolgenden Fotopostkarten...
Aufnahme <= 19?? Sammlung Eberhard Wolf
Auf der ersten (links) sehen wir wieder einen Abraumzug. Die davor gespannte Lokomotive ähnelt dem Typ oben sehr stark. Hier ist jedoch deutlich
erkennbar, daß es sich um ein Fabrikat der Firma August Borsig handelt. Ort und Datum der Aufnahme ist mal wieder unklar. Auf die bildabgewandte Seite wurde
später ein "Grube Rauno" geschrieben. Ob es stimmt?
1925 entstand angeblich das vierte und letzte Foto für heute...
Aufnahme <= 1925 Sammlung Eberhard Wolf
Wer sich fragt, was das für Holzstangen sind, an denen sich einige der Arbeiter festhalten, den kann ich ins Bild setzen. Im Fachjargon "Kippbäume" genannt,
dienten sie im Tandem dazu, die Kippmechanik jeweils eines Abraumwagens in Gang zu setzen und so die Lore zu entleeren. Hierfür wurden pro Holm 4 bis 5
ausgewachsene Männer benötigt, wie man auf dem nachfolgenden Foto sehen kann. Immerhin fasste so ein Abraumwagen bis zu 5 m³ Ladung, die dementsprechend schwer
war. Die eiserne Kette, die an einem Ende des Holms angebracht war, diente zum Rückholen des angekippten Kastens in die Ausgangsposition. Zuweilen war am losen Ende
dieser Kette auch noch ein Haken befestigt, mit dem man den Kippbaum am Gleis einrasten konnte. Damit verhinderte man das Überkippen des Wagens.
Wie sich das Prozedere in Bewegung darstellte,
kann man sich in der nachfolgenden kurzen Filmsequenz
vor Augen führen: