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Ende der Sendepause! Wie im Vorfeld selbiger verkündet, hatte diese im Wesentlichen mit etwas "Großem" zu tun. Na gut, ein wenig Urlaub war auch dabei, aber ausschlaggebend war die Vorbereitung der heutigen Neuvorstellung. Und diese hat nur noch entfernt mit den Ansichtskarten und Fotos zu tun, die hier sonst präsentiert werden. Die Größe dieses Schmuckblattes beträgt gut 70 cm, bei entsprechender Höhe. Dabei ist der Bildanteil von 53 cm x 44 cm nur geringfügig kleiner als der Gesamtdruck. Aufgrund dieser Abmessungen und des nicht mehr ganz so guten Zustands des Originals waren einige Sonderschichten bei der digitalen Restaurierung zu absolvieren. Möglicherweise hätte ich es einfacher haben können, indem ich hier eine bereits digitalisierte Variante erworben hätte, ich bin mir jedoch nicht sicher, ob diese meinen Ansprüchen genügen würde. Abgesehen vom heftigen Preis für die qualitativ hochwertigste Version, arbeite ich bekanntermaßen lieber von einem selbst gescannten Original.
Der Begriff "Schmuckblatt" fiel bereits und in der Tat dürfte dieser in jeder Hinsicht treffend sein, denn ein derartig großer Druck mit historischen Zeichnungen dürfte an der Wand eines jeden Heimatforschers oder sonstwie heimatverbundenen Lokalpatrioten eine Zierde gewesen (und immer noch) sein! Vielleicht sollte ich einmal über ein eigenes Reprint des Stückes nachdenken. Dabei würde ich jedoch bestimmt die "verwackelten" Bildunterschriften ersetzen.

Schöpfer und gleichzeitig Herausgeber dieser Grafik war der Zeichner Camillo Ehregott Zschille. Zschille wurde 1847 im sächsischen Grossenhain geboren und starb 1910 am selben Ort. Zschille fertigte während seiner Schaffensperiode eine Reihe von über 50 Stadtansichten sächsischer und preußischer Städte an. Diese wiesen in der Mehrzahl historische als auch zeitgenössische Ansichten auf und wurden durch Wappen und Siegel ergänzt. Diese Zeichnungen wurden über den Zeitraum 1884 bis 1896 veröffentlicht. Zudem trat Zschille als Illustrator der "Chronik der Stadt Grossenhain vom Jahre 1088 bis auf die Gegenwart" in Erscheinung. Unter der Überschrift "Getreue Abbildungen von ehemaligen und gegenwärtigen Ansichten preussischer Städte nebst deren denkwürdigsten Bauwerken, Wappen (Siegel) u.s.w." kam 1890 auch Senftenberg zu Ehren. Auf insgesamt 18 einzelnen Zeichnungen werden die damals wichtigsten Bauwerke relativ akkurat dargestellt. Ob der Zeichner tatsächlich vor Ort war um die Arbeiten am realen Objekt zu tätigen ist nicht zu 100% sicher aber wahrscheinlich. Zschille bediente sich auch der frühesten Senftenberger Darstellung aus dem Jahre 1628 von Dilich und fertigte zudem fantasiebehaftete Zeichnungen für das Kreuztor und die Kirche zum Heiligen Kreuze an, die zur Wirkungszeit Zschilles schon lange nicht mehr existierten. Das im unteren Teil befindliche Panorama, welches die Stadt im Jahre 1890 darstellt, gibt mir einige Rätsel auf was die Positionierung der wenigen eindeutig erkennbaren Einzelbauten (Bahnhof, Wendische Kirche, Deutsche Kirche) zueinander einerseits, sowie im Zusammenspiel mit den Schienen- und Straßenzügen andererseits betrifft. Hier war möglicherweise ein wenig künstlerische Freiheit im Spiel.

