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VEB VOLKSKUNSTVERLAG REICHENBACH I.V. Echte Fotografie 180/57 Best. Nr. 6/158 V 11 28 A 246/56 DDR Aufnahme <= 1954 Sammlung Matthias Gleisner
Losungen! Das Thema streiften wir ja erst vor wenigen Tagen. Und ich verrate hier und
heute nicht zu viel, wenn ich mitteile, daß uns diese Form der "Stadtverschönerung"
zukünftig noch mehrfach beschäftigen wird. Zumindest so lange, bis ich den größten Teil
der Motive zwischen 1945 und 1961 abgehandelt habe.
Jemandem wie mir, der die DDR bewusst nur in den 70ern und 80ern erlebt hat, kommt das
in gewisser Weise bekannt vor, aber in den 50ern muß diese Propaganda ungleich penetranter
angewandt worden sein. Oder glaubt einer, daß die Losungen auf dieser Ansichtskarte nur
für den Fotografen angebracht worden sind? Stattdessen war es wohl eher so, daß irgendwo
immer ein Transparent hing. Die Fotografen konnten (und wollten möglicherweise auch nicht)
diesen Dingen ausweichen.
Jedenfalls haben wir auf diesem gut bekannten Motiv gleich zweimal das Vergnügen. Da die
Ansichtskarte mehrfach mit unterschiedlichen Seriennummern, in denen irgendwie das Produktionsjahr
eingebaut wurde, erschien, ist die Datierung der Aufnahme nicht ganz so einfach. Ich denke jedoch, daß
wir uns in 1953/54 befinden. Die Losungen sind in diesem Fall leider zu pauschal, als daß sie
irgendeinem konkreten Anlaß zuzuordnen wären.
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Abseits der Propaganda... was sehen wir noch? Ich würde mal sagen: jede Menge Tristesse. Menschenleer und
der Zahn der Zeit hatte zu diesem Zeitpunkt schon stark sichtbar an der Substanz genagt. Das Cafe Lammla,
verrammelt und schon seines Dachgeschoßes beraubt. Die Fassade der Adler-Apotheke auch irgendwie sehr
unansehnlich und über die Südfront des Marktplatzes mit dem mittig abgebildeten Rathaus muß man
eigentlich kein Wort verlieren. Diese Perspektive hatte zu keiner Zeit irgendetwas Schönes
an sich.
Im Vordergrund des Bildes erkennen wir die Hecks damaliger Fahrzeugtypen. Ich würde sagen, daß es
sich ganz links um einen DKW F7 handelt. Daneben, das dürfte ein EMW 340 sein und rechts davon, das
müßte ein IFA F8 sein. Ich bin mir jedoch nicht sicher. Bezüglich des ganz rechten Fahrzeugs habe ich
überhaupt keine Ahnung.
Ungefähr an der gleichen Stelle, an der sich der Ansichtskarten-Fotograf positioniert hatte, fand irgendwann
eine andere Form der Öffentlichkeitsarbeit statt. Zeitlich auch relativ schlecht einzuschätzen, könnte sich das
Foto durchaus in der Drehe der Ansichtskarte einordnen lassen. Immerhin lernen wir aus der Abbildung,
daß der Name "Weissgärber" nicht nur mit Ansichtskarten und Fotos (auch mit diesem!) in Verbindung zu
bringen ist. Nein, ein Teil der Familie betrieb zeitgleich ein kleines Fuhrunternehmen!
Bezüglich der Datierung der Aufnahme kann als sicher gelten, daß sie frühestens 1949 gemacht worden sein
kann. Die auf dem Möbelwagen angegebene Gottschalkstraße hieß bis Ende 1948 noch Wiesenstraße.
Senftenberger Anzeiger (Juli 1949) Falsche Telefonnummer!
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Foto-Weissgärber Senftenberg N/L Bahnhofstr. 19 Reg.-Nr. 3 - Ruf 307 Aufnahme <= 19?? Sammlung Matthias Gleisner
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Diese, unlängst bei mir eingeflogene Einladung aus dem Jahre 1920 nehme ich zum Anlaß, motivtechnisch eine schon lange nicht mehr beleuchtete Ecke Senftenbergs zu besuchen.
Wobei... zum Zeitpunkt des avisierten gemütlichen Beisammenseins, befand sich der Gasthof zum Damhirsch noch in Jüttendorf. Der Einladungstext und auch das nachfolgende Inserat
aus dem Einwohnerbuch (1914) sind diesbezüglich präzise.
Verlag Rob. Lehmann, Thamm-Senftenberg 6369 Aufnahme <= 1915 Sammlung Fred Förster
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Fr. Kachel, Senftenberg, N.-L., Fernruf 466 2127 Aufnahme <= 1930 Sammlung Fred Förster
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Leider verfüge ich aktuell über keine (neue) Ansicht des Lokals, die annähernd auf den Februar 1920 passt. Stattdessen präsentiere ich einerseits eine bereits bekannte Ansicht,
die spätestens 1915 angefertigt wurde. Andererseits kann ich ein bislang sicher weitläufig unbekanntes Motiv zeigen, welches zwischen 1924 und 1930 aufgenommen worden ist. Bei dem 1924
bin ich mir deshalb so sicher, da man ganz am östlichen Ende des Angers die Drogerie "Glück Auf" erkennen kann. Man muß zwar wissen, wonach man suchen soll, aber es ist unzweifelhaft
jener Bau, der im Juli 1924 in Betrieb genommen wurde. Auch wenn seit Monaten ein 1905, oder gar ein "um 1900" immer dann durch die lokalen Medien geistert, wenn es um die Rekonstruktion
der Drogerie und deren Umwandlung in ein kombiniertes Restaurant/Wohnhaus geht... das Haus stammt aus dem Jahr 1924! Punkt! Aus!
Doch zurück in den Februar 1920. Über besagten Buchdrucker-Ball läßt sich in der Lokalpresse der damailigen Zeit leider nichts finden. Ohnehin war ein derartige Zusammenkunft in
der damaligen Zeit, da nur eines von vielen, kaum der Rede wert. Relativ sicher dürfte sein, daß dieser Buchdrucker-Ball eine der letzten Veranstaltungen im Damhirsch war, die unter dem
Betreiber-Ehepaar Schönert stattfand. Anfang März verzogen Schönerts nach Rostock und verkauften den Betrieb an die Eheleute Golly, die ihrerseits für viele weitere Jahre die Geschicke
des beliebten Restaurants in Händen hielten.
Senftenberger Anzeiger (Februar 1920)
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