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- Senftenberg, 23. Aug. (Blumenhalle). Mit dem Bau der Blumenhalle von Gärtnereibesitzer
Rudolf Neumann (gegenüber dem Kriegerdenkmal) ist in den letzten Tagen begonnen worden.
Bekanntlich ist der Bau seit dem Frühjahr geplant. In Aussicht ist genommen außer einem
Verkaufsraum, eine Bedürfnisanstalt, Bad und Fahrradaufbewahrungsraum. Die Bauausführung
ist dem Baugeschäft A.Schneider übertragen. Das Aeußere des in Kürze an dieser Stelle
entstehenden Gebäudes ist neuzeitlich und der Umgebung angepaßt. Mit dem Bau ist eine
Verbreiterung des Bürgersteiges in der Bahnhofstraße um ca. 2½ Meter und eine
Verbreiterung der rechten Seit der Ostpromenade um ca 1½ Meter vorgesehen. - Gestern
fielen durch die Axt die Fichten und Tannen, die dort standen. Nicht leicht gestaltet sich
die Wegräumung der vielen großen Steine, die der Verzierung des kleinen Beckens dienten.
In dem Becken plätscherte früher ein Springbrunnen. Heute vormittag ist mit dem Ausheben des
Grundes begonnen worden.
Mit diesem Text informierte der Senftenberger Anzeiger im Sommer 1927 die Bevölkerung
der Stadt über die in Angriff genommenen Arbeiten an der Errichtung besagter "Blumenhalle".
Pünktlich zum Weihnachtsgeschäft nahm der Verkauf in diesem Bau Fahrt auf...
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Aufnahme <= 1943 Sammlung Familie Wendt
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 Senftenberger Anzeiger (Dezember 1927)
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Das Foto oben rechts wurde viele Jahre nach dem Eröffnungsjahr 1927 gemacht.
Ob es tatsächlich 1943 war, worauf die zugehörige Unterschrift im Fotoalbum verweist,
kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Plausibel ist es in jedem Fall! Ich würde
sagen, daß der 2. Weltkrieg schon deutliche Spuren im Leben der Senftenberger zeigt...
die verklebten Fenster der Blumenhalle und die vernagelten Schaufenster am Kaufhaus
"Waldschmidt" deuten auf Verdunklungsmaßnahmen bzw. Splitterschutz hin.
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Um den Jahreswechsel 1934/35 tauchte bezüglich der Blumenhalle ein neuer Name auf: Walter Vier. Vier übernahm Neumanns Gärtnerei in der
Dresdener Straße ebenso wie die Blumenhalle an der Kreuzung Bahnhofstraße/Promenade. Wann genau und aus welchen Gründen die Geschäftsübernahme
stattfand, dazu liegen mir aktuell keine Informationen vor. Jedenfalls trugen sämtliche Inserate ab diesem Zeitpunkt den Zusatz vormals Rud. Neumann.
Hier versuchte man offenbar an den guten Ruf Neumanns anzuknüpfen.
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Das finden wir auch auf der nebenstehende Ansichtskarte, die anlässlich des Geschäftsübergangs von
Neumann zu Vier aufgelegt wurde. Vier gab jedem Kunden seines Geschäfts eine solche Karte kostenlos
zu dessen Einkauf hinzu. Solange der Vorrat reichte.
Klingt glaubhaft? Stimmt aber nicht! 
Vielmehr handelt es sich bei diesem Stück um eine digitale Eigenkreation meinerseits. Die Idee hierzu
kam mir spontan als ich die drei nachfolgenden relativ kleinformatigen Fotos aufbereitete. Diese stammen
ebenfalls aus einem Fotoalbum und wurden nicht später als 1937 geschossen. Ein Blick auf die Uhr im
Verkaufsraum, die auf zwei der drei Aufnahmen zu sehen ist, zeigt, daß es sich um eine einzelne Fotosession
handelte. Das <= 1937 ist insoweit sicher, da die Frontalaufnahme Verwendung in einer Annonce innerhalb des
Jahrbuches des Kreis Calau 1937 fand.