Senftenberg
Institut für vervielfältigende Künste:
Firma Wilhelm Hoffmann Dresden
Aufnahme <= 1890
Hotel LIDO Senftenberg

Fakt ist, daß wir es bei Zschilles Zeichnungen mit den (derzeit) frühesten bildlichen Darstellungen Senftenbergs zu tun haben. Abgesehen natürlich von dem Dilich-Panorama, welches jedoch vergleichsweise grob und detailarm daher kommt. Einzelne Abbildungen des Druckes verwendete ich hier und da bereits bei der Gestaltung der Website und auch sonst dürfte die Mehrzahl der Grafiken schon aus anderen Veröffentlichungen (z.B. Museum, Forkert) bekannt sein. Heute und hier nun in voller Lebensgröße und digital restauriert. Ich hoffe die dreiwöchige Wartezeit hat sich für alle gelohnt!

"Empfehlungskarte" Zschilles
Der zugehörige Artikel aus dem Senftenberger Anzeiger des Jahres 1890 bildet schlußendlich eine gute Zusammenfassung dessen, was ich weiter oben dargelegt habe und liefert zudem weitere Informationen...

- Senftenberg, 13. September. Der bekannte Zeichner Ehregott Zschille aus Großenhain, welcher sein treffliches Talent zur Aufnahme von Städte-Ansichten verwendet, hat nächst Cottbus, Forst und Ruhland nun auch unsere Stadt unter seinem Stift entstehen lassen. Kürzlich wurde uns die Zeichnung vorgelegt; dieselbe ist mit außerordentlichem Fleiß und großer Genauigkeit ausgeführt und dürfte mit als das Beste gelten, was auf diesem Gebiete geleistet werden kann. Das Blatt zeigt uns außer einer großen, vom Dache des neuen Krankenhauses aus aufgenommene Ansicht der jetzigen Stadt die Stadtkirche, das Schloß (Amtsgericht), die Oberpfarre, das Diaconat, die Stadtschule, die Wendische Kirche, den Bahnhof, das neue Krankenhaus, Stadtwappen, Rathhaus, Schützenhaus, Kaiserl. Postamt, Kriegerdenkmal, das Portal im Schloßwalle, das sog. Pulverthürmchen auf demselben, ferner eine Ansicht des ehemaligen Kreuzthores sowie der ehemaligen Kirche zum heiligen Kreuz (Begräbnißkirche) nach Wilh. Dilich 1628. Die Mitte des Bildes nimmt eine Ansicht der Stadt aus dem Jahre 1628 nach einer Federzeichnung von Wilhelm Dilich ein, deren Original sich in der Königl. öffentlichen Bibliothek zu Dresden befindet. Der Künstler hat sein Werk durch Lichtdruck vervielfältigen lassen und circulirt bereits eine Liste zur Einzeichnung von Bestellungen. Sollte der Bote Jemand übergehen, können Bestellungen bei Herrn Buchbindermstr. Robert Ziethe abgegeben werden. Das ganze Bild kostet nur 3 Mark und ist so anheimelnd, daß es in keiner Familie fehlen sollte; es eignet sich, außer zum Schmuck des Zimmers, besonders auch zu Geschenken an auswärts wohnende Bekannte und Verwandte. Wir zweifeln nicht, daß die interessante Zeichnung viele Abnehmer finden wird, zumal bisher wenig oder gar keine Ansichten von Senftenberg existiren dürften. Erwähnt sei noch, daß Se. Maj. der König von Sachsen die von Herrn Zschille gezeichneten Ansichten von über 50 sächsischen Städten angekauft hat und schließlich, daß Herrn Zschille wegen seiner exacten Herstellung von Städteansichten ein anerkennendes Dankschreiben des Königl. sächs. Bibliothekars Geh.-Hofrath Dr. Förstemann zugegangen ist.

Senftenberger Anzeiger (1890)
Wer übrigens ein Exemplar in natura betrachten möchte, dem rate ich zu einem Restaurantbesuch im Senftenberger Hotel "LIDO"!