|
Ich bin zwar kein Briesker und schon einmal gar kein "Ur-Marganer", wie der eine oder
andere Einwohner Brieskes sich selbst bezeichnet oder von anderen tituliert wird (komisch,
zu DDR-Zeiten bezeichnete sich niemand als "Marganer"...), aber dieses Gebäude erkenne ich
problemlos. Immerhin besuchte ich zehn Jahre lang die POS "Franz Mehring" in Brieske und die
hier abgebildete Bäckerei, ist nur wenige Schritte entfernt zu finden.
Ich erinnere mich an so manches Schlangestehen am Wochenende um die Familie mit frischen Brötchen
zu versorgen. Natürlich nur in Ferienzeiten, denn unsereins musste auch noch Samstag die Schulbank
drücken. Unter der Woche spitzten wir in den Hofpausen Schüler der unteren Klassen an, uns ein frisches
und vor allem warmes Brot von "Nouschens" mitzubringen, welches wir dann untereinander aufteilten und
genüßlich verspeisten. Selbst zum Bäcker zu gehen war damals irgendwie nicht drin. Das Schulgelände durfte
nur für die Teilnahme an der Schulspeisung, die bekanntlich im "Klubhaus" verabreicht wurde, verlassen
werden. Da wir damals noch Respekt vor dem Lehrkörper hatten, hielt man sich in der Mehrzahl der Fälle
auch an diese Vorgabe. Deshalb mussten die "Kleinen" herhalten, die anders als die oberen Klassenstufen
noch fleißig an der Schulspeisung teilnahmen. Da der Rückweg von der Schulspeisung anders als der Hinweg
unbegleitet erfolgte, war ein unbeobachteter Abstecher in die Bäckerei möglich um die von uns bestellte Ware
einzukaufen.
So weit zu meinen eigenen Erinnerungen an die Bäckerei am Markt. Deren Geschichte begann natürlich viele
Jahre vor meiner Zeit in Brieske und war für mehr als 60 Jahre untrennbar mit dem Namen Nousch verbunden.
Fritz Nousch übernahm wahrscheinlich 1926/27 den Posten am Backofen, nachdem der erste Bäckermeister Ewald Godo im
Oktober 1926 mit nur 42 Jahren nach längerer Krankheit verstarb. Zwischen 1960 und 1990 leitete dann Manfred Nousch,
der Sohn von Fritz, die Bäckerei.
Die rechts abgebildete Fotokarte enthält keinerlei Hinweise auf ein Entstehungsjahr. Da das Original jedoch
aus dem erweiterten Kreis der Familie Godo stammt, gehe ich davon aus, daß die Aufnahme zu Zeiten der Godo-Betreiberschaft
gemacht wurde.
|
Aufnahme <= 1926 Sammlung Kathrin-Janette Bleisch
|
|
Gleiches gilt auch für die nachfolgenden Innenansichten der Backstube
und des Verkaufsraumes. Diese stammen aus der Frühzeit des durch die
Ilse Bergbau AG eingerichteten Betriebs.
|
|
Im April 2017 gingen nach gut 100 Jahren die Lichter in dieser Bäckerei wohl endgültig aus. Und damit teilt dieser Betrieb das Schicksal
der Fleischerei, des Einkaufsmarktes, der Gaststätte und der Post. Das hatte sich der Architekt der Gartenstadt, Georg Heinsius von Mayenburg, damals
wohl nicht träumen lassen, als er dieses Marktensemble mit Kirche, Schule, Post, Kolonialwarengeschäft, Bäcker, Fleischer und Werksgasthaus
konzipierte und umsetzte. Von der ehemals angedachten Nutzung der Gebäude ist ein Jahrhundert nach deren Errichtung bis auf die Schule und die Kirche
nichts mehr übrig geblieben. Brieske/Marga ist zu einer reinen Schlafstadt geworden. Selbst die Schüler der nach Mayenburg benannten Schule, stammen
wohl in der Mehrzahl nicht aus Brieske.
|