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Walter Vier, Senftenberg Aufnahme = 1935 Sammlung Matthias Gleisner
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Aufnahme <= 1937 Sammlung Marlies Birke
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Aufnahme <= 1937 Sammlung Marlies Birke
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Aufnahme <= 1937 Sammlung Marlies Birke
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Ich hoffe, daß ich mit meiner "Fälschung" doch ganz gut die Ästhetik der damaligen Ansichtskarten getroffen habe, wobei ich dazu sagen muß, daß man
solche Ansichtskarten aus den 1930ern eigentlich nicht mehr kennt. Besser würde sie in die 1920er passen. Aber sei's drum! Bei der Gestaltung dieser
"Fake-Ansichtskarte" machte ich mir auch so meine Gedanken, ob es eigentlich einen Markt für gefälschte historische Ansichtskarten gibt. Dabei spielt auch noch
der übliche Kommentar meiner Frau hinein, wenn ich mal wieder ein hundert Jahre altes Original erworben habe, welches sich aber in einem tadellosen Zustand befindet:
Den Spruch "Das sind doch alles Fälschungen!" kann ich mir bei solchen Gelegenheiten öfters anhören.

Also existiert nun ein Markt für gefälschte Ansichtskarten, so wie es ihn eigentlich in vielen Sammelgebieten gibt? Das geht ja von alt-ägyptischen Grabbeigaben
über Gemälde, Briefmarken, Schallplatten bis zu Hitler-Tagebüchern. Eigentlich gibt es kaum ein (Sammel-)gebiet, daß, solange es genügend Interessenten gibt,
von Fälschungen verschont bleibt. Aber alte Ansichtskarten?
Ich persönlich würde es nicht ausschließen, da aber das Sammeln von Ansichtskarten in der übergroßen Mehrheit nach geografischen Gesichtspunkten erfolgt,
dürfte der potentielle Käuferkreis für eine Fälschung überschaubar sein. Anders bei Künstlerkarten oder ganz speziellen Sammelgebieten, wo es über den Erdball
verstreut eine größere Zahl von Sammlern gibt, die ein und dasselbe Thema bearbeiten. Senftenberger Ansichten dürften nicht dazu gehören, wobei es auch auf
diesem relativ eingegrenzten Gebiet ein paar Unterthemen gibt, zu denen aktuell eine größere Anzahl finanzkräftiger Sammler existiert. Bergbau und Brikettfabriken
fallen mir hierbei ein, oder aber auch Uralt-Lithos aus Orten des Senftenberger Umlands, wo man sich regelmäßig Kämpfe um seltene Stücke liefert.
Insofern könnte ein potentieller Fälscher vielleicht 2 oder 3 Fälschungen absetzen, aber das wäre es dann auch schon. Risiko und Aufwand stehen meines Erachtens
in keinem guten Verhältnis zum erhofften Gewinn, selbst wenn man so ein Stück vielleicht für 100 Euro unter die Leute bringen kann. Immerhin muß man, um einen Sammler zu
übertölpeln, ziemlich überzeugende Arbeit liefern. "Normale" Heimatforscher sind vielfach auch mit Reproduktionen zufrieden, die eindeutig als solche erkennbar sind.
Echte Sammler geben sich mit derartigen mehr oder weniger schlechten Kopien zumeist gar nicht ab. Deshalb gehe ich davon aus, daß die Möglichkeit, auf eine echte
Fälschung innerhalb meines Untersuchungsgebietes zu treffen, extrem gering ist.
Wobei in den letzten vier Wochen bei eBay eine ganze Reihe von Senftenberger Ansichtskarten auftauchten, die quasi "druckfrisch" sind. Darunter auch extrem seltene
Motive und zu allem Überfluß in einigen Fällen auch zu jeweils mehreren Stücken. Da stellt man sich dann schon die Frage, ob das alles mit rechten Dingen zugeht...

 Senftenberger Anzeiger (1936)
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AK_SFB 344_1
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von <= 1935 auf <= 1931
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